Letztes Wochenende war ich allein zu Hause (nein, ich heiße nicht Kevin) und als dann am Sonntag meine Frühschicht überraschend früher endete, habe ich mich spontan dazu entschlossen, einen Teil meines Fluchtgepäcks mal so realistisch wie möglich zu testen.
Hier möchte ich nun mal meine Ausrüstung vorstellen, ebenso ein Szenario, für das es gedacht ist und die Lehren, die ich daraus gezogen habe. Erspart vielleicht dem einen oder anderen ein bisschen Kummer und Leid.
Die Ausrüstung
Die erste Stufe meines Fluchtgepäcks soll alles zum Überleben Notwendige enthalten. Gedacht ist es entweder für ein sofortiges Verlassen meines Hauses, wenn die Vorwarnzeit weniger als 5 Minuten beträgt oder um mich zurück nach Hause durchzuschlagen, wenn der Crash geschieht während ich unterwegs bin. Deswegen liegt es im Kofferraum, wenn ich unterwegs bin (z.B. auf Arbeit oder zum Einkaufen) oder hängt zu Hause immer auf einem Bügel, zusammen mit einem der jeweiligen Witterung angepasstem Kleidungssatz. Also im schlimmsten Fall nur ein Griff und dann raus. Ausgelegt ist es für das Überleben im Freien für 1 Person für ca. 2-4 Tage, abhängig von der Witterung, dem verfügbaren Wasser und natürlich der körperlichen Belastung, bzw. für eine Strecke von bis zu 50km durchs Gelände.
Der Fluchtrucksack für Situationen, in denen etwas mehr Vorwarnzeit zur Verfügung steht sowie der große Fluchtrucksack für die Familie sind noch nicht vollständig, deshalb wird er hier auch nicht aufgeführt.
So, mein Fluchtgepäck Level 1 besteht aus
Taktische Weste Molle System mit
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Survivalset
- Multitool
- Mehrzweckschnur 3mm 10m
- Nagelsortiment
- Handkettensäge
- Kompass
- LED-Lampe
- Magnesium-Feuerstarter
- Sturmstreichhölzer
- Rettungsdecke
- Wasserentkeimung Certisil Combina
- Angelset
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First-Aid-Set
- Verbandspäckchen BW groß 1x
- Verbandspäckchen BW mittel 1x
- Verbandspäckchen BW klein 2x
- Wundschnellverband Sortiment 20 Pflaster
- Rettungsdecke
- Dreiecktuch
- Wunddesinfektion octenisept 15ml
- Tupfer steril einzeln verpackt 5 Stk
- Handschuhe 4x
- Kleiderschere
- Heftpflaster 1,25cm x 5m
- Schmerztabletten 20 Stk
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Notfallverpflegung
- emergency food ration 2x 500g
- Überlebensration Kohlehydratkomprimat 2x 200g
- Wasserfilter Frontier Pro
- Walther Backup Messer
Koppel mit
- Feldflasche 0,9L mit Alubecher
- Gürteltasche mit Schreibzeug und Smartphone
- Kleines Taschenmesser
- Survival-Messer
(Der Filter ist bestellt, aber noch nicht eingetroffen. hatte ich nicht mit, da ich nicht mit genug Wasser rechnen konnte und Gewicht einsparen wollte. Außerdem überlege ich, durch ein anderes Produkt zu ersetzen, wenn die Bestellung eingetroffen ist und ich es getestet habe, werde ich es dann vorstellen.)
Das Szenario
Auch wenn das Szenario dem einzelnen evtl. unwahrscheinlich erscheinen mag, kann ich euch versichern, das alle einzelnen Elemente in der einen oder anderen Form schon passiert sind, ich hab sie lediglich zu einer größeren lokalen Katastrophe zusammengefasst.
Ich lebe auf einer Insel. Diese ist recht groß, aber in Punkto Versorgung natürlich nicht autark (Sonst hätten wir hier wohl schon unser eigenes Königreich gegründet:grosses Lachen:). Mit dem Festland sind wir über zwei Brücken verbunden, eine Schrägseil-Hochbrücke und eine Zugbrücke für Straßen- und Schienenverkehr. Nur wenige hundert Meter westlich von diesen beiden Brücken liegt der nächste Hafen.
Im Hafen wurde ein russischer Getreidefrachter an die Kette gelegt, da die Reederei die Liegegebühren nicht bezahlen konnte und außerdem am Schiff aufgrund des Alters eklatante Sicherheitsmängel festgestellt wurden, die nach den Richtlinien der deutschen Behörden eine Seetauglichkeit ausschließen. Der größte Teil der Besatzung ist von Bord und zurück in die Heimat, nur noch eine Notbesetzung ist anwesend.
An einem stürmischen Novemberwochenende – die Restbesatzung hat das kalte Wetter und das Heimweh mit ein paar Litern Wodka erfolgreich bekämpft – brechen nun die morschen Festmacherleinen und das Schiff beginnt auf die Brücken zu zutreiben.
Beim Aufprall auf den Hauptbrückenpfeiler explodiert der aufgewirbelte Getreidestaub, die durch das Schiff rasenden Feuerwalzen bringen auch die nicht mal halbvollen Treibstofftanks zur Explosion.
Die Gewalt des Aufpralls und der Explosionen sowie die daraus folgenden Vibrationen des Pfeilers bringen letztendlich die Hochbrücke zum Einsturz, die Trümmer zerstören auch die direkt daneben liegende Zugbrücke.
