Szenarium: Grossflächiger Stromausfall - Dauer unbekannt - Winter - Minusgrade

  • Okay, dann lass uns zuerst mal sammeln:


    haben wir bei längerem Stromausfall im Winter:


    - Keine Kommunikationsmedien
    - keine Heizung
    - Keine Kochmöglichkeit
    - kein Warmwasser
    - ggf kein Wasser (waschen, trinken, kochen, toilette)
    - kein Treibstoffnachschub
    - kein Licht
    - kein Bargeldnachschub
    - vielleicht keine Einkaufsmöglichkeiten (Kasse funktioniert nicht)
    - das Problem, alle frostempfindlichen Gegenstände in der Wohnung zu schützen

  • Hallo,


    was ich bei den "flächendeckender Stromausfall"-Szenarien vermisse, sind die Optionen zur wenigstens teilweisen Wiederherstellung der Stromversorgung. Die meisten Szenarien gehen wie das Kaninchen vor der Schlange von einem ausweglosen Erstarren aus.


    Wenn ich das Szenario für meinen Wohnort (3-Dörfer-Gemeinde mit knapp 4.000 Einwohnern) ansehe und Inventur mache kommt das dabei heraus:


    Energieversorgung:
    - etwa 150 Photovoltaik-Anlagen mit jeweils ca. 4kWp Modulleistung
    - 2 Aussiedlerhöfe mit "Biogas-Kraftwerken"
    - 1 weitere Biogas-Anlage im Bau
    - leider kein einziges Windrad (Bauverbot wg. Greifvogelschutzgebiet)
    - 4 Elektromeisterbetriebe, 3 davon mit Installateurzulassung des Stromnetzbetreibers, 1 Gewerbebetrieb "Elektroanlagenbau"
    - 2 Tankstellen (als Treibstoffreserve, zum Betrieb der Zapfsäulen würde man stundenweise einen Stromerzeuger anwerfen)
    - nahezu alle Wohnhäuser mit der Möglichkeit, mit Holz/Kohle zu heizen, in jedem Altbau steht noch mindestens ein Küchenherd für Holzfeuerung
    - 2 hauptberufliche Brennholzhändler, 20-30 nebenberufliche "Holzmacher"


    Erfrieren müsste demnach keiner. Man würde abends halt bei Kerzenlicht oder im dunkeln Sitzen. Falls die Lebensmittelversorgung von Aussen zusammenbrechen sollte, könnte man auf die regelmässig genutzten Backhäuser (2 pro Ort, 6 insgesamt) zurückgreifen, die funktionieren seit 100 Jahren ohne Strom, Mehl gibts bei der örtlichen Getreidemühle.
    Stromversorgung für Privathaushalte wäre ein "nice to have", aber nicht lebensnotwendig.
    An sonnigen Tagen stünden dennoch 600kW Solarstrom und kontinuierlich etwa 150kW Biogasstrom zur Verfügung - im Winter natürlich deutlich weniger Solarstrom, als im Sommer. Die Anlagen sind alle sog. "Einspeise-Anlagen" mit netzgeführten Wechselrichtern. D.h. fehlt das Netz, geht auch die PV-Anlage vom Netz. Ist natürlich unpraktisch. D.h. man muss den Wechselrichtern das Netz "vorgaukeln" (etwa durch einen Notstromdiesel) oder sie so modifizieren, dass sie im Inselbetrieb laufen. Dazu gibts Elektroinstallateure und -Ingenieure. Sollte machbar sein, wenn der Wille dazu da ist.


    Die wenigen landwirtschaftlichen Grossbetriebe bei uns, die z.B. Milchviehwirtschaft betreiben, haben alle eigene Notstromgeneratoren, um ihren Hof- und Stallbetrieb bei Netzausfall aufrecht zu erhalten. Sie haben auch aus rein praktischen Gründen eine "Hoftankstelle" mit mehreren 1.000 Litern Diesel. Die würden mindestens eine Woche ohne fremde Hilfe bzw. Nachschub über die Runden kommen


    Gewerbliche Betriebe, Schulen und Turnhallen werden grossenteils immer noch mit Heizöl befeuert und könnten bei einem langfristigen Stromausfall im Winter geschlossen werden. Somit stünden diese Heizölvorräte als Treibstoff für Generatoren und Versorgungsfahrzeuge zur Verfügung.


