Food-Chopper

  • Ich bin ja ein Fan von alten Küchengeräten und dazu esse ich noch gerne Cole Slaw. Das soll natürlich auch in Krisenzeiten möglich, sein, schnell herzustellen sein und ohne Strom möglich. Deshalb war ich schon lange auf der Suche nach einem speziellen Food-Chopper, einem von der Firma Starrett aus der Zeit von 1865 bis ca. 1900. Sucht man ein solches Gerät ist es meist nur in den USA zu finden, dann sehr teuer oder sofort weg, weil die Dinger bei den Amish sehr beliebt sind wenn sie denn mal auf den Markt kommen. Ich bin in den letzten 2 Jahren mehrfach bei Kaufversuchen gescheitert, nun habe ich ein Gerät in Griechenland gefunden.


    Heute stellt Starrett als Milliarden-Unternehmen meist Messwerkzeuge her. Ab 1865 war das erste Produkt des Gründers der L.S. Starrett Food-Hasher. Die Dinger werden auch Steamboat-Hasher/Chopper genannt wegen dem sogenannten "Walking Beam" der bei Dampfbooten in den USA zu der Zeit zur Kraftübertragung eingesetzt wurde. Das ist die obere Wippe aus Gusseisen. Am Anfang hat Mr. Starrett die Geräte noch örtlich selber als Alleinunternehmer und -hersteller in der Umgebung verkauft. Dann hat er sich mit der Athol Machine Co. zusammen getan und die Teile produziert, sich mit denen zerstritten und wieder in Eigenregie weiter gemacht und schließlich 1905 die Athol Machine Co. auf Grund des eigenen Erfolges aufgekauft und daraus wurde dann das heutige "Starrett". Es gab diese Maschinen in 3 Größen: 8 Inch für Kleinfamilien, 10 Inch für größere Haushalte und 12 und 15 Inch für Restaurants, Kantinen etc. Ich kenne bisher nur die 8 und 10 Inch Versionen, eine 12er hab ich noch nie gesehen. Dann gab es wohl noch 20 und 30 Inch Versionen für das US-Militär oder richtige Großküchen die hatten teilweise Doppelkurbeln oder auch Riemenantriebe für Verdampfermotoren bzw. deren Antriebswellen die ja meist vom Motor angetrieben warenund unter der Zimmerdecke als Kraftabnehmwelle fungierten. Gibt nur Katalogabbildungen davon.


    Die Haushaltsteile waren damals für die gehobene Mittelschicht bestimmt. Dreht man an der Kurbel wird über die Schwungradmechanik einerseits das Messer in der Schüssel auf und ab bewegt, gleichzeitig wird über eine Zugstange die auf einer Feder gelagert ist auf einen Zahnkranz unter dem Topf eingegriffen, damit dieser sich permanent während des Hackvorgangs dreht. Die Kurbelgeschwindigkeit und Kurbeldauer bestimmt wie klein gehäckselt das Gemüse oder Fleisch sein soll. Das Messer ist über die Schrauben so einstellbar, dass es nicht den Boden im Topf berührt sondern ca. in der Stärke eines Papierblattes über dem Boden bleibt um diesen nicht zu beschädigen beim Hacken.


    Die obere Wippen-Bar war wie bei meinem Gerät ganz am Anfang im Querschnitt eher ein H-Träger, späterhin wurde die Querschnittsform rund. Insofern taxiere ich mein Modell auf 1865-1873. Sie läuft super, ich werde die Lady aber noch überarbeiten schließlich nutze ich alle meine alten Geräte wirklich zur Essensherstellung. Da der Boden vom Topf des Bottichs aus Holz ist wird dieser ausgebaut, abgeschliffen und mit lebensmittelechtem Hartöl versiegelt werden, sonst hat man eine nette Keimschleuder. Ich bin auch noch am überlegen das Seitenblech des Topfes neu zu Galvanisieren. Das Messer wird nach 140 Jahren auch mal geschärft werden und leichter Oberflächenrost entfernt. Ich werde das Maschienchen hier noch mal zeigen wenn ich damit "durch" bin, ich schätze das werden 8-10 Stunden Arbeit werden falls ich auch noch die Messingbuchsen neu mache. Das Bodenbrett ist nicht mehr original, die waren früher immer dunkelgrün.


    Wie das Teil in Griechenland gelandet ist - keine Ahnung. Entweder wird den Chopper damals ein gut situierter Auswanderer seiner Familie zugeschickt haben oder jemand hat ihn später als Antik-Andenken mal mit nach Europa genommen. Davon wird es in Europa vielleicht 5-10 Stück geben, wenn überhaupt.


    Da ich nun auch einen Haken an diese Anschaffung machen kann steht nun die Suche nach einem originalen stromlosen Ventilator an der mit Petroleum, einem Brenner und einem Sterling-Motor betrieben wird. Da verhandle ich gerade mit einem Menschen in Uruguay ob er seinen verkaufen will…..


    Hier der Food-Chopper im Zustand wie er demnächst eintrudeln wird:


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    So sah die Fabrik aus wo der Hasher hergestellt wurde um 1900:


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    Alte Werbung davon


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    Wer sich nun fragt wie das Ding funktioniert hier von Youtube ein Video:


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    Für Fleisch werde ich ihn aber nicht benutzen…..

    Der Bote der Wahrheit braucht ein schnelles Pferd

  • Eine tolle Maschine !


    Für das Einlegebrett das in den "Kübel" kommt solltest du am besten Eiche nehmen,ist schön hart u n d hat einen hohen Gerbsäureanteil - von wegen der Hygiene ! So haben Keime wenig Chancen sich im Holz breitzumachen :winking_face:

    Aus dem Norden von DE bzw. dem Süden von ES gesendet

  • Sehr interessant.

