AKW Fessenheim

  • Ein Zwischenfall im französischen Atomkraftwerk Fessenheim nahe der deutschen Grenze war einem Medienbericht zufolge gravierender als bislang bekannt. Die französische Atomaufsicht ASN habe den Vorfall im April 2014 gegenüber der Internationalen Atomenergiebehörde heruntergespielt, berichteten WDR und "Süddeutsche Zeitung" am Freitag. Ein Wassereinbruch hatte damals die Elektrik beschädigt und zur Abschaltung eines Reaktors geführt.


    Die Medien berufen sich auf ein Schreiben der ASN an den Leiter des Kraftwerks nahe der Grenze zu Baden-Württemberg wenige Tage nach dem Zwischenfall. Demnach seien die Steuerstäbe im Reaktorblock zeitweise nicht manövrierbar gewesen. Ein Krisenstab habe entschieden, den Reaktor durch Einleitung von Bor ins Kühlwasser notfallmäßig herunterzufahren. Die Medien zitieren einen Reaktorexperten, demzufolge es eine vergleichbare Situation in Westeuropa bislang noch nicht gegeben habe.


    http://www.welt.de/politik/aus…runtergespielt-haben.html


    Was lernen wir daraus? Preppen lohnt sich, es kann immer blöder kommen als man denkt........noch mal Glück gehabt bisher.

    Der Bote der Wahrheit braucht ein schnelles Pferd

  • Hallo "Bärti",


    ich kenne die Konstruktion dieses Reaktors nun nicht, aber was ich zu meiner Studentenzeit mal gelernt habe ist, dass diese (Graphit-) Steuerstäbe automatisch (per Gravitation) herunterfahren, sollte es ein "Problem" geben..... das hatte ich sogar einmal persönlich in Augenschein nehmen könne, als Philipsburg noch im Bau war....


    So würde der Reaktor automatisch runter gefahren in dem die Steuerstäbe in das Wasserbecken mit den Brennstäben hineingleiten ....


    Kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass die Franzosen das nicht so machen.


    Gruss, Udo (DL 8 WP)


  • Hallo Udo,


    aber diese Automatik ist ja nicht Mechanisch, sondern sicherlich elektrisch?! Auch wenn die Energie für die abwärtsbewegung aus der Schwerkraft geschöpft wird, muss der Prozess ja ausgelöst/freigegeben werden. Wenn man den Berichten glauben darf, war genau diese Ansteuerung der Steuerstäbe durch Wassereinbruch beschädigt und das sehe ich schon als gravierendes Problem an!


    Gruß Wasser

    Nein, ich gehe nicht immer den Weg des geringsten Widerstandes - ganz im Gegenteil!

  • Hallo,


    ganz so auf die leichte Schulter würde ich das mit Fessenheim nicht nehmen. Die Reaktoren sind aus der CP0-Baureihe aus den 1970er Jahren. Damals hat man mehr auf (wirtschaftliche) Effizienz als auf (teure) Redundanz und Sicherheit Wert gelegt. Bei CP0-Anlagen teilen sich zwei Reaktorblöcke einen Steuerstand. D.h. fällt diese Zentrale aus, sind beide Blöcke nicht mehr unter Kontrolle. Das hat Frankreich ab der Baureihe CP2 dann abgestellt und jedem Block einen eigenen Steuerstand verordnet.


    Was auch nicht zur Beruhigung beiträgt, ist die Tatsache, dass Fessenheim 2002 gründlich gecheckt wurde und daraufhin eine Freigabe für weitere 10 Jahre Betrieb erhalten hat. Wir sind aber nun schon über 3 Jahre über diese Frist drüber.


    So wie es aussieht, ist bei dem jetzt bekannt gewordenen 2014er Störfall überlaufendes Kühlwasser über Kabelumhüllungen in elektrische Schaltschränke geflossen und hat so die Kontrollmöglichkeit der Steuerstäbe lahmgelegt. Erst durch ein "Ersticken" der Kettenreaktion mittels Bor-Flutung konnte das Kraftwerk abgeschaltet werden.


    Grüsse


    Tom

  • Ich halte alles mit mechanischen Transporten für störanfällig.


    Wenn jemand von euch mal einen Drucker mit Papierstau hatte, wisst ihr, was ich meine.


    SOlche Bewegungen entlang einer vorgegebenen Bahn laden Zwischenfälle geradezu ein, egal ob hydraulisch oder mechanisch. Daher muss es bei derartigen Geräten immer redundante Möglichkeiten des Abschaltens/der Schadensbegrenzung geben.