    Bei der Wasserversorgung ist es etwas kritischer:
    - 2-3 öffentliche Brunnen mit Handpumpen pro Dorf, "kein Trinkwasser" (waren/sind E.Coli-verdächtig, müsste also desinfiziert werden)
    - kein Fliessgewässer
    - 1-2 Dorfteiche pro Dorf (Löschwasserreserve)
    - Leitungswasser muss aus dem Tal über 8km Distanz und 300m Höhendifferenz gepumpt werden.


    Es gibt aber in jedem Ort an die 20 Brunnen auf Privatgrundstücken, auch wir haben einen, es führt sogar eine Leitung aus dem Brunnen frostfrei durch den Boden in den Keller und endet (stillgelegt) unterm Küchenfussboden. Früher war die Leitung bis in die Küche geführt und dort mit einem "Wasserkran" - einer Handschwengelpumpe versehen. D.h. man konnte jederzeit sein Brunnenwasser in der Küche zapfen. Ich hab mir so eine Pumpe auf einem Flohmarkt besorgt, gangbar gemacht, getestet und eingelagert. Für den Tag X würde ich sie wieder in der Küche installieren, wie zur "guten alten Zeit". Dann hätte man das Brauchwasserproblem gelöst, Trinkwasser würde ich durch filtern/chloren/abkochen gewinnen, je nach Verfügbarkeit.


    Die Entsorgung von Abwasser ist dagegen gar kein Problem, die Sammelrohre im Ort sind allesamt mit Gefälle verlegt, das funktioniert komplett stromlos. Das einzige Problem dürfte die Kläranlagentechnik sein, die ohne Strom nicht funktioniert. D.h. die Abwässer würden dann ungeklärt versickern, Absetzbecken würden verschlammen, hier müsste man von Zeit zu Zeit mit einem Notstromgenerator abhelfen.


    Fazit: ländliche Gemeinden wären in so einem Szenario zwar von der Aussenwelt eventuell abgeschnitten und nachts wären sie dunkler, aber die Lage wäre insgesamt "überlebbar". Kritisch wäre lediglich, dass man als Dorfgemeinschaft rechtzeitig den Ernst der Lage erkennt und gemeinsam die Reserven und Vorräte sichert (Tankstellen, Brennholzbestände) bevor clevere Zeitgenossen daherkommen und hamstern. Dann müsste (z.B. durch den Ortschafstrat) beschlossen werden, welche örtlichen Einrichtungen lebenswichtig sind und welche zumindest über den Winter "aufgegeben" werden können. Technische Arbeiten würden von der Feuerwehr und den örtlichen Handwerkern/Gewerbebetrieben organisiert und durchgeführt. Die kennen sich und das klappt auch. Alleinstehende bzw. hilfsbedürftige Personen (mit durch Kälte unbrauchbar gewordenen Wohnungen) würden tagsüber in "Wärmestuben" untergebracht, da gibts den einen oder anderen leerstehenden Brauereigasthof in Gemeindebesitz, der dazu genutzt werden könnte, für die Nacht würde man die Leute auf Familien verteilen oder ggf. in Gästezimmern besagter Wirtshäuser oder im Dorfgemeinschaftshaus und dem Haus der Kirchengemeinde unterbringen. Betreuung würde durch den Rotkreuz-Ortsverband und die Kirchengemeinde erfolgen.


    So verwundbar, wie immer getan wird, ist unsere Gesellschaft nach wie vor nicht.


