Blackbox Blackout, Peter Erlhofer, GeistkirchVerlag 2023

  • Ich weiß, mein Buch ist keine leichte Kost. Im Buchhandel wurde mir gesagt, das sei kein "Sommerthema". Ich habe mein Buch mit seinen Inhalten so geschrieben, wie ich es selbst gerne gelesen hätte. Aber es gab eben nichts vergleichbares.


    Tom, Du hast Dir die Freiheit genommen, Kapitel zu überspringen (z.B. die ganzen Abhandlungen zum Stromnetz) und die erst später als Ergänzung gelesen. Genau so habe ich es gedacht und ja auch in der Einleitung vorgeschlagen. Gleiches gilt für die Anmerkungen, die über reine Quellenverweise hinausgehen. Sie tragen insgesamt, zum Verständnis bei.


    Zu einigen Inhalten:


    „die ellenlange Auflistung von Lebensmitteln zur Vorratshaltung“


    Wie so vieles, ist auch sie ein Kompromiss. Einerseits muss ich alle notwendigen Details schreiben, andererseits ist das eben nicht mein Ziel. Sonst hätte ja der Verweis auf die einschlägigen Broschüren gereicht. Da finden sich auch Listen, aber eben wenige Hinweise, wie man Vorräte sinnvoll und finanziell überschaubar aufbaut. Vielleicht gibt es bessere Wege es zu beschreiben, ich lerne auch immer noch dazu. Und die Sprühsahne ist für mich genauso wichtig wie Schokolade oder ein Bier/Wein. Nur Notrationen sind zwar nützlich, aber nicht ausreichend "für die Seele".


    „Amüsiert habe ich mich über den Vorschlag, eine (elektrische) Kochplatte mit zu bevorraten.“


    Die Stelle ist mir nicht so bewusst, habe sie auch nicht gefunden. Oder meinst Du die „elektrische Herdplatte“ auf Seite 203. Oder meinst Du die „Mobile Herdplatte“ auf Seite 690. Die hab ich wohl nicht so gut beschrieben, ich meinte damit die gasversorgten Optionen. By the way: in der Phase 2 und 3 eines Blackouts gibt es durchaus wieder Strom, mit dem man kochen kann – sofern man Vorräte hat, denn die Versorgung klappt dann noch nicht.

  • „Richtig gestört habe ich mich nur an einer Empfehlung: nämlich dass man diverse Utensilien für die Krisenvorsorge u.a. beim Kopp-Verlag bekommen könne.“


    Uii, da ist was völlig falsch angekommen. Ich wende mich ausdrücklich gegen den Kopp-Verlag. Da ist auch nichts „durchgerutscht“. Bitte genau lesen (S. 651).


    „Inzwischen haben sich offizielle und inoffizielle Geschäfte auf die Versorgung von Preppern eingestellt. Es gibt auch Ausbildungszentren, spezielle Internetportale mit Foren und Buchverlage. Auf der Suche nach Hilfen für die private Vorsorge landet man schnell auf der falschen Webseite. Dort finden sich dann nicht nur häufig praktikable Ratschläge und Hinweise. Oft kommt man dort in Kontakt mit diffusen Ängsten und Verschwörungsmythen. Für Außenstehende sind ideologische Hintergründe nicht immer offen- sichtlich, die Rechtspopulisten, R..b oder Angehörige der rechtsradikalen Identitären Bewegung einschließt. Die Szene verändert sich schnell.“


    OK, ich war in meinem Buch noch etwas zurückhaltend. Ich wollte nicht gleich mit gegnerischen Rechtsanwälten und Abmahnungen zu tun haben. Gerade meine Aussagen zu „Preppern“ berühren ja ein empfindliches Gebiet. Ich habe bei meinen Recherchen alle Schattierungen kennen gelernt. Wie soll ich das in kurzer Form beschreiben? Konkreter bin ich dann geworden in einer sechsteiligen Artikelserie mit Dietmar Klostermann von der Saarbrücker Zeitung. Da schreibt er (nach meinen Vorgaben):


    Die AfD hatte außerdem eine eigene Internetseite (Anm. Unerwünschter Link entfernt) eingerichtet, auf der Nutzerinnen und Nutzer einen „Blackout“ melden könnten. Sie sei inzwischen nicht mehr aufrufbar. Wer dahinter steckte, habe man erst erfahren, wenn man ganz nach unten scrollte und/oder das Impressum gelesen hat. Bei genauerem Hinsehen sei aufgefallen: In vielen der „gemeldeten“ Fälle habe es offenbar nicht einmal einen nennenswerten Stromausfall gegeben, die Angaben seien schlicht falsch gewesen. „Immer wieder wird von angeblichen Geheimplänen berichtet. Immer geht es um Panikmache und politische Interessen“, warnt Erlhofer vor blindem Glauben in das, was im Internet stehe.


    Passend dazu gebe es auch eine Broschüre zum Download. Darin heiße es: „Außerdem bekräftigen wir: Die Energiewendepolitik der Altparteien muss beendet werden. Die Energiewende gefährdet die Versorgungssicherheit, schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland, macht uns von ausländischer Stromproduktion abhängig, gefährdet durch die Provokation eines Blackouts die öffentliche


    Sicherheit und Ordnung und damit schließlich auch das Leben von Menschen.“ Der thüringische AfD-Fraktionschef Björn Höcke und Nadine Hoffmann, Sprecherin der AfD-Fraktion in Thüringen für Umwelt, Natur- und Tierschutz und Jugendpolitik, stellten nach Erlhofers Angaben in einem „Blackout: Online-Dialog“ am 19. Januar 2022 Behauptungen auf, die einen Faktencheck nicht überstehen würden. So werde über einen Beinah-Blackout am 14. August 2021 berichtet. An diesem Tag sei es, so der Netzbetreiber Amprion, zu einem Einsatz von Regelreserve, „konzeptgemäß als Teil des Werkzeugkastens der Systemführung“ gekommen.


    Aus Sicht des Netzbetreibers habe es „keine Anomalie“ gegeben. „Aus AfD-Sicht sind wir knapp der Apokalypse entkommen“, so Erlhofer.


    Vor allem auf ihren Telegram-Kanälen nutzten bekannte Verschwörungsgläubige wie Michael Wendler (Schlagersänger) und Eva Herman (frühere Tagesschau-Sprecherin und ARD-Moderatorin) einen angeblich bevorstehenden Blackout, um für Produkte des rechten Kopp-Verlags zu werben. Das Rezept dabei sei: Erst werde Angst vor apokalyptischen Katastrophen und angeblichen Geheimplänen der Regierung geschürt, dann würden neben entsprechenden Büchern auch Survival-Zubehör wie Notstromaggregate, vorbereitete Lebensmittelpakete und Selbstschutzartikel als unbedingt notwendige Anschaffungen angeboten. „Geld verdienen ist grundsätzlich nicht verwerflich. Wenn aber Angst gemacht wird, um dann zu vorsorglichen Anschaffungen zu animieren, die hohe Kosten verursachen wie Elektroheizöfen oder Notstromaggregate und häufig nicht wirklich sinnvoll sind, ist das heimtückisch“, kritisiert der Experte aus Neuforweiler.


    Es lohne sich, auf den Rat von Fachleuten zu hören, den tatsächlichen Bedarf zu ermitteln und Preis-Leistungs-Vergleiche anzustellen. Teilhabe an „geheimem Wissen“ werde versprochen. Besonders plakativ würden in den sozialen Medien (vor allem bei TikTok) und auf einschlägigen Seiten bekannte und unbekannte Verschwörungsgläubige wie Eva Herman, Oliver Janich, Michael Wendler, Stefan Schubert oder Andreas Popp die Trommel rühren. „Es werden Gründe genannt, die garantiert zum Blackout führen: die Energiewende, der Atomausstieg, eine Energielücke – also zu wenig Stromerzeugung, der Krieg in der Ukraine.“ Die Teilhabe an „geheimem Wissen“ werde versprochen.


