Notfallmedizin für Prepper

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  • Zitat von TheHamster;145017

    einfach nur voll und ganz bestätigen


    Ähm, möchte ich als Nichtmediziner eigentlich gar nicht wissen. Bin ja froh, dass ihr bremst. Kann ich nur für die Assistenzärzte auf der Intensivstation hoffen, dass ich nicht reden kann, falls ich jemals dort eingeliefert werde. Sonst verlange ich noch, dass sie nicht "Jugend forscht" mit mir spielen oder will nur vom Oberarzt behandelt werden...


    Herzliche Grüsse
    linthler

  • Hunted hat es sehr schön beschrieben.


    Es gibt einen Grund warum man im Militär vom Druckverband auf das Tourniquet umgestiegen ist und von dem Packaging mit einem X-beliebigen Verband zu Combat Gauze und ähnlichem. Ganz einfach weil es bei dem medizinischen Laien Sdt besser funktioniert.


    Und was sicher ist, wenn jemand nicht die Zeit aufbringen will zu wissen wie Tourniquet funktioniert und die Indikationen zu lernen, dann wird es mit Sicherheit weder mit einem Druckverband noch abdrücken gehen.


    Aber die Lernzeit für beide Blutstillende Massnahmen hält sich in Grenzen, man muss ja nicht einen ganzen TCCC Kurs machen.


    Persönlich habe ich ein Tourniquet und ein israelisches Druckverband im Auto und in der Tasche wenn ich mit der Motorsäge arbeite.


    Im übrigen die TCCC Anleitungen sehen nicht vor erst mit einem Druckverband oder Abdrücken zu experimentieren, sondern sofort das Tourniquet zu benutzen und ein zweites an zu bringen wenn es weiter blutet.


    Hier mal die Kurz Version für Blutungen:


    Moléson

  • Zitat von DocAlmi;144946

    Hallo Ihr Lieben !



    Deswegen bin ich immer sehr skeptisch wenn versucht wird, schnell und mit einfachen Mitteln aus Laien Experten zu machen. Ich behaupte, das geht nicht, auch mit noch so guten Leitlinien und Regeln und Behandlungspfaden.


    Hallo Doc Almi,


    in einem EH-Kurs lernst Du, als erstes mal 112 anzurufen und Dich mit EH-Massnahmen durchzuwurschteln, bis die Profis kommen. Nur was ist, wenn es wie 2011 in Japan die Mobilfunkmasten weggeschwemmt hat und die Stromversorgung nicht mehr funktioniert? Dann bist Du Dir Deiner subobtimalen und völlig unzureichenden Qualifikation als Laienhelfer bewusst, Du musst nur trotzdem etwas tun. Ist mir übrigens auch schon mal in Deutschland passiert. Nächtlicher Autounfall auf einer einsamen Landstrasse in the middle of nowhere, ziemlich übler Frontalcrash beim Überholen. Die Profis kamen nach 30 Minuten. Bis dahin musste ich mein unfachgerechtes und halbgebildetes Bestes für mehrere Verletzte tun. das ich mir halt in einem zweitägigen EH-Kurs angeeignet habe. Im Nachgang war es für mich auch faszinierend (sorry für die unpassende Wortwahl) wie Menschen in solchen Situationen reagieren. Es waren einige ziemlich hässliche Verletzungen, ein aus der Augenhöhle heraushängendes Auge gehörte dazu, aber interessanterweise schaltet man da offensichtlich irgendwie in einen Notfallmodus um, vergisst alle alltäglichen Zimperlichkeiten, schnappt sich seinen EH-Kasten und handelt. Wenn ich im Rückblick nachdenke, ich war mit Adrenalin vollgepumpt, ich habe eigentlich kaum gedacht, ich habe gehandelt.


    Zitat von DocAlmi;144946


    möchte ich meine Mitarbeit gerne anbieten, falls es zu einer wie oben beschriebenen Gruppe kommt.


    Ich freue mich drauf. Fachkundige medizinische Behandlung ist das Mittel de Wahl. Nur wenn ich die nicht innerhalb ein bis zwei Tagen haben kann? Ich denke, da können die Ärzte unter uns den Laien zumindest einige Richtlinien an die Hand geben

    Zitat von DocAlmi;144946

    Ich wusste doch schon immer, warum ich Schmuck, der auf der Haut sitzt, eindeutig nicht mag. Tattoos sind praktischer. :lachen:



    [QUOTE=DocAlmi;144946] Wir schleppen Ihn in die Hütte und da beschau ich mir den Salat: Knackige Amputation, knirschendes Handgelenk, mindestens ausgekugelt, vermutlich irgendwo ein Bruch.


