England?

  • Nach dem Brexit fehlt der EU das einzige Land, das eine ernstzunehmende Armee hat. (Wenn man mal von der Schweiz absieht, die ja nicht zur EU gehört).
    Wenn England irgendwann bei den Verhandlungen in die Waagschale wirft, dass sie ja eigentlich London nicht im Bayrischen Wald verteidigen müssen,
    was glaubt Ihr, wie schnell dann Polen, Russland, die Türken oder alle miteinander das Hofbräuhaus erobern?


    Englisch kann fast jeder, ich kenne sogar eine Hand voll Menschen, die mal eine Weile dort gearbeitet haben...
    Klang jetzt nicht wirklich verlockend auf Arbeitsbedingungen und Gehalt, aber so in Hinblick auf Verteidigungsbereitschaft hätte so ein Inselchen mit Armee doch gewisse Vorteile, oder?


    Was meint Ihr, sollte man sich um Kontakte nach GB bemühen?



    Nick

    Quidquid agis prudenter agas et respice finem

  • Hallo [MENTION=2879]Opa[/MENTION]


    Zitat

    was glaubt Ihr, wie schnell dann Polen, Russland, die Türken oder alle miteinander das Hofbräuhaus erobern?


    wieso Polen ? die gehören doch zur EU oder habe ich da als Schweizer was Verpasst ?

  • Ich halte GB aus mehreren Gründen für keine Alternative.
    Alleine der massive Überwachungsgrad, der mehr noch als bei uns ins orwell'sche geht, ist ein völliges NoGo. Die eigene Freiheit ist da sehr eingeschränkt. Da braucht sich nur wer gestört fühlen und du bekommst schon Probleme. Dazu die Ausländerfeindlichkeit. Während des Brexits ist ja kurz das Thema aufgekommen, alle zur Zeit legalen EU-Migranten rauszuwerfen. Das macht mich hellhörig. Was ist, wenn irgendwann wieder der Segen schief hängt, und sie legale Einwanderer mit einem Schlag als illegal erklären?
    Und wenn dann da irgendwann mal was ist. Beispielsweise eine Atombombe, Bürgerkrieg, etc. Wohin willst du dann fliehen? Per Brustschwimmen nach Frankreich?


    Ich halte mich da eher in Richtung Osteuropa.


    Grüße
    Basmyr

  • Zitat von Daveticino;305980

    Hallo @Opa




    wieso Polen ? die gehören doch zur EU oder habe ich da als Schweizer was Verpasst ?


    Wenn die EU einem Mitglied sagt "Tu das" oder "Lass das", dann funktioniert das bei einigen Ländern (z.B. Deutschland) bei anderen weniger (z.B. Ungarn).
    Was meinst Du, zu welchen Polen gehört?


    nick

    Quidquid agis prudenter agas et respice finem

  • Zitat von Opa;305983

    ...Was meinst Du, zu welchen Polen gehört?


    nick


    da hast du recht, aber es ist mir so rübergekommen als würdest du Polen, Türkei und Russland in einen Topf werfen.

  • Naja, traditionell ist ja eher die Nato als die EU das Medium der westeuropäischen Staaten zur kollektiven Kriegsführung als die EU. Nicht umsonst wurde die WEU inzwischen aufgelöst. Insofern wird der Brexit wenig Auswirkungen auf einen eventuellen Verteidigungsbeitrag der Briten haben.


    Davon abgesehen, haben die Briten klassischerweise eher einen maritimen Auftrag zur Abriegelung des Nordostatlantiks bzw. zur Offensive nach Nordosten. Das Heer spielt seit dem Abzug der Truppen in Deutschland praktisch keine Rolle mehr. Sicher gibt es größere Expeditionselemente, aber die dürften erst ins Treffen kommen, wenn die Reste der Bundeswehr und die Franzosen den Rhein und ein bisschen östliches Vorland (Ramstein) zu halten versuchen und allenfalls in der Norddeutschen Tiefebene noch ein bisschen Bewegungskrieg läuft.

  • Moin @ll,


    nur für den Fall, daß ich in den letzten 50 Jahren eine wesentliche Veränderung verpasst habe, kurz folgende Fragen:


    - Die EU doch immer noch ein Staaten- bzw. Wirtschaftsbündnis, oder haben wir seit neuestem ein Verteidigungsbündnis auf europäischer Ebene mit einem gemeinsamen Oberkommando etc.?


    - Die NATO ist immer noch das (zumindest dem Buchstaben des Vertrages nach) nordatlantische Verteidigungsbündnis?


    - Großbritannien (und damit England) ist nach wie vor NATO-Mitglied, der Brexit wird daran nichts ändern?


    - Polen und die Türkei sind nach wie vor NATO-Partner, was zwar die Pflicht zu gegenseitigem Beistand ein- die Anwendung von Gewalt gegenüber den übrigen Bündnismitgliedern jedoch ausschließt?


    - Der günstigste (Land-)Weg von Moskau zum Hofbräuhaus führt durch Polen?


    - Polen hat kein Militärbündnis mit Rußland?