    Neben den genannten Influencern, die gleichzeitig Produkte des Kopp- Verlags anpriesen (Powerstationen, Nahrungsersatzprodukte und Selbstschutzartikel), habe das politische Monatsmagazin Compact Magazin (Chefredakteur: Jürgen Elsässer) im April 2022 eine Schwerpunktausgabe zum Blackout herausgebracht, in der prorussische Positionen, Hetze gegen die Grünen und Best-Practice-Tipps für ein autarkes Leben wild durcheinander gewürfelt würden. „Das Ziel ist es, Stimmung gegen Erneuerbare Energien und den Staat im Allgemeinen zu machen“, warnt Erlhofer eindringlich vor der Gefahr, die von dieser Seite ausgehe.


    Es gibt etliche Webseiten, die in diese Kiste gehören:


    (Anm. Unerwünschte Links entfernt)


    Neben nicht immer sachlichen, oft schlichtweg rein alarmistischen Informationen, die irgendwo unkritisch abgeschrieben werden, finden sich zahlreiche Affiliate-Links zu Amazon und AWIN.


    Ich bin auch Mitglied in der Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV). Auch die kämpft aktuell gegen einen Trittbrettfahrer: dieser nennt sich „Gesellschaft für Krisenvorsorge und Krisenmanagement“ (Kurzbezeichnung „GfKVM“). Woher sollen Nicht-Fachleute den Unterschied erkennen?


    Ja, das Thema ist komplex – und das Buch irgendwie auch, wobei mir kompliziert lieber wäre. Ich will keine einfachen Rezepte oder Vorsorgetipps geben. Es ändert sich auch ständig. Inzwischen gibt es neue Informationen zu Insellösungen bei PV-Anlagen (die von Dir gewünschten „Überlegungen zu alternativen Stromquellen“). Da habe ich inzwischen viel recherchiert. Wenn die Größe und Leistung der Anlage stimmen, der richtige Wechselrichter installiert ist und ein entsprechender Stromspeicher (!) vorhanden ist, können PV-Anlagen als Not- und Ersatzstromversorgung genutzt werden. Je nach Speicherkapazität der Anlage können dann einzelne Haushalte weiter mit Strom versorgt werden, bis der Solarstrom im Speicher aufgebraucht ist. Der Wechselrichter hat verschiedene Aufgaben zu erfüllen: Im Normalfall erkennt er bei einem Stromausfall, dass keine Spannung anliegt und schaltet die Solaranlage ab. Für die Notstromversorgung wird jedoch nicht die Anlage abgeschaltet, sondern das gesamte Hausnetz vom öffentlichen Netz getrennt. Da auf diese Weise aber kein überschüssiger Solarstrom mehr eingespeist werden kann, muss der Wechselrichter auch die Drosselung übernehmen. Es darf nur so viel Spannung von der PV-Anlage in das Hausstromnetz abgegeben werden, wie tatsächlich direkt verbraucht wird. Überschüssiger Strom kann dann - falls vorhanden - in einen Stromspeicher eingespeist werden, um die Versorgung auch nachts sicherzustellen.


    Es gibt auch neue Ergebnisse aus Schwarzstartübungen der Übertragungsnetzbetreiber.


    Irgendwann musste ich einen Redaktionsschluss machen (steht auch vorne im Buch 15. März 2023). Ich musste auswählen, was ich aus dem unendlichen Fundus an Informationen übernehme. Bei manchen Aspekten habe ich deswegen nichts geschrieben, weil ich es nicht so erklären kann, dass es jeder versteht.


    Ich musste in Kauf nehmen, dass genau das passiert, was Du beschreibst: „Bisweilen lässt einen das Buch auch ratlos zurück, ob so eine Lage überhaupt bewältigt werden könnte.“


    Ich will keine Angst machen. Mein Ziel ist Sorge erzeugen, die zu Vorsorge führt und zum Besorgen der dazu notwendigen Dinge. Wie vielfältig die Antworten sind, beweist Ihr alle ja jeden Tag bei den Diskussionen im Forum.

  • Es stimmt „das Buch [geht] praktisch nicht auf die Durchhaltefähigkeit von Notfallsystemen/-prozeduren in einem Blackout ein“. Das gehört in ein Fachbuch. Ich verweise aber nicht nur auf Notstromaggregate. Im Kapitel zu Berlin—Köpenick steht das Beispiel, dass die auch versagen können. Im Kapitel zur privaten Vorsorge habe ich versucht, von unüberlegten Spontankäufen abzuraten. Was soll ich jemand sagen, der mich fragt, ob er mit seinem im Baustoffhandel gekauften Aggregat auch seine elektrisch betriebenen Rollläden auf- und zufahren kann? Im Prinzip ja, aber … Und dann wird es technisch fachmännisch!


    Wie sehr das die „großen Verbraucher“ beschäftigt, steht u.a. im dem Kapitel, in dem ich meine langjährige Mitarbeit in einem Arbeitskreis Stromausfall eines saarländischen Landkreises beschreibe.


    Ich bin auch dabei, zusammen mit der Gesellschaft für Krisenvorsorge, zu erklären und kritisch zu bewerten, was in besonders politisch motivierten Kreisen zu E-Fuels, Wasserstofftechnologie und Smart Grid gesagt wird. Du erwähnst den „Fahrzeugbestand von fast 50 Millionen Autos, die alle eine leicht zugängliche 12V- Batterie enthalten, hat man zusammen mit den PV-Modulen der vorhandenen Anlagen bis auf den erwähnten Laderegler und ggf. Batteriewechselrichter alle Komponenten für eine kraftstoffunabhängige Notstromversorgung millionenfach.“ Es stimmt nicht so einfach zu sagen „Das Zeug ist da. Man muss es nur nutzen können.“ Bisher gibt es zwar einige Pilotvorhaben, viel Forschung, zahlreiche Start-Up-Unternehmen – aber nichts ist in der Lage, das Stromnetz heute mit den notwendigen Systemdienstleistungen zu stützen!


    Auch das von Dir angesprochenen „Thema Kommunikation über längere Zeiträume in so einer Lage“ ist ein eigenes Buch wert. Da geht es dann nicht nur um WLAN-Router. Da geht es um Hobby-Funker und Ersatz für BOS und vieles mehr. Das konnte ich wirklich nicht alles „allgemeinverständlich“ zwischen zwei Buchdeckel pressen.


    Ich freue mich, dass Dein persönliches Highlight das Kapitel über den Berliner Stromausfall in Köpenick ist. Ich bin den Verantwortlichen in Berlin auch sehr dankbar für ihre Offenheit, auch Dinge anzusprechen, die eben nicht glatt gelaufen sind. Dazu dienen auch die anderen Beispiele über Stromausfälle und Beinah-Blackouts, von denen in den deutschen Medien kaum was zu geschrieben wurde. Ich habe sie bewusst auf unterschiedliche Kapitel verteilt.


    Soweit ein paar weiterführende Gedanken, über die wir selbstverständlich auch diskutieren können. Wenn die erste Auflage (1.000 Exemplare) verkauft ist (das dauert wohl noch etwas), wird es eine überarbeitete Fassung geben. Ich arbeite schon daran. Ebenso sind die Fachbuch-Anteile noch auf meinem PC. Dazu gibt es irgendwann einen FAQ-Blackout und eine Zusammenstellung von Erzählungen aus dem „Krisen-Zoo“. Dann beschäftige ich mich aktuell intensiv mit einem pädagogischen Konzept für KiTa/Kindergärten und (Grund-)Schulen. Es gibt nur wenige, die sich zusammen mit den jeweiligen Eltern, Gedanken gemacht haben, wie sie in der Blackout-Lage mit den Kindern verfahren. Es gibt noch so viel zu tun!

