Schneechaos Münsterland 2005

  • Ich wurde bei meiner Neuvorstellung gefragt, ob ich meine Erfahrung schreiben könnte. Ist ja schon ein bischen her, aber hier ist es.



    Ich bin damals am 25.Nov 2005 noch gerade aus dem Büro nach Hause gekommen bevor es „los ging“. Allerdings habe ich für 25km von der Autobahn bis nach Hause ca 1 ½ Stunden gebraucht. ÖPNV existierte Abends schon nicht mehr. Hatte einen Anhalter bei Winterswijk mit nach Vreden genommen.



    Zu Hause angekommen saß ich kaum auf dem Sofa als etwas wie ein Blitz alles dunkel werden lies. Selbst die Benutzung des Handys war nur sehr eingeschränkt möglich. Immerhin ging es, was mich positiv überraschte. Allerdings war das Netz überlastet. Das ist man eigentlich nicht gewohnt. Ich hatte zum Glück die letzten Monate in Sakhalin (Russland) verbracht. Das war in mehreren Bereichen hilfreich. In Bezug auf's Handy half auch damals die Wahlwiederholung bis man durch kam.


    Frau erreicht, also abholen, da sie mit Fahrrad unterwegs und hoher Schnee mit keiner Beleuchtung. Die Erfahrung durch die bekannte Stadt/Dorf ohne Beleuchtung zu fahren ist schon was unheimliches, ohne das es einen triftigen Grund gibt. Lediglich vielleicht, weil man es nicht gewohnt ist.


    Zu Hause angekommen erstmal geduscht. Meine Frau: Was solln das???? Antwort: Morgen ist der Kessel kalt. Badewanne voll Wasser laufen lassen. Gleiches Spiel: Wieso? Ich: Kannst du mir sagen ob nicht auch Wasser weg bleibt? Was weiß ich ob die Verteilung auch beeinflusst sein wird.


    Geschäfte waren zu, da schon später, also haben wir es uns bei Kerzenschein gemütlich gemacht.
    Nun hatten wir Glück, da wir im Versorgungskreis der Innenstadt waren und irgendwann morgens um5 Uhr oder so auf einmal alle Lampen angingen.


    Was wir nicht wussten war, das der Strom lediglich da war, weil Generatoren für die Innenstadt eingesetzt wurden. 50m weiter war immer noch alles tot. In meinem Unwissen wollte ich jetzt fürs Wochenende einkaufen gehen. Gesagte 50m weiter begegnete ich jemandem der fassunflos sagte, „die haben ja Strom“. Ja klar dachte ich. Nix klar, sondern Glück gehabt.


    Supermarkt war natürlich zu. Der hätte besser eine Abverkauf machen sollen. Später wurde bekannt das alles Verderbliche in den Kübel kam. Leute gab es, wie ich im Supermarkt in der Innenstadt feststellen konnte. So viele, das die Schlange an der Kasse einmal rund durch den Laden bis zum Eingang ging. Der Bäcker hatte so gut wie nichts mehr etc.
    Da wir genug Reserven (ohne Preppen) hatten, bin ich wieder nach Hause. Mein Fehler war offensichtlich, das ich davon ausging, das der Strom wieder da wäre.


    Es waren für uns nur ein paar Stunden ohne Strom, aber es zeigte klar, obwohl so lokal begrenzt, nicht viel ohne Strom läuft. Zuviel Glück wir hatten, waren viele, die weniger hatten. Da viel Tierzucht in unserer Gegend ist, gab es z.B. viele Probleme bei den Landwirten. So werden Schweine warm gehalten und haben ernsthafte Probleme wenn die Klimatisierung nicht funzt. Melkanlagen gehen auch nicht. So viele Tiere per Hand melken ist schwerlich möglich. Fütterungsanlagen haben gleiches Problem. Die Automatiesierung ist somit das Problem wenn's „knallt“.


    Welche Konsequenzen habe ich daraus gezogen.
    Da gibt es noch ein paar Dinge die zu verbessern sind. Stromerzeugung habe ich immer noch nicht praktikabel und bezahlbar gelöst. Gute Generatoren kosten, Solar zwischenspeichern in Batterien braucht einige Batterien. Solar im Winter ist auch so eine Sache.
    Mein Gärtnerversuche waren leider nicht so erfolgreich. Da bedarf es noch mehr „Weiterbildung“
    Vielleicht hat jemand Tips zur Stromerzeugung.