    - Der Warschauer Pakt in der Form von 1980 existiert nicht mehr?


    - Wir schreiben heute Sonntag, den 29.04.2017 und nicht den 1. April dieses Jahres?


    Im übrigen glaube ich mich politisch und geschichtlich einigermaßen auf der Höhe der Zeit zu befinden.
    In diesem Zusammenhang sei angemerkt, daß der seinerzeitige Premier David Cameron im Oktober 2010 - also geringfügig vor der Brexit-Abstimmung - bereits verbindlich angekündigt hat, daß die BFG bis zum Jahr 2020 in Folge der Strategic Defense and Security Review aufgelöst und die Einheiten ins Mutterland zurückverlegt werden. Bereits im Sommer dieses Jahres waren mit dem HQ ARRC wesentliche Kommandostrukturen die GB für das Bündnis übernommen hat ins Mutterland verlegt worden. Alle diese Entschlüsse waren mit Sicherheit nicht auf die hervorragende wirtschaftliche Gesamtlage des vereinigten Königreiches zurück zu führen...


    Nebenbei gesagt, ist die BW mit ihrem Engegement im 1.GNC mit Sitz des Kommandos in Münster und der DEU/FRA Brig in Strukturen eingebunden, die mit Ihren Aufgaben innerhalb der NATO (kenne ich aus eigener Anschauung beim 1.GNC) derart zentral sind, daß hier durchaus auch ein gewisses Maß an gemeinsamen Verteidigungsanstrengungen erwarten lassen...


    Sollte die bzw. der geneigte Leser(in) Spuren von Ironie im vorstehenden Post finden, so darf sie/er diese ausschnieden und behalten.


    Christian


    p.s.: Ein ernsthafter Punkt noch zu Deinem Post [MENTION=6019]Basmyr[/MENTION]: Meine Freundin ist zur Stunde in London und hat vor einigen Jahren nahe Oxford einige Zeit gearbeitet. Ich bin gespannt, was sie zur (Veränderung der) Stimmung und zur Fremdenfeindlichkeit berichten wird!

    Hier wird das Licht von Hand gemacht ... und der Motor gehört nach hinten!

  • Vergesst Frankreich nicht. Die haben auch eine nicht grade kleine Schlagkraft.


    - - - AKTUALISIERT - - -



    Naja, es gibt kleinere, gemeinsame Militärverbände. ZB Deutsch-Französische oder Deutsch-Niederländische Einheiten, die als "gemeinsamer" Faktor auch eine Art Sicherheit schaffen sollen. Aber sollte glaub ich nie eine "Konkurrenz" zur Nato sein.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch-Französische_Brigade


    Und es gibt da noch so ne Kleinigkeit, grad drauf gestoßen:


    https://de.wikipedia.org/wiki/EU-Battlegroup

  • Zitat von Avesjünger;305988

    Vergesst Frankreich nicht. Die haben auch eine nicht grade kleine Schlagkraft.


    - - - AKTUALISIERT - - -
    Naja, es gibt kleinere, gemeinsame Militärverbände. ZB Deutsch-Französische oder Deutsch-Niederländische Einheiten, die als "gemeinsamer" Faktor auch eine Art Sicherheit schaffen sollen. Aber sollte glaub ich nie eine "Konkurrenz" zur Nato sein.
    ...


    Moin Avesjünger, moin @ll,


    wie ich ja schrieb: 1.GNC (1st German Neatherlands Corps) und DEU/FRA Brig...
    Wobei zumindest - und da hatte ich unmittelbaren persönlichen Kontakt - das 1.GNC spezielle Aufgaben innerhalb der NATO wahrnimmt, die weit über eine reine unmittelbare Einsatzaufgabe hinaus gehen und bündnisweite Bedeutung haben. Und ich glaube kaum, daß sich eine NATO einen Übergriff auf einen Standort mit bündnisweiter strategischer Funktion völlig entspannt anschauen wird...
    Für die DEU/FRA Brig kann ich da gar nichts zu sagen.


    Aber man darf, zumindest habe ich das bei dieser Gelegenheit gelernt, eine Militärische Einheit in ihrer Bedeutung nicht auf ihre unmittelbare einsatztaktische Funktion reduzieren.


    Sehen wir uns da einig?


    Christian

    Hier wird das Licht von Hand gemacht ... und der Motor gehört nach hinten!

  • Hey Christian,


    wir sind uns da auf jeden Fall einig. Allerdings hab ich wohl deinen letzten abschnitt etwas zu flott quer lesen wollen. :winking_face:
    Naja, wie gesagt, die EU bemühte sich in der Vergangenheit ja um immer mehr Eigenständigkeit, auch in "Sicherheitspolitischen" Aspekten (EUBG). So ein Dilemma wie zum Irakkrieg mit den quer durch Europa gespaltenen Meinungen/Beteiligungen wollte man halt vermeiden. Gut, wir sind mehr als 10 Jahre weiter, das ganze ist wieder weniger relevant.


    Gruß

  • Natürlich leben wir nicht mehr in der Welt von 1989, aber die Abwehr eines potenziellen russischen Angriffs (den ich für wenig wahrscheinlich halte), dürfte immer noch nach einem ähnlichen Drehbuch wie damals laufen.

