Wie wichtig sind gelegentliche Ereignisse für die Motivation

  • Was die Fahrpreise in Indien betrifft, so würde mich zum Vergleich interessieren, wie teuer das für einen normalen Inder ist.


    Ich stelle in unserer Gesellschaft eine ziemlich arrogante Anspruchshaltung und Nulltoleranz fest, was öffentliche Dienstleistungen angeht - auch bei mir.


    Ich fahre beruflich bedingt einmal die Woche quer durch die Schweiz, mit dem Zug. Teilweise zu Pendlerstosszeiten.
    Ich bin auch einer von denen, der anderen einen Sitzplatz wegnimmt. Also rückt man zusammen - die Mitreisenden sind nicht meine Gegner.
    (Hier käme der Abschnitt über Körperpflege und Benehmen in öffentlichen Verkehrsmitteln ... )
    Was von 60 Jahren ein Tagesausflug war, ist heute eine Strecke von drei Stunden.
    Seit dem Lötschberg-Basistunnel ist die Sache eine volle Stunde kürzer geworden als vorher. Ich muss mich zwingen, mich nicht zu nerven, wenns mal eine halbe Stunde länger dauert, oft weil sich irgendwo einer vor den Zug geworfen hat (wofür die Bahn nun nichts kann). Denn die neue kürzestmögliche Fahrzeit wird zum Standard, und alles was abweicht, ist Grund zum Ärger.
    Logisch gedacht: Noch nie war es möglich, solche Reisen derart beiläufig und zuverlässig zu absolvieren. Ich bin lieber in der Situation, dass ich warten muss, als dass andere wegen mir warten müssen (genau diese Überlegung macht auch die Wartezeiten bei der Notaufnahme des Regionalkrankenhauses erträglich).
    Technische Störungen kommen vor, halten sich aber im Rahmen, und es kommt deswegen nur extrem selten zu Personenschäden (was bei einem derartig dicht befahrenen Netz eine Leistung ist, die man nur deshalb nicht schätzt, weil man sich daran gewöhnt hat).


    Voir einigen Jahren hatte die Bahn ein Problem, nämlich dass die technische Wartung der Züge aus Gewinnoptimierungsgründen unter das vertretbare Minimum gefahren wurde. Da wurden etwa Zugskompositionen mit einem einzigen benutzbaren WC (mit entsprechender Ausrüstung, d.h. Gasmaske, Gummistiefel) auf die Strecke geschickt. Schuld daran waren aber nicht die Leute, die das für miesen Lohn reparieren und saubermachen müssen, sondern das neoliberale Management. Soweit kommts, wenn in den Chefetagen von Grossbetrieben nur noch Juristen und Finanzjongleure sitzen, die das eigentliche Geschäft nicht aus eigener Tätigkeit und Erfahrung kennen.


    Was die Bahn nicht gut macht: Wer ein Problem mit der Fahrkarte hat, z.B. weil ein Automat streikt oder weil man wegen der extremen Schlange vor dem einzigen besetzten Fahrkartenschalter den Zug verpasst hätte, oder weil ausländische Touristen bei den sehr engen Umsteigezeiten auch mal den falschen Zug erwischen, dann wird vom Personal erstmal unterstellt, dass man schwarz fahren wollte.
    Häufiger Fall: Geldbeutel mit Abonnement und Personalausweis vergessen. Kann man sich nicht ausweisen, muss man Strafe bezahlen, hat man das Geld nicht gleich, kostet es noch Verwaltungsgebühr. Wer nimmt schon Bargeld ausserhalb vom Geldbeutel mit in der Absicht, den Fahrausweis zu Hause zu vergessen.
    Rückerstattung bei verpasstem Anschluss wegen Verspätung gibts, wenn das von einem Beamten am Umsteigebahnhof schriftlich bestätigt wurde. Wie macht man das, wenn der Bahnhof nicht bedient ist?
    En Kollege hatte in Deutschland das absurde Problem, dass ein ICE wegen technischem Defekt ausfiel, 400 Leute kurzfristig auf einen anderen, dann natürlich pumpenvollen Zug umdisponiert wurden und er dort vom Schaffner angemault wurde, seine Fahrkarte sei in diesem Zug nicht gültig.
    Derartige administrative alltagsfremde Schikanen sollte aufhören - ich möchte auch von der Bahn gerne als Kunde behandelt werden, dem auch mal Fehler passieren.

  • Zitat von jp10686;172123

    Was die Fahrpreise in Indien betrifft, so würde mich zum Vergleich interessieren, wie teuer das für einen normalen Inder ist.


    Was ist für Dich ein "normaler Inder"?


    Die Einkommensunterschiede sind extrem.


    Der staatliche Mindestlohn beträgt 132 Rupees ( knapp zwei Euro) am Tag, das ist der Gegenwert von 4 kg Reis, 2kg Linsen, einer Kinokarte oder 25% einer monatlichen Mobilfunkflatrate.


    Ein gelernter Facharbeiter verdient etwa 200 € / Monat.


    Ein Ingenieur ohne Managementfunktion etwa 1.500€/Monat. Damit ist er allerdings der King. Er leistet sich Hauspersonal.


    Was Tckets bei Indian Rail kosten, das kannst Du je nach Strecke und Klasse unter MakeMyTrip nachlesen.


    Zitat von jp10686;172123

    Ich stelle in unserer Gesellschaft eine ziemlich arrogante Anspruchshaltung und Nulltoleranz fest, was öffentliche Dienstleistungen angeht - auch bei mir.


