Britische Regierung rechnet mit Massenexodus aus den Städten...

  • ...so schreibt jedenfalls Telepolis in einem Artikel, der auf einen Bericht Zeitung Observer zurückgeht.


    Ich finde, das ist ein interessanter Aspekt für die Diskussion, ob das künftige Leben eher auf dem Land oder in der Stadt besser ist. Es gibt ja die Selbstversorger- und Refugiumsfraktion auf der einen Seite und andererseits die der Stadtmenschen, die die Vorzüge der City zu schätzen wissen (man braucht kein Auto, man benötigt als einzelner insgesamt weniger Energie, man erhofft sich im Krisenfall eher eine schnellere und direktere Versorgung durch den Staat, man rechnet mit weniger Infrastruktur"abschaltungen" im C-Fall als auf dem Land usw.)


    Durch den angekündigten brutalen Sparkurs der britischen Regierung sollen u.a. 500.000 Stellen im öffentlichen Dienst gestrichen werden, Streichung von Zuschüssen an (städtische) Hilfsorganisationen und Kürzungen beim Wohngeld. Nun schätzt man von offizieller Seite, dass dies allein in London 80.000 Familien bzw. 200.000 Menschen aus nicht wohlhabenden Schichten aus der Stadt treiben wird, weil sie z.B. die Mieten ohne staatl. Unterstützung nicht zahlen können. Weiter wird vermutet, dass stattdessen die etwas besser verdienenden "young professionals" den freiwerdenden Wohnraum beanspruchen werden, was wiederum zu einer Änderung der gesellschaftlichen Zusammensetzung der Bevölkerung in der City führen wird.


    Kritiker sprechen von "social cleansing" (sozialen Säuberungen), die bewusst in Kauf genommen würden, um Familien mit wenig Einkommen aus der Stadt zu drängen.


    Ein aus meiner Sicht unschönes Szenario, vor allem, wenn man bedenkt, wie schnell man selbst sozial soweit absteigen kann, dass man (zumindest zeitweise) auf staatliche Hilfe angewiesen ist: eine Familie geht beziehungstechnisch in die Brüche, die Frau bleibt mit zwei Kindern als "Alleinerziehende" zurück, der Ex drückt sich um Unterhaltszahlungen - schon ist die "Restfamilie" in einer finanziellen Lage, die sich ohne staatliche Hilfe meist nicht bewältigen lässt - in England bedeutet dies künftig dann auch noch den Verlust der Wohnmöglichkeit in der Stadt. Wo gehen diese Leute hin, werden wir in Europa wieder Hüttensiedlungen/Slums am Stadtrand bekommen? Vermutlich.


    Übrigens, die dramatische Schieflage der britischen Staatsfinanzen haben nicht die Wohngeldbezieher aus der Unterschicht verursacht...aber sie dürfens ausbaden - so züchtet man Unruhen.


    Grüsse


    Tom

  • Bah...das ist übel.
    Kein Wunder, wenn die "Unterschicht" sich dann zusammenrottet und
    ihre Unzufriedenheit dann auch aggressiv gegen staatliche Institutionen
    auslebt...was ja vereinzelt durchwegs immer wieder vorkommt.
    Ich habe den Eindruck, daß es in Frankreich sehr stark in diese Richtung
    momentan (wieder) geht.


    Europa, wo gehst Du hin?


    Ich hoffe da stark, daß sich die Umstände in den nächsten Jahren wieder
    ändern, sonst schaut es wirklich in kurzer Zeit schon sehr, sehr übel aus.
    Ich hoffe es, allerdings möchte ich mich schon ein bißchen auch auf
    etwaige Gegebenheiten vorbereiten...


    Ciao,
    Occam

    "Alle, außer mir, haben sich verirrt!"... Indiana Jones

  • Zitat aus Telepolis: "Unmut gibt es durchaus, dass nun Arbeitslose sich Wohnungen leisten können, die für Arbeitende unerschwinglich sind. "

    Ok, dann hält sich mein Mitleid leider in Grenzen.
    Wenn hohe Mieten dann nämlich vom Wohlfahrtsstaat subventioniert werden läuft in einem System etwas falsch - die Mieten orientieren sich dann an dem künstlich Subventionierten, nicht an dem was vernünftigerweise machbar ist.

    Und das dies Unmut bei den Arbeitenden hervorruft ist wohl auch verständlich.

    Dies ist meine Meinung. Jeder kann seine eigene Meinung und eine andere haben. Aber dies ist meine Meinung.