  • Ich habe bisher ca. 1/3 des Buches gelesen und schon einige Aha-Erlebnisse gehabt. Nicht alles habe ich schon wirklich verstanden, aber ich bleibe dran.


    Mich beeindruckt es aber gerade sehr, dass du, Drachenkoenig hier so ausführlich antwortest! Danke!

  • ... Es gibt auch neue Ergebnisse aus Schwarzstartübungen der Übertragungsnetzbetreiber. ...

    Hast Du dazu eine Quelle? Interessant wäre die Prognose, in welcher Zeit das Netz wieder aufgebaut werden kann. Praktische Erfahrungen gibt es ja nicht.

  • Während in Österreich aufgrund der besseren Verfügbarkeit von schwarzstartfähigen Wasserkraftwerken von 1-3 Tagen ausgegangen wird (1. Phase des Blackout), gilt das für Deutschland nicht in gleichem Maße.

    Die Übertragungsnetzbetreiber Amprion und TransnetBW haben am 30. April 2022 gemeinsam mit der Schluchseewerk AG unter realen Bedingungen geübt. Im Gegensatz zu bisherigen virtuellen Simulationen wurde ein Teil des realen Netzes abgekoppelt, abgeschaltet und wieder aufgebaut. Amprion schreibt: „Schwerwiegende Störungen sind rar. Das System ist so ausgelegt, dass auch bei Fehlern keine Einschränkungen bei Endkunden entstehen. Dennoch kann auch das Übertragungsnetz theoretisch an seine technischen Grenzen kommen – es käme im schlimmsten Fall zu einem europäischen Blackout. In diesem unwahrscheinlichen Fall ist das ganze Übertragungsnetz spannungsfrei, es fließt kein Strom. Bevor wieder Endkunden versorgt werden können, muss das Übertragungsnetz Schritt für Schritt unter Spannung gesetzt werden.“ Diese Übung wurde über einen Zeitraum von vier Jahren vorbereitet. Unter der Projektleitung von Amprion wurden detaillierte Planungen erarbeitet und abgestimmt. Der Lehrstuhl für Energiesysteme und Energiemanagement der Technischen Universität Kaiserslautern unterstützte unter anderem beim Aufbau von Messeinrichtungen, mit denen das Netz während des Umbaus in allen Bereichen vermessen werden konnte. „Einen solchen Versuchsaufbau gab es bisher in Deutschland nicht, der Messaufwand war der größte seiner Art.“ Die gewonnenen Daten werden nun gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Elektrische Energiesysteme der Universität Duisburg-Essen ausgewertet und aufbereitet. Das alles würde nicht gemacht und finanziert, wenn es nicht einen konkreten Bedarf gäbe.

    Im Weißbuch-Netz-und-Versorgungswiederaufbau-2030 beschreiben die deutschen Übertragungsnetzbetreiber , dass „Nach einer Risikobewertung der ÜNB (…) aufgrund der Änderungen im Erzeugungsportfolio, der Dezentralisierung der Erzeugungsleistung und dem Wegfall thermischer Großkraftwerke, der Netzwiederaufbau kleinteiliger und komplexer [wird], was sich negativ auf die zu erwartende Dauer des Netz- und Versorgungswiederaufbaus auswirkt. Daher wurde die im Artikel 41 der ER VO geforderte mindestens 24-stündige Schwarzfallfestigkeit in Deutschland auf 72 h erhöht. Die ÜNB folgen hiermit einer Empfehlung des „Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe“ (BBK) für Betreiber kritischer Infrastrukturen.“ Dennoch weisen sie darauf hin, dass es „mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein, einen überwiegenden Anteil der kleinteiligen DEA über 72 h schwarzfallfest anzubinden.“ Die ÜNB sind sich also keineswegs sicher, innerhalb von drei Tagen, das Versorgungsnetz wieder komplett herstellen zu können. Sie beschreiben schon 2020 in ihren „Betrachtungen zum Netz- und Versorgungswiederaufbau“ :

    „Für die Zeitdauer des Netzwiederaufbaus bedeutet dies, dass die ÜNB heute wie zukünftig den Abschluss des Maßnahmenpakets „Netzwiederaufbau ÜNB“ so schnell wie möglich vorantreiben werden. Es wird jedoch kontinuierlich überprüft werden müssen, ob die Zeitspanne von 24 Stunden bzw. perspektivisch 72 Stunden auch zukünftig im Hinblick auf die sich ändernden Rahmenbedingungen eingehalten werden kann.“

    Wenn die ÜNB schon mit 72 Stunden = 3 Tagen rechnen, dann ist nach meiner Einschätzung die für KRITIS (z.B. Krankenhäuser) vorzuhaltende Reserve von ebenfalls 72 Stunden (Betriebsstoff) recht knall kalkuliert. Ist aber auch ne Geldfrage. Es ist eben nicht sicherzustellen, dass tatsächlich alle nach maximal 72 Stunden wieder vollumfänglich stromversorgt sind.


    Quellen:

    https://www.amprion.net/Netzjournal/Beiträge-2022/Hochfahrnetze-im-Praxistest.html

    Weißbuch_NWA_VWA_2030: https://www.netztransparenz.de…sorgungswiederaufbau-2030

    Betrachtungen zum Netz- und Versorgungswiederaufbau, Teil des Berichts der Deutschen Übertragungsnetzbetreiber gem. § 34 (1) KVBG, Bayreuth, Berlin, Dortmund, Stuttgart 22.12.2020 , https://www.netztransparenz.de…ht_%C2%A7%2034%20KVBG.pdf

  • "Praktische Erfahrungen gibt es ja nicht."


    Stimmt bedingt. Ganz spannungslos war unser Übertragungsnetz noch nicht. Aber knapp dran, wie ich es in meinem Buch auch beschreibe (z.B. 2021-01-08 Ernestinovo = vierte und zweitschwerste Großstörung im europäischen Raum)


    DUtrain betreibt in Duisburg ein eigenes, unabhängiges Trainingszentrum, in dem Schulungen und Seminare zu den Themen Erzeugung, Transport und Verteilung von elektrischer Energie und Erdgas angeboten werden. Das Betriebspersonal zahlreicher nationaler und internationaler Netz- und Kraftwerksleitstellen hat sich hier bereits auf zu erwartende kritische Ereignisse vorbereitet. Dort ist eine Simulation in jeder Hinsicht möglich.

  • Vorweg, ich habe dein Buch noch nicht gelesen, das steht erst noch auf meiner To-Buy-Liste.


    Wenn die ÜNB schon mit 72 Stunden = 3 Tagen rechnen, dann ist nach meiner Einschätzung die für KRITIS (z.B. Krankenhäuser) vorzuhaltende Reserve von ebenfalls 72 Stunden (Betriebsstoff) recht knall kalkuliert. Ist aber auch ne Geldfrage. Es ist eben nicht sicherzustellen, dass tatsächlich alle nach maximal 72 Stunden wieder vollumfänglich stromversorgt sind.

    Dazu ist mir gerade ein - möglicherweise auch total absurder - Gedanke durch den Kopf gegangen... nur weiß ich nicht, wieviele Liter Diesel/Heizöl nun so eine durchschnittliche Krankenhaus Notstromversorgung insgesamt in den schon sehr sportlich knapp kalkulierten 3 Tagen verbraucht.

    Mein Gedanke war nun der, dass es ja diese klassischen Tanklaster gibt, die sowohl die normalen Tankstellen als auch Heizöltanks von Endabnehmern beliefern.

    Würde nun das Krankenhaus einen Deal mit einem Versorger machen, so dass der immer einen vollen Tanklaster mit vollem Tank im Eck des Betriebshofs parkt, der - beispielsweise alle 3 Monate - gegen einen Laster mit "frischem" Inhalt getauscht wird, stünde so, je nach Fassungsvermögen (Tanklaster gibts wohl mit bis zu 40'000 Liter Tankkapazität) immer diese Menge an "frischem" Reservesprit zur Verfügung.


