Du solltest dich etwas intensiver mit den Kommentatoren auseinandersetzen, deren Thesen du unterstützt. Wolfgang Sporrer war (!) Öl- und Gaslobbyist und hatte noch bis zumindest vor 2 Jahren eine Wohnung in Moskau. Im Moment ist er Mitarbeiter ("Fellow") an einer privaten Hochschule in Berlin, die absolut nichts mit dem Thema zu tun hat. Welche Kompetenz, frage ich da?
Ja, er war Öl- und Gaslobbyist für die OMV. Und OSZE-Mitarbeiter in der Ukraine. Er ist Russlandkenner (aber deswegen kein Putin-Fan; Überhaupt ist dieses Argument (er hatte eine Wohnung in Moskau, also muss er ja wohl zwangsläufig eine Pro-Russland-Meinung haben) ... surreal)).
Sporrer hat das Europahaus in Baku geleitet, und noch einiges anderes. Dass er sich also in der Gegend auskennt, ist unbestritten. Das wird auch nicht dadurch relativiert, dass er im Moment halt außerordentlicher Professor einer Hochschule ist.
Außer natürlich, man will ihn als Diskussionsgrundlage diskreditieren, was ja hier der Fall zu sein scheint...
Da war der Karriediplomat Dóczy dagegen von 2017 bis 2019 unter EU-Kommissar Johannes Hahn für die Ukraine zuständig und hat keine fragwürdigen Sympathien für Putin und einen neutraleren Blick auf die Situation. Demzufolge liest sich sein Kommentar auch nicht durch russische Propaganda eingefärbt.
Dóczy war - anders als Sporrer - nie in einer neutralen Position der Ukraine gegenüber, sondern hatte einen klar pro-ukrainischen Auftrag. Wie daraus eine neutrale(re) Haltung erwachsen soll, ist mir schleierhaft.
Ich würde ja anführen, dass die Logik alleine für Dóczy's Kommentar spricht, aber mit Logik haben es Putin-Fans ja nicht so.
Lesenswert in der Hinsicht ist dieser Spiegel-Artikel zur Frage "Wo kommen eigentlich die ganzen Putin-Fans her?". Sollte man gelesen haben und selbst reflektieren, ob man sich wirklich vor den Karren russischer Propaganda spannen lassen will.
Ah. Putin-Fan also? Vermutlich ich? Danke, aber nein danke. Dieser Hut passt mir nicht. Müsste aber auch klar sein, wenn man meine Kommentare liest. Ich bin lediglich jemand, der halt auch eine "irreführende Äquidistanz" als etwas Positives sieht. Weil mir halt die westliche Propaganda genau so gestohlen bleiben kann wie die russische oder chinesische.
Russland bzw. Putin sind mitnichten Chorknaben. Aber die NATO und speziell die USA auch nicht (Staudamm von Tabqua, Baghus, und viele, viele mehr. Dazu jede Menge Folter und Mord, auch an Frauen, Kindern, Greisen und Gefangenen. In aller Regel unverfolgt und ungesühnt).
Russland wird der Einsatz der Gruppe Wagner vorgeworfen. Dass die USA mit der Constellis Holdings (zu der u.a. Academi aka Blackwater gehört) die größte Söldnertruppe der Welt unterhalten, wird gerne ignoriert.
Nicht falsch verstehen: Ich sympathisiere nicht mit Putin, seinen Zielen oder Methoden. Aber auch nicht mit denen von Bush, Obama oder Trump. Aber anscheinend reicht das bereits, um als Putin-Fanboy wahrgenommen zu werden.
Ich war beruflich schon oft in der Ukraine, besonders in Dnipro. Habe viele Freunde vor Ort und habe mir 2015 bis 2018 aus erster Hand erzählen und zeigen lassen wie Menschen mit dem Krieg im Osten umgehen und was er für Auswirkungen auf sie und ihre Familien hat.
