Der deutsche Bundestag hat letzte Woche mit der Risikoanalyse des Zivilschutzberichts für 2023 begonnen.
Grundlage ist die Konzeption Zivile Verteidigung (KZV) aus dem Jahr 2016 und darauf aufbauend soll ein „Gesamtszenario Zivile Verteidigung“ unter Berücksichtigung der Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine erstellt werden.
Das Szenario teilt die Bedrohung in 4 Phasen ein:
Alles anzeigenPhase I (Hybride Bedrohungen) ist geprägt durch hybride Aktionen eines Aggressors. Zu diesen zählen
insbesondere Desinformationskampagnen sowie die Vorbereitung und vereinzelte Durchführung von Spionageaktivitäten, Cyberattacken, Sabotageakten und Anschlägen auf lebens- und verteidigungswichtige Einrichtungen sowie Kritische Infrastrukturen. Die Desinformationskampagnen in den Medien und sozialen
Netzwerken haben zum Ziel, die Bevölkerung zu verunsichern. Sie sollen die öffentliche Meinung beeinflussen, die Bevölkerung spalten, die Gesellschaft destabilisieren und das Vertrauen in die freiheitliche Demokratie untergraben. Auch Aktivitäten im Weltraum, die darauf zielen, die zivile und militärische Führungs-, Aufklärungs- und Handlungsfähigkeit bereits im Vorfeld eines Konfliktfalls einzuschränken oder
unmöglich zu machen, werden vorbereitet und vereinzelt durchgeführt. Kennzeichnend für Phase I ist, dass
überwiegend im Verborgenen operiert wird, sodass einzelne Aktionen nicht eindeutig einem staatlichen bzw.staatlich beauftragten Akteur zugeordnet werden können. Diese Phase dauert über mehrere Jahre in schwankender Intensität an.
– In Phase II (Krise, militärischer Aufmarsch an den NATO-Außengrenzen) kommt es zum militärischen
Aufmarsch des Aggressors an den östlichen Grenzen des NATO-Bündnisgebietes und als Reaktion darauf
zu einem Aufmarsch von NATO-Kräften zur Abschreckung. In den Grenzgebieten zeichnen sich erste
Fluchtbewegungen ab. Der Aggressor führt vermehrt Spionage, Cyberangriffe, Sabotageakte und Anschläge
durch, um mögliche Truppenbewegungen innerhalb des NATO-Territoriums und insbesondere in Deutschland zu be- oder verhindern und so den Aufmarsch von Streitkräften an der Ostflanke der NATO zu verzögern. Die Verschleierung der eigenen Urheberschaft tritt dabei zunehmend in den Hintergrund und die Aktionen werden aggressiver und offener. Phase II erstreckt sich über einen Zeitraum von mehreren Monaten.
– In Phase III (Bündnisverteidigung und Übergang zur Landesverteidigung) greift der Aggressor mit militärischen Mitteln die Grenzen des NATO-Bündnisgebietes an. Die Schwelle zum klassischen Krieg ist damit überschritten. Es kommt zu punktuellen Angriffen mit konventionellen Waffen und nicht konventionellen Mitteln, auch auf Ziele im Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland. Im Weltraum kommt es zu
regelmäßigen Störungen und vereinzelten Ausfällen ziviler und militärisch genutzter Satelliten. Auch die
Mittel der hybriden Kriegsführung werden weiterhin eingesetzt. Phase III erstreckt sich über einen Zeitraum
von mindestens einem Jahr.
– In Phase IV (Landesverteidigung) gelingt den gegnerischen Truppen ein Durchbruch der Verteidigungslinien der NATO bis auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. In der Folge kommt es zu Kampfhandlungen an Land, zur See sowie in der Luft auf deutschem Territorium. Zudem beginnt erstmalig im Weltraum
ein Konflikt globalen Ausmaßes. Phase IV endet frühestens nach mehreren Monaten mit einem ausgehandelten Waffenstillstand.
Risikoanalyse für den Zivilschutz 2023 (PDF)