    Für Städte mag das Szenario anders ablaufen, hier fehlt meist die soziale Bindung der Bewohner und das "an einem Strang ziehen" - dafür haben Behörden und Stadtwerke erheblich mehr Möglichkeiten, was Ordnungskräfte, Technik und Treibstoffreserven angeht. Jede Grossstadt hat noch mindestens ein zwei Heizkraftwerke, die mit Kohle betrieben werden können und die einen mehrwöchigen bis mehrmonatigen Kohlevorrat haben. Zeit genug, um Nachschub per Lastkahn oder Güterzug (Dieselloks!) zu ordern. Die städtischen Betriebe und Baufirmen haben zahlreiche grosse Stromerzeuger auf 2-Achs-Anhängern, die ganze Viertel tagelang versorgen können, es gibt vergleichsweise riesige Bestände an Heizöl, Tankstellen, Brennstoffhändlern auf die im Notstand zurückgegriffen werden kann.


    Die Vision "ein paar Wochen Stromausfall und wir sind wieder in der Steinzeit" ist mir ehrlich gesagt zu platt. Sie geht von einer kompletten Passivität und Willenlosigkeit der Betroffenen aus.


    Grüsse


    Tom

  • Zitat von tomduly;58957


    Die Vision "ein paar Wochen Stromausfall und wir sind wieder in der Steinzeit" ist mir ehrlich gesagt zu platt. Sie geht von einer kompletten Passivität und Willenlosigkeit der Betroffenen aus.

    Grüsse

    Tom




    Davon gehe ich nicht aus.

    Aber was wollen die Gestalten für die Vorsorge nur ein Wort ist denn machen, wenns so langsam kalt wird, sie durstig sind und Hunger haben?

    Am Bankomat um Geld betteln und übersehen, dass der keinen Strom hat?

    Und dann mit dem nicht vorhandenen Geld zum Supermarkt gehen - der geschlossen ist - und nicht vorhandene Lebensmittel kaufen.

    Und diese dann auf einem Gaskocher, den man eben im Campingladen nebenan auf Kreditkarte gekauft hat, erhitzen?

    Selbst bis die Hilfe des Staates einsetzt wird es dauern. Danach sind in einem echten Krisenfall die Vorräte schnell erschöpft. Ich geh davon aus, dass in der BRD das nach 4 Wochen so ist.

    Und auf das bis zur und ab nach der staatlichen Fürsorge bereite ich mich vor - für meine Familie.

    Und ich sehe die Aktivität vieler dieser Gestalten dann nur in eine Richtung gehen: Denn Hunger und Durst zu stillen indem sie meine Vorräte Trinken und Essen. Nur für die habe ich die nicht angelegt - da könntest du 10.000 m² voll machen und es wäre trotzdem innerhalb kürzester Zeit weg. Weil die Mehrzahl nicht vorgesorgt hat.

    Gruß

    Michael

    Dies ist meine Meinung. Jeder kann seine eigene Meinung und eine andere haben. Aber dies ist meine Meinung.

  • Habt ihr auch alle schön das Grünbuch gelesen.
    Politik wird in den Städten gemacht. Also werden sich die Politiker daran ausrichten was in den STädten passiert und da kann man davon ausgehen das nach 3 Tagen voll die Post abgeht.

  • [QUOTE=Cephalotus;58900]


    Ich kann völlig problemlos 50l Wasser vom Fluss mit dem Fahrrad holen und in den 5. Stock tragen.



    Kann ich leider nicht. Kein Fluss in dieser Nähe und „problemlos“ hoch tragen, naja. :staunen:



    Aber Du hast recht, die Trinkwasserversorgung ist viel wichtiger!
    Nur ich dachte, die hätten die meisten Forumsteilnehmer schon auf die eine oder andere Art gelöst, oder zumindest im Fokus.
    Für mich bedeutet das, zu Weihnachten gibt’s einen Katadyn-Filter. :) Und bis dahin müssen die Trinkwasservorräte in PET-Flaschen ausreichen.

