Gärtnern ohne (oder mit wenig) Umgraben

  • Seit einigen Jahren spiele ich schon mit dem Gedanken, jetzt, weil gerade wieder die ersten Beet abgeerntet sind, will ich mal die Umsetzung versuchen: Es gibt in der Landwirtschaft ja den Trend zur pfluglosen Bodenbearbeitung (was in der Praxis aber meist heißt, dass nur alle drei Jahre gepflügt wird). Jetzt überlege ich mir, ob sich sowas auch im Garten umsetzen lässt, wobei ich nicht in die Permakultur einsteigen will, weil die wiederum durch die genaue Planung der Pflanzenkombinationen viel Aufwand macht. Als Vorteil liegt beim Verzicht auf Umgraben die Arbeitsersparnis auf der Hand. Angeblich kommt dazu, dass die Fruchtbarkeit wegen der wegfallenden Störung der Bodenbiologie steigt (wobei das wohl nicht ganz unumstritten ist). Das Problem ist wohl, dass damit auch die Unkrautsamen oben bleiben und ein stärkerer Unkrautdruck zu erwarten ist.


    Kurz und gut: Hat jemand von euch Erfahrung mit dem Gärtnern ohne Umgraben oder mit nur geringer Bodenbearbeitung? Was gibt es dabei zu beachten? Wie bekomme ich trotzdem beispielsweise Kompost und Kalk in den Boden? Wie lässt sich das mit Zwischen- und Untersaaten kombinieren? Wie erfolgt die Saatbettvorbereitung, für die der Boden ja trotzdem irgendwie gelockert werden muss? Wie sieht es mit dem Unkrautdruck aus?


    Schon mal vielen Dank im Voraus für alle Hinweise!

  • Naja zwischen pflügen und umgraben gibt es schon noch einen Unterschied. Beim pflügen wird bis zu 40cm tief die Erde bewegt. Beim umgraben bist du ja eher bei 15-20cm. Da greifst du weit weniger in die Bodenschichten ein. Ausserdem wird beim pfluglosen arbeiten trotzdem in den oberen 15cm "gearbeitet". Nur eben nicht mehr "umgedreht".
    Von daher würde ich beim umgraben bleiben. Sonst verdichtet sich dein Boden zu stark.

  • Ja ich.
    Ich habe meinem Schrebergarten nur mit der Grabegabel gelockert, weil in vielen Bücher stand dass das Umgraben die Bodenkultur durcheinander bringt.
    Also abernten, dick Kompost mit Urgesteinsmehl aufbringen und mit der Grabegabel alle paar Zentimeter tief in den Boden stechen und die Gabel ein wenig hin und her bewegen.
    Anschließend Gründünger auftragen und wenn es irgend machbar ist diesen abfrieren lassen.
    Solltest du aber einen schweren Lehmboden haben dann wäre das wirklich mühevolle rigolen besser.

    - Der wichtigste Vorrat ist Wissen, den können selbst Plünderer nicht mitnehmen -

  • Wir hatten hier vor über 40 Jahren nur eine dünne Humusschicht und darunter ne Schottergrube, durch jahrliches umgraben mit der Grabgabel, Kompostzugabe, immer wieder Gründüngen habe wir jetzt im Gemüsegarten eine dicke Humusschicht wo alles prächtig wächst. Allerdings hats ein paar Jahre gedauert, aber man sieht schön das man auch nur mit Oberflächenbearbeitung ein schönes Ergebnis erzielt.
    Ähnliches Versuche ich nun auf unserer "Wiese", das Grundstück war Jarzehnte verpachtet und es wurde massiver Maisanbau betrieben darauf, mit der üblichen Pflügerei, Erodierung des Bodens usw. Jetzt wächst dort mittlerweile alles mögliche an verschieden Gräsern, Blümchen und Co und es hat sich wieder eine Humusschicht gebildet. Das war aber nur durch intensiver Bearbeitung möglich. Sprich nur Mulchen mit dem Mäher. Hat aber Jahre gedauert und wenn ich jetzt nur mein Rasengogat anstarten muss bin ich schon am k**** :grosses Lachen:, weil ich Jahrelang darauf jeden dritten Tag rumgesaust bin. Ich bin wahrscheinlich auch der einzige Gartenbesitzer, der sich über jeden Maulwurfshügel wie bekloppt freut.


    Lg
    Timmy, die eigentlich auf einem versumpften Nordhang wohnt.

  • Umgraben oder nicht ist immer eine endlose Diskussion. Es gibt viele Meinungen und sicherlich ist weder die eine noch die andere ganz Falsch oder ganz richtig.
    Nur wie macht das die Natur wer gräbt da um?
    Nehmen wir mal z.B. ein Weizenkorn das doch sehr klein und sehr leicht ist. Ist es wirklich notwendig den Boden tief zu zerreißen (Pflügen) mit schwersten Maschinen den Boden zu zerquetschen (Bodenverdichtung) und mit riesigen Investitionen (teure hochtechnische Maschinen) so was kleines wie ein Weizenkorn ca. 2cm tief in den Boden zu bringen und
    Anschließend mit diversen chemischen Mittelchen am Leben zu halten?

