Historische Pflanzen / Urformen

  • Hallo Zusammen !


    Ich bin ein Garten-Anfänger und interessiere mich für Gemüse- , Kräuterpflanzen und Blumen,
    die in noch Ihre ursprüngliche Beschaffenheit haben.


    Also möglichst wenig " verzüchtet ".


    So in der Richtung des Zustandes von vor ein paar Hundert Jahren.


    Gibt es irgendwo eine gute Bezugsquelle für solche Samen ?


    Mein Ziel ist es, robuste und gesunde Pflanzen zu ziehen.



    Schonmal schönen Dank und Gruß : eric

  • Was Gemüse und Blumen angeht, kann ich mir vorstellen, dass es sich bei den meisten Sorten eher um Rückzüchtungen handelt als um bewahrte ursprüngliche Saat.
    (ich lasse mich jedoch sehr gerne belehren)


    Frau Gevekoth bietet bspw. telefonische Beratung und Versand an: http://www.historisches-gemuese.de/index.html


    Der Dreschflegel hat einige alte Gemüsesorten (z. B. Pastinake, Mairübchen, Schwarzwurzel). Der Rühlemann bietet ein großes Sortiment an Kräuter- und Duftpflanzen. Bei Rühlemann gibt es sogar die rote Gartenmelde zu bestellen.


    Das Angebot von http://www.magicgardenseeds.de/ finde ich ebenfalls sehr interessant.


    VG qittatun

  • Zitat von eric;85806

    Hallo Zusammen !


    Ich bin ein Garten-Anfänger und interessiere mich für Gemüse- , Kräuterpflanzen und Blumen,
    die in noch Ihre ursprüngliche Beschaffenheit haben.


    Also möglichst wenig " verzüchtet ".



    Hallo Eric,


    bei Getreide fallen mir da mal spontan alte Sorten wie Emmer und Dinkel ein. Wo gibt es die zu kaufen? Bei uns in der Mühle. Einfach mal in der nächsten Mühle fragen.


    Bei Kräuterpflanzen gilt, vieles ist essbar, "Unkraut" ist von Natur aus extrem robust und wenig verzüchtet. Es hat meines Wissens noch keiner geschafft, Giersch aus seinem Garten auszurotten. Warum auch? Man kann ihn essen, Zubereitung junger Blätter als Salat, ansonsten wie Spinat.


    Als Kohlehydratknolle Topinambur, ist absolut anspruchslos, wuchert wie Unkraut, im Gegensatz zu Kartoffeln fast krankheits- und schädlingsresistent


    Bei Saatgut musst Du Dich vor allem vor sogenannten F1-Hybriden vorsehen - das steht allerdings meist auf der Packung. Zur Nachzucht absolut untauglich. Einwegsaatgut.



    Viele Grüsse


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Gut ist es auch, Sämlinge/Pflanzen aus der näheren Umgebung zu besorgen, die sind besser an den Standort angepasst (Nachbarn, Genossenschaft, Tauschbörsen etc.) insgesamt sollte man nicht vergessen, dass hohe Widerstandskraft auch anderen Geschmack bedeutet- bei Salat z.B. mehr Bitterstoffe. Das kann erst einmal gewöhnungsbedürftig sein.


    Liebe Grüsse
    Luka

  • Bei den Saatgutanbietern würde ich noch die Bingenheimer Saatgut AG empfehlen.


    Emmer, Einkorn, Rotkornweizen und andere Getreidesorten gibt es unter anderem bei Widu Mühlenbau . Hab selbst schon dort bestellt und war zufrieden. Handliche 25kg Säcke, aus denen man auch lecker Brot backen kann. :lachen:


    Für historische Pflanzen im Bereich Gemüse empfehle ich das Handbuch Bio-Gemüse (Andrea Heistinger u. a.) und das Buch Kräuter und Gewürze (Marie-Luise Kreuter) für eben diese.


    Edit: Und selbstverständlich nicht zu vergessen: Den VEN (Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt)

    Wer sich in die Natur begibt, der lernt beim allerbesten Meister! (Erwin Thoma)

  • Hallo eric!


    Welche Ziele verfolgst Du denn mit Deinem Gartenbau?
    Erhaltung alter und seltener Sorten, Experimentieren, oder im Ernstfall davon leben?


