Seit ich ein Inselsolaranlage habe, reizt mich der Gedanke, herauszufinden, in welchen Bereichen ich damit notfalls eine Autarkie herstellen kann. Eines der Ziele war zu testen, ob ich mit dem gewonnenen Strom auch Brot backen könnte oder an welche Grenzen die Anlage stoßen würde.
Getreide habe ich eingelagert. Eine elektrisch betriebene Mühle lässt sich über den Solarstrom betreiben. Mehl und andere Zutaten sind also nicht das Problem. Der normale Backofen scheidet jedoch aus. Klar gibt es Alternativen, wie das bekannte Stockbrot oder einen Dutch Oven. Aber da wir einen Brotbackautomaten zu Hause haben, der mit max. 550 Watt angegeben ist, wäre er theoretisch auch eine Option.
Rechnerisch müsste die Inselanlage das schaffen:
- LiFePo4-Akku mit 125 Ah / 12 Volt
- ca. 1.500 Wh Kapazität
- max. konstanter Entladestrom 100 A
- Wechselrichter mit 1.000 Watt reinem Sinus
- gespeist durch zwei kleine Panele mit 100 + 20 Watt Peak
- Ladungssteuerung durch einen kleinen MPPT-Laderegler von Victron Energy (75/15)
Wenn man ein Haus mit entsprechender Dachfläche oder eine große Gartenfläche zur Verfügung hat, ist das natürlich kein Thema. Aber geht das auch auf einem Balkon bzw. einer Terasse? Ausprobieren!
Erster Schritt war ganz klassisch Brotbacken:
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Ausgewählt habe ich ein Roggendinkelbrotrezept, das mit 3,5 Stunden am schnellsten ging. Der Ablauf im Automaten sieht aber keinen konstanten Verbrauch von 550 Watt für die gesamte Zeit vor. Stattdessen werden die Phasen "Ruhen, Kneten, Gehen, Backen" nacheinander abgearbeitet. Gebacken wird tatsächlich nur in der letzten Stunde der Gesamtzeit.
Der Akku war zu Beginn fast voll - da die ersten 2,5 Stunden nicht viel passiert ist, startete die Backphase sogar bei 99 %. Während der Zeit unterstützten die Panele mit ca. 50-65 Watt, sodass der Akku nicht alleine den Strom bereitstellen musste. Beim Kneten wurden ca. 100-110 Watt gebraucht. Für die Anlage keine Herausforderung.
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Die ersten 2,5 Stunden waren daher unauffällig. Spannender wurde es, als der Automat aufgeheizt und die Backphase gestartet hat. Da lagen dann ca. 510 Watt an, die über ein 12 Volt-System ca. 40 A bedeuten! Falls ihr so etwas nachbauen wollt, achtet auf große Kabelquerschnitte von Batterie zum Wechselrichter! Oder wählt ein 24 Volt-System.
Erste Erkenntnis: der Automat heizt nicht konstant, sondern schaltet den Heizstab regelmäßig ein und aus! Der Lüfter des Wechselrichters springt also immer wieder an und aus. Ob das beim Dauergebrauch so zuträglich für die Komponenten ist?
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Egal, das Brot wurde auf jeden Fall zu Ende gebacken! Herausgekommen ist ein etwa 1 kg schweres Roggenbrot, das bei uns mindestens die 2 Tage hält, die es auch brauchen wird, um den Akku wieder aufzuladen. Verbraucht wurde ca. 1/3 Kilowattstunde, was umgerechnet ca. 0,11 EUR an Stromkosten bedeutet hätte.
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Der Ladezustand ist von 99 % auf 80 % gesunken, was mit den Werten des Strommessgerätes übereinstimmt (20 % von 125 Ah = 25 Ah x 12 V = 300 Watt). Der darüber hinausgehende Verbrauch wurde durch die Solarpanele beigesteuert.
Im Winter mag das etwas anders aussehen. Grundsätzlich ist es aber möglich, ein Brot mit der Inselanlage zu backen. Auch andere Rezepte mit einer längeren Dauer sollten kein Problem darstellen, da nur die Backphase viel Energie braucht.
Weitere Erkenntnis für mich: im Sommer ließen sich bei der Auslegung auch weitere (Klein-)Verbraucher zusätzlich am gleichen Tag betreiben. Also Akkus aufladen oder kleinere Geräte wie z. B. einen Reise-Wasserkocher nutzen - vielleicht sogar den Kühlschrank stundenweise außerhalb der Backphase versorgen, das ist möglich.
Noch kurz ein Gedanke zu Sinn und Unsinn: wenn im Winter aufgrund einer Gasmangellage der Strom rollierend abgeschaltet werden sollte oder das Stromnetz instabiler werden würde, wäre es für mich eine Alternative, über konstanten Akkustrom zu backen. Denn wenn die normale Hausversorgung, wenn auch nur kurz (!), zusammenbrechen würde und ich zu dem Zeitpunkt ein mehrstündiges Backprogramm laufen hätte, könnte ich den Teigansatz möglicherweise entsorgen. Der Automat springt nach dem Ausfall auf den Anfangszustand zurück.
Klar, im Herd zu backen wäre eine Alternative. Aber auch da dürfte der Strom nicht für 30 Minuten oder länger weg sein, nachdem der Ofen aufgeheizt ist.
Für mich bestätigt der Versuch, dass es eine Option mehr gibt, die ich bei vollem Akku nutzen kann. Durch das eingeweckte "Glas"-Brot und die zusätzlich vorhandenen Brotkonserven werden wir das vermutlich nie brauchen. Aber diese Vorräte sind "endlich". Es ist daher schön zu wissen, dass ich sie wesentlich verlängern könnte, wenn die Situation es erfordert.