Medizinische Eingriffe selbst durchführen?!

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  • Hallo Leute,


    nach monatelanger Pause, aber stetigem Verfolgen des Forums habe ich mich heute dazu entschlossen mal wieder ein bisschen aktiver zu werden.


    Nach gründlichem Betrachten der medizinischen Versorgung bei uns stellt sich mir immer öfter die Frage, was man in medizinischen Notfällen selbst machen kann bzw. was man sich selbst zutrauen würde, wenn keinerlei Hilfe von außen zu erwarten wäre.


    Denn auch momentan mit vorhandenem Krankenhaus und Ärzten kann es zu Situationen kommen, in denen man selbst handeln muss. Im Fall der Fälle, dass von außen keine Versorgung mehr stattfindet, ein Zyklon die Insel verwüstet oder das Krankenhaus aus welchen Gründen auch immer nicht mehr zur Verfügung steht, mache ich mir Gedanken, wie ich mich auf solche Situationen vorbereiten kann.


    Als Krankenschwester habe ich einiges an Medikamenten und Equipment, das jedoch auch mit der Zeit zuneige geht, bzw. einfach abläuft oder nicht mehr verwertbar ist.



    Mit Dingen wie Erkältungen, Grippen, kleineren Wunden oder Infektionen komme ich gut zurecht, da führt mich der Weg auch nicht ins Krankenhaus, denn selbst die Ärzte hier stoßen schnell an ihre Grenzen. Theoretisch wäre es möglich, sich dort sogar den Appendix (Wurmfortsatz) entfernen zu lassen, aber ob man das möchte? Und bei schwereren Erkrankungen wird man entweder ausgeflogen oder man stirbt. So hart das auch klingen mag.


    Ein Einheimischer, der an Denguefieber erkrankte und daher stationär im Krankenhaus war, starb aufgrund mangelnder nächtlicher Überwachung.


    Auch ich hatte durch einen anaphylaktischen Schocks einen notwendigen (?) Krankenhausaufenthalt.
    Ich war mit dem Motorrad unterwegs, als mir eine Hornisse unter meinen Helm flog und in die Schläfe stach. Abgesehen vom Schmerz habe ich mir erst mal keine Gedanken gemacht, da ich schon mehrfach von diesen kleinen Biestern in Arme oder Beine gestochen worden bin und kaum oder nur leicht reagiert habe.


    Dummerweise befand ich mich grad auf einer einige Kilometer langen unbewohnten Straße, denn nach nur einer Minute bemerkte ich, dass mein Gesicht und meine Hände fleckig wurden und massiv anschwollen. Schon allein aus sicherheitstechnischen Gründen beschloss ich nicht mehr weiter zu fahren.
    Zu meinem Glück kam zufällig ein Auto vorbei und nahm mich mit. Während der etwa 8-10 minütigen Fahrt zum Krankenhaus ging es mir immer schlechter und als ich dann endlich ankam, erfolgte die Behandlung sehr schleppend, weil kein Arzt zugegen war und erst aus dem nächsten Dorf kommen musste.


    Völlig untätig standen mehrere Krankenpflegehelferinnen um mich herum, während mein gesamter Körper anschwoll, meine Bronchien sich immer mehr verengten und ich kaum noch Luft bekam. Als der Arzt endlich eintraf ging glücklicherweise alles ganz schnell. Sauerstoffmaske auf, 2 Injektionen Cortison und Antihistaminikum in den Allerwertesten und Adrenalin in die Vene.


    Nachdem sich mein Zustand gebessert hatte kam dann die Angst vor der Nacht. Eine funktionierende Klingel am Bett gab es nicht, die Krankenschwester kam ein einziges Mal um 22 Uhr um nach mir zu schauen. Weil ich nicht schlafen konnte aus Sorge vor einem Rezidiv (Rückfall), der sogar schlimmer hätte sein können, lag ich die ganze Nacht wach.


    Am nächsten Morgen bin ich so schnell es ging aus dem Krankenhaus geflüchtet und frage mich seitdem, was ich selbst in medizinischen Notfällen machen könnte.