    Herzliche Grüße
    Cocinella

  • Zitat von Poisonblack;58888

    Mittels Regentonnen bzw. im Winter per Schleppen vom Fluss ist das möglich. Zumindest bei mir, aber das hängt natürlich von der Wohnsituation, insbesondere die Nähe zu einem Gewässer ab.



    Hallo Poisonblack

    Cooler Plan ........., Regentonne bei richtigem Winter.

    Da nimmst Du aber den Pickel um das "Wasser" raus zu holen. :grosses Lachen:

    Viele Grüsse, Ernst

  • Hallo Ernst,

    da liegt ein Missverständnis vor, ich sagte ja im Winter Schleppen vom Fluss...! :)
    Aber "Regentonne" war vielleicht etwas unpräzise ausgedrückt: Die im Garten mache ich natürlich in der Frostperiode leer.
    Wir haben aber noch ein 1000-Liter Faß (bzw. Tank), in einem frostsicheren Raum stehen. Auch wenns derzeit schneit: Bis das aufgebraucht ist, dauerts eine Weile! :grosses Lachen:

  • Zitat

    Am Bankomat um Geld betteln und übersehen, dass der keinen Strom hat?


    Naja, bei uns gibt's schon noch Schalter mit Menschen dahinter und die Geschäfte bringen ihr Geld ja abends meist wieder zur Bank...

  • Allerdings wird bei länger andauerndem Stromausfall die Bank nicht mehr allzu lange auf haben, da:

    • keine Buchungen möglich
    • Offline: d.h. Kontostände, Kreditlinien Sperren etc. können nicht mehr abgefragt werden
    • Alarmanlagen, Videoüberwachung fallen aus
    • Kein Licht zum arbeiten (im Winter wirds früh dunkel:face_with_rolling_eyes:)
    • keine Heizung
    • und das schlimmste: Kaffeeautomat tot!!! -> Dann drehen se eh am Rad :devil:

    Mit USV und Notstromaggregat kann zwar eine gewisse Zeit überbrückt werden, je nach Vorsorgegrad der Bank, aber lang andauernde Ausfälle werden zum Problem. Und Notstrom hat nicht jede x-beliebige Dorfzweigstelle...

  • Zitat von ID 2;58982



    Da nimmst Du aber den Pickel um das "Wasser" raus zu holen. :grosses Lachen:


    Etwa so wie es Millionen Menschen auf der Nordhalbkugel im letzten Jahrhundert gemacht haben oder auch immer noch machen?
    Ist ja wohl wirklich nicht abwegig und energieeffizienter ist es auch nur die Menge aufzutauen die man braucht also ettliche Tausend Liter flüssig zu halten.
    Die alternative wäre Grundwasser mit nem super isoliertem Pumprohr...

  • Zitat

    Und Notstrom hat nicht jede x-beliebige Dorfzweigstelle...


    Nein, es wird sicherlich nicht einfach oder gar bequem werden und deshalb sorgen wir doch auch genau für solche Fälle vor. Der Untergang des Abendlandes wird es hingegen wohl kaum...

  • Zitat von Cephalotus;58798

    Das im Münsterland war ein außergewöhnliches Szenario und keine Folge eines "normalen Winters".

    Stimmt, das die Strommasten überaltert waren hat keine Rolle gespielt.


    Gruß
    Nachtfalke



  • Hallo Bernd

    Du liest wohl keine Nachrichten?

    Ich hoffe ich habe mit diesem Link nicht wieder eine in D verpönte Zeitung erwischt.

    Da scheint es Unterschiede wie bei uns zu geben ......, seit bitte Nachsichtig wenn es so sein sollte.

    http://www.berlinonline.de/ber…3/politik/0076/index.html

    Viele Grüsse, Ernst

  • überalterte Strommasten


    Hallo,

    die von dir zitierte Quelle ist schon ok. , die Schlußfolgerungen im Text jedoch nicht.
    Mit dem Herstellverfahren ( Thomas- Stahl) ist dem verwendeten Material
    eine höhere Sprödbruchempfindlichkeit ( wird direkt durch die Temperatur des Materials beinflußt) mit auf den Weg gegeben worden.