    ... und jetzt wäre mal interssant, wie ich als Laienmediziner auf eine Berghütte so eine Amputation behandle. Du darfst einen gut ausgestatteten Verbandskasten, Povidon-Iod, chirurgisches Nahtmaterial (Segler und Angler können mit sowas umgehen Angel- und Chirurgenknoten sind ziemlich ähnlich:devil:), Schere und Pinzette voraussetzen.****


    Fragt


    Matthias



    **** P.S. als letzte Massnahme für die Chirurgie natürlich das Schweizer Taschenmesser

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Zitat von Waldschrat;145048

    schaltet man da offensichtlich irgendwie in einen Notfallmodus um,


    Leider nein. Du und einige andere. Leider werden die meisten so nahe gehen, dass sie genug, aber nicht zu viel sehen.


    Darum denke ich auch, dass in diesem Thread nicht Leute sind, die scharf auf Tourniquet-Einsätze sind. Sondern Menschen, die einfach alles geben möchten, wenn ein Mitmensch in Not ist und vielleicht oder sehr wahrscheinlich bei Nichtstun stirbt. Natürlich immer umsichtig den Umständen entsprechend (ist der Rest der Rettungskette verfügbar ja oder nein und in welcher Zeit).


    Herzliche Grüsse
    linthler

  • Zitat von linthler;145054

    Leider nein. Du und einige andere. Leider werden die meisten so nahe gehen, dass sie genug, aber nicht zu viel sehen.


    Darum denke ich auch, dass in diesem Thread nicht Leute sind, die scharf auf Tourniquet-Einsätze sind. Sondern Menschen, die einfach alles geben möchten, wenn ein Mitmensch in Not ist und vielleicht oder sehr wahrscheinlich bei Nichtstun stirbt. Natürlich immer umsichtig den Umständen entsprechend (ist der Rest der Rettungskette verfügbar ja oder nein und in welcher Zeit).


    Herzliche Grüsse
    linthler


    Hallo Linthler,


    Menschen sind in Notfällen absolut hormongesteuert und funktionieren relativ zuverlässlich, :) Hilfeleistung ist da keine geniale mitmenschliche Tätigkeit, das steckt schlicht in unseren Genen. Wir sind halt so. Es war in der Steinzeit überlebensförderlich für die Sippe - und damit auch für mich - wenn ich meinen Kumpel gerettet habe. Dieses Genom steckt auch noch heute in mir. Vielleicht kein schlechtes Erbe.


    Ein Tourniquet - mit dem ich allerdings keine Erfahrung habe - gehört zu meinem EH-Bag. Ich würde in jedem Fall erst mal konventionelle Massnahmen wie Druckverbände versuchen, das Tourniquet wäre last resort, wenn ich die Blutung sonst nicht stoppen kann.


    Meint


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Zitat


    Da muss ich widersprechen. Denn wenn es um Tod oder Tod geht (Patient stirbt, wenn ich nichts mache, Patient stirbt, wenn ich was falsch mache), ist es rein aus psychologischer Sicht besser, überhaupt etwas zu machen. Dem toten Patienten wird es egal sein, aber alle anderen werden sich definitv besser fühlen, wenn überhaupt etwas gemacht wurde - war das nicht ausreichend, nun, dann sollte es halt so sein.


    Laien können nicht zuverlässig einschätzen ob ein Patient ohne eine bestimmte Intervention sterben wird oder nicht. Das ist am auffälligsten wenn es um Blutungen geht, die meisten haben keine Ahnung wie viel 1,5 Liter wirklich sind und neigen deshalb schon bei einem Blutverlust von unter 100 ml bereits dazu vollkommen übertriebene Maßnahmen zu ergreifen.
    Neben dem Merksatz "Jedes Blutkörperchen zählt" wird von PHTLS übrigens noch ein Satz häufig erwähnt: "Füge dem Patienten keine weiteren Schäden zu"



    @moleson

    Zitat

    Im übrigen die TCCC Anleitungen sehen nicht vor erst mit einem Druckverband oder Abdrücken zu experimentieren, sondern sofort das Tourniquet zu benutzen und ein zweites an zu bringen wenn es weiter blutet.