    In diesem speziellen Fall ist ein Allergiepen wahrscheinlich erste Wahl, aber was könnte ich tun, wenn mein Mann oder ich uns ernsthaft verletzen oder erkranken.
    Vielleicht mag man jetzt an „Erste Hilfe“ denken, natürlich, so fängt es an, aber „Erste Hilfe“ heißt so, weil man die Erstversorgung unternimmt und dann auf die Weiterbehandlung durch qualifiziertes Personal wartet.


    Und nun muss man selbst diese Position einnehmen.


    Ich weiß nicht, ob ich in der Lage wäre, einen Knochenbruch zu richten, einen Appendix zu entfernen oder auch nur eine Wunde zu nähen. Aus meiner Ausbildungszeit besitze ich einiges an medizinischer Lektüre, aber ob ich mir das auch zutrauen würde?


    Gibt es hier vielleicht Interessierte, die sich über dieses Thema auch schon Gedanken gemacht haben, sich vielleicht Lektüre oder sogar Operationsbesteck besorgt haben? Traut ihr euch so etwas zu? Und wenn ja, habt ihr euch in irgendeiner Weise vorbereitet?


    Konnte beim Durchforsten des Forums nichts Genaues dazu finden.


    Daher würde ich mich über Meinungen, Ratschläge und Ideen von euch freuen.



    Liebe Grüße


    Buschfrau

  • Liebe Buschfrau, ich verstehe Deine Frage nicht so genau. Wenn du eine nach europäischen Normen ausgebildete Krankenschwester bist, dann sind doch die Chancen gross, dass Du einen einheimischen Buschdoktor triffst, der Dir ausbildungsmässig um einiges unterlegen ist.


    Bei mir in Laos scheinen die meisten Ärzte lediglich eine Art Krankenpflegerausbildung in einem der ehemaligen Bruderländer genossen zu haben. In Deiner Situation hätte ich zum einen nach O2 gefragt und wenn da kein Arzt ist eine Selbstinjektion mit Adrenalin in Erwägung gezogen. Vielleicht zuerst IM nicht gleich IV. Klar, wenn ich das in der Notaufnahme der Uniklinik Köln mache gibts warscheinlich Stunk, aber im Busch?

    Ich hatte auch vor nicht all zu langer Zeit eine allergische Reaktion, meine Zunge schwoll binnen weniger Minuten stark an. Antihistamin und ein Epipen in den Schenkel geschossen entschärften die potentiell lebensgefährliche Situation in wenigen Minuten.


    In einem medizinisch unterentwickelten Land ist eine entsprechend grosse Hausapotheke mit einem Notfallampullarium sehr zu empfehlen. Grad wenn du eh aus dem medizinischen Umfeld kommst hilfts umso mehr.


    Mein Tipp: Ich würd halt nicht gleich mit einer Appendix OP anfangen.

  • Adrenalin i.v. :staun: also das kann ganz schön in die Hosen gehen...


    Sub cutan geht gut für den Fall oder einfach in NaCl auflösen und in den Rachen spritzen.


    Sonst wenn du Krankenschwester bist, hast du wahrscheinlich weit mehr Kompetenzen als alles was auf der Insel versammelt ist und solltest in dem Rahmen deiner Kentnisse dir eine Hausapotheke hinstellen. Sonst gibt es das Buch "where there is no Doctor" was zu empfehlen ist, findet man als pdf durch googlen.

  • Zitat von moleson;225092

    Adrenalin i.v. :staun: also das kann ganz schön in die Hosen gehen...
    Sub cutan geht gut für den Fall oder einfach in NaCl auflösen und in den Rachen spritzen.



    → sofortige i.m. - Gabe von 0,3–0,5mg Adrenalin in den anterolateralen Oberschenkel - Risiko schwerer kardialer NW geringer als bei i.v.-Gabe - bei fehlender Reaktion Wiederholung nach 5-10min - keine s.c. - Gabe wird wegen unzureichender Resorption mehr empfohlen..


    Wobei heutzutage immer öfters Arterenol verwedet wird.

  • Zitat von Vansana;225087

    Liebe Buschfrau, ich verstehe Deine Frage nicht so genau. Wenn du eine nach europäischen Normen ausgebildete Krankenschwester bist, dann sind doch die Chancen gross, dass Du einen einheimischen Buschdoktor triffst, der Dir ausbildungsmässig um einiges unterlegen ist.


