Mentale Stärke, oder kennt Ihr eure Grenzen?

  • Zitat

    Wie kann man so was üben?


    Meine Empfehlung wäre hier: Baby-Schritte. Ich mein damit, taste dich langsam an das Thema heran. Probier doch zuerst z.B. (ich kenne deine Wohnsituation nicht) einen Abend für ein paar Stunden an einem dir vertrauten Ort auszuharren. Bei mir wäre das hinter dem Haus im Garten. Sobald du dich daran gewöhnt hast erweitere die Parameter, länger bleiben, anderer Ort, usw. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und Routine bringt meistens Sicherheit.


    Du musst doch nicht gleich von Anfgang an die 17km durch den Wald laufen.... Das wäre das gleiche wie wenn ich als nicht Skifahrer beim ersten mal den steilsten Hügel runter brettern möchte :face_with_rolling_eyes:

  • Hallo,
    Meiner Erfahrung nach, halten sich im Wald in der Nacht nicht wirklich viele Menschen auf. Ich tendiere sogar dazu, daß dort sehr wahrscheinlich niemand ist.
    Überfälle ereignen sich an Orten wo auch hin und wieder jemand vorbei kommt den man überfallen kann.


    Aber das hilft dir nicht weiter, weil die Angst die du hast ja nicht unbedingt rational ist.
    Deshalb würde ich eher zu einen Psychoterapeuten oder jemanden der psychologisch geschult ist gehen.


    Gruß
    Gerald

  • Zitat von survival;194816

    Kann man sowas üben?


    Eher nein.


    Ich hab eine blöde Phobie vor schrägen Hängen, die in einem Abgrund münden (bin als Kind mal ein Hausdach runter gerutscht und fast abgestürzt). Besonders prickelnd ist das dann bei Geröll oder anderem rutschigen Untergrund. Das macht mir in bergigen Regionen erheblich zu schaffen und mir ist das in all den Jahren nie gelungen mich daran zu gewöhnen.


    Man kann sich aber der Angst stellen und es einfach trotzdem tun. Ist zwar unangenehm, aber einen Versuch wert. Danach hat man zwar genauso Angst, weiß aber, dass mans könnte, wenn man müsste.


    Das blöde an Phobien ist, dass rationale Argumente überhaupt nix nützen.


    mfg

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Servus zusammen,
    schwieriges Thema mit den Grenzen. Mann kann sich sicherlich an das eine oder andere herantasten, aber wie will man z.B. einen schweren Unfall simulieren? Ich war lange LKW-Fahrer. Da denkt man schon darüber nach ob man helfen kann. Damals etwas schwieriger weil es noch keine Handys gab. Ich hatte aber CB-Funk an Bord. Nun eines Tages war es soweit, direkt vor mir schwerer Unfall mit brennendem KFZ. 2 Kinder mit an Bord, und nur 2 LKW-Fahrer als Helfer. Lange rede kurzer Sinn, ich funktionierte. Immer. Und ich habe wirklich alles vom menschlichen Körper gesehen was man sich bei einem Unfall vorstellen kann. Danach etwas zittern und abends einen Schnaps und dann war es eigentlich fast immer wieder gut. Vor dem 1. Unfall hätte ich mir das so nicht vorstellen können.
    Dann kenne ich leider auch die Situation wenn Morphium etc bei einer Krankheit nicht mehr hilft. Ich sage euch ich habe gebettelt aber es ging nicht mehr. Auch das habe ich überlebt.
    Ich bin mehrfach chronisch krank, d.h. ich habe 24/7 Schmerzen. Aber auch das geht irgendwie. Ich versuche immer alles positiv zu sehen und das hilft mir ungemein.
    Ansonsten stoße ich mehrmals täglich an meine Grenzen. Mir wurde vor 5 jahren das rechte Handgelenk versteift. Vergesse ich immer mal und schon hänge ich wieder mit der Hand irgendwo und komm nicht weiter. Aber auch das geht irgendwie.
    Ich denke, dass es viel eine Sache des Willens ist. Und wenn mann z.B. marschieren muss dann sollte man auf seinen Körper hören, dann sollte auch das gut gehen.
    survival
    ich kenne ja deine Situation nicht. Aber schon mal über einen Selbstverteidigungskurs nachgedacht? Hilft einem Ego ungemein und macht sicherer.
    In diesem Sinne
    LG
    Boxer

    Das Leben ist das, was dazwischen kommt, wenn man alles geplant hat

  • Obwaldners Erlebnis, sowie viele nachfolgenden Kommentare dazu, haben mich nachdenklich gemacht.