    Kann aber auch völliger Quatsch sein, natürlich. Ausserdem ist das auch eine Kostenfrage - auf die schnelle habe ich keinen finalen Kaufpreis für so einen Tanklaster gefunden, der dann ja rein als KH-Notvorrat rumstünde ohne Einkommen für den Besitzer zu generieren...


    Aber es gäbe auch noch "Tankcontainer" mit bis zu 26'000 Litern, dann stünde zumindest keine Zugmaschine ungenutzt herum.


    Klar ist mir natürlich auch, dass die Budgets unserer Krankenhäuser bekanntermaßen alle auf Kante genäht sind - mir reicht schon, was mir der "Hausl" eines relativ kleinen Provinzkrankenhauses hier im Landkreis zum Zustand der dortigen Notstromversorgung gesagt hat... Kurzform: da würd ich lieber nicht im Falle des Falles liegen wollen :zipper_mouth_face:

    BY/DE

    Si vis pacem, para bellum.

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  • Vorweg, ich habe dein Buch noch nicht gelesen, das steht erst noch auf meiner To-Buy-Liste.


    Dazu ist mir gerade ein - möglicherweise auch total absurder - Gedanke durch den Kopf gegangen... nur weiß ich nicht, wieviele Liter Diesel/Heizöl nun so eine durchschnittliche Krankenhaus Notstromversorgung insgesamt in den schon sehr sportlich knapp kalkulierten 3 Tagen verbraucht.

    ....

    Hallo,


    zur Not kann man immer noch das Heizöl aus den Tanks von Firmen bzw. Privathaushalten abpumpen und dann den entsprechenden NEA zuführen.

    Entsprechende Pumpen haben z.B. u.U. Heizungsbauer, Tankreinigungsfirmen und die Feuerwehr.



    Es gehen aber auch keiner Pumpen bzw. 12 Volt (dauert dann entsprechend länger).

    Siehe dazu u.U. auch den Beitrag „Mobile Tankstelle“ hier im Forum.

    von Juni 2012


    „Quellverzeichnis“ für das Heizöl:

    Heizölhändler

    So siehe zumindest unsere „Planung“ im Moment aus.

    :waving_hand: bis dann - nutze die Zeit - Wissen schafft Zukunft - epwin - 6DPNC6RE - epwin02@web.de; :winking_face:

    Einmal editiert, zuletzt von epwin () aus folgendem Grund: Link bearbeitet

  • In so etwas können „kleinere“ Menge Heizöl offiziell transportiert werden, z.B. für mittlere NEA ... da 12 Volt-Pumpe und Zapfpistole.


    Wir haben Zugriff auf so einen Pickup-Tank.

    PickUp-Tank-4-1-1--.jpg PickUp-Tank-3-1-1-.jpg PickUp-Tank-2.jpg PickUp-Tank-1-1-1--.jpg


    War / ist Teil unserer BVS-Themen

    (BVS = Bürger, Vorsorge, Selbsthilfe).


    Inoffiziell gehen natürlich auch andere Tanks (z.B. Kanister, IBC).

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    3 Mal editiert, zuletzt von epwin ()

  • Hallo, da sind ja ne Menge Ideen unterwegs. Die sind bei den zuständigen Stellen auch alle bekannt. Viele moderne Anlagen reagieren allerdings allergisch auf Heizöl und geben den Geist auf.

    Tanklaster: Die sind so ziemlich alle gebunden, weil es längst Verträge mit Lieferanten gibt, wen die im Fall der Fälle beliefern.

    Es werden Kataster erstellt, wo wer (z. B. Speditionen, Landwirtschaft) Bestriebsstoffe lagert. Nach und nach werden auch Tankstellen ertüchtigt. Bei denen ist das Problem nicht nur der fehlende Strom. Die meisten können auch ohne Kommunikation zur Zentrale nicht arbeiten.

    So könnte ich allein zu dem Thema noch etliches Schreiben.

    Es ist halt ein verdammt komplexes Thema 🤪🤔

  • Hallo, da sind ja ne Menge Ideen unterwegs. Die sind bei den zuständigen Stellen auch alle bekannt. Viele moderne Anlagen reagieren allerdings allergisch auf Heizöl und geben den Geist auf.

    ...

    Ob eine Diesel-NEA Heizöl "verträgt" muss man natürlich im Vorfeld (Herstellerangaben) prüfen.

    Evtl. verkürzen sich die Wartungsintervalle.

    :waving_hand: bis dann - nutze die Zeit - Wissen schafft Zukunft - epwin - 6DPNC6RE - epwin02@web.de; :winking_face:

  • Lieber Drachenkoenig vielen Dank für deine ausführliche Antwort auf meine "Leserkritik". Ich freue mich schon auf eine Fortsetzung des Buches in der einen oder anderen Form.


    Ich persönlich habe in der Thematik verschiedene "Hüte" auf (Vorsitzender eines DRK-Ortsvereins und Stellvertreter unseres Bürgermeisters - damit im Vertretungsfall auch Leiter des kommunalen Krisenstabs mit Weisungsbefugnis ggü. FW und Ansprechpartner für die KatS-Behörde beim Landkreis und Befugnisse als Ortspolizeibehörde). Privat war ich in den 1990er Jahren aktiver Höhlen"forscher" und in den frühen 2000er Jahren organisierte und führte ich mehrere Sahara-Reisen mit Allrad-LKW durch, was eine völlige Autarkie bezüglich Energie, Verpflegung, Notfallmedizin etc. für einige Zeit voraussetzt. Beruflich bin ich Elektroingenieur und betreibe privat eine größere PV-Anlage (9kWp) als netzunabhängige Insel. Somit mit bin mit ich einigen, wenn auch ganz sicher nicht allen, Wassern gewaschen.


    Dank der Putinschen Gaskrise und der zunehmenden öffentlichen Diskussion um einen Blackout wurden in den letzten zwei Jahren seitens der öffentlichen Hand doch einige Vorkehrungen im Bereich der kritischen Infrastrukturen getroffen, die man bis dahin maximal rein theoretisch als Schreibtisch-Manöver (LÜKEX etc.) und Planspiele bei Tagungen besprochen hat.


    Konkret passiert ist bis heute folgendes:


    • Mein Bundesland Baden-Württemberg hat immerhin die Kommunen im Land dazu verdonnert, die KatS- und Notfallplanung zu aktualisieren und die Verfügbarkeit kritischer Infrastrukturen bei einem Stromausfall zu verbessern. Kommunen, die einen "Leuchtturm" bzw. einen Notfalltreffpunkt nach Vorgaben des Innenministeriums deklariert haben, bekamen als Bonus ein kleines Starterpaket zu Ausstattung und Betrieb eines solchen Treffpunkts.
    • Die Kommunen bei uns haben die Verfügbarkeit der Lösch- und Trinkwasserversorgung bei Stromausfall überprüft und bspw. hat unser Wasserversorgungs-Zweckverband das Zentrale Wasserwerk mit einem 200kVA-Notstromaggregat nachgerüstet, sollte die schon seit 100 Jahren genutzte autarke(!) Stromversorgung des Pumpwerks durch eine Laufwasserturbine in einem kleinen Fluss in der Nähe z.B. wegen niedrigem Flusspegel nicht ausreichen. Außerdem wurde die Entsorgung von Abwasser bei Stromausfall durchgespielt, die abgesehen von privaten Hebeanlagen stromlos zumindest soweit sichergestellt ist, dass das Abwasser abfließt, wenn auch dann ungeklärt über Notüberläufe in die Vorfluter geht (was mittelfristig zu Belastungen im Grundwasserhaushalt führen kann oder Oberflächengewässer verscmutzen würde).
    • Weiterhin haben die Kommunen Feuerwehrgerätehäuser sofern noch nicht vorhanden mit Einspeisungen für Notstrom ausgerüstet und entsprechende Stromaggregate beschafft, Die Gerätehäuser sind auf Ortsteile verteilt und werden schon heute bei Stromausfällen >1h oder bei Ausfällen der zentralen Notrufnummern personell besetzt und dienen als Notfall-Meldestellen.
    • Für die Feuerwehren und die Fahrzeuge der technischen Betriebe der Kommunen hat man die im Bereich der weißen HiOrgs schon länger geltende Dienstvorschrift "Kraftstofftanks der Fahrzeuge immer mindestens 3/4 voll" übernommen. Der Einfachheit halber wird nach jeder Einsatzfahrt vollgetankt und wenn es nur 10 Liter sind.
    • Die Feuerwehren insbesondere auf dem platten Land üben verstärkt sog. "Flächenlagen" bei denen sie die Führung und Einsatzorganisation selber übernehmen müssen (im Normalfall übernimmt das die integrierte Leitstelle zentral). Dazu hat z.B. unsere Feuerwehr einen Führungsstab gebildet, der nicht nur die technische Einsatzleitung bei konkreten Einsätzen leistet, sondern auch eine sog. Abschnittsführungsstelle betreibt, sozusagen eine "Leitstelle light". Diese Flächenlagen sind nicht nur theoretische Konstrukte für den Blackout, sie treten in der Praxis jetzt schon auf, sobald z.B. nach einem Unwetter oder in einer Hochwasserlage sehr viele Einsatzstellen gleichzeitg entstehen. Dann delegiert die Leitstelle die Abarbeitung der Einsätze vor Ort an die lokalen Feuerwehren. Damit wird der praktische Betrieb des Führungsstabs der FW mehrmals im Jahr durchgeführt, was sehr wertvoll ist.
    • Schließlich haben die Kommunen in unserem Landkreis in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt die KatS-Pläne aktualisiert ("Köpfe kennen") und jede Kommune hat sich einen auf die örtlichen Bedingungen zugeschnittenen Krisenplan erstellt (wer macht was, Alarmierungsordnung etc.). Diese Krisenpläne wurden von den Gemeinderäten verabschiedet und beschlossen. Sie umfassen z.B. auch eine "Selbstalarmierung" der Hilfskräfte gestaffelt nach der Dauer eines Stromausfalls ("Hessisches Modell")

    Daneben gibt es natürlich noch die staatlichen KatS-Strukturen des Bevölkerungsschutzes unter Führung des Landes-Innenministeriums, in das die Hilfsorganisationen eingebunden sind (SEGs, Einsatzeinheiten etc.). Hier steht aber eher der MANV - Massenanfall von Verletzten als Szenario im Vordergrund, also schwere Verkehrsunfälle mit Bussen, Bahnen oder Flugzeughavarien, dann die Betreuung von Evakuierten bei Entschärfung von Weltkriegsbomben und bis vor kurzem auch noch die Evakuierung von Personen bei AKW-Havarien.


    Damit wäre man dann bei den noch nicht erledigten Hausaufgaben des Bevölkerungsschutzes:

    • Kommunikation. Die Möglichkeit für die Bevölkerung, medizinische Notfälle, Unfälle oder Brände zu melden, um Hilfe anzufordern, ist durch die schon jetzt als Notfallmeldestellen etablierten Feuerwehr-Gerätehäuser zwar gegeben, aber schon die Weiterleitung einer solchen Notfallmeldung per BOS-Funk steht auf sehr wackligen Beinen: In unserem Landkreis hat eine praktische Überprüfung der digitalen Funkmelder und des TETRA-Netzes ergeben, dass die BOS-Funk-Infrastruktur im Landkreis nach 3-4h ausfallen wird (Funkmasten, Relais, zentrale Server). Die Funkverbindung zwischen unseren FW-Gerätehäusern und dem FW-Führungsstab ist zwar sichergestellt, aber eben nicht die weitere Kommunikation z.B. zum Landratsamt als führende KatS-Behörde oder zur integrierten Leitstelle. Das macht dann die Anforderung von Rettungsmitteln wie Rettungswagen oder Notarzt zu einem Glücksspiel. Als DRK-Ortsverein verfügen wir zwar über einen vollausgestatteten KTW, müssten in so einem Fall (keine Leitstelle erreichbar) Patienten auf gut Glück zu niedergelassenen Ärzten oder einem der Krankenhäuser in der Region bringen. Da sind Fehlfahrten, Chaos und Unfälle vorprogrammiert.
    • Tierwohl. Private und gewerbliche Tierhalter sind mehr auf Strom angewiesen, als sich viele bewusst sind. Mastbetriebe mit Geflügel oder Schweinen müssen permanent aktiv belüftet werden, fällt die Lüftung aus, sterben die Tiere innerhalb weniger Stunden. Die Notstromversorgung von Mastbetrieben ist zwar formal voreschrieben, liegt aber in der alleinigen Verantwortung der Betreiber. Hier muss man mit dem schlimmsten rechnen. Milchviehhalter führen heute weitgehend automatisierte Betriebe mit Melkrobotern, so können 1-2 Mitarbeiter einen Milchviehbetrieb mit hunderten Kühen betreiben. Fällt der Strom aus, stehen die Melkroboter still, ebenso die Freigabe der individuellen Kraftfutterdosis für die Milchkuh (nur deswegen betritt sie freiwillig den Melkstand). Die Kühe müssen aber innerhalb von Stunden gemolken werden, sonst leiden sie extreme Schmerzen. Zum händischen Melken fehlt den Betrieben heute das Personal (selbst erfahrene Melker können nicht 100 Kühe am Stück melken) und die Kühe kennen das auch gar nicht mehr, d.h. die kooperieren nicht, es fehlen auch geeignete Anbindemöglichkeiten. Melkroboter und Kraftfutterautomaten sind stark computerisierte Anlagen, die auf Schwankungen in einer Notstromversorgung empfindlich reagieren. Landwirte nutzen aus Kostengründen häufig sog. Zapfwellengeneratoren, die an große Traktoren gekoppelt werden und vom Motor des Traktors angetrieben werden. Das ist eine pragmatische Lösung, um vorübergehend hohe elektrische Leistungen (30...50kVA) bereitstellen zu können, aber die Qualität des Stroms schwankt mit der Drehzahlstabilität des Traktormotors. Ein 24/7-Dauerbetrieb ist damit nicht möglich, außerdem fehlt der Traktor dann für andere Zwecke (Silofutter heranschaffen, Mist abfahren). Der Kraftstoffverbrauch ist höher, als bei einem dedizierten Stromerzeuger mit eigenem Motor. Bei privaten Tierhaltern trifft es die Halter von Exoten, die besondere Bedingungen brauchen (beheizte Terrarien, belüftete Aquarieren). Diese Tiere werden ohne Stromversorgung binnen Tagen sterben.
    • Unfälle und Brände. In Notlagen wird der Mensch erfinderisch. Das ist nicht immer gut. Man muss damit rechnen, dass es bei einem Blackout zu deutlich mehr Bränden und Kohlenmonoxid-Vergiftungen kommen wird, weil sich die Leute z.B. einen Holzkohle-Grill ins kalte Wohnzimmer stellen. Oder ihre Wohnung mit Kerzen beleuchten, die z.B. von einer Katze oder Kindern umgeworfen werden. In den ersten Tagen eines Stromausfalls, werden viele Menschen mit Fahrzeugen unterwegs sein - aus Neugierde, Langeweile oder weil sie irgendwo etwas zu tun haben. Durch fehlende Verkehrssteuerung mit Ampeln und Schilderbrücken und durch ausgefallene Blitzer dürfte es vermehrt zu gefährlichen Situationen kommen, die zu Unfällen führen. Hier steht man nun vor dem Problem, keine Hilfe rufen zu können, keine Polize, keinen Rettungswagen, keinen Pannendienst, keine Schadensregulierung usw. Das Risiko bei jeder Fahrt durch eine banale Reifenpanne in massive Probleme zu geraten, wird immer höher.
    • Information, Unterhaltung, Betreuung. Die Menschen wollen wissen, was passiert, wie lange dauert es noch, wo bekommt man Hilfe oder eine Notversorgung usw. Rundfunk, zumindest UKW-Rundfunk wird eingechränkt weiterhin funktionieren. UKW benötigt quasi Sichtverbindung zwischen Rundfunksender und Radiogerät, deshalb gibt es viele UKW-"Füllsender". Diese werden nicht oder unzureichend notstromversorgt sein. D.h. die weißen Flecken auf der Landkarte ohne Rundfunkempfang werden mit der Zeit größer werden. Deshalb sollten z.B. komunalle Notfalltreffpunkte mit guten stationären Rundfunkantennen mit hoher Empfangsreichweite ausgestattet sein. DAB-Radios verarbeiten die Rundfunksignale digital und haben dadurch einen signifikant höheren Stromverbrauch aus analoge UKW-Radios. Die erste Generation der DAB-Radios gab es deshalb gar nicht mit Batteriebetrieb. Heute bekommt man DAB-Radios mit Netz- und Akkubetrieb, weil die heutigen LiIon-Akkus leistungsfähiger sind. Dennoch halten die meisten DAB-Radios mit Akku nur einige Stunden ohne Netzstrom durch. Zuverlässiger dürfte der Direkt-Empfang von (ausländischem) Satellitenfernsehen und -radio sein, wenn die Bodenstationen und Rundfunkstudios in nicht vom Blackout betroffenen Gebieten liegen. Mit einer Camping-SAT-TV-Ausstattung kann man z.B. an einer 12V-Batterie Radio- und TV-Kanäle über Satellit empfangen. Dies ist z.B. eine Option für Notfalltreffpunkte, zur Information, aber auch zur Unterhaltung (Kinder, Jugendliche).
      Lokale Informationen wird man in Schaukästen an Rathäusern, Gemeindehäusern, Bushaltestellen oder anderen typischen Treffpunkten aushängen können. Behördliche Anordnungen und Verfügungen sollten wegen der Lesbarkeit und Glaubwürdigkeit möglichst gedruckt bzw. maschinengeschrieben sein. Eine Vervielfältigungsmöglichkeit für die Herstellung von Aushängen oder auch Merkblättern oder Notausgaben der Mitteilungsblätter sollte gegeben sein. Hat man eine stabile Notstromversorgung, könnte man einen Laptop und Laserdrucker/Kopierer daran betreiben. Alternativ und komplett stromlos wäre die klassische mechanische Schreibmaschine und der handbetriebene Umdrucker auf Spiritusbasis. Dazu brauchts dann aber Durchschlagpapier, Matritzen, Spiritus und einen funktionsfähigen Umdrucker.
      Schulen, Kindergärten und Seniorenheime u. dgl. können in einem Blackout nur eingeschränkt oder gar nicht betrieben werden. Wir haben z.B. ein Seniorenheim mit betreutem Wohnen, das als Passivhaus gebaut wurde und lediglich über elektrische (infrarot-)Heizkörper in den Zimmern und Bädern verfügt. Hier müsste man mit (teurem, exklusivem) Notstrom heizen, was nur vorübergehend eine Option sein wird. Diesen Nutzerkreis wird man anderweitig betreuen müssen.
    • Durchhaltefähigkeit. Vor allem des Personals in den HiOrgs, bei der Feuerwehr, den technischen Berufen, Landwirtschaft, Gesundheitswesen usw. Die Einsatzkräfte müssen den Rücken frei haben, dass sie sich ihrem nun sehr aufreibenden Job widmen können. Das bedeutet in erster Linie eine gute Versorgung der Einsatzkräfte selbst, aber ganz besonders auch der Familienangehörigen der Einsatzkräfte. Sonst sind spätestens am dritten Tag keine Einsatzkräfte mehr zu sehen, weil sich sich verständlicherweise um ihr eigenes Überleben und das ihrer Familienangehörigen kümmern. Die (bevorzugte) Versorgung und Betreuung dieser Personengruppen ist extrem wichtig, wird aber mit länger dauernder Lage auch zu Neid und ggf. Übergriffen führen. Hier muss man Mechanismen etablieren, die für Ordnung sorgen. So könnte man hungrige Mitbürger zur Mithilfe gegen Versorgung gewinnen. Helfer wird man an sehr vielen Stellen benötigen: Landwirtschaft, Betreuung, im Winter beim Schneeräumen, Müll einsammeln und unschädlich machen usw.