    TCCC ist für Gefechtsbedingungen gedacht, für das arbeiten unter Beschuss und Lebensgefahr. Wir hier in Deutschland haben andere Bedingungen und sollten uns an die S3 Leitlinen oder die zivilen PHTLS Empfehlungen halten.

  • Hi Alle,


    Ja mit der Menge an Blut einschätzen.
    In der Armee hatten wir das natürlich auch gefechtsmässig durchgespielt mit Kameradenrettung usw.
    Unser Militärarzt hat uns dann mal Schweineblut besorgt, dann hat er uns mal demonstriert was für
    eine riesen Sauerei schon wenig Blut machen kann.
    Er hat dann auf dem Boden der Kaserne nur 1 Liter Blut verspritzt, rein vom visuellen Eindruck her sah das
    extrem brutal aus aber es war ja nur doppelt soviel wie beim Blutspenden.
    Ich hätte nie gedacht wie man sich da täuschen kann.


    Lg

  • Zitat von Wolfshund;145065

    Laien können nicht zuverlässig einschätzen ob ein Patient ohne eine bestimmte Intervention sterben wird oder nicht. Das ist am auffälligsten wenn es um Blutungen geht, die meisten haben keine Ahnung wie viel 1,5 Liter wirklich sind und neigen deshalb schon bei einem Blutverlust von unter 100 ml bereits dazu vollkommen übertriebene Maßnahmen zu ergreifen.
    Neben dem Merksatz "Jedes Blutkörperchen zählt" wird von PHTLS übrigens noch ein Satz häufig erwähnt: "Füge dem Patienten keine weiteren Schäden zu"


    Ich glaube nicht das heute die Spitäler überschwemmt werden mit Patienten die einen Tourniquet am Arm hängen haben weil sie sich mit ihren Küchenmesser in den Finger geschnitten haben. Auch nicht in den Ländern wo Tourniquets auch sebstverständlich für Zivilisten sind


    Hingegen wenn man irgendwo eine arterielle Blutung hat oder eine grossflächige venöse Blutung brauch es kein Unidiplom um festzustellen das es eine massive Blutung ist.


    Die Frage ist nicht zu warten ob man 1.5l Blut liegen hat sondern ob es massiv blutet, nicht ganz das Gleiche.


    Zitat


    TCCC ist für Gefechtsbedingungen gedacht, für das arbeiten unter Beschuss und Lebensgefahr. Wir hier in Deutschland haben andere Bedingungen und sollten uns an die S3 Leitlinen oder die zivilen PHTLS Empfehlungen halten.


    Der grosse Unterschied ist die erste Massnahmen in den TCCC weiter kämpfen, der Rest Unterscheidet sich wenig.
    In dem Fall eines Unfalles im zivilen Rahmen, bluten die Menschen genauso wie Sdt und der Stressfaktor ist für den Bystander nicht viel anders. Alles was nach dem Prinzip KISS läuft hat eine Chance zu funktionieren der Rest nicht.


    Wer schon mal eine Femoralis abgecklemmt hat weiss den unglaublichen Druck dem man aufbringen muss damit das Blut aufhört zu fliessen. In dem Fall eines Unfalles wird auch am Anfang der Blutdruck bei 200 mmHg sein was die Sache noch erschwert.


    Das mit dem verbluten geht sehr schnell und noch schlimmer, selbst wenn man mit ach und krach es geschafft hat ein Druckverband an zu legen und nachdem 2.5 l Blut draussen sind und endlich der verletzte in den Schockzustand übergeht und es aufhört zu fliessen, wird er lebend im Spital ankommen aber später an den Komplikationen seines Schockzustand sterben.


    Hier eine Studie im Irak:


    http://www.dtic.mil/cgi-bin/GetTRDoc?AD=ADA480327



    Aber was sicher bleibt ohne eine Schulung wird gar nichts funktionieren, weder Druckpunkt und hochlegen (bewiesenermassen uneffektiv), noch das anlegen eines Druckverbandes (auch das muss gelernt sein) noch die Bentzung eines Tourniquets (wenn man nicht weiss wo und wie man es anbringen muss).


    Gegen Unwissenheit ist bis jetzt keine Technil gewachsen.