Und dennoch ist es Putin, der den Konflikt sucht. Auch wenn Biden davon innenpolitisch profitieren könnte, hat er diesen Konflikt weder begonnen, noch befeuert er ihn. Der Westen reagiert meiner Meinung nach adäquat auf die Aggression von Russland. Dieser Spin eine Schuld beim Westen zu suchen ist klare russische Propaganda und das sollte jedem Beobachter ohne Interessenskonflikt klar sein.
Ich lese (im Gegensatz zu dir, s.u.) keine russische Propaganda. Allerdings kann ich 2+2 zusammenzählen, und dass sich Biden deeskalierend verhält, hab' ich noch nicht wahrgenommen. Speziell der immer wieder wiederholte "Russland wird in der Ukraine einmarschieren"-Sager lässt bei mir nicht die Überzeugung aufkommen, dass Biden an einer konfliktfreien Lösung interessiert ist.
Deeskalierende Worte und Maßnahmen kommen meiner Wahrnehmung nach eher von europäischer Seite (die ja auch eindeutig zu den unmittelbaren Verlierern eines Konflikts gehören würden). Und ich hoffe sehr, dass das auch ausreicht.
Übrigens: Die letzten Tage wird in russischen Medien auf und ab von "geleakten" Angriffsplänen der USA auf Russland gesprochen. Das soll wohl dem eigenen Volk einen Angriff auf die Ukraine legitimieren und als "Selbstverteidigung" framen. So viel zum "Opfer" Russland, welches ja nur friedlich leben möchte, aber der böse Westen will ja Atomraketen in seinen Vorgarten stellen.
Was dem einen sein "seit 5:45 wird zurückgeschossen" oder angeblichen WMD sind, sind halt dem anderen seine "geleakten Angriffspläne". Allerdings glaube ich immer noch nicht, dass es wirklich zu einem Angriff auf die Ukraine kommen wird. Getreu dem Motto: Hope for the best, prepare for the worst.
Ob ich damit recht behalten werde, werden wir in ein paar Monaten sehen. Ich jedenfalls hoffe es!
Wir kennen uns ja nun schon sehr viele Jahre, aber bei manchen Aussagen von dir muss ich mich wirklich wundern. Genauso wenig wie es angemessen ist Russen besondere "Leidensfähigkeit" und "Härte" zuzuschreiben, weil sie ja im Militär massenhaftem (sexuellem) Missbrauch ausgesetzt sind, der übrigens zu hunderten Suiziden unter russischen Soldaten im Jahr führt, genauso wenig ist es angemessen bei Krisenvorsorgern einen "Fehler" zu sehen, weil sie sich nicht vorstellen können, dass morgen hier Krieg sein könnte. Das ist sowohl für uns in Österreich, als auch für jemanden in Kiew surreal und das ist gut so, dass diese Gefahr normalerweise ganz weit unten auf der Liste steht und nicht ganz oben.
In dieser Hinsicht unterscheiden wir uns definitiv und fundamental. So sehr ich mir wünsche (und hoffe), noch viele Jahrzehnte Frieden in Europa zu haben: Ich halte die Möglichkeit eines militärischen Konflikts für möglich. Nicht erstrebenswert, aber eben möglich. Genau so, wie ich zB. beim Schlendern durch die Stadt immer davon ausgehe, dass etwas passieren könnte. Sich auf solche Szenarien zumindest mental vorzubereiten ist halt etwas, was ich eigentlich so gut wie jedem hier im Forum zugetraut habe. Ich weiß nicht, wie oft ich in den letzten Jahren gelesen hat, dass man "ständig wachsam sein soll" (auch von dir). Offensichtlich hab' ich mich da getäuscht...
Aber eigentlich egal: Meine Meinung habe ich jetzt lang und breit erklärt. Wer meine Posts sinnerfassend liest, wird wissen, was meine Einstellung ist. Wer sie lediglich als Reibebaum benutzen will, der mag das auch gerne tun.
Ich jedenfalls bin hier raus.