    Ich habe Landwirtschaft gelernt und ein Jahr in der Zucht von Getreidesorten gearbeitet.
    Daher möchte ich gern ein paar grundlegende Anmerkungen hierzu machen:


    Bei Lebewesen gibt es keine "ursprüngliche Beschaffenheit".
    Alle Pflanzen- und Tierarten (incl. homo sapiens) verändern sich im Wechselspiel von Mutation, Selektion und Neukombination ständig und passen sich an wandelnde Umweltbedingungen an.
    Es herrscht ein permanenter Wettlauf zwischen Pflanzen und ihren Parasiten.
    Eine Wildpflanzenart versucht zunächst, für ihre "Freßfeinde", zu denen auch wir zählen, möglichst ungenießbar zu sein, und züchtet sich selbst daher spitze Dornen, harte Schalen, Steinzellen im Fruchtfleisch, geringe Nährstoffdichte, Bitter- oder sogar Giftstoffe an, um soviele Samen wie möglich an diesen gefräßigen Menschen vorbeizumogeln.
    Die Menschen bevorzugten daraufhin Arten, die leichter zu ernten, schmackhaft und bekömmlich waren und lernten, diese wieder auszusäen.*
    Plötzlich war es für diese Pflanzenarten von Vorteil, mit dem Menschen in Symbiose zu leben, sich von ihm vermehren, beschützen und nach seinen Bedürfnissen umzüchten zu lassen.
    Ein lohnender Ertrag war mit Abstand das wichtigste Selektionskriterium.
    Man mußte aus der Landwirtschaft mehr Nahrungsenergie rausholen, als man in Form von Arbeit reingesteckt hatte, sonst verhungerte man.
    Die Bronzezeit-Menschen, die ein Einkorn-Korn in die Erde stecken mußten, um vier Körner ernten zu können, hätten uns glühend um unsere heutigen Weizensorten beneidet, wo an einer Pflanze fünf Ähren mit jeweils 40 Körnern sitzen, die solange in der Ähre sitzen bleiben, bis sie reif sind und nicht vorzeitig zerfallen und verloren gehen.


    Die Gesundheit der Pflanzen war schon immer ein wichtiges Zuchtziel.
    Weil aber Krankheitserreger und Schädlinge sich extrem schnell an ihre Wirtspflanzen anpassen, ist eine Pflanzensorte niemals ein für allemal resistent gegen eine Krankheit.
    Ständig findet ein evolutionärer Wettlauf zwischen Wirtspflanze und Erreger statt.
    Der Züchter tut nichts anderes, als die Pflanzenart bei dieser Weiterentwicklung zu unterstützen.
    Deshalb ist es einfach nicht richtig, daß "alte" Sorten generell widerstandsfähiger gegen Krankheiten sind als neue.
    Wären sie es, hätte man keinen Grund gehabt, sie durch bessere zu ersetzen.
    Der Grund, weshalb alte und seltene Sorten erhalten werden sollten, ist ein anderer:
    Niemand kann voraussehen, welche genetischen Eigenschaften gegen neu entstehende Krankheitserreger helfen.
    Deshalb muß man die genetische Vielfalt bewahren, um benötigte Resistenzen finden und einkreuzen zu können.
    Dabei entstehen z.B. die ganz zu Unrecht verteufelten Hybriden:
    Nehmen wir Weizen A, der sehr ertragreich ist, aber sehr anfällig gegenüber einer neuen Pilzkrankheit.
    Nun testen die Wissenschaftler alle verfügbaren Weizensorten auf Resistenz gegen diesen Pilz und finden einen hinterasiatischen Wüstenwildweizen, der ein Resistenzgen besitzt, nur leider überhaupt keinen nennenswerten Ertrag bringt. Nun werden von Ertragssorte A und Resistenzsorte B reine Linien, die die gewünschte Eigenschaft dominant vererben, gekreuzt. Das Ergebnis ist eine ertragreiche, resistente und durch den "Heterosiseffekt" besonders vitale F1(=Erste-Tochtergeneration)-Hybride. Das besondere an der F1-Generation ist, daß sie einheitlich die gewünschten Eigenschaften ausbildet. Diese Einheitlichkeit geht in den Folgegenerationen wieder verloren, weil nach den Mendelschen Vererbungsgesetzen durch Neukombination der Erbanlagen auch die nicht dominanten Eigenschaften wieder zu bestimmten Anteilen in Erscheinung treten: Die Folgegenerationen spalten sich auf, das heißt, Du hast nach Wiederaussaaat einer F1-Hybride ein Viertel ertragreiche resistente Weizenpflanzen, ein Viertel ertragreiche anfällige Pflanzen, ein Viertel armselige resistente Pflanzen und ein Viertel armselige anfällige Pflanzen auf dem Feld.
    *Dennoch wird die Mischung vermutlich ertragreicher sein als ein Feld mit armseligem hinterasiatischen Wüstenwildweizen.