    Mich würde noch interessieren, für welche Art Gericht das Fleisch oder Gemüse in so einem Chopper zerhackt wurde. Mir fehlt da etwas das Vorstellungsvermögen. Hast du Infos oder Rezepte? Oder was planst du selber mit deinem Chopper anzustellen?

  • Ursprünglich entwickelt wurden die Teile mal um Hackfleisch zu Produzieren. Nach langem Kurbeln hattest du dann Hack für Frikadellen etc.


    Das war die Zeit bevor die viel kleineren Handkurbel-Fleischwölfe am Markt waren die man mal schnell an den Tisch klemmen konnte (z. B. die häufigsten Teile der Firma Alexanderwerk).


    Bei dem Starretz konnte man ferner besser die Fleischgrösse hinbekommen. Ein Fleischwolf macht dir zwar noch grobes und feines Hack, bei dem Teil hier konnte man aber auch Gyros-grosse Stücke herstellen.


    Ich werde das Ding nehmen für Salate zum Kleinhacken (ich mag im Salat keine grossen Blätter), Karotten- und Kartoffelstück herstellen etc.


    Kann man natürlich Alles auch mit einem normalen Messer machen aber bei mir ist es der Spieltrieb, die Faszination für alte analoge mechanische Technik und die Stabilität solcher Geräte warum ich sie noch heute nutze. Und wenn sie rumstehen schaue ich sie gerne an.


    Ansonsten werde ich einfach probieren was passiert wenn ich damit Paprika, Girken und sonstiges Gemüse kille und was ich daraus machen kann für Aufläufe etc.

    Der Bote der Wahrheit braucht ein schnelles Pferd

  • und ich werde belächelt wenn ich den Handkurbel Fleischwolf rausholen....

    Baerti bei dir würde ich gerne mal durch deine Sammlung stöbern.

    :gut: :gut: :gut:

    Prioritäten setzen heißt auswählen, was liegen bleiben soll.

  • Spannendes Thema. Habe jetzt paar deutsche und englische Wikipedia-Artikel gelesen


    Ich hätte eigentlich vermutet, dass der Fleischwolf eine ältere Erfindung ist.
    Aber ganz im Gegenteil: der erste Fleischwolf wurde zwar von Karl Drais bereits 1840 erfunden, das ist übringes der Karl Drais der auch das Fahrrad erfunden hat, aber durchgesetzt hat sich das Teil erst richtig ab ca. 1900. Das Alexanderwerk hat in den 1890ern mit der Produktion begonnen, auf Basis eines amerikanischen Patents. Die Verbreitung des Fleischwolfs dürfte vermutlich auch in USA der Grund für das Ende der Food Chopper gewesen sein.

  • Genau, diese Chopper waren quasi der Vorreiter. Der Bedarf war da, bis in die einzelnen Familienhaushalte hinein (bei den Restaurants, Militär sowieso ob der Mengen). Aber erst als die Dinger mit dem "richtigen" Fleischwolf eine Größe erreicht hatte die für den praktischen Gebrauch (alle paar Tage wenn überhaupt, Fleisch war teuer damals) angemessen war setzte sich die "maschinelle" Fleischverarbeitung auch in den Privathaushalten durch. Und weil die Geräte dann durch die Massenproduktion billiger wurden.


    War bei den Dingern so wie vormals die riesigen D1-Handy-Koffer mit Tragebügel für die Geschäftsleute und erst als der Motorola-Knochen raus kam wurde das Gerät massentauglich.


    Die Entwicklung hast du auch bei vielen Küchengeräten. Ich sammele meist die Ur-Generation von solchen Sachen, also quasi die Anfänge der Technik. Gibt z.B. extrem geile Mixer aus den 20er bis 30er Jahren (meist aus den USA) die dann die ersten Vorläufer unserer heutigen multifunktionalen Küchenmaschinen waren die Fleischwolf, Mixer, Obstpresse etc. in einem Gerät vereinten. Beispiel ist unter anderem der Star-Rite-Magic-Maid-Mixer:


    Early Electric Food Mixer Magic Maid (icollector.com)


    Alle Schüsseln und Aufsätze noch in Glas, nix Kunststoff. Die gibt es in den USA auch heute noch günstig, die haben echt Power (trotz 110V) und das Oberteil ist abnehmbar, so dass man auch den Motorkopf mit Mixerstangen separat vom Ständer nutzen konnte. Schön sind auch die ganz alten Kitchenaid-Sachen. Guck dir mal hier das 2te Foto (die weiße Maschine) an:


    Amerikanische Küchenmaschinen: Die Erfolgsgeschichte von KitchenAid - KÜCHEN-FEE (kuechenfee-shop.de)

    Der Bote der Wahrheit braucht ein schnelles Pferd

  • Nun ist er eingetroffen. Zustand für das Alter "wie aus dem Laden", Alles funktioniert, nur heute muss ich das Messer ausbauen und schärfen und die Holzbodenplatte vom Topf versiegeln das war es dann auch schon. Nix ausgeschlagen, das Teik kann kaum in Benutzung gewesen sein.


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    Einmal geölt das Maschienchen. Flugrost nur am Schneideblatt und der Federaufnahme die den Topf beim Kurbeln dreht. Heute abend wird damit der erste Salat klein gehackt.

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  • Die stammen übrigens beide aus der gleichen Zeit, einmal der Bonanza Apfelschäler und dann der Starrett Food-Chopper:


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    Gehen aber auch als mittelalterliche Folterwerkzeuge optisch durch.

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  • Das Ding sieht ja echt klasse aus - nur reinigen und ölen --> Einsatz !


    Hey,ich sorg für Bratwurst + Co, Du bringst frischen Cole slaw mit :gut:

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