Zitat von Isuzufan;161054aber immer nur gesund leben und auf alles was(zumindest mir) Spass macht zu verzichten wäre kein Leben für mich.
Gesund leben muss ja nicht Genuss ausschliessen? Problematisch wird es erst, wenn bei zuviel Konsum das Genussmittel zum Schadensmittel mutiert und wir die Kontrolle über den Genuss verlieren, wenn wir abhängig werden. Drogen nennen wir diese Dinger dann. Die unser Belohnungssystem reizen und für die unser Körper keine innerbetriebliche Bremse kennt. Wer sich sagt, ich will kurz- und vielleicht mittelfristig den Kick geniessen, dafür bin ich langfristig früher weg als ohne, kann das natürlich tun. Gibt viele, die sich in den 1960er-Jahren dafür entschieden haben und von deren ausgestiegenen Freunden man heute hören kann, dass die anderen alle seit vielen Jahren bereits tot sind.
Das Gegenteil von gesund leben ist krank leben. Ich ziehe ersteres vor. Vielleicht ist das Gegenteil von immer gesund leben auch "ein bisschen" krank leben. Gut, viel können die Ärzte flicken, vor allem Akutes. Bei Chronischem ist es dann meistens so, dass sie nur beim Umgang etwas helfen können und vielleicht noch lindern. Aber es ist leider schon so, dass eine Mentalität grassiert, dass man leben könne, wie man wolle und der Arzt solle dann einfach flicken, wenn man es übertrieben hat. Kann man von Ärzten und Gesundheitsökonomen hören. Dann werden die Patienten sauer, wenn sie realisieren, dass Ärzte nicht immer Wunder vollbringen können und wahrscheinlich sie sich mit ihrem Verhalten selbst dahin gebracht haben.
Und ja, ich geniesse das Hier und Jetzt. Geniesse es, einen relativ gesunden Körper zu haben. Dank dem Training von Mark Lauren so fit zu sein wie schon lange nicht mehr. Geniesse es, in einem Land zu leben, wo doch noch eine gewisse Auswahl an unverarbeiteten Lebensmittel und Bio-Produkten vorhanden ist (ich möchte nicht in den USA leben, von ca. 50 Broten noch eines ohne Zucker und ähnliche Geschichten). Im Wissen, dass ein Körper, der schlecht funktioniert, nicht zum Geniessen einlädt, sondern einem auf Trab hält (da können Flutwellen an Terminen auf einen zukommen, Ärzte, Therapeuten, usw.) und massive mentale Anpassungen erfordert. Es wird dann rasch ernst, was Du in meinen Zeilen wahrscheinlich spürtest. Man darf sich mit Versicherungen herumschlagen, leicht kommen noch Anwälte oder Behindertenorganisationen dazu, in den härtesten Fällen noch die Sozialhilfe. Je nachdem, wo man arbeitet, ist man rasch den Job los. Muss sich eine günstigere Wohnung suchen, Auto verkaufen, usw. Eine ernsthafte Krankheit kann einem Alltag und Lebenssituation massivst auf den Kopf stellen, auch wenn man dabei Lebenswille, Kraft und Zuversicht behält.
Natürlich kann man z.B. das morgendliche Konzert der Vögel auch im Rollstuhl geniessen, aber da war dann sehr wahrscheinlich ein hartes Stück Arbeit dahinter, wenn man das (wieder) kann. Ich kenne aktuell drei Leute mit Tumoren, zwei sind zurück beim Job, jemand ist aktuell in Behandlung. Bei allen hat die Diagnose von einem Tag auf den andern das Leben verändert. Das ist wie ein Blitzschlag ins Leben, danach ist alles anders. Sowas muss erst mal psychisch verdaut werden. Mitten in diesem Gefühlschaos, völlig veränderten Zukunftsperspektiven, Schock und Überforderung bis grosse Anteilnahme und Unterstützung im Umfeld, usw. müssen vielleicht rasch wichtige Entscheidungen unter grossen Unsicherheiten gefällt werden. Welche Behandlung mit welchen Chancen und Risiken, usw. Bei denen es im schlimmsten Fall darum geht, ob du die Erkrankung überlebst. Und du bist voll im Survivalmodus und die Lage ist ganz ernst.
Wenn ich diese Risiken mit etwas weniger Genuss von Dingen, über die sich mein Körper nicht so freut, senken kann, so tue ich das. Es gibt genügend andere Dinge, die ich unbegrenzt geniessen kann, draussen sein, den Wind spüren, den Vögeln lauschen, die anmutigen Bewegungen des Rehs beobachten, usw.
Herzliche Grüsse
linthler