    Deshalb frug ich nach Deiner Motivation:
    Willst Du durch Experimente Erfahrungen sammeln, dann bau alte und neue Sorten nebeneinander an und teste, welche unter Deinen Bedingungen am besten sind.
    Willst Du davon leben und bist Du im Krisenfall auf den Ertrag Deines Gartens angewiesen, dann laß Dir von Profi-Gemüsebauern deiner Region zuverlässige Sorten empfehlen.* ***

  • Hi hinterwäldler,


    Das mit den F1 Hybriden hast du prima erklärt. Ich möchte noch anfügen, dass sich die Bauern durch diese Neuzüchtungen unweigerlich in eine Abhängigkeit zu den einschlägigen Saatguthändlern begeben.


    Allen voran Monsanto und BASF verfolgen nur das Ziel der Gewinnmaximierung und kümmern sich nicht um die vielen Bauern, die sich bspw. in Indien oder anderen Ländern das Leben nehmen, weil sie die hohen Preise für das Saatgut der großen Händler nicht mehr bezahlen können und keinen Zugang zu samenfesten Sorten mehr haben.


    Auch die Lobbyarbeit der oben genannten Global-Player kann sich sehen lassen. In den letzten Jahren sind aus den Samenkatalogen der EU eine Menge samenfeste Sorten gestrichen und durch sogenannte F1 Hybriden ersetzt worden. Und der wirklich miese Part dabei ist, das Sorten, die nicht in diesem ominösen Katalog auftauchen, auch nicht in den Handel gelangen dürfen; europaweit versteht sich.


    Auch in der EU wird es bei derartiger Entwicklung bald keine samenfesten Sorten mehr geben, wenn sich keiner mehr um den Anbau dieser alten Sorten kümmert. Lebensmittel, die uns seit Jahrhunderten ernährt haben, verschwinden einfach vom Markt und werden durch künstliche, geschmacklose und für den menschlichen Verzehr, weil mit diversen Chemikalien behandelt, nicht unbedingt geeignete aber formschöne und glänzende Gegenstände ersetzt.


    Die Forschung hat in den letzten Jahrzehnten sicher auch viel gutes bei der Auswahl unserer Nahrungsmittel geleistet, aber diese Entwicklung geht eindeutig in die falsche Richtung. Wir müssen uns wieder auf den ökologischen und biologischen Anbau besinnen, der unter Umständen den Einsatz von, ich nenne sie mal vorsichtig, Pflanzenschutzmitteln nicht erfordert oder wenigstens einschränkt.


    Wir sollten die Gesetze der Natur beobachten, befolgen, von ihnen lernen und sie nicht dauernd manipulieren, sonst werden wir bald nix mehr zu essen haben.


    @eric
    Wenn du den Anbau von alten (samenfesten) und neuen (viele F1 Hybriden) Sorten nebeneinander erwägst, dann achte darauf, dass sie sich nicht untereinander verkreuzen können. Bspw. Mais oder andere Fremdbefruchter die auf den Wind angewiesen sind, tragen ihre Pollen unter günstigen Umständen mehrere Kilometer weit. Sonst hast du am Ende Saatgut das sich für eine erneute Aussaat nicht verwenden läßt und du jedes Jahr neu erwerben musst.

    Wer sich in die Natur begibt, der lernt beim allerbesten Meister! (Erwin Thoma)

  • Hallo zusammen,


    was mich fraglich stimmt an der Diskussion ist, dass es bis vor einigen Jahrzehnten üblich war, zumindest bei Gemüse und Kräutern ortsfeste, selbst gezogene Saaten zu verwenden. Es gab innerhalb von Ortschaften und sogar in einzelnen Höfen eine eigene Saatgutgewinnung der "gutseigenen" Sorten, die über Jahrzehnte verwendet und durch Selektion verbessert wurden. Ich denke - Vorteile von F1 und anderen Profizüchtungen hin oder her - wenn ich ortsfeste, für den eigenen Bedarf genügend ertragreiche Samenbestände selber ernte und verwende, reicht das. Bei Obst kenne ich mich nicht so gut aus, da es hier wirklich spezifische Kenntnisse über Veredelung bedarf.