    @Vansana
    Ich glaube, ich habe mich nicht verständlich ausgedrückt. Mir geht es hier nicht explizit um das Thema Hornissenstich bzw. allergische Reaktionen.


    Viel mehr würde mich interessieren, ob jemand schon Erfahrung hat oder Vorbereitungen (Lektüre, Operationsbesteck, spezielle Medis etc.) getroffen hat, um im Notfall selbst Operationen durchzuführen, wenn wirklich keinerlei Hilfe von außen gegeben ist und das als Laie.


    Um ein Beispiel zu nennen: Ein Krankenhaus oder geschultes medizinisches Personal steht nicht zur Verfügung und ich merke plötzlich, dass ich starke Schmerzen im Unterleib habe. Ich untersuche mich soweit es geht selbst und tippe schließlich auf eine Appendizitis. Was tun?


    Ich habe gesehen, dass einige Foris Operationsbesteck besitzen und auch Sanitäterkurse belegt haben. Was würdet ihr euch zutrauen an medizinischen Eingriffen?


    Lg


    Buschfrau

  • Als Laie beurteile ich es vielleicht zu kritisch, aber wie soll eine Betäubung durchgeführt werden?
    Lokal? Reicht das? Hygiene unter solchen Umständen recht zweifelhaft- mit den möglichen Folgen einer Infektion? Das würde doch bedeuten den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. Gemeint ist die Appendizitis gegen eine schweren Infektion zu tauschen.... Ich weiß, daß der Blinddarm tödlich enden kann....


    Was mir dazu einfällt ist, daß (ich glaube der Opa wars) im WW2 U-Boot Fahrern vorsorglich der Blinddarm entfernt wurde. Eine Idee die man vllt. aufnehmen sollte?


    Grüße
    odenin11

  • Meine Frau und ich könnten beide eine Narkose durchführen....doch das Problem sind die Medikamente(Haltbarkeit, Beschaffung) und das uns dann ein 3. Mann fehlt der entweder die Narkose überwacht oder operiert.
    Aus diesem Grund haben wir uns bis jetzt entschieden Notop's(Appendix und Kaiserschnitt) nur mit lokaler Betäubung ,Flüssigkeitsgabe und Schmerzmittel zu versuchen.Für diese 2 Fälle haben wir fast alle Materialien.
    Fachwissen besteht aus mehreren Jahren zusehen,assistieren und Pflegeausbildung.
    Ausserdem hoffen wir das es nie soweit kommt.

  • Das alles gilt natürlich immer nur unter der Voraussetzung das Du noch in der Lage bist selbst Hand anzulegen.
    Die besten medizinischen Kenntnisse und die beste Ausrüstung nützt Dir nichts wenn Du alleine bist und nicht mehr im Stande sie anzuwenden. Spätetstens in einem solchen Fall wirds dann wirklich eng. Wie man für einen solchen Fall vorsorgen könnte weiß ich allerdings auch nicht.


    Nasenbär

  • Zitat von moleson;225092

    Adrenalin i.v. :staun: also das kann ganz schön in die Hosen gehen...


    Sub cutan geht gut für den Fall oder einfach in NaCl auflösen und in den Rachen spritzen.


    Sonst wenn du Krankenschwester bist, hast du wahrscheinlich weit mehr Kompetenzen als alles was auf der Insel versammelt ist und solltest in dem Rahmen deiner Kentnisse dir eine Hausapotheke hinstellen. Sonst gibt es das Buch "where there is no Doctor" was zu empfehlen ist, findet man als pdf durch googlen.


    Im anaphylaktischen Schock bitte primär intramuskulär. Subcutan wird zu langsam und ungleichmäßig, bzw im Schock vllt gar nicht mehr, resorbiert.
    Die intravenöse Adrenalin-Tritration wird nur den darin erfahrenen Ärzten (also eigentlich nur Anästhesisten und Intensivmediziner) empfohlen und auch das nur unter Monitoing/EKG-Überwachung.


    Das von Moleson empfohlene Buch ist wirklich gut. Gab es imho sogar mal for free zum downloaden.