    Im Übrigend betreffend Komplikationen mit dem Tourniquet. Es gibt eine israelische Studie wo 50% der gelegten Tourniquet nicht gerechtfertigt waren. Trotzdem haben sie keine grossen Komplikationen gesehen. Diese hängen wirklich mit der Dauer des verweilen des Tourniquet zusammen > 120 Minuten.


    Moléson

  • Frage: Warum glaubst du verwendet man in Deutschland keine TCCC Leitlinien sondern hält sich an S3 und PHTLS? Den Unterschied machen die Wissenschaftler bestimmt nicht zum Spaß.
    Ansonsten sind wir uns einig...

  • Ich habe das Gefühl man hat den gleichen Glaubenskrieg wie vor ein paar Jahrzehnten mit der Herzmassage. Den die Wissenschaftlichen Studien sprechen definitv nicht gegen das Tourniquet in ziviler Hand.


    Und was man ausserdem oft sieht die EU Guidelines hinken oft Jahre hinter den US hinterher aus oben genannten Gründen um am Schluss sich an zu gleichen auch in anderen medizinischen Sparten.


    Das war damals off limit für Laien, weil die alles falsch machen könnten (Leute massieren die nur in Ohmacht gefallen sind, Rippen brechen usw..) deswegen war es nur ausgebildteten medizinisecm Personal vorbehalten, wie es sich entwickelt hat weiss man.


    Moléson

  • Das stimmt aber nur teilweise.
    Erstens haben sich einige militärische Behandlungskonzepte, die man vorschnell eingeführt hat, später als falsch erwiesen (aggressive Volumentherapie in Vietnam).
    Zweitens hat man hier in Europa auch Ideen umgesetzt die in den USA auf sich warten lassen (HAES vs. Hespan) und drittens ist jede militärische Leitline nur an einem besseren Ergebnis der militärischen Operation interessiert.
    Besonders deutlich wird der letzte Punkt am Beispiel der Volumentherapie nach TCCC Leitlinen. Aus Ressourcengründen werden Maximal 1000ml Hespan infundiert, statt wie im zivilen soviel Kristalloide bis zu einem ausreichenden Blutdruck.
    Im Feld wird oft auch eine Koniotomie einer Intubation vorgezogen, nicht weil das besser für den Patienten ist, sondern weil es taktische Vorteile bietet.
    Es lassen sich noch viel mehr dieser Beispiele in den TCCC Guidelines finden und deshalb gilt ganz klar: Im Zivilen gelten zivile Leitlinien, die dort beschrieben Maßnahmen sind wissenschaftlich untersucht worden und passen zu unserer Situation.

  • Zitat von Wolfshund;145175

    ...die dort beschrieben Maßnahmen sind wissenschaftlich untersucht worden und passen zu unserer Situation.


    Eine kleine Nachfrage: Welche Situation meinst Du damit?
    Wenn alles "normal" läuft, die Telefone funktionieren, die gesetzliche Hilfsfrist eingehalten wird und jedem in DACH rund um die Uhr geholfen werden kann?
    Oder die SHTF Situation?


    Die Frage meine ich ernst. Denn ich bin medizinischer Laie, lese hier aber sehr interessiert mit, auch wenn ich nicht mit allen Abkürzungen und Begriffen sofort etwas anfangen kann. Aber es ist schon wichtig für mich einzuschätzen, ob hier über den "normalen medizinischen Alltag" oder Ausnahmesituationen (Beispiel mit dem Bergsteiger, militärische Lagen, Länder mit nicht funktionierender Versorgung, Kriege, Jagdunfall tief im Wald, usw.) gesprochen wird.
    Also worum geht's in der von Dir angesprochenen Situation?


    edit:
    Idee:
    Vielleicht könnten die medizinischen User in der hoffentlich zustande kommenden Gruppe das Beste aus den verschiedenen Guidelines zusammenfassen für Krisenfälle?


    Legend *blöd gefragt* :face_with_rolling_eyes:

  • Meine Definition von "unseren Situationen":
    In unseren Situationen werden wir nicht Beschossen und können auch mal gefahrlos eine Taschenlampe anmachen.