    Das ist sicherlich nicht die intelligenteste Lösung!

    Für den Selbstversorgergarten ist eine Bodenwendende Bearbeitung völlig überflüssig, ja sogar kontraproduktiv. Humusaufbau findet mit den Bodenleben (Mikroorganismen) statt.
    Dazu ist es notwendig zu mulchen und etwas guten Wurmkompost herzustellen. Das Mulchmaterial füttert die Pflanzen und das Bodenleben unterirdisch, der Wurmkompost optimiert die Mikrobiologie im Boden und dient in Extraktform oder als Wurmkomposttee zu Pflanzenstärkung.

    Es gibt Erfahrungswerte der Mulchtechnik die ein optimales Flächenverhältnis von 1:1 der Beetfläche zur Mulcherntefläche darstellen. Für einen Gemüsegarten bedeutet das, dass bei einem 1m breiten Beeten die dazwischen liegenden Grünstreifen mit 1m Breite reichen um das Beet dauerhaft fruchtbar zu halten und den Humusgehalt zu erhöhen.

    Werden die Erntereste zu Wurmhumus verarbeitet hat man ein Kreislaufsystem installiert das die Fruchtbarkeit fördert, gute Ernten ermöglicht und gesunde Pflanzen hervorbringt.

    Die Praxis:

    Mulchmaterial wird mit dem Rasenmäher geerntet und immer dünn auf die Beete gestreut. Damit entsteht eine Dauerhafte Mulchschicht die eine bedarfsgerechte Versorgung der Pflanzen und des Bodenlebens ermöglicht.

    Zur Aussaat wird die Mulchschicht streifenweise aufgemacht und auf den darunterliegenden Boden gesät. Sind die Pflanzen aufgegangen wird die Mulchschicht wieder geschlossen. Für die Einpflanzung der vorgezogenen Pflänzchen wird in die Muchschicht ein Schlitz gemacht, das Pflänzchen kommt rein und der Schlitz wird wieder geschlossen. Die evtl. zwischen den Pflanzen durchkommenden Begleitpflanzen (früher als Unkraut bezeichnet) werden herausgezogen und als Mulch liegen gelassen.

    Dieses System bringt eine ganzjährige Bodenbedeckung und ermöglicht ein maximales Bodenleben.

  • Umgraben ist nicht dafür gedacht den Boden zu lockern im Gegenteil es verdichtet den Boden. Lockeren Boden erreichst du mit mulchen und indem du das Leben im Boden förderst.
    Aber es wird umgegraben um die Mehrjährigen Pflanzen zu zerstören und wenn man eine sehr dicke Humus Schicht hat fördert das die Mineralisierung des Humus und setzt eben so Nährstoffe frei, zum Preis natürlich das man Humus auf braucht.


    Die 1:1 Regel stimmt egal wie man es macht, ob man mulcht oder die Hälfte brach liegen lässt und mit Stickstoff lagernden Pflanzen bepflanzt.


    Ich benutze eine alternative Methode. Im Herbst wenn alles abgeernet ist, wird auf das Beet alle Reste geworfen die man hat sowie auch anderen Mulch + Hornspäne + Blätter bzw klein-gehackte Äste.
    Dann Plastikplane drüber (Wasser durchlässig) bis in dem Frühling ungefähr 1 Monat bevor man pflanzen will, Plane weg, Rest-Mulch zusammen kratzen. Das ist mehr oder minder alles Unkraut eingegangen. Dann Kompost einarbeiten und warten das die ersten Unkraut Samen spriessen und die einfach vernichten im 2 Blatt Stadium danach kann man pflanzen oder sähen.


    Man muss wissen beim permanent mulchen, so lange der Mulch frisch ist verhindert er das Keimen von Samen, dazu muss der Mulch ein Verhältnis Braun zu Grün bei etwa 1:1 sein und zuletzt Unkraut entfernen geht dann nur mit Hand und nicht mehr der Harke. Bin aus diesen Gründen wieder von abgekommen. Ausser bei Zwiebeln da wenn man im Herbst mit Ästen kleingehäckselte den Boden bedeckt und im Frühling da rein Pflanzt werden die absolut Top, die lieben armen Boden (diese Art von Mulch entzieht dem Boden N am Anfang) und am Ende hat man die Humusschicht um einiges vergrössert.


    Noch ein Punkt man sollte auch seinem Boden wieder Mykorrhizen zuführen, die braucht es unter anderem um Phosphor der Pflanze zu Verfügung zu stellen. Bei zb Karotten und Zwiebeln wächst ohne Mykorrhizen oder Phosphor zu Gabe gar nichts, bei anderen Pflanzen ist der Effekt weniger prägnant aber auch vorhanden. Ausserdem werden in solchen Böden die Pflanzen wenige krank und brauchen bedeutend weniger Bewässerung.
    Um das hin zu kriegen einmal ein dicke Schicht kleingehäckselte Äste auf den Boden aufbringen mindestens 3cm und warten bis es kompostiert ist. Die Äste sollte man grün häckseln und nicht dicker als 3cm sein. Man sieht dann wirklich wie Myzelium den Boden durchzieht.