    Lebensmittel ist klar. Licht via Petroleum/Batterien. Kamin im Haus. Grill/Smoker, Petrokocher und Dutch Oven zum kochen. Bin kein Freund von Gas. Wasser in der Nähe.


    Hoffe ich konnte ein paar Eindrücke „rüber bringen“.


    Viele Grüße,


    Sandpiper

  • Ich werde auch mal mein bisschen Wissen zu der Geschichte beitragen. Ich bin kein direkter Zeuge, aber mehrere Kumpel wohnen direkt im damals betroffenen Gebiet. Und da mich das als Prepper interessierte habe ich natürlich gefragt :grinning_face_with_smiling_eyes:
    Es spielte sich alles Rund um den Ort Havixbeck ab. Dort war die Stromversorgung in weniger als einem Tag wieder hergestellt. Wo sich das über ein paar Tage gezogen hat waren die kleinen Dörfchen/Ortschaften rund um Havixbeck.
    Dort bekam man über Generatoren der Feuerwehr/THW Strom aber nur zu bestimmten Zeiten. Es wurde Rationiert vielerorts.


    Eine kleine lustige Geschichte bei der ganzen Sache war. Da ja überall der Strom ausgefallen war wurde in den Discountern ja die Kühlkette der ganzen Kühlthekenartikel unterbrochen und mussten entsorgt werden. So stellten die sich einen großen Container auf den Hof und schmissen alles weg. Mein Kumpel, die Sau ^^, hat sich sein ganzes Auto mit den Sachen Vollgemacht und hat es mit nach Hause genommen.
    Es war damals ja Winter und daher kein Problem das Zeug aufm Balkon zu lagern bis die Kühltruhe wieder funktionierte. :grosses Lachen:

  • Stimmt, das habe ich total vergessen mit den Generatoren in den Bauernschaften. THW und Feuerwehr (auch aus der Umgebung) waren voll im Einsatz.
    Das reichte hinten und vorne nicht. Habe gehört, das viele sich danach einen gekauft haben.
    Die Frage für mich ist aber wie so ein gutes Stück funktioniert, wenn man es kaum bis gar nicht nutzt, da ja sonst immer Strom vorhanden ist.


    Der Vorteil war wirklich, das man keinen Kühlschrank brauchte. Wir haben auch einfach alles auf den Balkon gestellt.


    Gibt es irgendeine patente Idee zum kühlen ohne Strom?

  • Wenn ich mir meine PV-Anlage so anschaue, auf der jetzt schon seit einiger Zeit ne dicke Schneeschicht liegt, mach ich mir echt Gedanken, ob es sich die Erweiterung /Ergänzung zur Inselanlage lohnt. Da geht die Tendenz dann doch eher wieder zum Billig-Generator , um damit die Wasserpumpe zu betreiben , um alle Wassergefäße .


    Wenn unbedingt gekühlt werden soll, gäbs auch Kühlschränke, die mit Gas fuinktionieren, ansonsten Erdmieten, oder mit Wasser Kühlen, soweit vorhanden..


    wolpi

  • Vielen Dank, je mehr man liest/hört, desto besser kann man sich ein Bild machen. :Gut:


    Ich habe vor ein paar Jahren einen Herren aus dem Münsterland auf einer Veranstaltung getroffen, der wohl einige Tage keinen Strom hatte. Beim Mittagessen hat er einige Dinge erzählt.


    - Er sagte auch, dass die Lebensmittel-Läden die Tiefkühlkost verschenkt hätten, die Türen der Geschäfte wurden aufgeschoben und kassiert wurde mit einer Geldkassette. Viel da war aber auch nicht mehr, besonders Kerzen, Batterien usw. war schnell weg. Geld rausgeben wurde dann irgendwann schwierig. (Daher immer klein stückeln bei der Notreserve. :face_with_rolling_eyes: )


    - In seinem Haus war im Wohnzimmer ein offener Kamin und genug Holz im Garten, somit konnte er zu Hause bleiben. Einige wurden wohl auch ausquartiert aus der Nachbarschaft zu Gemeinschaftunterkünften (?) Die Nachbarn hat er eingeladen und die haben sich auch bei Ihm einquartiert und geschlafen wurde ebenfalls im Wohnzimmer. Gekocht haben sie auf dem Grill im Garten und teils im/am Kamin, wie er sagte.