  • Um hinter der Anwendung von Quicklot und Co einen Sinn zu sehen muss es imho noch eine funktionierende medizinische Versorgung geben die auch mit operativen Eingriffen klarkommt. Was nutzt es mir jemanden mit Schussverletzung Quicklot reinzustreuen und damit sein Leben unter evtl. starken Schmerzen zu verlängern, wenn es keine weiterführende Behandlung gibt und er dann erst verstirbt? Ich fürchte hier wird mit diesem Gear eine trügerische, weil falsche Sicherheit vermittelt und auch angenommen, da diese Medizinprodukte vielleicht incden ersten Minuten die Dramatik aus der Situation nehmen können, ohne umfassende weiterführende Behandlung zumindest imho nutzlos sind und Leiden eventuell stark verschlimmern weil auch verlängern können.


    Da schliesse ich med. Fachpersonal nicht aus. Es haben die wenigsten Zugriff auf einen OP bzw. die Materialien um so einen zu improvisieren. Vom tatsächlichen Fachwissen möchte ich jetzt noch gar nicht anfangen. Die Traumachirurgen werden auch beim SHTF nicht an der nächsten Laterne stehen und für eine Packung Kippen das Skalpell schwingen.


    Die "Feldforschung" der US Streitkräfte bringt mit Sicherheit einiges vorran. Dennoch ist halt nicht alles was am Schlachtfeld glänzt als golden standard im zivilen Rettungsdienst zu gebrauchen. Ich erinnere mich noch an die Einführung des FAST1 intraossären Zugangs und dessen ebensoschnelle Absetzung in unserem Bereich als wir die ersten Angehörigen nach erfolgter Anwendung am Patienten psychisch betreuen konnten. Für die Nichtmediziner: bildlich gesprochen ist das ein Nadelkreis um eine große Nadel in der Mitte, der direkt ins Brustbein gejagt wird um so einen Zugang zu schaffen. Sieht ziemlich martialisch aus und wurde deswegen auch wieder zu Gunsten anderer Systeme, die psychisch wohl verträglicher waren, abgeschafft.


    Eine umfassende med. Versorgung setzt in unserer Welt heute ein funktionierendes HighTech System vorraus. Im Falle eines SHTF wird man sich darüber im Klaren sein müssen, das eben diesee nicht mehr in diesem Umfang bzw. gar nicht mehr verfügbar sein wird und deswegen auch Krankheiten oder Verletzungen, die im normalen Alltagsleben keine große Herausforderung darstellen, im schlimmsten Fall sogar tödlich enden werden (selbst wenn es nur die fehlenden Antibiotika sind).


    Damit komm ich wieder zur Einleitung: ich versorge die Wunde mit Quicklot oder binde mit dem Tourniquet ab (seinerzeit machte man das nich mit simplen Dreieckstüchern - sind aber nicht so tacticool *gg*) und was weiter? Irgendwer wird sich der Sache in sehr naher Zukunft mit entsprechendem Fachwissen und vorhandener Ausrüstung widmen müssen. Nur Beine-hoch und kalte Umschläge werden hier nicht viel ausmachen.


    Ich Entschuldige mich jetzt schon dafür, dass sich einige auf den Schlips getreten fühlen werden, wenn ich aber mit der bewusst dramatisierten Schilderung ein wenig Bewusstsein für die "Es gibt Situationen in denen auch vermeintlich gutes Gear nichts mehr hilft" Gedankenspiele geschaffen hab, reicht mir das schon. Nochmal wiederholt: ich habe mich auf den SHTF Fall bezogen.


    Lg,
    Sokaris, seit 13 Jahren Notfallsanitäter im Rettungsdienst.

    acta, non verba - viribus unitis

  • Zitat von Wolfshund;145175

    Das stimmt aber nur teilweise.
    Erstens haben sich einige militärische Behandlungskonzepte, die man vorschnell eingeführt hat, später als falsch erwiesen (aggressive Volumentherapie in Vietnam).


    Du sagst es Vorschnell. Ich erinnere mich noch gut wie uns in der Militärarzt Ausbildung vor 30 Jahren die Errungenschaften des Vietnam Krieg gepriesen wurden. Nur muss man auch die Vorgeschichte kennen, damals war die Frage NaCl vs Blutkonserve und die Studien hatten gezeigt das ein agressive Volumentherapie mit NaCl 0.9% gleich gut wenn nicht besser war. Das dies nicht unbedingt optimal ist wissen wir heute. Die Antworten hängen auch immer mit der Fragestellung zusammen.


    Zitat

    drittens ist jede militärische Leitline nur an einem besseren Ergebnis der militärischen Operation interessiert.