    Vermutlich habe ich immer schon Grenzen gesucht, meine Grenzen, war mir dies aber lange nicht bewusst.
    Zum Beispiel als junger Bursche.
    Im Zusammenhang mit einer Wette hangelte ich mich von einer acht Meter hohen Mauer und sprang. Ich weiss noch, als ich da an der Mauerkante hing. Ohhjee, viel zu hoch...keine Chance umzukehren... Ich hatte die Wette gewonnen, musste aber nach hause getragen werden, weil ich nicht mehr gehen konnte. Ich glaube ich hatte schwere Fersenprellungen.


    Ein paar Jahre später waren mein jüngerer Bruder und ich an einem Fluss. Dieser wurde durch eine schmale, ca. 15m lange, Staumauer gestaut. Der Fluss floss über diese Staumauer und ergoss sich anschliessend über einen kleinen, nicht steilen, etwa 10-15 Meter langen, Wasserfall. Ich wettete (wieder einmal) mit meinem Bruder, dass ich mich über diese Staumauer auf die andere Flussseite balancieren könne.
    Natürlich ging es schief. Nach wenigen Metern rutschte ich auf der glatten Staumauer aus. Mein Bruder versuchte mich noch zu halten, hatte aber keine Chance. Ich viel also diesen Wasserfall hinunter, wusste nicht mehr was oben und unten war und blieb dann mit dem Fuss, kopfüber, in einer Felsspalte hängen. Ich hielt die Luft an, mein Fuss und das Schienbein schmerzten höllisch, der Wasserdruck drückte mich unter Wasser, ich schluckte Wasser. Ich hatte keine Ahnung wie lange ich da unter Wasser eingeklemmt war...eine Ewigkeit... Irgendwie hatte ich Glück und es spühlte mich aus dieser Felsspalte heraus und ich blieb unten im seichten Wasser liegen. Mein linkes Schienbein sah übel aus. Mein Bruder stand neben mir und weinte. Er sagte, dass er das nicht lustig gefunden habe, dass ich mich da so lange unter Wasser versteckt hätte. Erst als er mein arg lädiertes Bein sah, realisierte er, dass dies kein Spass gewesen war.
    Es folgte die Eine oder Andere Episode.
    Dann, Jahre später, ein entscheidendes Erlebnis. Ich befand mich in der Offiziersschule und musste einen Eintrittstest absolvieren. Es handelte sich um einen "Eilmarsch". Ich glaube um die 10 km, ohne Gepäck und ohne Gewehr, im Tenue blau (die älteren ehemaligen diensttuenden Schweizer wissen was das ist).
    Es waren so um die 100 Offiziersanwärter, unter anderem Piloten und Falschirmgrenadiere. Ich war absolut locker, da ich körperlich in topform war. Ich wollte mit den Besten mithalten. Es war ein extrem heisser Sommerabend und wie sich im nachhinein herausstellte, wurden an diesem Abend diverse Sportveranstalltungen abgesagt. Unsere nicht...
    Ich machte diesen Lauf und erinnere mich noch an den Zieleinlauf...ein Schlag, Lichter, Druck auf der Brust, das Martinshorn, Dunkelheit, eine Stimme...."ohhjee, so jung..", dann wieder Licht, absolute Stille und Träume.
    Viel später sagte mir jemand, dies sei eine Nahtoderfahrung gewesen. Ich weiss es nicht.
    Stunden später kam ich wieder zu mir, ein Eis gepackt und von Krämpfen geschüttelt. Eine Krankenschwester (nicht lachen, ich dachte zuerst sie sei ein Engel) fragte mich nach meinem Namen...ich konnte in nicht sagen, ich wusste meinen Namen nicht. Ein Arzt kam und stellte Fragen die ich nicht beantworten konnte. Er kneifte mich ins Bein und fragte..."wo habe ich sie gekneift, rechts oder links?". Ich konnte es nicht sagen, was mich extrem verwirrte. Immerhin spürte ich es, also war ich nicht gelähmt, waren meine Gedanken.
    Tage später war ich wieder fast der Alte. Mit Ausnahme eines bleibenden Leberschadens. Der Arzt sprach mir ins Gewissen. Er sagte mir, dass ich eine sehr extreme Form eines Hitzeschlags gehabt habe. Die Folgen waren ein totaler Ausfall praktisch aller Organe. Wäre dies irgendwo während dem Lauf im Gelände geschehen, ich hätte es mit Bestimmtheit nicht überlebt. Meine Frage nach dem Warum erklärte mir der Arzt kurz und bündig. Sie haben einen zu starken Willen. Ihr Körper meldete ihnen die Körperüberlast schon lange vor diesem totalen Kollaps. Sie haben die mit Bestimmtheit schon vorher eintretenden Schmerzen einfach ausgeblendet. Ich war damals zwanzig Jahre alt und wusste nun "offiziell", dass ich mental stark war.


    Was machte ich nun mit dieser Erkenntnis? Bis zum heutigen Tag, also weitere dreissig Jahre, teste ich auf die Eine oder Andere Art meine körperlichen und mentalen Grenzen. Ich machte die Offiziersschule fertig, machte verschiedene Tauchausbildungen (Eistauchen usw.), war in Höhlen und arbeite auf einem exponierten Beruf. Im Gegensatz zu früher höre ich aber auf meinen Körper.
    Als Vorgesetzter im Militär und später im Beruf gab ich mehr acht auf meine Untergebenen und Mitarbeiter (meine Frau meint zwar, die Messlatte sei immer noch zu hoch). Ich kam zur nicht sehr überraschenden Erkenntnis, dass mentale Stärke wichtig, überlebenswichtig sein kann. Sie kann aber auch töten. Mentale Stärke ist individuell und fliessend. Wer damit gesegnet ist, soll diese Stärke bewusst, behutsam und niemals überheblich einsetzen.
    Ich für meinen Teil weiss was ich kann, muss niemandem etwas beweisen und kann, wenn es darauf ankommt, durchhalten. Ich habe dies in diesem Sinn meinen Kindern versucht mitzugeben.
    Eine weitere Erkenntnis, oder Phänomen, konnte ich auch noch an mir beobachten. Irgendwie wurde ich zu einem Grenzgänger, nicht falsch verstehen. Kein Borderliner oder so. Aber aufgrund verschiedenster Erlebnisse und Konstellationen kam ich zum Schluss, dass man (ich??) fast alles machen kann, wenn die Zeit noch nicht reif ist. Es aber fast nichts braucht, wenn der Zeitpunkt da ist, wo man gehen muss....aber dies führt jetzt zu weit.
    .....es grüsst elfer

  • Zitat von survival;194816


    Was mache ich aber, wenn ich bei Dunkelheit los muß?
    Geplant ist ja die Strecke von meiner Arbeit bei Dunkelheit nach Hause. Tagsüber kein Problem - aber Nachts?


    Wie kann man so was üben?
    Kann man sowas üben?


    Hallo survival


    Der Vorschlag mit den Babyschritten ist schon gekommen. Da macht Sinn. Sich der angstmachenden Situation immer mehr aussetzen, gerade so, dass man es gerade noch aushält und nicht in Panik verfällt. Kommt Angst/Panik auf so lange wie es geht aushalten und auch erleben, dass die Angst wieder abschwillt. Techniken zur Angstverminderung/-kontrolle erlernen: Autogenes Training / Affirmationen / Atemtechnik. => Lernen, dass dich die Angst nicht umbringt. Das Hirn unterscheidet nicht so recht zwischen dem was man tatsächlich erlebt und was man sich nur vorstellt. Eine Situation auch nur schon im Kopf immer wieder durch Vorstellung als beängstigend zu erleben schafft im Hirn Verbindungen, die dann auch Gefahr signalisieren obwohl keine da ist. Es kann auch helfen den Weg zuerst mal nicht allein abzulaufen. Oder jemanden noch ein Stück hinter sich zu wissen, oder Etappen zu laufen. Sei erfinderisch. Wichtig ist es aber um diese Angst zu verlieren oder zu vermindern, den Weg tatsächlich abzulaufen und zu erleben dass nichts passiert. Nur dann werden die angstmachenden Spuren im Hirn wieder gelöscht oder überschrieben.


    Bezüglich der Überfallsangst würde ich auch einen Selbstverteidigungskurs empfehlen.


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    @ Grenzen / mentale Stärke
    Für mich ist klar dass sich mit einem starken Willen sehr viel erreichen/ aushalten lässt.
    Allerdings stellt sich in diesem Zusammenhang für mich auch immer wieder die Frage,
    ob es nun mentale Stärke war oder schlicht Selbstüberschätzung oder Verkennung der tatsächlichen Gefahr resp. Unterschätzung der Situation.
    In einem guten Sinne stark ist für mich jemand, der nicht mit dem Kopf durch die Wand geht weil er mental einfach so stark ist und sich selber zum äussersten zwingen kann, sondern jemand der in einer kritischen Situation Eventualitäten berücksichtigt und auch auf Schwächere Rücksicht nimmt. Eine Gruppe ist immer nur so stark wie das schwächste Glied.


    Nicht ohne Grund wird in Rettungsorganisationen nicht der Mut der einzelnen gepusht, sondern ein verantwortungsvolles, überlegtes Handeln sich und anderen gegenüber. Weit oben steht dabei immer auch der Selbstschutz und die Reflexion, ob die eigenen Kräfte tatsächlich reichen. Und es wird auch bewusst die Sicherheit eingebaut, sich diesbezüglich gegenseitig zu beobachten und Rückmeldung zu geben.

  • Vielen Dank für Eure Unterstützung und mentale Hilfe! :Gut:


    Ich denke sehr intensiv darüber nach, wie ich damit umgehe - lese auch immer wieder, was Ihr geschrieben habt!!!
    Sehr wahrscheinlich werde ich mich der Sache spontan stellen, zuerst auch nur einen Teilabschnitt in der Dunkelheit mit meinem Mann bewältigen.


    Wenn ich es gemacht habe, berichte ich, wie es mir dabei ging.


    Wie gesagt - es begleitet mich und ich werde mich der Sache stellen!!!


    Lieben Dank von der Survival

    ~ Nunquam Non Paratus ~

  • Ach Survival, mir fällt gerade noch autogenes Trainig ein.
    Ist mit Cds aus dem Buchhandel zu erlernen. Damit kann man sich sehr gut "programieren", auf jeden fall bleibt man eher ruhig.
    Rüdiger Nehberg hat das auch gemacht bei seinen Atlantiküberquerungen, die er ja alleine bestritten hat.
    Ich hab z.B. ein Problem in vollen öffentlichen Verkehrsmitteln. Da hilf mir das ungemein....
    LG
    Boxer

    Das Leben ist das, was dazwischen kommt, wenn man alles geplant hat

  • Dann möchte ich auch eine Geschichte zum Thema mentale Stärke beitragen.
    Am 9. Januar wollte ich mein Auto in den Kundendienst bringen. Da es 9km bis zur Werkstatt sind lud ich mein Fahrrad ein und fuhr mit dem dann zurück. Gleich am Anfang der Rückfahrt über eine kleine Nebenstrasse mitten durch den Wald kam eine Steigung. Noch bevor ich oben war spürte ich einen heftigen Schmerz im Rücken und Brust. Ich fuhr weiter , mußte aber anhalten weil ich mich übergeben mußte. ich merkte das irgend etwas richtig schief läuft. Also versuchte ich weiter nach Hause zu fahren. Da dies zu anstrengend war schob ich das Fahrrad. Unterwegs wollte ich nochmal versuchen aufzusteigen , verlor aber das Bewußtsein beim Versuch und wachte auf der Straße auf . Also aufgestanden und weiter ging es. Da ich kein Auto da hatte konnte ich auch nicht zum Arzt fahren. Nach 2 Stunden rang ich mich dazu durch die Ambulanz zu rufen. Die untersuchten mich und wollten schon wieder gehen da ich nach ihrer Meinung eine Grippe hätte. Ich fragte dann aber ob sie ein EKG machen könnten. Auf einmal ging alles ganz schnell. Sofort EKG per Funk ins Krankenhaus geschickt und dann mit Blaulicht und Sirene 70km ins Notfallkrankenhaus. Ich hatte eine Infarkt . Eine der 3 Hauptleitungen war zu 99% dicht. Laut Arzt hätte ich eigentlich gar nicht mehr gehen können , geschweige denn 9km. Währe3nd der ganzen Geschichte war mir nur wichtig nach Hause zu kommen , ich funktionierte wie eine Maschine . Man sieht an meinem Fall das der Wille manches möglich macht das eigentlich nicht möglich sein sollte

  • Hi Hiko,
    Der Wille machts Möglich,genau meine Einstellung, nur wäre es nicht sclecht,manchmal auch Lebe srettend mal in sich hineinzuhorchen. Ich könnt mir vorstellen, fass da schon einige Zeit vorher Anzeichen bei Dir waren...
    Ich habe damals (posting v.03.11.) mit dem Pneumothorax (bin nur v.li. linken Lungenflügel mit O2 versorgt worden) abgemistet, Hühner versorgtt, ect.,ect. Obwohl ich ich ahnte, das was nicht stimmt. Ich wollt meinen Mann nicht mit der Arbeit alleine lassen.... Hatte Glück, dass nach 10 Tagen die Lunge sich noch entfaltet hat....
    Herzlich Patenta