    - - - AKTUALISIERT - - -


    Zitat von Vansana;225095

    → sofortige i.m. - Gabe von 0,3–0,5mg Adrenalin in den anterolateralen Oberschenkel - Risiko schwerer kardialer NW geringer als bei i.v.-Gabe - bei fehlender Reaktion Wiederholung nach 5-10min - keine s.c. - Gabe wird wegen unzureichender Resorption mehr empfohlen..


    Wobei heutzutage immer öfters Arterenol verwedet wird.


    ILCOR/AHA/ERC-Guidelines: 500µg Adrenalin i.m. (entspricht 0,5ml einer 1:1.000 Läsung) beim Erwachsenen, repetetiv nach Wirkung alle 5 Min (ggf früher).
    Zusätzlich kann/sollte Adrenalin vernebelt inhaliert werden, wenn eine Bronchokosntriktion (=Verengung der Atemwege) vorliegt.


    Noradrenalin (= Arterenol) macht pathophysiologisch wenig(er) Sinn, da es nur a-mimetisch wirkt, d.h. nur zu einer Verengung der Gefäße fürt.
    Adrenalin wirkt zusätzlich b-mimetisch und erweitert damit die Bronchien und wirkt positiv chorno- und inotroph, d.h. verstärkt die Herkraft. Außerdem - und das ist in dem Fall sehr wichtig - hat es eine direkte stabilisierende Wirkung auf die Mastzellen. Es wird also eine weitere Mastzelldegranulation verhindert.
    Mir ist daher keine nennenswerte Publikation, geschweige denn eine Leitlinbie bekannt, in der Noradrenalinl beim anaphylaktischen Schock empfohlen wird.


    Zum Thema:
    Kleinere chirurgische EIngriffe sind per se nicht schwierig. Sie nur durch zusehen oder aus dem Buch zu erlernen ist allerdings illusorisch. In der Realität, bzw in den eigenen Händen sieht das nämlich plötzlich ganz anders aus/fühlt sich ganz anders an - es ist nämlich doch jeder Mensch einzigartig. Zumal es etwas anderes ist eine Hautnaht durchzuführen oder Darm zu nähen, bzw eine Ligatur trocken zu üben oder eben ein echtes Gefäß zu unterbinden. Auch vorsichtiges Präparieren ist nicht ganz so einfach, wie es aussieht. Nicht zuletzt braucht man die chirurgische Ausbildung und Erfahrung ja nicht um einen Eingriff technisch durchführen zu können, sondern um eben keine Komplikationen zu verursachen, bzw diese beherrschen zu können. Dies bitte ich nicht zu vergessen.


    Eine Appendektomie kann man übrigens auch in lokaler Infiltrationsanästhesie durchführen. In einigen Ländern immer noch üblich (auch wenn ich es nicht haben wollen würde).

    Take care!

  • Was Nasenbär fragt trifft den Kern...
    Wie sollte man etwas derart Schwieriges an sich selbst ausüben? Erst recht als medizinscher Laie... Was ich aber als sinnvoll betrachte ist das vorrätig halten von Nadel und Faden, weil es bei Arbeiten mit Messern oder der Axt auch immer Verletzungen geben kann- oder man greift aus Pech in ein Glas etc etc etc...
    Eine klaffende Wunde ist dann selbst ohne Betäubung im Notfall besser genäht als nur zugeklebt oder gepflastert...

  • Guten Abend John,
    entschuldigung, ich komm´ da grad nicht mit:


    Zitat von PrepperJohn;225103

    Meine Frau und ich könnten beide eine Narkose durchführen....doch das Problem sind die Medikamente(Haltbarkeit, Beschaffung) ...


    Wo ist der Unterschied zwischen einem abgelaufenen Anästhetikum und einem abgelaufenen Lokalanästhetikum?


    Zitat von PrepperJohn;225103

    ... und das uns dann ein 3. Mann fehlt der entweder die Narkose überwacht oder operiert.


    Nun, ich hab´auch schon mal so drei bis vier auf der anderen Seite des Tuchs arbeiten gesehen...


    Zitat von PrepperJohn;225103

    ... Aus diesem Grund haben wir uns bis jetzt entschieden Notop's(Appendix und Kaiserschnitt) nur mit lokaler Betäubung ,Flüssigkeitsgabe und Schmerzmittel zu versuchen...


    ad NotOP sectio caesarea: Zumindest die Durchführung der sc kann ja noch klappen, da stellt der Körper noch genug Adrenalin & Co zur Verfügung.