    ...das ist nur ein Teil der "Hausaufgaben", da gibt es noch viel viel mehr.


    Meine Bestrebungen gehen mittlerweile dahin, die Thematik an möglichst vielen Stellen stark zu vereinfachen. Ich stelle mir für Privathaushalte eine Art "Lösungsblatt" in Tabellenform vor, in dem es für jede wesentliche Fragestellung eine vorgegebene Musterlösung und eine Spalte für individuelle Lösungen gibt. Ziel sollte sein, alles Wesentliche am Ende auf einem gefalteten A3-Blatt, also vier Seiten A4 unterzubringen.


    So z.B.


    "Mein Lösungsblatt für einen langanhaltenden Stromausfall"


    1. das Licht geht nicht mehr --> Musterlösung "batteriebetriebene Campinglaterne" --> eigene Lösung "Taschenlampe in der Kommode"
    2. die Heizung geht nicht mehr --> Musterlösung "Kaminofen im Wohnzimmer" --> eigene Lösung ___________________
    3. Telefon geht nicht mehr --> Musterlösung "Notfälle beim Feuerwehrgerätehaus melden" --> eigene Lösung ___________________
    4. Fernsehen, Internet geht nicht mehr --> Musterlösung "batteriebetriebenes Radio nutzen" --> eigene Lösung ___________________
    5. elektrischer Herd geht nicht mehr --> Musterlösung "Campingkocher mit Gaskartusche nutzen" --> eigene Lösung ___________________

    usw. Das könnte man auch spielerisch mit Kindern zusammenstellen und die Kinder Lösungsvorschläge machen lassen.


    Der "Vorteil" eines Blackouts ist ja immerhin (z.B. ggü. einer Hochwasser- oder Erdbebenkatastrope), dass "alles" noch da ist, nichts an Gebäuden und anderer Infrastruktur ist kaputt. Es ist "nur" der Strom weg. Deshalb kann man zumindest bei Tageslicht relativ viel Normalität haben und seine im Haushalt verteilten Gerätschaften nutzen. Und wenn man bei Nacht freiwillig in der Wohnung bleibt und sowieso alles Unnötige bleiben lässt (Corona-Lockdown lässt grüßen), z.B. Autofahrten, dann schont man die Ressourcen, die vielleicht in den kommenden Tagen/Wochen sehr knapp werden (Benzin, Diesel, Transportmittel) und man senkt das eigene Gefährdungspotenzial.


    Ein weiteres Ziel meiner Vorsorgeplanung ist, den Alltag in einem Blackout weitgehend ohne den Verbrauch begrenzter Ressourcen (z.B. Kraftstoff) zu bewältigen. Also möglichst keine Autofahrten, kein Betrieb von Notstromgeneratoren, kein Verbrauch von Dingen, die man bis auf weiteres nicht mehr nachbekommt (z.B. Einwegbatterien). Gerade bei der Energieversorgung spielt in meinen Überlegungen deshalb der Inselbetrieb von PV-Anlagen eine große Rolle. Dabei geht es mir weniger darum, in bestehende 230V-Installationen per Wechselrichter einspeisen zu können, sondern eher um den Betrieb einzelner, vielleicht lebenswichtiger Geräte (Kühlschränke für Medikamente, Gefriertruhen für verderbliche Lebensmittel wie Fleisch) oder Werkzeuge wie elektrische Kettensägen zur Brennholzaufbereitung etwa. Und natürlich für die Bereitstellung von Informations- und Kommunikationssystemen. Ohne die zwingende Notwendigkeit von Diesel oder Benzin mit der ganzen Problematik der Lagerung, der Haltbarkeit usw.