    Prinzipieller Auslöser war jedoch eine erhebliche Überlastung durch die witterungsbedingte Eisansammlung auf den Leiterseilen. Diese erreichten eine Mächtigkeit von etwa 18 cm im Durchmesser und das entsprach einer mehrfachen Überschreitung der Tragsicherheit gemäß der geltenden Bemessungsregeln für das Stahltragwerk der Masten. ( dazu gab es eienen Artikel im Spiegel, habe aber leider keinen Link dazu)

    Dieser Aspekt war also in diesem Fall die primäre Ursache für das für alle sichtbare Umknicken (nicht Brechen !) der Masten.

    Für die Betroffenen sehr übel, aber durchaus auch in anderen Landstrichen wiederholbar und möglich. Im Sinne unseres Forums ein Grund mehr, um sich nicht bedingungslos auf eine immer sichere Stromversorgung zu verlassen.

    Aus meiner bescheidenen Sicht, war es wesentlich beunruhigender, das es unter diesen Bedingungen ( eine Stör-Insel in mitten einer intakten Infrastruktur) so lange gedauert hat, um wieder eine Grundversorgung herzustellen.

    Mit besten Grüßen
    Bernd

  • Zitat von Bernd;59088

    worauf basiert deine Annahme, dass die Strommasten überaltert waren?


    Auf unzählige Artikel und TV Berichte von damals....


    http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,390262,00.html

    Zitat von spiegel.de

    Wie der Konzern auf Anfrage der "Berliner Zeitung" einräumte, wurden 10.300 der derzeit genutzten Hochspannungs-Masten bereits vor 1940 errichtet. Auch nach den Mastbrüchen im Münsterland, durch die kürzlich mehr als 200.000 Menschen mehrere Tage lang von der Stromversorgung abgeschnitten wurden, plane der Konzern offenkundig keinen Komplettaustausch dieses Alt-Bestandes.


    Wie RWE erklärte, würden nur solche Alt-Masten ausgetauscht, die "nicht torsionssicher" seien, also extremen Zug-Belastungen eventuell nicht mehr standhalten würden. Wie aus internen RWE-Unterlagen hervorgehe, betreffe diese Austauschregelung im Wesentlichen nur jene Strommasten, die vor 1930 errichtet wurden, berichtet die Zeitung.




    http://www.schneechaos-muenste…task=view&id=20&Itemid=36

    Zitat von schneechaos-muensterland.de

    So konnte bei einigen Mastumbrüchen beobachtet werden, dass die Leiterseile ungleichmäßig vereist waren (siehe Bild oben) und dadurch eine starke Torsion (Verdrehung) auf den Masts ausgeübt wurde.


    Ich denke bei Masten von 1930 / 1940 kann man von überaltert sprechen. Die Masten sind sozusagen urdeutsch mit braunem Anstrich! :Sagenichtsmehr::grosses Lachen:


    Selbst wenn man damals von einer Nutzdauer von mehr als 75 Jahren ausgegangen ist, was bei der Planung fürs 1000 Jährige Reich gut vorstellbar ist :Sagenichtsmehr:, entsprechen viele Masten im Bezug auf die Torsionkräfte nicht mehr der Stand der Technik. Daraus folgere ich, das viele Masten zumindest veraltet waren bzw. noch sind. Der Begriff überaltert sollte in diesem Zusammenhang denke ich auch gelten. :face_with_rolling_eyes: Zumal die Masten 50 bis 75 Jahre Jahre auf den Buckel hatten.



    Wir diskutieren gerade ob das Huhn oder das Ei zu erst da war! Klar wäre ohne die extreme Schneelast (siehe hierzu meinen zweiten Link) kein Mast gebrochen. Wären neuere Masten gebrochen, sicherlich ja (siehe Auflistung im Link - da waren auch welche von 2004 dabei), aber sicherlich nicht im gleichen Ausmaß, da moderne Masten eine höhere Torsionslast aufnehmen können.