  • @ Funker:


    tja hier funktioniert der Plan wieder mal ganz hervorragend: die Armen gegen die noch Aermeren ausspielen, damit die Eliten ihre Ruhe haben :)

  • Nein, haben sie eben nicht.
    Die Eliten müssen sich jetzt Mieter suchen, die die horrenden Beträge auch erwirtschaften. Es könnte somit sein, dass die eine oder andere Wohnung ohne Mierter mit Subventionshintergrund zum ehemaligen Preis nicht mehr vermietbar ist.

    Weil da muss auf einmal jemand arbeiten für die Miete....

    LG

    M

    Dies ist meine Meinung. Jeder kann seine eigene Meinung und eine andere haben. Aber dies ist meine Meinung.

  • Zitat von tomduly;55216

    ein interessanter Aspekt für die Diskussion, ob das künftige Leben eher auf dem Land oder in der Stadt besser ist. Es gibt ja die Selbstversorger- und Refugiumsfraktion auf der einen Seite und andererseits die der Stadtmenschen, die die Vorzüge der City zu schätzen wissen (man braucht kein Auto, man benötigt als einzelner insgesamt weniger Energie,


    hmmm ... kommt doch auf das jeweilige Szenario an ...


    im "Normalfall" - also solange ich jeden Tag in die Arbeit muß - ziehe ich ein WG-Zimmer in der Stadt (in fußläufiger Entfernung zu Büro, Läden, usw.) vor ...


    bei "Game over"-Szenarien ist wohl eher der Rückzug auf´s Land angesagt


    und wenn ich es mir aussuchen könnte
    (Szenario: Lotto-Jackpot > 5 Mio. Euro o.ä. = finanzielle Unabhängigkeit)
    dann würde ich mir irgendwo nen kleinen Resthof mit 1 ha Obstbaumwiese usw. nehmen ... und für 3 Tage/Woche oder 5 Tage/alle 2 Wochen in einer schönen Stadt (mit etwas Kulturleben, Uni-/studentischer Szene, usw.) ein Zimmer als Zweitwohnsitz ...


    ... und dazu noch ein Wohnmobil zum 15 bis 20 Wochen im Jahr irgendwo durch die Lande streunen

  • Zitat von tomduly;55216

    ...schon ist die "Restfamilie" in einer finanziellen Lage, die sich ohne staatliche Hilfe meist nicht bewältigen lässt - in England bedeutet dies künftig dann auch noch den Verlust der Wohnmöglichkeit in der Stadt. Wo gehen diese Leute hin, werden wir in Europa wieder Hüttensiedlungen/Slums am Stadtrand bekommen? Vermutlich.


    ...


    Nu ja... Also... Wenn denn die Mieten in den Stätten so hoch sind und auf dem Land nicht, dann werden die finanziell schlechter gestellten Mieter in die Dörfer ziehen.


    Allerdings fraglich ob da dann die Mieten niedrig bleiben.
    auch fraglich ob tatsächlich besser verdienende dann in die Städte ziehen werden.


    in letzterem Fall wird es einfach zu mehr Lehrstand führen, was dann häufig mit billigeren Mieten endet.
    Ansonsten wirds vermutlich zu sozialem Wohnungsbau führen, mit all seinen vor und nachteilen.


    Letztendlich was mich ein wenig verwundert...
    Bei uns ist das Leben auf dem Land eher teurer als in der Stadt.


    ... und ich sehe auch nichts erstrebenswertes an einer Stadtwohnung.


    Von daher würde ich den Verlust der Wohnmöglichkeit in der Stadt eher als positiv, besonders für Familien, sehen...


    P.S.: Hab mir meinen Post nochmal durchgelesen... liest sich ein wenig nach: "Was sie haben kein Brot zu essen? dann sollen sie eben Kuchen essen", an.


    Aber mal ganz ehrlich. Wo ein Markt ist, ist auch jemand der den Markt deckt.
    Wenn jemand im Moment eine Wohnung hat und die wird zu teuer, dann wird es jemand anderen geben der ihm an anderer stelle eine günstigere ( kleinere?) Wohnung anbietet.
    Oder Mietwohnungen werden anch einiger zeit des Leerstands, wieder günstiger. Meist gehts doch in der Wirtschaft dann doch noch um Angebot und Nachfrage.
    Letztendlich wollen die meisten mieter ihre Wohnung bewohnt haben. Die kostet nämlcih auch wenn sie leer ist. Mal abgesehn das es keinem Haus gut tut wenns nicht mehr beheizt wird etc...

  • Wobei das ja nicht freiwillig ist, weil es auf dem Land besser wäre.


    Die Leute drängen ja in die Stadt hinein, deswegen explodieren dort die Kosten...

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Angebot und Nachfrage eben...


