Nancy Faeser will Vorgaben für kritische Infrastruktur verschärfen

  • Hier geht es um den Entwurf für das sogenannte Kritis-Dachgesetz


    Gruß

    Witness

  • Entweder fehlt da im Artikel oder im Gesetz etwas ganz wichtiges: viele haben kein 500000 Kunden, haben aber in ihrem Versorgungsgebiet eine dominante Stellung. Da hat vielleicht die Elektrokooperation Unterheidenau-Oberbachweg nur 10000 Anschlüsse, darunter aber den Fliegerhorst Adlerauge und das Logistikzentrum Am Paketgraben. Sind die jetzt nach Gesetz kritisch oder nicht?

    Ich hab versprochen nichts direkt auszuplaudern, aber soweit, auch auf den untersten Ebenen beginnen die Mühlen zu mahlen. Es hört sich immer so an als ob da nur ganz oben eine "Zeitenwende" angepackt werde, also die 500000, real muss man aber viel tiefer ansetzen, ich habe das Gefühl das sich da gerade etwas bewegt (wenn auch nicht besonders schnell).

  • Naja, das KRITIS-Dachgesetz stellt ja eigentlich nichts anderes dar, als die Umsetzung der 2022 verabschiedeten CER-Richtlinie/RCE-Direktive der EU (EU RCE). Diese Richtlinie gibt vor, wie die Mitgliedsstaaten ihre "großen" kritischen Infrastrukturen schützen sollen bzw. die KRITIS-Betreiber zu entsprechenden Vorgaben verpflichten sollen. Die EU RCE löst die European Critical Infrastructures Directive von 2008 ab. Die neu EU RCE muss bis 2024 im nationalen Recht jedes Mitgliedsstaats implementiert sein.


    Bei openkritis.de ist das ganz gut beschrieben. Es geht um insgesamt 11 Sektoren, die davon betroffen sind:

    • Energie
    • Transport
    • Banken
    • Finanzmärkte
    • Gesundheit
    • Trinkwasser
    • Abwasser
    • Digitale Infrastruktur
    • Öffentliche Verwaltung
    • Raumfahrt
    • Ernährung

    Was die "kleineren" kritischen Infrastrukturen betrifft, sind die ja im Rahmen des Bevölkerungsschutzes in der Regel abgedeckt bzw. in D sind KRITIS schon immer über die Gesetze der Bundesländer zum Katastrophenschutz und über die Sicherstellungs- und Vorsorgegesetze in der Pflicht.


    Im Rahmen der in den letzten zwei Jahren teils durchaus intensiv verfolgten "Blackout-Vorsorge" auf kommunaler Ebene, haben die meisten kritischen Infrastrukturen zumindest auf dem Papier heute einen deutlich besseren Robustheitsgrad als noch vor ein paar Jahren. Konkret sind in den Kommunen Notfallpläne ausgearbeitet worden, Zuständigkeiten geregelt worden und z.B. Notstromversorgungen für KRITIS wie Wasserwerke, Abwasser, Feuerwehrgebäude, Verwaltung und Notunterkünfte/Anlaufstellen installiert worden. Hier ein Beispiel für diesen Planungsprozess der Gemeinde Aglasterhausen. Auch die Hilfsorganisationen wie DRK etc. haben sich auf Kreisverbands- und Ortsvereinsebene Gedanken gemacht, wie man im Falle eines flächendeckenden Stromausfalls handlungsfähig bleibt. So gilt inzwischen fast überall, dass sämtliche Einsatzfahrzeuge immer mindestens 3/4 vollgetankt sein müssen oder sogar der Grundsatz, dass nach jedem Einsatz vollgetankt werden muss. Das war lange Zeit nicht so.


    Es gibt bei den HiOrgs gute Handreichungen/Broschüren zur Vorsorgeplanung und zum konkreten Handeln wie z.B. vom DRK Westfalen-Lippe für das Szenario "Stromausfall in Senioren- und Pflegeeinrichtungen" - inklusive Rezeptvorschlägen für die notfallmäßige Verpflegung von 200 Personen.


    Was in den meisten Fällen noch fehlt, ist die praktische Übung. Insbesondere die Rathäuser kleinerer Kommunen haben hierfür im Tagesgeschäft eigentlich keine Ressourcen dafür, weil sie meistens chronisch unterbesetzt sind. Die Feuerwehren (zumindest in BaWü) üben allerdings regelmäßig sog. "Flächenlagen" bei denen sie auch die autonome Einsatzführung trainieren (die sonst von den integrierten Leitstellen bzw. vor Ort vom Kreisbrandmeister o.ä.) übernommen wird.