    - Er möchte die Erfahrung heute nicht missen, hat damals aber nur geflucht und gehofft, dass es bald zu Ende ist mit dem Stromausfall. Und er hat anfangs auch nie gedacht, dass das so lange dauert, bis wieder Strom fließt. Sein Sohn im Teenageralter fand das damals alles aufregend.


    Wie gesagt, das sind Schilderungen eines Dritten, keine eigenen Erfahrungen. Ich finde Berichte von direkt Betroffenen immer sehr lehrreich.

  • Nun, dann werde ich mal meine Erfahrungen von damals kund tun. Ich war damals bei der Bundeswehr in der Nähe von Dülmen stationiert. Als der Strom damals ausfiel, sprangen glücklicherweise sofort unsere Notstromaggregate an, die aus unserer Fernmeldestation einen weithin sichtbaren Lichtpunkt zauberten. Ringsum kein Strom, aber wir hatten sogar die Außenbeleuchtung am Zaun an :grosses Lachen:.
    Wir hatten seit einigen Tagen einen Wartungstrupp zu Gast, der ein 18kw-Aggregat auf Hänger hatte. Damit sind wir dann die Bauern in der näheren Umgebung abgefahren. Die Kühe konnten notdürftig gemolken werden, wir haben Diesel, Wurst und gute Kontakte bekommen.....


    Ein Bauer aus der Nähe hat etwa ein halbes Jahr später zwei bei uns ausgesonderte Notstromaggregate (Schiffsdiesel Baujahr 1978!) gekauft und auf seinem Bauernhof aufgestellt. Der kann seitdem im Fall der Fälle seine ganzen Nachbarn mitversorgen.


    Mir ist damals bei dem ganzen Chaos aufgefallen, dass der Zusammenhalt bei den verstreut liegenden Bauern recht groß war. Auch nicht zu unterschätzen waren damals die langen Fahrzeiten. Trotz Unimog mit Schneeketten waren manche Wege einfach nicht mehr befahrbar. So konnten wr eine unserer abgelegenen Fernmeldestationen in Groß-Reken nicht mehr anfahren, da wir die letzten 100 Meter nicht mehr überwinden konnten.
    Seit diesem Erlebnis habe ich für den Notfall vorgesorgt. Ich kann auch ohne Strom mehrere Tage auskommen, Kochen und Heizen sind gewährleistet, Essensvorräte sind vorhanden. Und gute Kontakte zu drei/vier Bauern in sehr naher Umgebung habe ich auch geknüpft.


    I´m prepared!



    der Björn

    Der Sinn des Lebens ist es, Leben weiterzugeben!

  • Ich wohne an der Grenze zu NRW, nördlich... ganz normaler Tag mit arbeiten und so, hier und da eine Schneeflocke... Abends eigentlich Dienstabend vom THW... Wir sind aber mit allemann und 3 NEA´s dann in die südlichste Stad unseres Landkreisen gefahren, weil irgendwie wegen Schnee und so was war? Sollte das ein Scherz sein? bei unds lag wie gesagt nichts...20 km südlich aber ein halber Meter! wir haben 2 Stunden dahin gebraucht! Auftrag war dann ausgehend von der örtlichen Feuerwehr im ganzen Gebiet Bauernhöfe anzufahren wegen Stromausfall und nebenbei umgestürzte Bäume von der Strasse holen.... Nachts wieder nach Hause gefahren....den ganzen Samstag dann wieder da und alle Motorsägen die da waren benutzt, da gab es einen ersten Eindruck der Schäden und Schneemassen, unmengen umgestürzte Bäume, kaputte Autos und Dächer,... Das war schon ein Erlebnis und das direkt vor der Haustür...


    Einige Kameraden waren dann eine Woche lang Strom machen in Ochtrup, NRW... wo die auch wirlich Probleme hatten und Hilfe brauchten.


    Ich war dann mit meiner Schulklasse zur Motorshow nach Essen gefahren, auf der Autobahn A31 links und rechts standen auf jedem Bauernhof blaue Autos :winking_face:

    Gruß David