    Zu der Diskussion über die Anpassung von Schädlingen an Sorten und die notwenige züchterische Anpassung: Meine Meinung ist, dass gerade durch die züchterische Weiterverbesserung immer mehr Druck auf die Sorten entsteht. Ich denke zur Verwendung alter Sorten: Weniger (Ernte) ist mehr (Langfristige Verwendung). Fast kein Gartler ist in der Lage selbst zu züchten. Dies gilt für die Selbstversorgung, nicht für den Ertragsanbau. Dieser wird sich in keinem Fall der Züchtungsindustrie entziehen können, da er in Konkurrenz steht. Füe die eigene Versorgung gibt es genügend Möglichkeiten Schädlinge und Krankheiten einigermassen im Griff zu haben: Fruchtwechsel, Mischkultur, Gründünger, Jauchen, natürliche Düngung etc. In einem Mistwetterjahr kann das aber auch schon mal zur Misserte führen. Dann sollte aber doch noch ein Notvorrat greifen.


    So mal meine Gedanken, freu mich auf Rückmeldungen


    Grüsse Andi

  • Hallo zusammen!


    Tolle Diskussion :Gut: und viele gute Argumente wurden schon ins Spiel gebracht.
    Man sieht nun, dass alles zusammen nicht so einfach ist und oftmals viele Faktoren im zu beachten sind.


    Einen Faktor möchte ich auch noch ins Spiel bringen: Gerade was die Pflanzengesundheit betrifft, viel wäre schon getan, wenn wir mehr auf die Bedürfnisse der Pflanzen eingehen würden.
    Natürlich ist man Machtlos, wenn die Klimatischen Begebenheiten sich ändern, da hilft oft nur ein Sortenwechsel. Das wird in den letzten Jahren so bei uns im Weinbau mit Erfolg praktiziert und ich nehme an, dass auch die anderen landwirtschaftlichen Sparten dies so handhaben, bin da aber nicht so auf dem Laufenden.


    Ein Punkt, meiner Meinung nach ein sehr wichtiger Punkt wäre die Bodengesundheit. Die Gesundheit einer Pflanze beginnt nun mal in einem gesunde Boden mit hohem Humusgehalt. Andi hat das im Prinzip schon ins Spiel gebracht, mir fällt das bei uns in den letzten Jahren deutlich auf, der Humusgehalt sinkt auf vielen unserer Äcker.
    Ein Indiz dafür sind die Erdverwehungen auf den Äckern, die es früher in diesen Ausmaßen bei uns in Vorarlberg nicht gab. Humusreiche Böden werden nicht so einfach vom Wind abgetragen.


    Zitat

    Die Humusgehalte von Böden in verschiedenen europäischen Regionen schrumpfen: Das heißt, sie zeigen tendenziell einen Verlust an organischer Substanz. Insbesondere in Südeuropa weisen große Regionen nach unserer Bewertung geringe Humusgehalte auf.
    Diese Tendenz ist aber nicht nur auf Südeuropa begrenzt. Forscher stellten fest, dass vorwiegend durch veränderte Bewirtschaftungsmethoden in der Landwirtschaft der Anteil der Flächen mit einem geringen Humusgehalt zugenommen hat.

    von der interessanten Seite: http://www.bodenwelten.de/bod_schatz/bod_humus.htm#


    Wenn ich es als Gärtner betrachte, auch die Sortenvielfalt ist für einen Gärtner durchaus sehr interessant und jeder Gärtner würde sich doch über eine eigene, selbst gezüchtete Sorte freuen, der er dann den hübschen Namen seiner Frau (oder bei Gärtnerinnen natürlich umgekehrt, denn Namen ihres Verehrers :face_with_rolling_eyes:) aufdrücken kann. Es liegt nun mal in der Natur des Gärtners, kreativ im Bereich seiner Möglichkeiten mitzuwirken um nicht nur Kultivateur, sondern auch Züchter sein zu wollen.