    Tatsache ist das Investitionen ins Stromnetz seit der Privatisierung bis zum Fall Münsterland extrem zurückgefahren wurden. (Verlangt hierzu bitte keinen Link, ist nämlich auch schon 5 Jahre her das ich mich damit beschäftigt habe!)
    Wie sieht es heute aus? Sehr wahrscheinlich nicht viel besser. Ein Investitionsstau bei mehreren tausend bzw. zehntausend Masten lassen sich nicht von heute auf morgen beheben.


    War es nun ein "Shit happens" Jahrhundert Ereignis, den man in seinen Vorsorgepläne vernachlässigen kann oder ein normaler Winter? Alltäglich waren die Eis- und Schneelasten sicherlich nicht, aber auch nicht so ungewöhnlich dass sie in ganz normalen Winter auftreten können. Siehe hierzu auch die Auflistung ähnlicher Fälle.


    previval.org/f/index.php?attachment/2575/


    Daher kann ich dem Autor nur beipflichten...

    Zitat

    Die obigen Zahlen machen also deutlich, dass größere Störungen im Schnitt alle 6,25 Jahre auftreten. Gerade in der heutigen Zeit ist man von der Elektrizität abhängiger geworden, denn je. Es empfiehlt sich daher, entsprechend Vorsorge zu treffen. Dazu gehört u.a. ein aussreichender Vorrat an Wasser und haltbaren Lebensmitteln (z.B. Konservendosen nebst handbetriebenen Öffner), Batterien (z.B. für Taschenlampen, UKW-Radios, etc) sowie ein Campinggaskocher.


    Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat dazu eine Broschüre erstellt, die Sie sich online als PDF-Datei runterladen können: [URL="http://www.bbk.bund.de/cln_007/nn_402322/SharedDocs/Publikationen/Broschueren__Flyer/Brosch__FdN,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Brosch_FdN.pdf"]Für den Notfall vorgesorgt (Broschüre)[/URL].



    Ich fasse mal kurz zusammen
    War es ein ungewöhnliches Wetterereignis?: Ja
    War es ein seltenes Wetterereignis: Nein
    Haben veraltete Masten das Chaos begünstigt?: Ja
    Hat sich seit 2005 am Stromnetz im Bezug auf Alter und Stand der Technik sich etwas grundlegend geändert?: Nein


    Hieraus kann jetzt jeder selber seine Schlüsse ziehen.


    Gruß
    Nachtfalke

  • Zitat von Nachtfalke;59133

    http://www.schneechaos-muenste…task=view&id=20&Itemid=36



    Ich denke bei Masten von 1930 / 1940 kann man von überaltert sprechen. Die Masten sind sozusagen urdeutsch mit braunem Anstrich! :Sagenichtsmehr::grosses Lachen:


    Hallo,


    kleine Korrektur: wenn Du den von Dir verlinkten Text bzw. die Tabelle genau ansiehst, dann war von den betroffenen Masten ein einziger aus dem Jahr 1929, der Rest aus den Jahren 1950/51 und jünger. Und es sind auch Masten mit Bj. 2000 und 2004 kollabiert.
    Ich denke nicht, dass es ein "metallurgisches" Problem war. Wenn der Korrossionsschutz stimmt und die Last-Dimensionierung hinreichend ist, warum soll so ein Mast dann nicht 100 oder 200 Jahre halten?
    Anders herum: wären die Masten stehengeblieben, wenn sie alle Bj. 2004 gewesen wären? Vermutlich nicht, es sei den man hätte sie um ein Vielfaches überdimensioniert. Die konstruktive Auslegung solcher Tragwerke ist immer ein Abwägung von Ökonomie und Betriebssicherheit/Haltbarkeit. Müssten alle Masten für solche Extremvereisungen an den Seilen ausgelegt werden oder die Trassen unterirdisch verlegt werden, hätten wir vermutlich bis heute noch keine flächendeckenden Stromnetze bei gleichzeitig astromnomisch hohen Strompreisen.