    Nur das heute jeder entwickelte Staat sehr daran interessiert ist die Anzahl Tote zu minimisieren. Das sieht man an den Wellen die wenige Tote BW Soldaten in Afgh produzieren, wenn in den Kriegen davor das nicht eine Randnotiz wert gewesen wäre. Insofern wird heute besonders in den Armeen die aktiv in Kampfhandlungen verwickelt sind ein gewicht auf eine optimale Versorgung gelegt. der Irak Krieg hat diesbezüglich einiges positives gebracht.

    Zitat


    Besonders deutlich wird der letzte Punkt am Beispiel der Volumentherapie nach TCCC Leitlinen. Aus Ressourcengründen werden Maximal 1000ml Hespan infundiert, statt wie im zivilen soviel Kristalloide bis zu einem ausreichenden Blutdruck.

    Das ist keine Geldfrage, das Zeugs muss geschleppt werden, nur ist auch so das sich die Zeiten zwischen Verletzung--->Erste Hilfe---->Stabilisiereung durch den Combat Medic---> und Evacuation zu einem ersten Sani posten drastisch verkürzt haben. Eine der Errungenschaften des Irakkrieg ist das die Amis gelernt haben das für das Überleben es besser ist in jedem Stadium nur das minimum zu machen so das der Patient Transport fähig ist bis zu nächsten besser ausgerüstesten und (besser ausgebildetes Personal) anstatt das theoretische Maximum zu machen und Zeit zu verlieren. So haben sie leben gerettet, obwohl eigentlich jedes Glies in der Rettungskette das beste machen möchte und nicht unbedingt das schnellste (was auch menschlich ist). Also kann man sich auch man kurz im zivilen Fragen stellen.


    Für die Anekdote, wurde genau dieses Thema zur Diskussion bei dem Tod von Lady Diana. Weil der F Samu im Gegensatz zu den Angelächsischen Notdiensten viel Zeit damit verbringt den Patienten optimal zu stabilisieren anstatt in schnell zu nächsten Spital zu bringen.


    Zitat

    Im Feld wird oft auch eine Koniotomie einer Intubation vorgezogen, nicht weil das besser für den Patienten ist, sondern weil es taktische Vorteile bietet.

    Jep und weil man das weiss wird man es nicht aufs zivile übertragen.


    Zitat

    Im Zivilen gelten zivile Leitlinien, die dort beschrieben Maßnahmen sind wissenschaftlich untersucht worden und passen zu unserer Situation.


    Es würde mich schwer interessieren wo die Studien zu finden sind die im zivilen Rahmen eine randomisierte Versuchsordnung haben wo Tourniquet vs Kompression/Druckverband verglichen wird und man mit einer Wahrscheinlchkeit von p< 0.01 sagen kann dass das Tourniquet in ziviler laien Hand schlechter abschneidet als die Konventionellen Methoden.
    Wobei bei konventionell, man noch unterscheiden sollte zwischen dem improvisierten Druckverband (wie es heute der Fall sein dürfte in 99% der Fälle bei den Laien) und einem gutem Druckverband wie das israelischen.



    Denn wenn es die nicht gibt kann man nur auf die Resultate die einem die Kriegserfahrungen (da gibt es Studien) geliefert haben zurückgreifen und möchte ich wissen warum man das nicht tut, ausser das Argument Laien sind doof.


    Moléson

  • Leiden muss ein sterbender so oder so, dann also lieber das "Risiko" eingehen und hoffen dass das Ganze doch noch zu einem guten Outcome führt.
    Es gab auch noch nie ein Krisenszenario in dem absolut keine medizinische Hilfe da war. In allen Kriegen oder Naturkatastrophen wurden immer rasch wieder (improvisierte) Behandlungseinrichtungen eingeführt

  • Und gerade in SHTF Szenarien sind schwerstens Verletzte, deren Behandlung unverhältnismäßig viel Personal und Material binden würde, das anderwertig in nüchternen Zahlen ausgedrückt mehr gutes tun kann in Triagegruppen zugeteilt die mittlerweile politisch korrekt in "abwartende oder zurückgestellte Behandlung" umbenannt wurden. Noch vor 5 Jahren hieß die bei uns "Hoffnungslose".


