Hallo!
Aus gegebenem Anlass, ich übernahm eine von Ersthelfern quasi nicht versorgte Wunde am Hals, hier kurz ein Tip zur Versorgung stark blutender Verletzungen im Halsbereich. Vielleicht kennt das noch nicht jeder hier. Ich versuche, nicht zu fachlich zu werden.
Die großen Gefäße im Halsbereich liegen -EHER- seitlich. Im Nacken sind die Gefäße durch die Wirbelsäule, der sie folgen, recht gut geschützt. Der vordere Teil des Halses ist eigentlich zB im Falle von Kampf oder Unfall recht gut durch das Kinn geschützt, wenn man es idealerweise etwas nach unten hält. Allerdings sind Luftröhre und Schilddrüse (sehr gut durchblutet!) natürlich verwundbar und hier hilft nur lokale Kompression oder sogar Intubation, um die Ventilation der Lunge und somit die Atmung zu ermöglichen. Das ist aber eine ganz andere Baustelle!
Im Falle eines akzidentiellen Schnittes am Hals oder auch einer Körperverletzung (im Schwung geführte Klinge zB) ist die weitaus größere Gefahr jedoch durch Jugularvenen und Carotisarterien gegeben. Die Jugularvenen sind beispielsweise so oberflächlich, dass sie durch normale Venenverweilkanülen punktiert werden können (also die "Zugänge" die man sonst im Arm hat). Man kann solche Blutungen lokal komprimieren, aber wenn es zB um den Transport geht, oder mehrere Verletzte zu versorgen sind, dann hilft nur ein Verband. Daher jetzt mal eine kurze Anleitung, wie man einen Druckverband am Hals anlegen kann, ohne die Atmung zu sehr zu beeinträchtigen.
Wichtig ist hier, dass der Druckverband, oder auch Kompressionsverband genannt, möglichst nur lokal Druck ausübt und die Atemwege bzw. nicht betroffene Gefäße nicht zu sehr beeinträchtigt. Dafür muss quasi eine "Umlenkung" über ein anderes Körperteil erfolgen.
Dafür führt man den Verband unter der Achsel oder über den Arm auf der nicht verletzten Seite entlang. Sprich: Wunde links, Umlenkung über rechts, Wunde rechts, Umlenkung über links. Ob man unter der Achsel oder über den Arm führt, hängt von der Höhe der Verletzung am Hals ab. Ist die Wunde im halsnahen Bereich der Schulter oder im schulternahen Bereich des Halses, so muss der Verband unter der Achsel auf der Gegenseite geführt werden.
Liegt die Wunde im mittleren oder oberen Halsbereich, hebt man den gegenüberliegenden Arm des Betroffenen hoch, sodass der Unterarm über den Kopf reicht. So als ob man mit dem Arm über den Kopf zum entgegengesetzten Ohr greifen möchte. Ich hoffe das ist verständlich. Dann wird der Druckverband um Hals und Arm geführt, damit der Zug eben nicht nach unten, sondern horizontal auf der Wunde liegt.
Durch diese Umlenkung werden die Atemwege nicht beeinträchtigt, wenngleich die Einengung psychisch sehr unangenehm ist! Es ist wichtig, den Betroffenen, so er bei Bewusstsein ist, gut zu führen.
Nochmal zusammenfassend:
Wunde links, schulternah - Druckverband unter rechter Achsel führen
Wunde rechts, " - " " linker " "
Wunde links, schulterfern - Druckverband um erhobenen rechten Arm
Wunde rechts, " - " " " linken "
Bei Blutungen vorne hilft, wenn überhaupt, leider nur die manuelle Kompression, bis Fachleute da sind. Manchmal verliert man halt, aber zumindest kann man bei starken Halsverletzungen dennoch IRGENDWAS tun.
Ein Tip noch: Nehmt, wenn möglich, in diesem Bereich hochwertigere Verbandmaterialien. ZB Uriel-Bandagen, oder dieser neue Notverband von der Bundeswehr, oder sonstige "textilere" Verbandmaterialien. Grund ist eine bessere Elastizität des Materials und eine größere Formstabilität, sodass der Druck besser verteilt wird und sich der Verband nicht in sich verdreht oder in den Hals einschneidet.
Hoffe dass Ihr hiervon was mitnehmt, wenn noch jemand Tips oder Ergänzungen hat, gern her damit.
Gruß
Avesjünger