    Nein. Als Ingenieur ist mir sehr wohl bewusst, dass technische Systeme versagen können. Auch im Best Case. Nur, wenn ein Zug auf offener Strecke liegen bleibt, dann erwarte ich, dass die Passagiere umfassend, ständig und zeitnah informiert werden, dass bei einer Weichenstörung alle fünf Minuten per Durchsage berichtet wird, was das Reparaturteam vor Ort gerade tut und wann sie beseitigt ist. Keinesfalls "Halt wegen Weichenstörung auf unbestimmte Zeit" und dann Schweigen im Walde. Dass das Zugpersonal selbstverständlich als Ansprechpartner zur Verfügung steht und sich nicht im hinteren Führerstand wegschliesst. Alles andere ist - sehr höflich ausgedrückt - unprofessionell. Weniger höflich ausgedrückt: Verachtung des dummen Fahrgastes, der mit seinem teuren Ticket im Grunde genommen keine Rechte erwirbt. Das kann sich nur ein Staatsbetrieb leisten.


    Ein Arbeitgeber, der kein Staatsbetrieb ist, würde hier personelle Konsequenzen aus solch einem gleichgültigen bis arroganten Verhalten von Mitarbeitern gegenüber Kunden ziehen.


    Zitat von jp10686;172123


    Ich fahre beruflich bedingt einmal die Woche quer durch die Schweiz, mit dem Zug. Teilweise zu Pendlerstosszeiten.
    Ich bin auch einer von denen, der anderen einen Sitzplatz wegnimmt. Also rückt man zusammen - die Mitreisenden sind nicht meine Gegner.
    (Hier käme der Abschnitt über Körperpflege und Benehmen in öffentlichen Verkehrsmitteln ... )


    Ja,


    besonders wenn wir mal Samstags nach Stuttgart oder Karlsruhe fahren, und der Zug mit Fussballfans besetzt ist, die schon morgens um 10 sternhagelvoll besoffen sind, im Zug weiter saufen und unartikulierte Schreie in höchster Lautstärke ausstossen:traurig:(Heisst in dieser intellektuellen Unterschicht glaube ich "Fangesänge") Eigentlich sollte hier mal so langsam ein Sicherheitsdienst mitfahren, der solche Vögel am nächsten Bahnhof aus dem Zug wirft.

    Zitat von jp10686;172123


    Was von 60 Jahren ein Tagesausflu
    En Kollege hatte in Deutschland das absurde Problem, dass ein ICE wegen technischem Defekt ausfiel, 400 Leute kurzfristig auf einen anderen, dann natürlich pumpenvollen Zug umdisponiert wurden und er dort vom Schaffner angemault wurde, seine Fahrkarte sei in diesem Zug nicht gültig.
    Derartige administrative alltagsfremde Schikanen sollte aufhören - ich möchte auch von der Bahn gerne als Kunde behandelt werden, dem auch mal Fehler passieren.


    Wohl wahr, Da sind wir wieder beim Thema Service. Was mir mal passiert ist: Ich hatte wegen einer absolut bescheuerten Bedienerführung des Fahrkartenautomaten die falsche Fahrkarte gelöst. Die war sogar teurer wie die, welche ich gebraucht hätte. Trotzdem wollte mir der Schaffner 40€ wegen "Schwarzfahren" in Rechnung stellen. Ich haben dann gesagt: "Verklagt mich doch". Die Klage kam nie. Auch das zum Service der Deutschen Bahn.


    Meint


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Die Bahn MUSS solche "Fans" befördern. Weil sie ein Staatsbetrieb ist. Drum reissen tun sie sich nicht.
    Ob von den Behörden oder der Bahnpolizei als "Fans" eingeschätzte Personen dazu gezwungen werden können, Sonderzüge zu benützen, ist in der Schweiz wie vieles, was mit Fussballrowdytum zusammenhängt, Gegenstand politischer und juristischer Diskussionen. In D dürfte es ähnlich sein.
    Früher haben die paar Hundert Typen jeweils bei politischen Demos die Sau rausgelassen, jetzt muss der Fussball herhalten.


    Das einzige, was hilft, ist: nicht zur gleichen Zeit die gleiche Strecke fahren.
    Womit wir wieder beim Thema "prep" wären: Gewisse Dinge muss man nicht üben.

  • Zitat von jp10686;172254

    Die Bahn MUSS solche "Fans" befördern. Weil sie ein Staatsbetrieb ist. Drum reissen tun sie sich nicht.
    Womit wir wieder beim Thema "prep" wären: Gewisse Dinge muss man nicht üben.


    Womit wir wieder beim Thema prep sind. Gewisse Züge muss man meiden. Es gibt inzwischen auch in Deutschland ausgesprochene No Go Areas. Züge bei Fussballspielen zwischen den Austragungsorten gehören dazu.


    Auch ein Staatsbetrieb Deutsche Bahn, wollte er kundenfreundlich sein, könnte das tun, was z.B. die Münchner S-Bahn schon lange getan hat, ein absolutes Alkoholverbot an Bord, das auch mit einem Sicherheitsdienst konsequent durchgesetzt wird.


    Meint


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Eine "Kleine" Geschichte zur Bahn...Wir Schreiben das Jahr 1999,Zwei kleine Kerle wollen vom Bodensee nach Berlin zur Love Parade.Der erste Zug zum Grossen Umsteigeknoten hat 10 Minuten Verspätung und jetzt wurde es ziemlich Eng von der Zeit her,den am Umsteigeknoten angekommen fuhr der Anschluss Zug gerade weg,und da begann die Odysse durch Deutschland,es ging im Zickzack Kurs Quer durch D,zuerst nach Augsburg dann nach Stuttgart,weiter nach Nürnberg,zurück nach Karlsruhe und dann nach Kassel,Hannover nach Berlin,und jedesmal eine Riesen Diskusion mit dem Schaffner wieso warum wer...der letzte Schaffner,der uns 4 MAL Kontrolliert hatte,brummte uns noch ne Strafe auf...DANKE Deutsche Bahn