    Ich gehe davon aus, das in einem SHTF Szenario nicht nur vereinzelte Schwerverletzte anfallen werden sondern diese eher in größeren Massen anfallen werden. Da hat jemand der eine Schussverletzung oder eine entsprechend andere gröbere traumatische Verletzung hat, beim Triagearzt schlechte Karten.

    acta, non verba - viribus unitis

  • Bei örtlich sehr begrenzten oder auch zeitlich absehbaren Situationen ist -denke ich -nicht mit gewaltabhängigen Traumaverletzungen zu rechnen.Für solche Zwecke sind ja eben Quickcloth und verbesserte Druckverbände konzipiert(Schußwunden etc.).
    Ich bin kein ausgebildeter Mediziner aber sowohl Druckverbände als auch QC sind ja wohl eher Maßnahmen um Zeit zu gewinnen bis eine Weiterbehandlung stattfinden kann.
    Ich denke es läuft eben auf eine Verbesserung der Überlebenschance heraus und in dem Zusammenhang ist meiner Meinung nach auch ein Präparat wie QC besser als ein Heftpflaster ....
    Die Warscheinlichkeit von WORL ist hierzulande relativ gering ...aber nicht gleich Null!


    just my 5cent
    Dominik

  • Bei örtlich sehr begrenzten Situationen kann ich aber auch noch mit einer entsprechenden Rettungsdienstlichen Versorgung von ausserhalb rechnen. Alles was ich möchte ist, darauf hinzuweisen, dass es ein mitunter gefährlicher Trugschluss sein kann, zu denken dass man mit Quicklot und Co ausgestattet, ausgerüstet ist um schwere traumatische Wunden oder eben auch Schusswunden adäquat versorgen zu können. Das ist, wie du richtig bemerkt hast höchstens eine zeitgewinnende Maßnahme. Die eigentliche, chirurgische, Behandlung ist und bleibt jedoch absolut notwendig! Allein schon der Transport eines Schwerstverletzten im regulären Rettungsdienst ist eine Herausforderung für das gesamte Team. Es ist aber ein Unterschied wie Tag und Nacht, wenn derselbe Verletzte plötzlich ohne große Stabilisierung, mit einer Abbindung und Quicklot auf der Ladefläche eines Pickups landet und man auf wild guess in Richtung des nächsten Krankenhauses unterwegs ist, welches in einer SHTF Situation sehr wohl auch triagieren wird müssen und zu viel Ressourcenbindende Patienten abweisen wird.


    Ich will nicht schwarzmalen aber sämtliche Aspekte auch im Hintergrund etwas beleuchten. Man kann eine Traumaversorgung der US Army im Feld nicht mit einer Versorgung von Herr Maier im Krisengebiet durch private Helfer vergleichen. Bei der US Army steht nunmal eben der schon erwähnte Apparat im Hintergrund. Da kann man als Angeschossener damit rechnen, von der Frontlinie vielleicht sogar innerhalb der "golden hour" auf einem OP Tisch mit Maximalversorgung zu liegen. Da machen diese Medizinprodukte auch wirklich Sinn. Mit der medizinischen Versorgung in einem SHTF Fall kann man das aber nicht vergleichen. Da würde ich mich eher an der medizinischen Versorgung der gegnerischen Kombatanten der US Army orientieren. Und da liegt man (wenn man das Glück hatte noch irgendwohin gebracht worden zu sein, wo es ansatzweise eine medizinische Versorgung gibt) im schlimmsten Fall dann stundenlang am Boden herum und wird bestenfalls kurz von dem einzigen Arzt, der jetzt plötzlich für 100 Patienten mit ähnlichen Verletzungen zuständig ist, angeschaut ob man eh noch atmet.

    acta, non verba - viribus unitis

  • Schätze aufgrund der Sachlage muß jeder selbst entscheiden ob es für ihn Sinn macht ,diese zusätzlichen Dinge zu integrieren.
    Für mich zählt da immer Preis-Leistung im Verhältniss zur Warscheinlichkeit.Zeit gewinnen ist aus meiner Sicht Möglichkeiten zur Rettung schaffen.Ein Wundermittel zur Schnellheilung ist QC bestimmt nicht ich denke in dem Punkt sind sich alle einig!Ohne richtige(schnelle) Weiterbehandlung wird der Betroffene ,je nach Verletzung ,trotzdem sterben.
    Aber wie gesagt kann/muß jeder für sich entscheiden-habe selbst schon mal mit dem Gedanken gespielt ein Päckchen davon in meine Ausrüstung zu integrieren-allerdings war dem Preis und Verfügbarkeit im weg.