    Flüssigkeitsgabe - ihr meint, dass das reicht? Ich frage mich gerade, warum wir so oft Vollblutkonserven mit Alarm in den Kreissaal fahren müssen ... :Ironie:
    Mal ganz davon abgesehen, dass bei einer Sectio nun sich ja auch einer um das Kind kümmern muss ... :Ironie:


    Spätestens bei der Fasziennaht unter lokaler würde ich sagen: Sportlich...
    Ich frage mich auch gerade, was denn bei der Blinddarm-OP noch so im Hintergrund steht. Könnte das nicht eine Appendizitis sein? Neigt die nicht gelegentlich zur Eiterbildung? Brauche ich da neben dem resorbierbaren Nahtmaterial für den Verschuss der Darmwände nicht auch noch geeignetes steriles Drainagematerial?
    Fragen über Fragen ... :staunen:


    Zitat von PrepperJohn;225103

    ...Für diese 2 Fälle haben wir fast alle Materialien...


    Fast alle? Könntest Du das etwas präzisieren?


    Den ganzen Bereich der Wundnachsorge klammere ich jetzt mal aus - so eine OP unter sagen wir mal vorsichtig eingeschränkten hygienischen Bedingungen ohne anschließende Abdeckung mit einer breitbandigen Antibiose wird wohl mittelfristig häufig nur als eingeschränkt erfolgreich zu bewerten sein ... :Ironie:


    Zitat von PrepperJohn;225103

    ...Fachwissen besteht aus mehreren Jahren zusehen,assistieren und Pflegeausbildung...


    Da bin ich jetzt raus... :Sagenichtsmehr:


    Nichts für ungut, aber ich glaube dies fällt unter den Bereich der Szenarien, die nur - ich formuliere es mal sehr zurückhaltend - ganz, ganz schwer im Vorfeld theoretisch erfassbar sind.
    Und jetzt komm´ mir bitte keiner mit Kriegschirurgie. Mein Vater verdankte sein Überleben sicherlich u.a. der Kunst eines Feldarztes. Aber der arbeitete auch in einem sauberen Lazarettbereich. Und auch dort hat es noch Probleme genug mit Wundheilungsstörungen gegeben...


    Verletzungen mögen ja von einem geübten noch mehr oder minder gut chirurgisch versorgt werden können. Aber bei einem auch noch so kleinen (Appendix) visceralchirurgischen Eingriff reden wir dann doch von einer ganz anderen Herausforderung.


    Also das "medico te cure ipso" hört IMVHO bei der Not-OP auf ... :Sagenichtsmehr:


    Christian

    Hier wird das Licht von Hand gemacht ... und der Motor gehört nach hinten!

  • Liebe Buschfrau,


    mit diesen Sorgen und Gedanken bist Du nicht alleine.


    Wir halten uns oft weit von der Zivilisation entfernt auf
    ( Norwegen,5 Std. minimalistische,automordende Schotterpisten und eine 6.00 - 20.00 Fähre ,Hubschrauber nur "Sunrise/Sunset")


    Ein abgebrochener Zahn ist zwar nicht lebensbedrohend,aber ein freiliegender Nerv hatte mich dann fast zur Wasserpumpenzange greifen lassen,obwohl nicht meiner...( 120 mg Codeinphosphat und Hausmittel Nelken fast wirkunglos...)


    Die Frage ist nur immer was bringt es einem wenn zwar die Symptomatik weg ist,aber ansonsten eine " Verschlimmbesserung" eintritt ?


    Ich würde mich immer für eine Lösung entscheiden die die eigenen Fähigkeiten nicht übersteigt,falsche Hilfe ist genauso übel wie keine Hilfe !


    Bei einer eigenen Erkrankung / Verletzung ist man meist nicht in der Lage selber zu handeln,kann nur auf fremde Hilfe hoffen.


    Wir beschränken uns auf die gängigen Notfallmedikamente die man anwenden kann,halten die eigene Apotheke auf dem Laufenden,ersetzen Verbrauchtes / Abgelaufenes umgehend !