    ... aber was wollen die denn alel in der Stadt, wenn sie da offensichtlich auch keien Arbeit finden?


    kann die Regierung schon verstehn, wenn sie diesen Wahnsinn nicht mitfinanzieren wollen. Letztendlich sammel ich sonst den potentiellen Mob in Ballungszentren.

  • Vermieter sind nicht die Elite(n), sorry. Da zaehlst du wohl jeden zur Elite, der ein bisschen mehr hat als du … noch ein Beweis, funktioniert wirklich gut mit dem Teilen und Herrschen *g*

  • Man findet eben gerade in der Stadt (gut bezahlte) Arbeit, für den Ballungsraum London gilt das ganz besonders.
    Deswegen gibt es in England auch so viele Extrempendler, die ewig weite Anfahrtswege in Kauf nehmen müssen.
    http://www.manager-magazin.de/…ere/0,2828,498948,00.html


    Die englische Regierung ist derzeit auch nicht zu beneiden. Im Endeffekt ist es ja absolut nachvollziehbar, wenn man die Wohnungszuschüsse deckelt, ansonsten kommt der Steuerzahler dort dafür auf, dass die Vermieter in London saftige Renditen bekommen, während sich die Preisspirale immer weiter dreht.


    London muss man schon sehr mögen, um sich das freiwillig anzutun. Eine Freundin von mir haust dort trotz recht gutem Verdienst in einem WG Zimmer mit 1 Stunde pendeln in den völlig überfüllten ÖPNV Systemen pro einfachem Weg.
    Dazu kommt noch dass der Arbeitgeber dort eher einen 11- als einen 8-Stunden Tag erwartet. "Satte" 20 Urlaubstage gibt es auch noch.


    Wahrscheinlich wird man in der Zukunft auch zwischen verschiedenen Stadttypen differenzieren müssen. Die Megacities (betrifft neben London z.B. auch Moskau oder Schanghai) ziehen halt unglaublich viel Kapital an, das dort in Immobilien fließt und eine gigantische Preisspirale in Kraft setzt.
    Bei mittelgroßen Städten in Deutschland ist das bei weitem nicht so, da lebt es sich manchmal richtig günstig in der Stadt.


    Wer sich vor 30 Jahren eine Eigentumswohnung in London gekauft hat, der hat damit aus heutiger Sicht einen tollen Deal gemacht. Wer allerdings die Mieten bezahlen muss, der ist übel dran.
    Aber dem ist halt auch nicht damit geholfen, wenn der Staat von unten immer mehr Geld zusteuert, indem er die Mieten für die Armen bezahlt.


    mfg

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Nun ja, die Zentralisierung schreitet auch in Deutschland weiter fort. Die Bildung so genannter Metropolregionen (11 an der Zahl) ist im Gange, damit werden sich Kapital und Arbeitskraft weiter konzentrieren.


    Das Ganze soll im internationalen Vergleich die Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Damit dürfte die Schere auch bei uns weiter auf gehen und die ländlichen Gebiete jenseits der Speckgürtel das Nachsehen haben... Ein Grund mehr, sich dort nach Ausweichmöglichkeiten umzusehen.

    Erklärter FDGO-Fan

  • Zitat von StefanS;55268

    Das Ganze soll im internationalen Vergleich die Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Damit dürfte die Schere auch bei uns weiter auf gehen und die ländlichen Gebiete jenseits der Speckgürtel das Nachsehen haben... Ein Grund mehr, sich dort nach Ausweichmöglichkeiten umzusehen.


    Es ist z.B. spannend, was mit der (Energie-)Infrastruktur im ländlichen Raum passiert, wenn dort immer weniger Leute wohnen.
    Das ist ein großes Problem, die Stromversorger haben nämlich nicht die geringste Lust, die letzten 5 Leute in einem sterbenden Dorf mit Strom zu versorgen.


    Ich denke, es gibt kluge Möglichkeiten, auf dem Land zu wohnen und kluge Möglichkeiten, in der Stadt zu wohnen. Umgekehrt kann man auch beides falsch angehen.
    "Suburbs" z.B. halte ich für eine Fehlentwicklung, das vereint die Nachteile von beidem.

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Hallo,
    ich habe mir diese Wo. bei mir auf Arbeit mal Wohnungsangebote angeschaut. Nur für den Fall das ich mir irgendwann das Pendeln nicht mehr leisten kann.
    Also 260€ kalt für eine 20qm Wohnung - Kalt- ist m.M. nach Utopisch.:verärgert:
    Der Diesel dürft auf über 2€ steigen bevor ich mir das noch mals Überlege.
    Also muss ich damit leben jeden Tag 120Km und 2 1/2h auf der Strasse zu verbringen.:crying_face:
    Dafür sehe ich aber jden Tag meine Familie.:)


    Gruß
    derHerzog:winke: