Interessant finde ich das für den Bürger in der BRD und Österreich so wichtige Beschlüsse wie die Bankenunion im allgemeinen Trubel um die Ukraine in der Presse nahezu untergehen.
Was ist also in den letzten Tagen passiert?
Aus dem Focus vom 15.04.2014:
http://www.focus.de/politik/au…fuer-alle_id_3776915.html
"Sparer sind bei Bankenpleiten künftig besser geschützt, Steuerzahler sollen bei Zusammenbrüchen von Geldhäusern geschont werden. Mit der Zustimmung zu Vorschriften über Sanierung oder Schließung von Pleitebanken hat das EU-Parlament nach jahrelangem Ringen mit den Regierungen der Mitgliedsländer die Bankenunion auf den Weg gebracht. Ab 2016 greift die Bestimmung, dass in erster Linie Eigentümer und Gläubiger zur Bankenrettung zur Kasse gebeten werden. Sparer mit weniger als 100 000 Euro auf ihrem Konto bleiben verschont. Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) nannte den Beschluss "historisch".
Das hört sich ja erst einmal positiv an, nun kommt aber das aber. Wie schaut denn dieses Konstrukt halbwegs en Detail aus? Folgende Haftungskaskade ergibt sich nach den Beschlüssen der EU. Geht eine Bank über den Deister und Kackt ab werden die "Besitzer" in folgender Reihenfolge geschoren:
1. Die Eigentümer der Bank, also Aktionäre, direkte Teilhaber etc.
2. Gläubiger und Kreditgeber der Bank
3. Großsparer Mit Einlagen über 100.000€
4. nationale Abwicklungsfonds in die die Banken einzahlen (wo gibt es die in nennenswerter Größenodnung im Club Med?)
5. betroffener Mitgliedsstaat
6. ESM Rettungsschirm
Das die Banken in Europa durchweg marode sind dürfte klar sein. Besonders die Häuser im Club Med inkl. Frankreich, obwohl es in den Nordstaaten nun auch nicht rosig ausschaut. Wenn eine Bank in schweres Fahrwasser gerät, soll sich die Bank zunächst selbst Geld am Markt besorgen. Eine Möglichkeit dafür ist eine Kapitalerhöhung, also der Verkauf weiterer Aktien, um das Eigenkapital zu stärken. Auch die Gläubiger sollen ihren Teil beitragen. bestimmte Bankanleihen sollen zum Beispiel in Eigenkapital umgewandelt werden können, so werden aus den Gläubigern Aktionäre. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass die Gläubiger auf ihre Forderungen ganz oder zum Teil verzichten. Dann werden die vermögenden Sparer geschoren und zu guter Letzt müssen sogar deutsche Steuerzahler für die Probleme einer spanischen oder irischen Bank haften: Kann eine Regierung das Geld nicht aufbringen, soll der Euro-Rettungsschirm ESM zum Einsatz kommen.
Das Problem ist aber viel tiefgehender. Selbst wenn nur die erste Stufe der Bakenrettung gezündet werden muß stehen gerade in den Nordstaaten viele Rentenansprüche auf dem Spiel, da Pensionsfonds, Lebensversicherungen etc. ihre Anlagen (also das Geld der Einzahler) unter anderem in Bankenaktien/-anteilen angelegt haben. Hier droht auch dem deutschen Sparer Ungemach. Besonders betroffen werden Selbstständige sein, die nun mal ohnen generationenübergreifendes Rentenmodell nur direkt für sich in ein Anlageprodukt einzahlen können. Hier können unerwartete Einbrüche entstehen die unter Umständen zu Altersarmut oder zumindest zu einer extremen Schlechterstellung im Alter was die Kohle anbelangt führen können.
Dann wird "Gezypert". Aber kann man alle "Sparer" über 100.000€ wie geplant über einen Kamm scheren? Meiner Meinung nach nicht. Was ist mit Selbstständigen die z.B. als Handelsverteter eine Liquidität in gewissen rößenordnungen bereit halten müssen, Handwerksbetrieben mit 5-10 Mitarbeitern (also unserem Mittelstand) der Liquidität für Materialien, Werkzeuge, KFZ etc. vorhalten muß. Wenn einer von denen sein Geld ab 2016 nur bei einer Bank parkt, kann das im Worst-Case zum GAU für das eigene Unternehmen führen. Was ist mit Leuten die auf Cash setzen und ihr Leben lang in Festgeldkonten sparen? Die haben dann halt Pech gehabt gegenüber dem Sachwertbesitzer (z.B. Immo oder Gold) oder dem Lebemann mit 3 x Urlaub im Jahr der dann eben keine großen Ersparnisse hat.