    Es ist ja nichts verwerfliches. Die andere Seite der Medaille sind natürlich die Riesen unter den Saatgutproduzenten, denen geht es primär um ihr Wohl, ihren Machtausbau und schlussendlich möglichst viel kontrollieren zu können und Abhängigkeit zu erzeugen. Dass die Politik denen in die Hände spielt, das ist natürlich ein sehr großes Problem und stimmt bedenklich. Sehr bedenklich, aber ich nehme nicht an, dass sich das in nächster Zeit ändern wird.


    Ich merke gerade, dass wir zwar einen interessanten Faden hier am Laufen haben, doch ob das jetzt eric wirklich weiterhilft, wage ich zu bezweifeln.


    @ eric: Ich hoffe, wir haben hier jetzt nicht Verwirrung gestiftet, sondern dir einfach einen kleinen Einblick in unsere gärtnerischen Sorgen und Nöte vermitteln können.


    Ich wollte dir ja eigentlich nur sagen, dass du als Garten-Anfänger auch den Boden ganz besonders als wertvolles Kapital betrachtest und dich mit ihm beschäftigst, ihn pflegst, dann wirst du auch Erfolg mit deinen Pflanzen haben, wenn du denn alle anderen Ansprüche deiner Pflanzen beachtest, egal, ob es nun alte, uralte oder neue Sorten sind.


    Viel Erfolg und wenn du weitere Fragen hast oder dir das alles ein wenig zu "spanisch" vorkommt, nur zu, wir bemühen uns, dir ein paar Tipps zu geben.


    LG, handyman

  • Hallo Hinterwäldler !



    Erstmal schönen Dank für Deine Info-Reiche Rückmeldung !


    Ich möchte als Anfänger erstmal Info`s sammeln welche alten Arten es gibt und vor allen Dingen
    woher ich diese bekommen kann.


    Dann wollte ich mir so eine Art Wildbeet anlegen mit verschiedenen Arten und Sorten und
    erstmal Erfahrungen sammeln.


    Generell möchte ich mich auch mal selbst versorgen können ( Im Notfall oder wenn es als Nahrungsmittel nur noch Fertigpizza und Gen-Gemüse gibt.)
    Ich glaube auch das unsere Lebensmittel immer "wertloser" und ungesünder werden, da scheinbar das Aussehen und Haltbarkeit
    mittlerweile der Hauptaugenmerk der Nahrungsmittelindustrie ist.


    Da dachte ich mir, ich versuche es mal mit natürlicheren Pflanzen so etwa aus der Vorindustriellen Zeit.


    Ich möchte die Sache erst mal als Hobby betreiben und mein Wissen und meine Fertigkeiten vergrössern.


    Das mit den Hybriden ist wirklich Interessant, werde mich da mal einlesen.



    Gruß : Eric

  • Hallo handyman !


    Danke der Nachfrage (wg. der Verwirrung) !
    Ich hole mir aus Euren echt fachmännischen Beiträgen schon die passenden Info`s heraus.


    Ich werde so langsam mal in die Materie und nächstes Frühjahr auch mal in die Praxis einsteigen.
    Da werden mir bestimmt noch viele Fragen aufkommen mit denen ich mich gerne an Euch wenden werde.


    Schönen Dank und Gruß : eric

  • Moin Buchkammer!
    Die von Dir angesprochenen Fehlentwicklungen haben bedeutend komplexere Ursachen:
    *Auf Seiten der Bauern in den Entwicklungsländern wird schon seit Generationen der Fehler gemacht, zuviele Kinder in die Welt zu setzen. Durch Erbteilung wird dadurch die Landfläche pro Familie immer kleiner. Der Boden wird völlig ausgelaugt, weil jedes Fitzelchen Bioabfall gefressen oder im Herdfeuer verbrannt wird. *Den Bauern gelingt es immer seltener, von der eigenen Ernte Saatgut zurückzubehalten. Also müssen sie sich bei ihrem Grundherren oder bei dem örtlichen Monopolhändler zu Wucherzinsen verschulden, um dann von ihnen Saatgut zu Wucherpreisen zu kaufen.
    Der verkauft ihnen natürlich bevorzugt Hybridsorten, weil deren höherer Ertrag die Rückzahlung seiner Wucherzinsen ermöglicht. Dieser höhere Ertrag im ersten Anbaujahr ermöglicht es auch dem Pächter, ein Kind mehr durchzufüttern, welches sonst verhungert wäre, und zusätzlich noch Saatgut zurückzulegen. Da ihm aber niemand die genetische Aufspaltung erklärt hat und da die Hybridsorten wegen unzureichender Düngung ihr Ertragspotential nicht ausschöpfen können, fällt die Ernte im darauffolgenden Jahr bedeutend geringer aus und der Bauer fühlt sich betrogen. Das ist aber nicht die Schuld der Saatzuchtindustrie, sondern die Folge extrem ungerechter Gesellschaftsverhältnisse.


