Hallo,
unser Neumitglied ghia1202 (Dietrich) äusserte den Wunsch nach Erfahrungsaustausch "in Bezug auf Solar-Batteriespeicher in Verbindung mit einem Hatz 24V Generator". Das mit einem schnöden Hinweis auf die Suchfunktion abzuspeisen, wollte ich mir verkneifen, da es sicher auch für andere User interessant sein könnte.
Was braucht man für ein minimales 24V-Notstromsystem (Solar&Diesel)?
Zunächst sollte man sich klar machen, wozu das Ganze dienen soll. 24V sind für Nicht-Militärs eine eingermassen exotische Spannung, bieten aber den Vorteil, aus dem gigantischen Mengen Surplusmaterial, das unsere Armeen jedes Jahr aussondern, sich etwas brauchbares für vergleichsweise wenig Geld zusammenbauen zu können.
Solarstrom ist natürlich eine ideale Sache - wenn die Sonne scheint. Tagsüber im Hochsommer ist ein vorübergehender Stromausfall zwar ärgerlich, aber kaum lebensbedrohlich. Anders sieht es schon aus, wenn nachts im Winter der Strom ausfällt. Noch problematischer wird ein andauernder Stromausfall im Winter. Beim Wetter, wie es z.B. die vergangenen Wochen in Mitteleuropa vorherrschte, war es nachts dunkel und tags trüb - ziemlich schlechte Voraussetzungen für eine rein solarstrombetriebene Notstromversorgung.
Sinngemäss kann man das auch für Windgeneratoren durchspielen.
Speicher - also Akkus - sind das eine, Generatoren das andere. Batteriespeicher nehmen recht schnell ziemlich grosse Dimensionen an und sind teuer. Motorbetriebene Generatoren sind laut, brauchen Sprit und haben - zumindest die "Hobbygeräte" aus dem Baumarkt - meist nur recht kurze Standzeiten (wenige 100 Betriebsstunden), also nichts für Dauerbetrieb.
Kombiniert man das alles, kann man die Vor- und Nachteile der einzelnen Komponenten grossteils gegeneinander ausspielen:
- Speicherakkus dienen als Herz der Anlage und stellen 24V direkt, 12V und 230V über entsprechende Umrichter zur Verfügung
- Solarmodule liefern wann immer möglich den Strom für Verbraucher und Ladung-/Pufferung der Speicherakkus
- ein leistungsfähiger (Lade-)Generator lädt innerhalb weniger Stunden die leeren Akkus wieder auf
Wie sieht die kleinste sinnvolle Anlage aus? Ein Beispiel, wie ich das gelöst habe:
1) Ein Standard-Batteriekasten aus BW-Beständen. Nimmt zwei so genannte "Nato-Würfel" auf, vorzugsweise Blei-Gel-Akkus mit 12V und 115 Ah, die in Reihe zu einem 24V/115 Ah-System verschaltet sind. Mit in den Kasten integriert ist eine 100A-Vorsicherung, gasdicht vom Batterieraum getrennt (der übrigens belüftet ist) und eine an einer Schmalseite angebrachten Standardsteckdose (150A-"Schweinenase"). Mit zwei Natowürfeln hat man theoretisch 2,7kWh Energie gespeichert. Aus verschiedenen Gründen sollte man Akkus aber niemals "komplett" entladen, das nehmen sie übel. Üblich sind 30-50% Entladetiefe. Bei 50% wären das knappe 1,4kWh, die man mit gutem Gewissen aus dem vollgeladenen Akku entnehmen darf.
2) Solarmodule. Ich verwende in diesem Fall preiswerte 30W bzw. 50W-Module, die in China aus den Resten der in den "grossen" Auf-Dach-Solarmodulen verwendeten Solarzellen hergestellt werden. Es sind meist Streifen von monokristallinen Si-Zellen, die mit den selben Verfahren wie bei den "grossen" Modulen zusammengelötet und in eine Kunstoffbett hinter einer Glasscheibe montiert werden. Diese Module sehen aus wie verkleinerte Ausgaben der Dachmodule. Sie sind für deutlich unter 1 Euro pro Watt (Brutto-Endpreis) zu bekommen. Eine sinnvolle Mindestgrösse der Solarleistung ist 400W - also 8 Stück 50W Module. Davon werden jeweils zwei als "String" in Reihe geschaltet, man hat dann 4 Strings a 100W bei etwa 34-36V Strangspannung unter Last, was optimal für ein 24V-System passt.
3) Solar-Laderegler. Für ein 400W-System in der vorgenannten Verschaltung (4 Strings à 34-36V und 2,8A unter Last) reicht ein preiswerter 15A-Laderegler, wie z.B. der Steca PR1515 völlig aus. Er deckt mit seinen 47V max. zulässiger Eingangsspannung auch die Maximalspannung der Module (22,2V => 44,4V im String) problemlos ab. Beim Laderegler kann man beliebig viel Geld investieren: MPP-Tracking, Temperaturfühler für die Batterien usw. Das kann man aber auch später, wenn man die Anlage ohnehin vergrössern will, nachrüsten.