Künftig sollen die Gelder der Sparer und Aktionäre bis zu einer Höhe von insgesamt acht Prozent der Gesamtverbindlichkeiten der Bank herangezogen werden. Reicht dies nicht aus, um die Bank zu stabilisieren, muss der Abwicklungsfonds die nächsten fünf Prozent der Bankverbindlichkeiten beisteuern. In den Abwicklungsfonds müssen alle Banken der Euro-Staaten einzahlen. Die Zielgröße liegt bei 55 Mrd. Euro, der Fonds soll in den kommenden zehn Jahren kontinuierlich von den Geldhäusern befüllt werden. Erst wenn Bail-In und die Mittel aus dem Abwicklungsfonds nicht ausreichen, sind weitere staatliche Hilfen möglich.
Kleiner Einwurf: Bilanzsumme Dutsche Bank 2013 1,6 Billionen Euro, Commerzbank 470 Mrd. Euro und wenn man sich die übergewichteten Großbanken aus Frankreich anschaut kann einem nur noch schlecht werden....55 Mrd. aus dem Fonds (SRF Single Resolution Fonds) sind da Peanuts, wenn es knallt ist das noch nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein. Und bis die Kohle von den Banken eingezahlt wurde dauert es noch ein paar Jährchen.
Die Konsequenz ist eigentlich nur:
1. Geld auf mehrere Banke aufteilen
2. Auf einen gewissen sachwertanteil bei der Vermögensplanung achten
Hat sich einer von euch schon mal die Mühe gemacht einen Geschäftsbericht einer Bank zu lesen? das ist der Horror und nicht mehr nachvollziehbar für den normalen Bürger. Obwohl er dank dieser gesetzgebung ja dazu gezwungen wird seine eigene Due Dilligence zu machen. Nur können das vielleicht 0,00001% der Leute. Der Rest muß einfach blind vertrauen, sofern er über größeres Privatvermögen verfügt. Einzige Ausnahmen von der 100.000€ Regel sollen übrigens gerade zur Zyperung laufende Erbschaftszahlungen und Immobilienzahlungen sein, auf die der Empfänger keinen Einfluß hat.
Die Bankenunion führt dazu, dass Haftung und Herrschaft noch stärker auseinanderfallen. Die EZB erhält die Befugnis, Kreditinstitute zu schließen. Die Abwicklungsschäden kann sie dann den nationalen Steuerzahlern aufbürden. Die Bankenunion droht die Probleme also weiter zu verschärfen. Mit der Bankenunion droht sich der Finanzsektor endgültig zu verselbstständigen als ein System, in dem sich Staaten und Banken wie kommunizierende Röhren eines Ponzi-Systems gegenseitig das Geld der Steuerzahler zuschieben. Der ESM rettet die Banken, diese zeichnen dessen Anleihen und reichen sie dann bei der EZB als Sicherheit für Geldleihgeschäfte ein. Dieses Triumvirat aus Banken, ESM und EZB ist niemandem mehr Rechenschaft schuldig und kann die finanziellen Risiken seines Handelns auf die Gesellschaft abwälzen. Aus der Sicht der Steuerzahler ist die direkte Rekapitalisierung der Banken absolut nicht wünschenswert.
Als neue „Super-Aufsichtsbehörde“ fungiert ja nun die Europäische Zentralbank (EZB). Sie kontrolliert alle wichtigen Banken. Eine Bank ist wichtig, wenn die Bilanzsumme bei 30 Milliarden Euro oder mehr liegt oder sie mindestens 20 Prozent der Wirtschaftsleistung des Herkunftslandes ausmacht. Insgesamt erfüllen rund 130 Banken diese Bedingungen. Die kleineren Banken – immerhin rund 8.300 weitere – werden weiterhin von den nationalen Aufsichtsbehörden kontrolliert.
Irgendwie hab ich weiterhin das Gefühl wir drehen uns nur im Kreis und ein wirklicher Durchbruch ist unmöglich. Wir drehen uns immer schneller bis uns das Ding in der Zukunft mal um die Ohren fliegt.