  • Moin zusammen,


    meine letzte persönliche Erfahrung ist ca. 3 Jahre alt und fand in einem Londoner Vorort statt.


    Wir wurden in einem dortigen Pub von anderen Gästen verbal mächtig angegangen, dass wir "Krauts" uns von der Insel scheren sollen. Da saßen noch echte Emotionen tiieef verwurzelt!


    Der Wirt entschuldigte sich, erließ uns eine Runde und "empfahl" uns doch lieber zu gehen....


    England kommt für mich definitiv nicht als Fluchtland in Frage. Auch wenn das jetzt wirklich ein Einzelfall war, möchte ich nicht wissen, wie sich die Stimmung in einem echten Krisenfall entwickeln würde.


    Gerade auch der Aspekt, dass wir ggf. auf einer Insel festsitzen, behagt mir nicht wirklich...


    LG
    Grauer

  • [MENTION=361]Grauer[/MENTION]:
    ich musste früher recht viel in der Weltgeschichte rumreisen, und habe mir irgendwann die Fähigkeit angeeignet, fast mit 100%iger Sicherheit nur am Aussehen und Verhalten auf einige Distanz Menschen mindestens mal ihrem Land, oft auch noch ihrem Bundesstaat oder Bezirk zuzuordnen. Wenn du viel Zeit totschlagen musst, kommst Du auf die komischsten Zeitvertreibe. Andersrum macht es manchmal auch Spass, eine anderen Nationalität vorzutäuschen.


    Ich glaube, dass Du in fast keinem Land einfach so als Einheimischer durchgehen wirst, aber zumindest als Nicht-Deutscher durchzugehen sollte mit ein Bisschen Beobachtungsgabe und Übung kein großes Problem sein. Probiers einfach mal aus!


    Klar, sobald die Jagd auf *alle* Ausländer losgeht, hast Du schlechte Karten :)


    Nick

    Quidquid agis prudenter agas et respice finem

  • Zitat von Opa;305979


    Was meint Ihr, sollte man sich um Kontakte nach GB bemühen?


    Aus Deinem Namen schließe ich, dass Du nicht mehr der Jüngste bist.


    Hast Du Dich schon mal über das britische Gesundheitssystem informiert? Das dürfte vermutlich weitaus größere Relevanz haben als die Atombomben...


    Die Engländer haben sich freiwillig auf das Experiment EU Austritt eingelassen und das ohne den geringsten Plan dazu zu haben. Das wird eine sehr spannende Sache werden, derzeit sind nahezu alle Szenarien denkbar. Dass viele Briten glauben, ihrer Wirtschaft, die in extrem hohem Maße von ausländischem Kapital abhängig ist und deren produktive Unternehmen fast alle in ausländischer Hand sind und auf regen Handel mit Rest-Europa angewiesen sind finde ich gelinde gesagt "erstaunlich".


    In 2-3 Jahren sind wir vermutlich schlauer.


    In London wärst Du als Deutscher sicher willkommen gewesen (vorausgesetzt Du hast gute Qualifikationen und kannst Dir die Stadt überhaupt leisten), auf dem Land kann die Welt für einen "Kraut" ganz anders aussehen. Man darf gespannt sein, was da los sein wird, sollte die Wirtschaft in den kommenden Jahren tatsächlich deutlichen Schaden nehmen.


    MfG

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • [MENTION=914]Cephalotus[/MENTION]: Nein, das britische Gesundheitssystem kenne ich nicht. Aber ich habe in vielen ehemaligen britischen Kolonien englisches Essen hassen gelernt...
    Der ganze Thread hier lässt in mir Die Frage aufkommen, wie ich überhaupt zuerst in Erwägung ziehen konnte, nach England auszuwandern. Zumindest schlauer bin ich jetzt :)


    Opa

    Quidquid agis prudenter agas et respice finem

  • Nun ja, was alles an England nicht passt, wissen wir jetzt. Trotzdem, England ist nicht eine einsame, verlassene Insel, England ist immer noch das Zentrum des Commonwealth (und damit ein Sprungbrett zur großen Welt), England hat eine Menge ruhiger Orte, an denen man in seinem Refugium wahrscheinlich nicht belästigt wird, England hat Infrastruktur und England wird sich, ohne den Klotz EU, womöglich weltweit als Finanzdienstleister neu ausrichten können. Natürlich hat man als "Deutscher" bei manchen Unter-Schichten ein schlechtes Ansehen, aber solchen Problemen ist man sogar in Dtland mittlerweile ausgesetzt, außerdem sind Deutsche in Frankreich, Polen, Tschechien, Ungarn, Österreich etc. auch nicht wirklich beliebt - gilt natürlich immer nur für die dumpfen, engstirnigen Unterschichten dieser Länder.


    Daher, auch wenn für mich keine Option, halte ich den ursprünglichen Gedanken für gar nicht sooo verkehrt. Die Frage ist, wie lange bleibt die Tür nach England offen, für EU-Bürger.