  • Hi Tom,


    kann man sich das so vorstellen (Alles aus Wiki rauskopiert, jeweils verschiedene Artikel):


    Das Kernkraftwerk Fessenheim (französisch Centrale Nucléaire de Fessenheim, Kürzel FSH) ist das älteste und leistungsschwächste noch in Betrieb befindliche französische Kernkraftwerk. Seine zwei Druckwasserreaktoren leisten zusammen 1760 MW (netto).
    Das Kraftwerk befindet sich knapp zwei Kilometer südöstlich des Ortes Fessenheim (Haut-Rhin/Oberelsass) am Rheinseitenkanal (Grand Canal d’Alsace), gut einen Kilometer westlich der Grenze zu Deutschland, etwa je knapp 25 Kilometer entfernt von den Städten Colmar und Mülhausen sowie Freiburg im Breisgau.


    Dem Kernkraftwerk Fessenheim werden dabei unter anderem die folgenden Mängel bescheinigt:


    - Die Erdbebensicherheit des Kernkraftwerks Fessenheim ist geringer als bei allen deutschen Kernkraftwerken.
    - Im Falle einer Überflutung, die so stark ist, dass sie nur alle 100.000 bis eine Million Jahre auftritt, ist der Verlust zentraler sicherheitstechnisch wichtiger Einrichtungen möglich.
    - Aufgrund der Positionierung der sicherheitstechnischen Systeme weit unterhalb des Niveaus des Rheinkanals besteht Überflutungsgefahr für das gesamte Anlagegelände.
    - Dass die zentral wichtigen Sicherheitsfunktionen sowohl der sekundärseitigen Wärmeabfuhr als auch der primärseitigen Kühlmittelergänzung von jeweils nur einem Behälter pro Block abhängen, wird als besonders relevantes Risiko bewertet.


    Der Druckwasserreaktor (DWR; englisch pressurized water reactor, PWR) ist eine Bauform eines Kernreaktors, bei der Wasser als Moderator und Kühlmittel dient. Der Betriebsdruck des Wassers wird hier, anders als beim Siedewasserreaktor, so hoch gewählt, dass es bei der vorgesehenen Betriebstemperatur nicht siedet.[1] Die Brennstäbe sind daher gleichmäßig benetzt, die Wärmeverteilung an ihrer Oberfläche ist ausgeglichen und die Dampfphase mit ihrer besonderen Korrosionsgefahr entfällt. Die gleichmäßige Wärmeverteilung bewirkt ein ruhiges Regelverhalten bei guter Ausnutzung der freiwerdenden Energie.


    Das im Reaktorkern erhitzte Wasser (Primärkreislauf) gibt in einem Dampferzeuger seine Wärme an einen getrennten Wasser-Dampf-Kreislauf ab, den Sekundärkreislauf. Der Sekundärkreislauf ist frei von Radioaktivität aus Abrieb und Korrosionsprodukten, was z. B. die Wartung der Dampfturbine wesentlich erleichtert.


    Meist wird leichtes Wasser (H2O) als Kühlmedium für die Brennstäbe und als Transportmedium für die Energie verwendet. Diese Reaktoren gehören daher zu den Leichtwasserreaktoren. Weltweit gibt es nach Angaben der Internationalen Atomenergie-Organisation rund 279 dieser Reaktoren (Stand 2015)[. Die Verwendung von schwerem Wasser (D2O) ist auch möglich, wird aber nur bei etwa 10 Prozent aller Reaktoren weltweit eingesetzt (siehe Schwerwasserreaktor). Insgesamt sind Druckwasserreaktoren mit 68 % der Stromerzeugung weltweit die häufigsten Reaktortypen.


    Dem Kühlmittel Wasser wird eine veränderliche Menge an Borsäure zugesetzt. Bor ist ein wirksamer Neutronenabsorber; durch die Borsäurekonzentration kann daher die Leistung des Reaktors langfristig geregelt und dem allmählichen Abbrand des Brennstoffs angepasst werden. Die Steuerstäbe dienen zur schnellen Leistungsregelung und Lastanpassung.


    Ein Steuerstab, auch Regelstab oder Kontrollstab genannt, dient der Regelung und Abschaltung eines Kernreaktors.


    Er enthält ein Material, das Neutronen stark absorbiert. Wenn er sich im Reaktorkern befindet, absorbiert er einen Teil der durch die Kernspaltung freigesetzten Neutronen, so dass diese nicht für weitere Kernspaltungen zur Verfügung stehen. Auf diese Weise wird die Reaktionsrate der Kettenreaktion im Reaktor verringert (siehe auch Kritikalität). Daher kann die Leistung des Reaktors – neben anderen Möglichkeiten zur Regelung – durch das mehr oder weniger tiefe Einfahren der Steuerstäbe in den Reaktorkern geregelt werden. Durch das vollständige Einfahren der Steuerstäbe kann die Kettenreaktion völlig unterbunden, der Reaktor also abgeschaltet werden. Im Normalbetrieb befindet sich immer ein Teil der vorhandenen Steuerstäbe außerhalb des Reaktorkerns, um im Notfall den Reaktor sicher abschalten zu können.


