Polysteroldämmung bei Häusern - Brandgefahr

  • So wie ich das sehe, muß ich die Dämmung entsorgen, wenn ich das Haus abreiße, also in 50+ Jahren, oder wie oft denkst du muß so eine Dämmung erneuert werden?

  • Hallo,


    das Thema HBCD in Polystyrol-Dämmplatten ist nicht neu. Neu ist nur, dass der Bundesrat ohne nachzudenken eine EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt hat, die pauschal alle HBCD-haltigen Dämm-Produkte bei ihrer Entsorgung als "gefährlichen Abfall" einstuft, ohne die dazu notwendigen flankierenden Massnahmen vorher einzuleiten (nämlich dass die Müllverbrennungsanlagen hierfür ihre Zertifizierung erweitern). Man hat sozusagen den zweiten Schritt vor dem ersten gemacht und jetzt rauscht es halt wie üblich unreflektiert im Blätterwald "Giftmüll - Preisschock für Häuslebauer - Entsorger verweigern die Abnahme usw."


    Das dt. Umweltbundesamt erläutert dazu:


    "Die neue Einstufung betrifft vor allem Polystyrol-Dämmstoffe, die mit HBCD als Flammschutzmittel ausgerüstet sind.(...) gelten diese Abfälle ab 30. September 2016 als gefährlich und nachweispflichtig und dürfen nur noch in Abfallverbrennungsanlagen behandelt werden, die über eine entsprechende Zulassung verfügen. Der Begriff „gefährlich“ meint in diesem Zusammenhang, dass die Behandlung des Abfalls gesondert zu erfolgen hat und mit entsprechenden Nachweisen belegt werden muss."


    Ausserdem:


    "HBCD-haltigen Textilien und Möbeln, ist kein Abfallschlüssel als gefährlicher Abfall zugeordnet, d.h. es sind keine Entsorgungsnachweise zu führen. Ebenso sind keine Entsorgungsnachweise für Kleinmengen HBCD-haltiger Dämmstoffabfälle (< 2 Tonnen pro Jahr) zu führen."


    Den Häuslebauer will ich sehen, der zwei Tonnen Styropor an seinen Wänden resp. als Abfall auf der Baustelle hat. Die Entsorgungswirtschaft rechnet pro Tonne Styroporabfall mit einem Volumen, das dem Inhalt von 5 üblichen Schuttcontainern entspricht. Zwei Tonnen Styropor sind also äquivalent zu zehn vollen Schuttcontainern, die man nach wie vor ohne Entsorgungsnachweis loswerden kann.


    Nach dem derzeitigen Stand der Technik zerfällt HBCD bei kontrollierter Verbrennung in ungefährliche Grundbestandteile.


    Dagegen schaut man sich die Borsalze, mit denen "Öko-Dämmstoffe" (wie Hanf, Isofloc etc.) zum Brandschutz ausgerüstet sind, derzeit genauer an. Das Etikett "potentially dangerous" hat man den Borverbindungen schon mal verliehen. Also auch nicht alles Gold, was glänzt bei den Öko-Dämmstoffen.


    Mineralwolle ist jetzt schon Sondermüll bei der Entsorgung und schon längst als "gefährlicher Abfall" gelistet, wie nun die HBCD-haltigen Dämmplatten auch. So what.


    Grüsse


    Tom

  • Zitat von tomduly;288162


    Mineralwolle ist jetzt schon Sondermüll bei der Entsorgung und schon längst als "gefährlicher Abfall" gelistet, wie nun die HBCD-haltigen Dämmplatten auch. So what.


    Grüsse


    Tom


    Hi Tom


    stimmt so nicht ganz.


    Als Dämmstoffe werden Mineralwolle aus Glaswolle und Steinwolle bezeichnet. Glaswolle und Steinwolle sind wirksame und nicht brennbare Dämmstoffe mit vielseitigen Einsatzmöglichkeiten. Der Begriff Mineralwolle ist in Deutschland sehr verbreitet und wird hinsichtlich der Temperaturbeständigkeit im Brandfall missverständlich verstanden. Steinwolle hat eine hohe Brandbeständigkeit, während Glaswolle schmelzen kann. Eine Glaswolle-Entsorgung besteht bis zu 70 % aus Altglas, weitere Materialien sind zum größten Teil Sand und Kalkstein.


    Seit 2000 dürfen in Deutschland nur noch Produkte verwendet und hergestellt werden, die laut Gefahrstoffverordnung als unbedenklich gelten. Künstliche Mineralfasern (KMF), zu denen auch Glaswolle-Entsorgung oder Steinwolle-Entsorgung gehört, sind in der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS 521) oder in der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) geregelt. Sie dienen der gesundheitlichen und arbeitsschutzrechtlichen Bewertung.