Die mit dem Wind und der Strömung treibenden Trümmer des Schiffes und der Brücken bringen einige Zeit später den im Wasser stehenden Mast einer Hochspannungstrasse zum Einsturz.Somit ist die Insel kurzfristig nicht mehr erreichbar und zum überwiegenden Teil ohne Elektrizität – die paar kleineren Kraftwerke sind meistens nur für die Versorgung bestimmter Einrichtungen oder kleinerer Wohngebiete vorgesehen und ausgelegt.
Der plötzliche Ausfall von Ampelanlagen führt an bestimmten viel befahrenen Kreuzungen zu Unfällen und daraus folgenden Staus, welche schnell mehrere Kilometer Länge erreichen und wieder andere Kreuzungen blockieren usw. usw. . Rettungskräfte können nicht mehr alarmiert werden oder kommen nicht mehr zu den Unfallstellen durch.
Touristen und Wochenendausflüglern geht langsam der Sprit aus, so dass sie den Unbilden der Witterung nichts mehr entgegen setzen können – Vorräte hat sowieso keiner mit. Spontan gebildete Rotten hungriger und frierender Autofahrer versuchen von den Anwohnern Schutz und Nahrung erst zu erbetteln, später dann einzufordern oder gewaltsam zu nehmen.Usw…
In dieser Situation muß ich nun versuchen, nach Hause zu kommen. Die Strecke beträgt etwa 26 Kilometer. Ich konnte mich nicht gleich nach dem Stromausfall auf den Weg machen, ich musste zuerst dafür sorgen das beim Wiedereinschalten des Stroms im Werk keine Unfälle oder Katastrophen geschehen können, aber nun ist es Zeit, sich auf den Weg zu machen.
Fazit und Lehren
Ich möchte darauf verzichten, ausführlich zu beschreiben, wie ich knapp 10 Stunden durchs Gelände gestolpert bin – war ja schließlich fast die ganze Zeit dunkel.
Die ersten paar Kilometer bin ich am Strand lang gewandert und kam auch ganz gut vorwärts, allerdings war es abends direkt am Meer aufgrund des Windes sch…kalt.
Also schnell seitwärts durch die Dünen und ein kurzes Stück durch Wald und über eine Straße und Bahnlinie, dann hab ich eine Schneise erreicht, die für eine Hochspannungsleitung angelegt wurde.
Laut meinem Kartenmaterial (auf meinem Smartphone habe ich eine Karte von knapp 50x50 km in einem Massstab von 1:8000 gespeichert) würde mich diese Schneise bis auf ca. 3km an meinen Wohnort heranführen, also bin ich ihr gefolgt.
In einer echten Katastrophensituation hätte ich mich ein paar Meter vom Rand der Schneise durch den Wald bewegt und hätte dunkle Kleidung getragen. Da es sich aber nur um eine Übung handeln sollte, bin ich direkt am Waldrand auf der Schneise lang gelaufen und habe meine orangene Sicherheitskleidung mit reflektierenden Streifen getragen.
Ich wollte ja schließlich auch nicht, dass mich ein nachtblinder Jäger mit einem Wildschwein verwechselt (nein, nicht wegen des Geruchs!:peinlich:)
Notunterkunft und Feuer – eigentlich geplant – mussten ausfallen, ich hatte echt unterschätzt wie duster es sein würde. Und im Schein einer Taschenlampe bekommt man nicht wirklich was auf die Reihe.
Übernachtet habe ich dann in einem Jäger-Hochsitz in eine Rettungsdecke eingewickelt. Wenn man den Wind abhalten kann, hält das Ding tatsächlich einigermaßen warm.
Insgesamt habe ich etwa 16 Stunden benötigt um die 26 km zurück zu legen, einschließlich Pausen.
Meine Lehren für das nächste Mal:
- ab sofort gehört ein Regenponcho samt Poncholiner mit an die Weste, man hat es wärmer damit und eine Notunterkunft lässt sich damit auch im Dunkeln noch schnell aufstellen
- außer der Feldflasche werde ich auch zukünftig einen Trinkrucksack 2,5L mitführen. Die Feldflasche hatte ich ursprünglich gewählt, um im Alubecher auch mal Wasser warm zu machen. und die Rettungsdecke, die ich eigentlich auch zur Wassergewinnung nutzen wollte, habe ich benötigt um mich warm zuhalten
- in unbekanntem Gelände nachts zu wandern sollte man nur machen wenn es wirklich ums Überleben geht. Nach Möglichkeit immer tagsüber unterwegs sein und genug Zeit zum Aufbau eines Lagers einplanen
- ich muß mich unbedingt kundig machen, ob die Bäche und Seen annehmbares Wasser enthalten oder evtl. durch Dünger kontaminiert sind
- auf Feldern ist es fast noch schwieriger voranzukommen als im Wald, aufgrund des unebenen oder sehr feuchten Bodens. Auch wenn es einen Umweg bedeutet werde ich mich in Zukunft am Feldrand lang bewegen
- eine Nachtsichtbrille steht ab sofort ganz oben auf meiner Wunschliste, ohne eine solche mach ich das nicht nochmal
So, nun bin ich gespannt,auf eure Anregungen und Kritiken
LG
Papa Bär
PS: Bilder versuche ich nachzureichen, bei meinem Laptop ist die Festplatte gecrasht und bei diesem Rechner klappt das Hochladen nicht.