    Und wenn ich keine Stromspeicher habe, dann kann ich die Geräte eben nur dann betreiben, wenn die Sonne scheint. Meine praktische Erfahrung zeigt, dass eine PV-Anlage auch bei trübem Wetter (z.B. einen völlig verregneten Novembertag) tagsüber durchaus 5-10% ihrer Nennleistung bringt. Bei einer 9kWp-Anlage sind das immerhin 450-900W Leistung im "Dauerstrich". Damit lässt sich durchaus was anfangen.


    Ein ganz besonderes Thema ist der Umgang mit Müll. In den Krisenratgebern wird allenthalben auf haltbare Lebensmittel in Unmengen an Plastik eingeschweißt oder in Konservendosen verwiesen. Für den Fall gestörter Abwassersysteme wird auf Trocken-/Trenntoiletten verwiesen, die im Fall des Falles gewaltige Mengen an Beutelchen mit stinkendem Inhalt produzieren (zumindest, wenn es keine echten "großen" Komposttoiletten sind). Wenn man von einem Blackout unbekannter Dauer ausgeht, sollte man mit Abfällen sehr bewusst umgehen. Stichwort Hygiene und Recycling. Hygienisch bedenklicher Müll sollte nach Möglichkeit forciert verbrannt werden. Man könnte sich dafür eine große Variante eines Raketenofens vorstellen, die mit hohem Luftüberschuss und mit hohen Temperaturen auch nassen Müll verbrennen können.

    Andere Abfallstoffe sollte man soweit es geht recyceln: Papier kann notfalls als Toilettenpapier verwendet werden, aus Kartonagen können nach dem Einweichen Papierbriketts gepresst werden, die als Brennstoff dienen, minderwertige Plastikabfälle können ebenfalls verbrannt werden (Umverpackungen aus Folie), hochwertige Plastikabfälle (große Folienstücke, Luftpolsterfolie) können als provisorisches Isoliermaterial oder zum Bau von Frühbeeten genutzt werden. Plastikflaschen (PET) können für die Lagerung von Trinkwasser genutzt werden. Konservendosen sollten gereinigt trocken gelagert werden, für sie gibt es viele Anwendungsmöglichkeiten (Lagerbehälter, "Alarmzäune", Parasitenschutz für Bettgestelle). Glasbehälter sollten ebenfalls gereinigt aufbewahrt werden, insbesondere mit verschließbarem Deckel taugen sie zum Einkochen von Lebensmitteln.


    Es gibt da noch viel zu tun.

    2 Mal editiert, zuletzt von tomduly ()

  • Lieber tomduly! Du hast heute eine lange Erfolgsgeschichte geschrieben. Ich wünsche Dir und unserer gemeinsamen Sache, dass sich ganz viele die Zeit nehmen, alles sorgfältig zu lesen und beginnen in Ihrem Bereich und nach Ihren Möglichkeiten dem nachzueifern.

    Ich weiß, dass in Deinem Bundesland Baden-Württemberg das Thema schon seit langem Beachtung findet. Ich habe mich lange mit der damaligen Bürgermeisterin von Aglasterhausen unterhalten, die mit zu den Pionier(in) en in der Umsetzung der Leitlinien und Weisungen gehörte. Ich kenne auch andere lobens- und nachahmungswerte Beispiele auf Kreis und Kommunal Ebene.

    Es ist leider noch nicht auf breiter Ebene angekommen.

    Und - leider - verstärkten diese Bemühungen oft den Glauben der Bürger an die Allmacht staatlicher und ehrenamtlicher Organisationen.

    Also, weiter dicke Bretter bohren.


    Dennoch: Deine Beschreibung ist beeindruckend. Da werde ich noch viel nachlesen. Umso mehr freue ich mich über Deinen Kommentar zu meinem Buch. 🙏


    Beste Grüße

    Peter

  • Heute bekommt man DAB-Radios mit Netz- und Akkubetrieb, weil die heutigen LiIon-Akkus leistungsfähiger sind. Dennoch halten die meisten DAB-Radios mit Akku nur einige Stunden ohne Netzstrom durch.

    Wir nutzen seit 2020 dieses DAB+ Radio als Küchenradio:

    TECHNISAT Portables DAB+/UKW-Radio VIOLA 2
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    www.aldi-sued.de


    Kann mit Netzteil, Batterien und Akkus betrieben werden. Bei uns läuft es täglich als Küchenradio (Radio Bob, Rockantenne), die 4 NiMh-Akkus tausche ich - je nach Akkufitness (ich habe auch noch alte NiMH von vor LowSelfDischarge im Einsatz) und Nutzungsaufkommen - etwa alle 14 Tage. Mit 1 Satz guter NiMH-LSD-Akkus würde dieses Radio (geschätzt, lief noch nie durch) etwa 24 Stunden im Dauerbetrieb durchhalten.


    ---

    Der Gedanke ist nicht absurd. Seit Jahren gibt es das Projekt tanknotstrom.de .

    Wer wie ich nicht in (kommunale, staatliche) KatS-Vorsorgestrukturen eingebunden ist, hat definitiv wenig bis gar keinen Einblick in getroffene Vorsorgemaßnahmen. Das ist die Krux - als Einwohner erfahre ich nicht, ob und was meine Gemeinde in der Hinterhand hat und welche Resilienzen bestehen oder aufgebaut wurden.


    Ich war letztes Jahr auf der "langen Nacht der Feuerwehr", unsere Dorf-Feuerwehr hat das als Feuerwehrfest, kombiniert mit Übungen und Vorführungen, ausgerichtet.

    Zu deutlich vorgerückter Stunde ergaben sich da im Biertischgespräch (ich saß mittendrin dann am Tisch der Führungsriege, weil ich zum rausdrücken einer Wasserblase in der Dachplane einen Besen angefordert habe :face_with_hand_over_mouth:) schon auch diese Themenbereiche (ich hab halt gefragt :smiling_face_with_halo:)... aber entweder hatten sich die hiesigen Feuerwehrler auch alkoholisiert noch so super im Griff, dass sie diese - übertrieben ausgedrückt - "ein Teil dieser Antworten könnte die Bevölkerung verunsichern" Infos nicht an den 08/15 Bürger rausrücken, oder aber meine Gemeinde/Landkreis hat(te) letztes Jahr im September die Zeichen der Zeit (noch immer) nicht erkannt.


    Im August 2012 brannte in Erl/Tirol/Österreich ein Sägewerk ab und hat die direkt übers Werk gehende Stromleitung beschädigt. Die Folge damals war ein mehrstündiger Stromausfall auch hier im Dorf.

    Nun, wir haben zuhause alles kontrolliert, ausgesteckt bzw. abgeschaltet, und haben dann einfach einen "Taschenlampen-Spaziergang" durch den Ort gemacht. Sehr viele Leute saßen im Kerzenschein auf Terrassen, Balkonen oder im Garten (es war ein warmer Sommerabend) und waren zumeist erstmal guter Dinge und nur mäßig besorgt. Allerdings, man wurde als Passant direkt angesprochen und gefragt, ob man Informationen hätte, spekuliert was der Auslöser sein könnte und wie es jetzt wohl weiterginge, auch waren nach nur kurzer Zeit diverse mitunter auch gruslige Gerüchte im Umlauf, weil niemand mehr an Informationen kam (das Mobilfunknetz war schon nach unter 30 Minuten weg, mobiles Internet vermutlich auch).

    Auffällig war, dass an unserer Feuerwehrwache und auch dem Gemeindegebäude damals so gar nix los war, wir waren ausserdem nicht die einzigen, die einen Spaziergang unternahmen und eben auch dort vorbeigingen.