    Und wenn man sich die Münsterland-Sache so ansieht, dann ist die Ausfallzeit angesichts 82 kollabierter Strommasten erstaunlich kurz (die zwei am stärksten betroffenen Trassen waren nach 5 Tagen wiederhergestellt, die übrigen nach 2 bis 3 Tagen). Das auch noch bei Winterwetter hinzubekommen, ist eine respektable Leistung. Und wie man, liest hat die Information und Notversorgung der Bevölkerung sofort gut funktioniert. Wirklich gelitten hat da doch niemand.


    Ich habe den Eindruck, dass unsere Netzbetreiber mit derartigen Netzstörungen ganz gut umgehen können und kurzfristig an kritischen Einrichtungen Netzersatz-Anlagen bereitstellen und parallel mit Hochdruck an der Netzreparatur arbeiten. Das ist im Grunde ja nur "Elektriker-Handwerk" in XXL. Mehr Sorge macht mir die computerbasierte Vernetzung von Kraftwerken und Verteilstationen. Stichwort "Stuxnet". So ein Angriff mit Computerviren muss gar nicht mal ein Kraftwerk direkt "ausschalten" - es genügt, wenn der Angriff hinreichend viel Verunsicherung beim Betrieber auslöst, ob er seine Anlage noch sicher fahren kann. Wenn nicht, wird er das Kraftwerk selber vom Netz nehmen und herunterfahren und dann versuchen, die "Herrschaft" über seine Anlage wieder zu gewinnen. Im Zeitalter des totalen Outsourcings dürfte das eine ziemliche Herausforderung sein, allein schon die Kompetenzen und Zuständigkeiten der einzelnen Zulieferfirmen schnell zu durchschauen und die richtigen Leute mit den richtigen Aufgaben zu betrauen. Gerade in Grosskonzernen ist es heute normal, dass man von spezialisierten Fachthemen selber keine Ahnung mehr hat...


    Grundsätzlich sollte jedes Wohnhaus/jede Wohnung unter Notfallbedingungen auch stromlos nutzbar/bewohnbar sein und wenn das (z.B. bei einem Hochhaus) nicht möglich ist, sollten Notstromvorrichtungen vorhanden sein, die auch über mehrere Tage einen Netzersatzbetrieb zumindest der kritischen Haustechnik ermöglichen.
    Aus diesem Grund sehe ich den Trend zu "aktiv geregelten" Passivhäusern, die u.a. nur mit permanent laufender elektrischer Belüftung/Wärmerückgewinnung funktionieren, als einen Rückschritt an, was die Krisenfähigkeit betrifft.




    Grüsse


    Tom

  • Zitat von Nachtfalke;59133


    Ich denke bei Masten von 1930 / 1940 kann man von überaltert sprechen. Die Masten sind sozusagen urdeutsch mit braunem Anstrich!


    Keineswegs. Stahlkonstruktionen sind auch für 100 oder 200 Jahre, wahrscheinlich auch 500 Jahre gut, wenn sie vor Korrosion geschützt werden und davon gehe ich mal aus.


    Der Eiffelturm ist weit über 100 Jahre alt und an den werden sicherlich noch ganz andere Sicherheitsansprüche gestellt als an nen blöden Strommasten.


    Das gilt z.B. auch für das "blaue Wunder" in Dresden.


    Es wäre ziemlich erbärmlcih, wenn ein Strommast aus Stahl in Deutschland nach lächerlichen 70 Jahren bereits ausgetauscht werden müsste (es sei denn natürlich, die leitungskapazitäten müssen ausgebaut werden)


    Zitat


    Tatsache ist das Investitionen ins Stromnetz seit der Privatisierung bis zum Fall Münsterland extrem zurückgefahren wurden. (Verlangt hierzu bitte keinen Link, ist nämlich auch schon 5 Jahre her das ich mich damit beschäftigt habe!)
    Wie sieht es heute aus? Sehr wahrscheinlich nicht viel besser. Ein Investitionsstau bei mehreren tausend bzw. zehntausend Masten lassen sich nicht von heute auf morgen beheben.