    Nur Mineralwolldämmung vor 2001 muss in staubdichten Big-Packs entsorgt werden, danach eingebrachte Materialien können auch in nicht staubdichten Containern transportiert werden. Die meisten Mineralwollaltbestände dürfen zudem auf Deponien entsorgt werden.


    Um einen emissionsarmen Einbau in die Deponie bzw. eine emissionsarme Übernahme an der Abfallbehandlungsanlage zu gewährleisten, ist das Material gemäß den Vorgaben der TRGS 521 bei Altbeständen vor 2001 zur Staubminimierung, verpackt zu transportieren und so abzuladen, dass die Verpackungen (z.B. reißfeste PE-Säcke, Big-Bags) nicht beschädigt werden. Nach dem Ablagern bzw. Einbau muss das Material unverzüglich mit geeignetem Erdaushub, Bau- schutt oder mineralischem Material abgedeckt werden.


    Bei modernen Mineralstoffen kann auch auf der Deponie viel großzügiger verfahren werden.


    Da macht das Styropor-Zeugs bei der Entsorgung wesentlich mehr Ärger, deponie-technisch sind die dann auftretenden Auswaschungen beim HBCD der "Killer" für diese Entsorgungsmethode. Und heute haben eben zu wenig Verbrennungsanlage eine Zertifizierung für das Styropor-Zeug. Also gilt erst mal: ab in die teure Zwischenlagerung und somit in die teure Entsorgung. Dummer Weise lässt sich der Kram gar nicht gut komprimieren und Lagerfläche frisst Geld.


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    Zitat von DerGerald;288160

    So wie ich das sehe, muß ich die Dämmung entsorgen, wenn ich das Haus abreiße, also in 50+ Jahren, oder wie oft denkst du muß so eine Dämmung erneuert werden?


    Durchnittliche Lebenszeit von dem Plaste-Kram nach den hersteller-Angaben im Mittel 25-30 Jahre. Da bewegen wir uns im Mittel auch beim Amortisationszeitraum.

    Der Bote der Wahrheit braucht ein schnelles Pferd

  • Hallo zusammen,


    alles im Leben hat seine vor und Nachteile...
    Mir war Styropor aufgrund der hohen Brandlast einfach unsympatisch, .... Porenbeton zu empfinglich gegen Feuchtigkeit ... und ein zweischaligen Mauerwerk mit Klinkerfassade entsprach auch Optisch nicht meinen Vorstellungen (abgeseen davon, das eine Zweite Wand mit kaim verbund zur anderen rumsteht) ...


    wir haben uns seinerzeit dann für einen Ziegelstein mit integrierter Dämmung (unipor Coriso) entschieden.
    Womöglich muss der enthaltene Dämmstoff jetzt auch "speziell" entsorgt werden. Ich werd jetzt wohl mal beim Hersteller anfragen. :winking_face:

    Gruß Wasser

    Nein, ich gehe nicht immer den Weg des geringsten Widerstandes - ganz im Gegenteil!

  • Das HBCD (Hexabromcyclodekan) ist ein typisches Beispiel mangelnder Technikfolgenabschätzung.
    Da wird irgendwas erfunden oder entdeckt, was günstige Eigenschaften für den Verwendungszweck hat und preisgünstig zu produzieren ist.
    Also wird es -zigtonnenweise produziert und in die Umwelt verbracht.
    Was damit geschieht, wenn man es nicht mehr will, ist ja nicht Problem des Produzenten.


    Die Industrie muss aus Publizitätsgründen umweltfreundlich sein. Gleichzeitig wird aber durch Lobbyarbeit die Technikfolgenabschätzung bekämpft und vermieden und als innovationsfeindlich verschrien.
    Dabei hätte man es besser wissen können: Bei halogenierten Kohlenwasserstoffen (das HBCD ist ein solcher) leuchten doch viele Alarmlampen auf. Diese Stoffklasse ist seit Jahrzehnten für ihre Entsorgungsproblematik bekannt.
    Baustoffe sind deswegen besonders heikel, weil grosse Mengen verbaut werden.


    Da gibts aber noch viele ähnliche Zeitbomben. Besonders schön sind Wegwerfartikel wie Handys, da ist das halbe Periodensystem drin. Halbwertszeit geschätzte zwei Jahre, dann muss das neuere iPhone her.

  • Zitat

    Durchnittliche Lebenszeit von dem Plaste-Kram nach den hersteller-Angaben im Mittel 25-30 Jahre.


    Ich sehe jetzt nicht so genau, was nach 25-30 Jahren an den Platten kaputt sein sollte? Kannst du mir da weiter helfen?