    'Abschalten' bedeutet allerdings nur die Unterbrechung der Kettenreaktion. Es bedeutet nicht, dass der Reaktor keine Wärme mehr liefert (siehe Nachzerfallswärme).


    In Druckwasserreaktoren bestehen die Steuerstäbe normalerweise aus einem stählernen Hüllrohr, das mit einem Material gefüllt ist, das einen hohen Absorptionsquerschnitt für thermische Neutronen aufweist, meist Cadmium- oder Borverbindungen. In jedes Brennelement können mehrere Steuerstäbe von oben über die Steuerstabführungsrohre eingefahren werden. Die Steuerstäbe eines Brennelementes werden einzeln baulich zu einem Steuerelement zusammengefasst und mehrere Steuerelemente leittechnisch zu einer Steuerelementbank. Alle Stäbe einer Steuerelementbank werden gemeinsam als Ganzes verfahren, stehen also jeweils auf gleicher Einfahrtiefe. In der Regel gibt es in einem Druckwasserreaktor zwei dieser leittechnischen Bänke. Die eine wird zur Regelung des Reaktors im Bereich schneller Leistungsänderungen, die andere ausschließlich für die Reaktorschnellabschaltung (RESA) verwandt. Die langfristige Leistungsregelung erfolgt beim Druckwasserreaktor im Normalbetrieb jedoch ausschließlich über die Borsäurekonzentration im Primärkreis.


    Die Reaktorschnellabschaltung (kurz RESA oder Scram, engl. für „abhauen“, „Leine ziehen“; auch Reaktortrip, ugs. trippen) ist eine Sicherheitsmaßnahme bei Kernreaktoren. Die RESA kann in Störfällen manuell vom Bedienungspersonal oder automatisch durch ein Reaktorschutzsystem beim Überschreiten bestimmter Grenzwerte ausgelöst werden. Um Fehlalarme möglichst zu vermeiden, ermittelt das Reaktorschutzsystem Messwerte mehrfach redundant, bevor es die Abschaltung auslöst.


    Die RESA macht den Reaktor stark unterkritisch, beendet also die Kernspaltungs-Kettenreaktion. Sie dient nicht der gewöhnlichen Reaktorregelung, sondern fährt den Reaktor sofort herunter. Dies geschieht im Allgemeinen durch das Einfallen oder vollständige Einfahren der Steuerstäbe.


    Rote SCRAM-Taste (rechts) am Bedienpult des TRIGA-Reaktors am Atominstitut der TU-Wien, Österreich:


    [ATTACH=CONFIG]32832[/ATTACH]


    Ich als Laie würde jetzt sagen: Schalter braucht Strom um auszulösen und einen funktionierenden Stromkreis um entsprechende Reaktion auszulösen => Wasser sapscht in Schaltschränke und Kabelumhüllungen=> blöd, Schalter funktioniert nicht mehr => einzige Möglichkeit Borsäure einzuleiten in höherem Maße um Kettenreaktion zu unterbinden.


    Noch doofer wäre es gewesen, wenn man die Borzufuhr nicht mehr hätte regulieren können. Wie funktioniert denn so eine Bohrsäureeinleitung? Pumpe die elektrisch aus einem Tank das Zeug reinpumpt? Hein Blöd der das mit Handpumpe machen muss? Der Praktikant mit dem Trichter? Wie kann man sich das vorstellen?

  • Hallo zusammen



    Borsäure ist als Schüttgut in 25kg oder 50 kg Säcken erhältlich.


    Im Normalfall, wird Bor in einem Behälter angemischt und in einem Behälter zwischengelagert und nach Bedarf zu Dosiert.


    Je nach Reaktor Typ, sogar in einem oder mehreren Flutbehälter.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Borsäure




    gruss unabhäniger

    „Im Krieg ist die Wahrheit das erste Opfer“

  • Nicht umsonst hatten wir damals so vehement (teils fast militant) aber erfolgreich das geplante AKW WYHL gekämpft ( und verhindert ) !
    2 AKW`s neben der Haustüre wäre der absolute Horror gewesen,obwohl Wyhl in einer anderen Liga gespielt hätte.:nono:


    Die Abschaltung von Fessenheim wurde ja auch immer wieder versprochen :verärgert:


    In meinen Krisenvorbereitungen hat das Thema Fessenheim höchste Priorität !


    Grüß von Rugo vom KAISERSTUHL

    Vorbeugen ist besser als auf die Schuhe :brech: (brech.. , das stand mal was anderes :nauseated_face:)