  • Also ich habe dich so verstanden, dass Du bei 0 anfängst in Deinem Garten / auf Deiner Wiese und diesen urbar machen möchtest.
    Die Ist Situation ist also Gras bzw. Wiese auf der etwas angebaut werden soll...


    Wenn es ganz einfach und schnell gehen soll dann geht das am besten mit ausgelegten Pappkartons über einige Wochen (am besten über den Winter) auf die Fläche welche später einmal das Beet ergeben soll. Die Pappe unterdrückt jegliches Wachstum der Gräser etc (keine Sonne!) und dient auch noch als Mulch / Würmernahrung beim verrotten (bitte evtl. Klebebänder etc entfernen).
    Die Pappe ist ein Kohlenstoffspender. Nach Möglichkeit per Hornspäne Stickstoff zuführen um die Pappe bzw. den Kohlenstoff durch Mikroben verdauen zu lassen.


    Wenn Du einen drauflegen willst dann kommt auf die Pappe entweder noch eine Schicht Mist oder Humus. Dies verbessert gleich die Nährstoffsituation.


    Hier mal ein simples Video welches mir spontan über den Weg lief.
    https://www.youtube.com/watch?v=wrpD_wRlbBA


    Ansonsten kann ich nur empfehlen einmalig sich die Mühe machen umzugraben (2 Spaten tief).
    Also Grasnabe entfernen und dann Mistschicht eingraben und über den Winter ruhen lassen. Ich weiss ist eine furchtbar fiese Arbeit aber lohnt sich mE! Die Bodenlockerung bewirkt, dass sich deine Pflanzen mit den Wurzeln eher in die Tiefe orientieren als in die Breite und sich gegenseitig Konkurenz machen. Mehr Ertrag auf geringer Fläche.
    Hier Stichwort "Tiefbeet" mal googeln oder bei Bedarf gern mehr von mir.
    Ist eine einmalige Arbeit! In den Folgejahren nicht mehr nötig.



    Zum Thema "Mulch" sollte man mE beachten, um was es sich dabei handelt. Speziell wenn es um Hackschnitzel geht. Hackschnitzel von Nadelbäumen können uU das Wachstum eher unterdrücken. Deshalb sind Hackschnitzel von Laubbäumen zu bevorzugen. Vorsicht bei Hackschnitzeln oder Blättern vom Walnuss diese wirken in besonderem Maße Wachstumshemmend (kann man speziell dort einsetzen wo man nichts wachsen sehen möchte).


    Mit diesem Thema könnte man Bücher füllen, da es in erster Linie auf die vorhandene Bodensituation ankommt.

  • Also wenn die Beete abgeerntet sind, gehe ich mal davon aus, das es nicht das erste mal ist. Ausserdem die Karton Methode ist nicht ohne, man muss erstens viele davon haben, zweitens irgendwie beschweren und auch Mulch drauf tun und nass halten, sonst zersetzt sich da nichts.


    Effektiv um ein paar Quadratmeter zu bearbeiten geht, sonst finde ich es nicht so der Hit und die Plastik-plane ist um Welten schneller verteilt, ausserdem da UV widerstandsfähig Jahrelang verwendbar.

  • Sorry, dann hab ich die Eingangsfrage bzw. speziell das "Umsetzen" falsch verstanden. Ich dachte es ging um die zusätzliche erstmalige Nutzung einer Wiese.


    Kartonage fällt bei uns soviel an damit könnte ich mehrere Beete (natürlich nicht ganze Felder) belegen.
    Das Beschweren und feuchthalten übernimmt, wie ich geschrieben habe, die Mist oder Mulchschicht. Und über die nasse Jahreszeit mit Frostphase ist das ein Selbstläufer.
    Und die Würmer lieben die Zellulose der Pappe.


    Plaste wo auch immer versuche ich zu vermeiden aber das ist mein Spleen.

  • Herzlichen Dank für die vielen Erfahrungsberichte. Ich denke, dass ich dann doch bei meinem System aus Gründüngung, Umgraben mit Bodenanreicherung und Untersaaten bleibe. Die Arbeitsersparnis beim Verzicht auf das Umgraben wird ja offensichtlich durch die vielen anderen Schritte wieder aufgefressen, die dann dazu kommen.

  • Zitat

    Musste spontan an ein Buch denken, das ich vor vielen Jahren mal gelesen habe:


    "Der Große Weg hat kein Tor."


    https://www.vimeo.com/144710335





    http://"https://www.vimeo.com/144710335"


    - - - AKTUALISIERT - - -


    Mein Gemüsegarten wurde die letzten 6 Jahre nicht umgegraben das ist mir zu viel Arbeit.
    Ich arbeite mit Mulch und Direktsaat sowie vorgezogenen Pflanzen.
    Das Funktioniert sehr gut.


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