4) Ein Ladegenerator. Perfekt passt das "SEA1,9kW" bzw. das schallgekapselte (ansonsten baugleiche) "SEA1,9kW silent" der Bundeswehr. Es wird von einem robusten aber auch etwas derben 1-Zylinder Hatz-Dieselmotor angetrieben und liefert bis zu 68 A Strom bei bis zu 28V, also 1,9kW. Strom und Spannung sind über Drehknöpfe manuel einstellbar und an zwei Zeigerinstrumenten ablesbar. Mit dem Generator kann man die unter 1) beschriebenen 1,5kWh, die aus dem Batteriekasten entnommen wurden, innerhalb einer Stunde wieder nachladen: bei 1,9kW Ladeleistung pro Stunde und 80% "Einlagerungswirkungsgrad" der Blei-Akkus kommt man recht gut auf netto 1,5kWh, die man anschliessend wieder entnehmen kann. Praktisch ist dabei, dass sowohl das SEA1,9kW als auch der Standard-Batteriekasten mit der selben 2poligen 24V-Steckdose ausgestattet sind und mit einem "BW-Starthilfekabel" verbunden werden können.
5) Wechselrichter. Vorweg: WR sind Stromfresser. Deshalb nur so gross dimensionieren, wie man sie unbedingt braucht und nur einschalten, wenn man sie unbedingt braucht. Ein 2kW-WR hat gut und gerne 50W Eigenverbrauch, ein 600W WR nur 15W. Lieber zwei verschieden grosse WR wählen und den "dicken" nur für spezielle Fälle (Elektrowerkzeug-Einsatz o.ä.) einschalten. Generell nur WR mit "echtem Sinus", keine Trapez-WR, keine Rechteck-WR und keine mit "modifiziertem Sinus" verwenden. Nur mit echten Sinus-WR ist man auf der sicheren Seite, dass man wirklich auch alle 230V-Verbraucher-Arten betreiben kann. Einen guten Ruf haben z.B. die "Sine Power"-Geräte von Waeco oder die Phoenix Compact Reihe von Victron.
6) DC/DC-Wandler von 24/12V. Es gibt auch hier verschiedene Grundprinzipien: längsgeregelte Wandler, die die Spannungsdifferenz schlicht "verheizen", d.h. wenn der 12V-Verbraucher 50W zieht, dann tuts der DC/DC-Wandler auch - 50% Wirkungsgrad. Und es gibt getaktete Wandler, die wie ein Schaltnetzteil arbeiten und einen deutlich besseren Wirkungsgrad (meist 70-80%) bieten. Hier kommt es noch auf die Verbraucher an: an Funkgeräten und Radios können getaktete Wandler Probleme machen, da ihre 12V-Ausgangsspannung nicht ganz sauber ist (Hochfrequenzanteile drin), die man dann im Lautsprecher als Sirren hört. Ich würde auch hier einen "dicken" und einen kleinen DC/DC-Wandler vorsehen und beide wirklich nur bei Bedarf einschalten. Bei längsgeregelten Wandlern (erkennt man daran, dass sie hauptsächlich aus Kühlkörper bestehen) kann man eigentlich nicht viel falsch machen, da tuts auch China-Ware. Bei den getakteten würde ich eher zu Markengeräten greifen (Waeco und Victron sind auch hier empfehlenswert).
7) Montagemöglichkeit für Wechselrichter und DC/DC-Wandler sowie eine einfache Gleichstrom-Elektroverteilung mit 12V-Steckdosen und Sicherungen. Will man mobil bleiben, kann man das ganze auch in einen Alukoffer aus dem Baumarkt montieren, sollte dann aber ausreichende Belüftung der WR und DC/DC-Wandler vorsehen. Wer sicher gehen will, plant bei der Elektroverteilung noch einen Tiefentladeschutz ein, der die Batterien vor zu tiefer Entladung schützt und sie bei Erreichen einer einstellbaren Minimalspannung abschaltet.
Damit ist man schon mal gerüstet und hat ein relativ potentes Notstromsystem zusammen, dessen Kernkomponenten recht robust und zuverlässig sind. Die ganze Anlage kann im Notfall auch mit nem PKW transportiert werden, allerdings sollte man zwei kräftige Helfer einplanen:
- Batteriekasten bestückt: 90kg
- SEA1,9kW silent: 80kg
- Wandler-Koffer + Kabel: 20kg
- Solarmodule 8x 50W + Kabel: 50kg
Hier ein paar Bilder dazu:
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Grüsse
Tom