    Die Konzentrations- und Monopolisierungsprozesse in der Saatzuchtindustrie sind in der Tat besorgniserregend.
    Die flächendeckende Umstellung der Bauern auf eigenen Nachbau kann aber nicht die Lösung sein.
    Wenn das funktionieren würde, hätten die geizigen Bauern nie Saatgut gekauft und sich eine Saatgutindustrie gar nicht erst entwickelt. Aber durch ständigen eigenen Nachbau degenerieren die Hofsorten schleichend durch Inzucht, Anhäufung negativer Mutationen und Einkreuzung minderwertiger Saaten. Deshalb gibt es keine dauerhaft "samenfesten"Sorten. Man muß ständig selektieren, um nur das Niveau zu halten. Dazu kommt die Verbreitung von über das Saatgut übertragener Krankheiten.* Die lokalen Erreger häufen sich im Boden an und lauern nur darauf, daß ihre Lieblingssorte wieder ausgesät wird. Deshalb haben Bauern früher ihre Sorten getauscht, um wenigstens für ein paar Jahre einen Vorsprung zu haben.
    Das Risiko dabei war, sich neue Krankheiten einzuschleppen.
    Prinzipiell kann jeder züchten, wenn er weiß, wie es geht. In der Praxis ist es enorm aufwendig, Zuchtfortschritte zu erzielen. Die Entwicklung einer neuen Sorte erfordert oft zehn Jahre und mehr.
    Deshalb entscheiden sich die Bauern immer wieder dafür, eine Saatzuchtfirma für diese Dienstleistung zu bezahlen, weil es sich unter dem Strich rechnet. Die Abhängigkeit durch diese Arbeitsteilung beruht auf Gegenseitigkeit: Wenn der mittelständische Pflanzenzüchter seine Sorten nicht zu einem kostendeckenden Preis verkaufen kann, weil deren Ertrag nicht konkurrenzfähig ist, geht er pleite.
    Die Sorten der verschiedenen Züchter werden in neutralen staatlichen Versuchsanstalten in aufwändigen mehrjährigen Versuchen an mehreren unterschiedlichen Standorten geprüft und bei Eignung durch das Bundessortenamt zugelassen.
    Das strenge Saatgutverkehrsgesetz ist im Interesse aller Beteiligten:
    - Der Bauer wird vor Betrug durch Handel mit minderwertigem Saatgut geschützt und kann gezielt Sorten kaufen, deren Eigenschaften für seinen Standort und seine Qualitätsanforderungen besonders geeignet sind.
    - Die Saatzuchtfirmen erhalten das Zertifikat einer unabhängigen Prüfinstanz und durch den befristeten Sortenschutz die Chance, daß ihre jahrelange Arbeit angemessen vergütet wird.
    - Der Staat gewährleistet durch diese Gesetze und deren wissenschaftliche Kontrolle die Ernährungssicherung der Bevölkerung und den Rechtsfrieden.
    - Der Verbraucher profitiert von einer gesicherten Versorgung mit hochwertigen Nahrungsmitteln zu konkurrenzlos günstigen Preisen.


    Den von Buchkammer angesprochenen Fehlentwicklungen muß mit den geeigneten politischen Maßnahmen begegnet werden:
    - Durch verschärfte Anwendung des Kartellrechts muß der Konzentration in der Saatgutindustrie entgegengewirkt, müssen Monopole zerschlagen werden.
    - Kleine und private Züchter müssen gleichberechtigten Zugang zu Genressourcen und zu Prüf- und Zulassungsverfahren erhalten.
    - Der bäuerliche Nachbau darf nicht kriminalisiert werden.
    - Es darf keine Patente auf genetische Ressourcen und Zuchtmethoden geben.
    - Die biologische Vielfalt muß erhalten und gefördert werden.
    - Die Zucht von sogenanntem "Terminator"-Saatgut, welches nach der ersten Generation unfruchtbar ist ( und womit Hybrid-Saatgut völlig zu Unrecht gleichgesetzt wird von Leuten, die keine Ahnung haben), sollte für den Verkauf zur Nahrungsproduktion verboten werden.*

  • Hallo hinterwäldler!