    Ok, das ist 11 Jahre her... aber als Einwohner bin ich heute keine Spur schlauer, inwiefern und ob es mittlerweile Konzepte für solche Fälle gibt und was nun der "Rahmenplan" für die Dorfbewohner ist :person_shrugging:

    BY/DE

    Si vis pacem, para bellum.

  • c


    Wir nutzen seit 2020 dieses DAB+ Radio als Küchenradio:

    https://www.aldi-sued.de/de/p.…-.490000000000719026.html


    Kann mit Netzteil, Batterien und Akkus betrieben werden.....

  • unbedingt empfehlenswert. Das immer wieder in den Listen erscheinende Kurbelradio ist keine echte Alternative.

    Dieses kleine Radio ist preiswert, hat alles, was man zur stromlosen Info braucht.

    Hinweis: im Blackout-Fall senden nicht die öffentlich-rechtlichen weiter, aber nicht mehr auf allen Frequenzen. Wer die seines Heimatsenders nicht weiß, automatischen Suchlauf starten.

    Tipp: mobile Solar Ladegerät wie Anker SOLIX PS30 lädt nicht nur das Radio sondern auch viele andere Hilfsmittel wie Camingleuchten, entsprechende Taschenlampen usw.

  • Wer wie ich nicht in (kommunale, staatliche) KatS-Vorsorgestrukturen eingebunden ist, hat definitiv wenig bis gar keinen Einblick in getroffene Vorsorgemaßnahmen. Das ist die Krux - als Einwohner erfahre ich nicht, ob und was meine Gemeinde in der Hinterhand hat und welche Resilienzen bestehen oder aufgebaut wurden.

    Das ist ein altes Dilemma im Bevölkerungsschutz. Politiker wollen ruhige zufriedene Wähler, die ein Garant für ihre Wiederwahl sind. Katastrophenschützer sehen hinter jedem Busch eine Katatrophe lauern und werden bei ihren Forderungen von der Politik gerne "überhört". Man will ja die Bürger (aka Wähler) nicht verschrecken.

    Diese Denkweise zieht sich bis in die obersten Etagen in Behörden und Ministerien durch: würde man dem Bürger regelmäßig erklären, was für Notfälle alles vorbereitet ist, könnte dieser ja Angst bekommen, dass er nicht sicher ist. Ängstliche Bürger wählen komisch, das erleben wir ja gerade.

    Und dann gibt es noch die Sorge, dass es in einer unübersichtlichen Lage zu Plünderungen etc. kommen könnte, wenn man im Vorfeld ständig öffentlich kommuniziert, wo die Gemeinde welche Ausrüstung lagert, wer wofür Schlüssel hat usw.

    Und man war in den letzten Jahren in der Gefahrenabwehr von einer deutlichen terroristischen Bedrohungslage ausgegangen (Islamisten, Reich sbürger). Von daher hat man es vermieden z.B. genaue Standorte von kritischer Infrastruktur in der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Beispielsweise sind bei uns die Zufahrtsstrecken zu Wasserhochbehältern, Pumpwerken, Trafostationen etc. nicht ausgeschildert.


    Da in den letzten zwei Jahren die Kriegsgefahr mit Auswirkungen auf Mitteleuropa und die Gefahr eines Energienotstands gestiegen ist, ändert sich zumindest der Teil der Öffentlichkeitsarbeit etwas, der der Bevölkerung vermittelt, dass die Kommunen und Hilfsorganisationen diese und jene Vorbereitungsmaßnahmen getroffen haben. Wie z.B. die Vorbereitung von Notfalltreffpunkten.


    Auffällig war, dass an unserer Feuerwehrwache und auch dem Gemeindegebäude damals so gar nix los war,

    Zugegeben, ich habe da bis vor einigen Jahren auch nichts von gewusst, dass Feuerwachen bei anhaltenden Strom- oder Kommunikationsausfällen personell besetzt sind. Mittlerweile teilt das unsere Feuerwehr dann z.B. über SocialMedia mit, damit erreicht man mittlerweile die meisten Bürger in einer Kommune. Beim letzten Ausfall der Notrufnummern fuhr die FW sogar mit ihren Fahrzeugen die Ortschaften ab und informierte per Lautsprecher-Durchsage die Bevölkerung. Aber das scheint nicht einheitlich geregelt.


    Ich würde es begrüßen, wenn z.B. in den amtlichen Mitteilungsblättern/Amtsblättern regelmäßig ein Infotext veröffentlicht würde: "Hinweis für die Bevölkerung - bei einer Störung von Notrufnummern oder einem größeren Stromausfall werden nach spätestens einer Stunde die Gerätehäuser der Feuerwehr in allen Teilorten rund um die Uhr mit Personal besetzt. In dringenden Notfällen können Sie dort persönlich Hilfe anfordern oder bitten Sie einen Angehörigen oder Nachbarn, das für Sie zu tun. An den Gereätehäusern der Feuerwehr und an den Rathäusern werden im Bedarfsfall auch wichtige Informationen durch Aushang bekanntgemacht."

  • Hinweis: im Blackout-Fall senden nicht die öffentlich-rechtlichen weiter, aber nicht mehr auf allen Frequenzen.

    Ich glaube, da hat sich ein "nicht" zuviel eingeschlichen :winking_face:


    ---

    wenn man im Vorfeld ständig öffentlich kommuniziert, wo die Gemeinde welche Ausrüstung lagert, wer wofür Schlüssel hat usw.

    So dezidiert würde ich das aber auch gar nicht erwarten. Es würde doch reichen, wenn eine Gemeinde beispielsweise mitteilt "bei Stromausfall können die in der Gemeinde befindlichen Gebäude bis Stockwerk X noch für Y-Stunden mit Wasser versorgt werden", und "wir halten Vorräte bereit, die bei anhaltender Schadenslage für Z-Tage für alle Bewohner reichen", sowie "fällt die Wasserversorgung aus, errichten wir an Standort Feuerwehr/Gemeinde/Schule eine Wasserentnahmestelle, bitte bringen sie geeignete Gefässe, Kanister mit" und vielleicht noch "Pfarrheim/Gasthaus/Pfarrhaus/Pflegeheim hat einen Kachelofen und ist bei anhaltender Kälte als "Wärmestube" vorgesehen, bis zu XX vulnerable Personen können dort ggf. auch auf Feldbetten zurückgreifen".

    Jetzt mal ganz platt ausgedrückt.

    Ich muss nicht wissen, wo was in welcher Anzahl genau eingelagert ist und wer da jetzt Zugang und Schlüssel hat - aber ich würde schon gerne wissen, dass etwas in der Hinterhand ist, und vielleicht auch noch was da ggf. vorgehalten wird und vorbereitet wurde.


    Dazu noch einen "Disclaimer" in der monatlichen Dorfzeitung, wie den deinen (entsprechende Umsetzung vorausgesetzt):

    "Hinweis für die Bevölkerung - bei einer Störung von Notrufnummern oder einem größeren Stromausfall werden nach spätestens einer Stunde die Gerätehäuser der Feuerwehr in allen Teilorten rund um die Uhr mit Personal besetzt. In dringenden Notfällen können Sie dort persönlich Hilfe anfordern oder bitten Sie einen Angehörigen oder Nachbarn, das für Sie zu tun. An den Gereätehäusern der Feuerwehr und an den Rathäusern werden im Bedarfsfall auch wichtige Informationen durch Aushang bekanntgemacht."


    Von daher hat man es vermieden z.B. genaue Standorte von kritischer Infrastruktur in der Öffentlichkeit zu kommunizieren.

    Naja, wer jetzt nicht ganz blind durch die Gegend rennt und radelt, kennt eigentlich schon alle Standorte von Wasserversorgung, Trafostationen und Umspannwerken... obwohl natürlich nicht gekennzeichnet oder gar ausgeschildert, weiß ich in meiner Gemeinde auch, wo die Notbrunnen sind :winking_face:

    BY/DE

    Si vis pacem, para bellum.