Da gebe ich Dir völlig recht, daß es wichtig ist, zu wissen, wer man ist - aber diese Erkenntnis ist vielleicht nicht so einfach, wie sie scheint.
Von Natur aus neigt ein Mensch dazu, sich als Einheit mit seinem Gefühlshaushalt zu erleben.
Das ist im Normalfall ja ganz schön, aber kann einem auch das Leben zur Hölle machen.
Wie sehr gekränkte Gefühle einen zur Weißglut bringen können, wurde ja schon erwähnt.
Und leider wird die Wahrscheinlichkeit, in einer Beziehung geschädigt zu werden, systematisch unterschätzt im Vergleich zur Wahrscheinlichkeit, mit Fremden in Konflikte zu geraten.
In bestimmten Situationen könnte es hilfreich sein, im Geiste aus sich herauszutreten und zu versuchen, sich selbst und die anderen Beteiligten so objektiv wie möglich zu betrachten.
Und da sind wir nunmal evolutionär entwickelte hormongesteuerte Nervenbündel, die auf der Bühne des Lebens letztlich um Fortpflanzungs-chancen konkurrieren.
Da ich im falschen Kostüm auf die Bühne geschickt wurde, bin ich wieder backstage gerannt, hab versucht, mich umzuziehen, und dabei eine vage Vorstellung davon bekommen, daß das alles ein großes Illusionstheater sein könnte.
Ich durfte z.B. die mitunter beängstigende Erfahrung machen, wie sich der eigene Gefühlshaushalt unter dem Einfluß unterschiedlicher Hormone ändert:
Z.B. nimmt unter Testosteron Dominanzstreben, Libido, Agressivität, Kränkbarkeit und Eifersucht um Größenordnungen zu!
Ich konnte am eigenen Erleben spüren, wie mein "emotionales Geweih" von Tag zu Tag wuchs.
Ist dieses "Geweih" nun ein integraler Bestandteil meines Selbst oder nicht?
Und wenn man erst mal angefangen hat, die Zwiebelschichten der eigenen Identität nach und nach abzupellen auf der Suche nach der Erkenntnis, wer man ist, kommt man u.U. an den Punkt, wo nichts substantielles mehr übrig ist, und man keine Aussage treffen kann, ob man nun Teilchen oder Welle ist
Und wenn man dann wieder an die Oberfläche kommt und vermutet, daß alle anderen auch ihrer Tiefenschichten größtenteils nicht bewußt sein können/wollen, kann man zu einer größeren Demut und Gelassenheit gegenüber den eigenen und den Fehlern anderer kommen.
Ja, man darf hohe Ansprüche stellen.
Es geht einem selbst und den Mitmenschen aber besser, wenn man sich bewußt bleibt, wie fragil all diese Konstruktionen sind.
Ein kleiner Gehirntumor z.B. kann die eigene Persönlichkeit völlig verändern und man ist nicht mehr in der Lage, die Erwartungen, die der Partner an einen stellt, zu erfüllen.
Hoffe das Beste, aber sei auf alles gefaßt...