    Nur zu diesem Punkt eine Anmerkung:


    Zitat von hinterwäldler;86074


    - Die Saatzuchtfirmen erhalten das Zertifikat einer unabhängigen Prüfinstanz und durch den befristeten Sortenschutz die Chance, daß ihre jahrelange Arbeit angemessen vergütet wird.
    **



    Glaubst du das wirklich? Also ich bin Österreicher und deshalb speziell der Behauptung gegenüber, dass es unabhängige Prüfinstanzen gibt, sehr skeptisch eingestellt.
    Wohlgemerkt: Für Österreich und in Österreich gesehen. Schön, wenn es im restlichen Europa anders ist und es tatsächlich läuft, wie es laufen sollte.


    LG, handyman

  • Hallo Eric


    Bezüglich des Saatgutes habe ich persölich hier: http://www.sativa-rheinau.ch/ nur Gute Erfahrungen gemacht. Vielleicht kannst du dich auch umhören ob ein "Demeter Hof" bei dir in der Nähe ist um dir Tipps zu holen.


    Viel Glück und einen "Grünen Daumen" wünscht


    Chani

  • Hi hinterwäldler,


    Die ungebremste Kinderzeugung in einigen Ländern ist sicher nicht darauf zurückzuführen, dass die Leute neben ihrer Arbeit nix mit ihrer Freizeit anzufangen wissen und nur noch rumvögeln. Sie hat andere Ursachen, die unter anderem nur eine direkte Folge der weltweiten Agrarpolitik, wenn man sie denn so nennen möchte, ist.


    Vielleicht kann ich das am Beispiel einer Pflanze erklären: Wenn man einem Broccoli den Hauptstrunk, also die eßbare Blüte abschneidet, bildet er im günstigsten Fall noch mehrere kleine Nebenstrünke. Er versucht sich also weiter zu vermehren, obwohl man ihm seinen Hauptschniedel abgeschnitten hat. In die Enge gedrängt hat er nur noch ein Ziel; sich zu vermehren. Das funktioniert bei vielen anderen Pflanzen und Tieren ebenso. Der Mensch bildet dahingehend eine Ausnahme, da er nur ein Fortpflanzungsorgan besitzt. :staun: Aber ich hoffe, ich konnte das einigermaßen verdeutlichen, was passiert, wenn man Lebewesen nicht den nötigen Raum und die Zeit gibt, sich zu entfalten und zu vermehren.


    Zu deinen anderen Argumenten. Sei nicht sauer, aber irgendwie liest sich das wie eine Abschrift aus einem Samenkatalog, der sich nicht um die Erhaltung unserer Saatgutvielfalt kümmert. Aussagen wie: " [...]muß mit den geeigneten politischen Maßnahmen begegnet werden" [...] reisen mich auch nicht mehr unbedingt vom Stuhl. Die Politik hat kläglich versagt und läßt sich ihre Doktrin schon seit Jahrzehnten durch die Industrie diktieren.


    Da wird europaweit der Anbau von Pflanzen subventioniert, damit den Nutztieren Futter verabreicht werden kann, dass keineswegs ihrer Natur entspricht oder die Erträge zu Biosprit verarbeitet werden. Andererseits wird vorgeschrieben, welche Biegung eine Banane oder Gurke aufweisen darf und das der Handel mit Äpfeln erst ab einer besimmten Größe zulässig ist. Auf der anderen Seite der Welt steben täglich 25.000 Menschen an den Folgen von Hunger und Krieg ... aber ich schweife ab.


    Zurück zu den samenfesten Sorten. Klar, lokale Sorten wurden in den vergangenen Jahren unter den Bauern getauscht und reine Hofsorten degenerieren mit der Zeit, sofern man die Ernte nicht ausreichend selektiert. Reine samenfeste Sorten gibt es nicht, da stimme ich dir auch zu. Das Leben und damit vebunden die Entwicklung der Pflanzen ist einem ständigen Prozess der Veränderung unterworfen.