    Der Netzausbau hinkt hinterher, das hat viele Gründe.


    Was aber schlichtweg Wahnsinn wäre, einen Strommasten auf ein Wetterereignis auszulegen, das ihn statistisch vielleicht mit 1% Wahrscheinlichkeit in 100 Jahren ereilt. So ein Fall war Münsterland. Auch nagelneue Masten wären da sehr wahrscheinlich umgeknickt, da die Belastung weitab jedes Auslegungsszenarios war.


    Mal davon abgesehen sind das auch keine sonderlich sicherheistrelevanten Sachen im Gegensatz z.B. zu Brücken. Jetzt war mal der worst case da uns es gab ne Weile keinen Strom. Gestorben ist dadurch meines Wissens keiner. So what?


    Da wäre es also schon dramtisch effizienter, die Höchstgeschwindigkeit für PKW auf 30km/h zu begrenzen, wenn es ums Leben retten ginge. Das macht logischerweise auch niemand, weil der Nutzen in keinem Verhältnis zum Aufwand steht.


    Zitat


    War es nun ein "Shit happens" Jahrhundert Ereignis, den man in seinen Vorsorgepläne vernachlässigen kann


    genau das war es.


    Vernachlässigen sollte man das nicht. Ein längerer Stromausfall kann einem ja auch durch andere Ereignisse ereilen und ist dann zumindest unangenhem bis möglicherweise gefährlich (wenn großflächig).
    Von dahre halte ich eine Vorbereitung gegen einen Stromausfall für eine kluge Sache.


    Zitat


    oder ein normaler Winter? Alltäglich waren die Eis- und Schneelasten sicherlich nicht, aber auch nicht so ungewöhnlich dass sie in ganz normalen Winter auftreten können. Siehe hierzu auch die Auflistung ähnlicher Fälle.


    10 Beispiele in 30 Jahren ist ein Ausfallrisiko, das man eingehen soll. Für die Betroffenen unanagnehm, wenn es mal eintritt (und man nicht vornbereitet ist), aber ansonsten vollkommen überdramatisiert.


    Es sind in den 30 Jahren wahrscheinlich 100.000x mehr Häuser durch Hochwasser betroffen gewesen mit weitaus höheren Schäden und mehr Opfern an Menschenleben, trotzdem werden deswegen die Dämme auch nicht pauschal 3m höher gebaut, weil es einfach Blödsinn ist.


    Die Masten sind gut so, wie sie sind. Alle paar Jahre mal ein paar umgeknickte gehört eben dazu.
    Was man vielleicht fordern kann wäre ein effizienteres Krisenmanagment, aber dazu müsste ich erst wiessen wie gut/schlecht das in den letzten 30 Jahren überhaupt war.


    mfg

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Zitat von tomduly;59141


    Aus diesem Grund sehe ich den Trend zu "aktiv geregelten" Passivhäusern, die u.a. nur mit permanent laufender elektrischer Belüftung/Wärmerückgewinnung funktionieren, als einen Rückschritt an, was die Krisenfähigkeit betrifft.


    Das Passivhaus kannst Du auch ganz normal über die Fenster lüften, wenn Dir danach ist. Man braucht dann halt in der Heizperiode deutlich mehr Heizenergie.


    Der schöne Nebeneffekt ist, dass so ein Haus in 5 Tagen noch nicht mal allzusehr auskühlen wird, vielleicht von 22°C auf 15°C, je nach Umgebunsgtemperatur und Wind.
    (das sind Schätzungen, mir sind dazu keine Erfahrungsberichte bekannt)


    Am besten ist bei langem Stromausfall natürlich ein primitiver Holzofen und ausreichend Brennstoff, da müsste es einem schon das Haus bis zum Kamin einschneien...


    mfg

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.