    Aber ich bleibe dabei. Gesunde (samenfeste) Pflanzen, die auf gesundem Boden wachsen brauchen keine zusätzlichen chemischen Dünger, weniger Pflege und sind gegen viele der heute auftretenden Krankheiten resistent. Es kann doch nicht sein, dass mit Hilfe der Forschung Pflanzen gezüchtet werden, die einzi und allein gegen das Herbyzid Roundup resistent sind, um dieses Mittel auch mal in die Diskussion zu bringen. Roundup wird dann auf die Felder gegeben und tötet alles Leben um die Pflanzen herum, nur nicht die Pflanze selbst. Na Guten Appetit. :verärgert:


    Aber eben, diese Diskussion nützt eric als Gartenanfänger ziemlich wenig und sollte hier nicht unbedingt weiter geführt werden.


    Es gibt nebenbei bemerkt eine Menge Pflanzen, die bereits im ersten Jahr Samen ansetzen oder diese in der Frucht mitführen. Das erfolgreich Vermehren von 2-jährigen Pflanzen ist dann schon wieder ein ganz anderes Kaliber.


    Der Boden ist unser wichtigstes Kapital und wir sollten ihn nicht durch Monokultur und chemische Verunreinigungen unfruchtbar machen. Andi hat es auf den Punkt gebracht: Fruchtwechsel, Mischkultur, Gründünger, Jauchen, natürliche Düngung etc. helfen, die Humusschicht des Bodens zu erhalten und ein Klima für Lebewesen zu schaffen, die uns jedes Jahr eine reiche Ernte garantieren.

    Wer sich in die Natur begibt, der lernt beim allerbesten Meister! (Erwin Thoma)

  • an handyman:Also, daß Konzern-Lobbyisten staatliche Versuchsanstalten zu manipulieren versuchen, kann ich zwar nicht ausschließen, stelle ich mir aber extrem schwierig vor:
    Auf einem Versuchsfeld liegen im Schachbrettmuster handtuchgroße Beete mit etwa hundert verschiedenen Sorten.*
    Die Reihenfolge ist randomisiert (Random=Zufall), d.h. in jeder Reihe liegen die Sorten in einer vom Computer generierten zufälligen Anordnung nebeneinander. Damit will man verhindern, daß zufällige Effekte die Versuchsergebnisse verfälschen.
    Beispielsweise könnte eine Sorte, die immer zwischen denselben anfälligen Nachbarsorten liegt, durch den Infektionsdruck anfälliger erscheinen, als sie in Wirklichkeit ist.
    Weiters wird mit großer Sorgfalt darauf geachtet, daß auf dem ganzen Versuchsfeld einheitliche Bedingungen herrschen: gleiche Düngung, gleiche Pflanzenschutzmaßnahmen usf.
    Wollte ein Lobbyist seiner Sorte einen unfairen Vorteil verschaffen, müßte er auf jedem Versuchsstandort einen Mitarbeiter bestechen, seine Sorte heimlich mehr zu düngen und zu spritzen. Dies ist allein vom logistischen Aufwand her nahezu unmöglich so durchzuführen, ohne daß die Versuchsergebnisse mangels Plausibilität kritisch unter die Lupe genommen werden. Das nachträgliche Fälschen von Versuchsdaten ist zwar möglich, fliegt aber wegen der Fülle ähnlicher Versuche früher oder später auf.
    Da ist es für die Konzerne viel billiger, durch Beeinflussung der Gesetzgebung zu versuchen, die Schwellen für den Markteintritt der Konkurrenz so hoch wie möglich zu setzen, und diese dann aufzukaufen, sich selber aber der staatlichen Kontrolle weitmöglichst zu entziehen.


    an Buchkammer: Du hast völlig recht, ohne Engagement streitbarer Bürger macht die Politik das, was die Konzerne wollen.
    Um aber die Ziele mit den richtigen Argumenten vertreten zu können, müssen die Bürger sich ein Minimum an Grundkenntnissen aneignen und nicht kritiklos immer dieselben falschen Ideologien nachbeten, die vom jahrzehntelangen Kursieren in der Alternativszene nicht richtiger werden. (damit meine ich nicht Dich).
    *Deshalb unterstütze ich uneingeschränkt jede Bemühung von eric und allen anderen, durch eigene Versuche Behauptungen zu überprüfen und eigene Erkenntnisse unmittelbar zu gewinnen!



  • Einige Detailisten findest du Ebenfalls auf der Homepage von Sativa.


    Ob die in Rheinau direkt verkaufen weiss ich nicht, weisst du das Eric?


    Gruss