    "Hardware" für medizinische Eingriffe halte ich nur dann für sinnvoll wenn man damit umgehen kann bzw. jemand erreichbar ist der diese Fähigkeiten besitzt.


    Auf "Eure" Insel bezogen bzw. Länder wo es mit der Hygiene nicht so dolle ist würde ich diverse Einwegartikel in steril vorrätig haben,sei es nur um bei einem Buschkrankenhaus - trotz evtl. gutem Arzt -nicht auf fragwürdige Instrumente angewiesen zu sein !


    Ich kenne die "Einsatzzeit" nicht die bei Euch bis zur Rettung möglich wäre,vermutlich reden wir aber von Tagen,nicht Stunden.


    Für mich würde das bedeuten das die " Vitalfunktionen" Atmung,Kreislauf/Herz ( Schock) im Vordergrund stehen,ein Knochenbruch ect. könnte ruhiggestellt auch eine kleine Weile Zeit haben,Schmerzversorgung ect. vorausgesetzt.


    Hier mal unsere " Liste" von dem Notfallzeugs das wir haben :


    - Beatmungsbeutel Ambu SPUR II
    - Aufblasbare Arm/Beinschienen
    - Verbandsmaterial,Stauband,Augenspülflasche


    Pharma :


    Schmerzmittel von ASS bis " pööhse"
    Antibiotika --> Amoxizillin,Ciprofloxacin
    Antihistaminika --> auch Spray,Aufnahme über die Atemwege
    Inhalatoren mit Fenoterol,Salbutamol
    MCP,Loperamid ect..


    Das war`s dann schon,aber ich denke das ist eine Menge mehr als nichts,dazu muss ich alle 3 Jahre bei der Führerscheinverlängerung einen aktuellen Erste-Hilfe-Kurs vorlegen bin da also auch relativ auf dem laufenden :winking_face:


    Weiteres als o.g anzuwenden traue ich mir nicht zu,um nicht einer Versuchung zu erliegen durch Selbstüberschätzung ect. Schaden anzurichten verzichte ich auf " Mehr" ( Schneidendes,Nähendes, "IV" mässiges )

    Aus dem Norden von DE bzw. dem Süden von ES gesendet

  • Hallo ksbulli,


    warum so feindselig bzw. abwertend?
    Ich habe nicht vor einen Op Saal zu eröffnen!
    Wir haben für uns für eine außergewöhnliche Ausnahmesituation vorgesorgt, in der es überhaupt keine Möglichkeit gibt einen Arzt aufzusuchen bzw. es keine andere Möglichkeit gibt.


    Bevor meine BEVA oder ich an obengenannten Notfällen sterben, werden wir es versuchen.Ich gebe nicht einfach kampflos auf.


    Mehr hab ich dazu eigentlich nicht zu sagen.Ich werde hier auch keine Anleitungen oder Materiallisten schreiben, da dies ein m.M.n. heikles Thema ist.


    Zu den Narkosemitteln: Für mich ist es leicht an lokale Betäubungsmittel zu kommen.Aber etwas anderes ist es an Opiate, Muskelrelaxans und Propofol i.v. zu kommen!
    Das gleiche gilt für Bluttransfusionen.


    Es geht hier nicht um den optimalfall sondern um einen Notfall.Denn operieren lass ich mich natürlich auch lieber in einem Op Saal mit ausgebildetem Fachpersonal :face_with_rolling_eyes:

  • Moin John,


    nein, weder feindselig noch abwertend! Und keinesfalls persönlich gemeint!


    Ich weiss ja auch nicht, wie weit Euer Wissen geht, dass kann ja auch schon sehr umfangreich sein. Allein von daher verbietet sich ja jede Wertung ...


    Ich formuliere nur gerne auch mal etwas ironisch, weil ich denke, dass so einige Punkte besser bzw. schneller wahr genommen werden, als durch eine vielschichtige inhaltliche Betrachtungsweise.


    Gerade bei medizinischen Themen werde ich hellhörig, da ich leider die Erfahrung gemacht habe, dass vielfach die Betrachtung und die Darstellung um so vereinfachter werden, ja komplexer der Sachverhalt wird. Leider lag in Deiner Formulierung hierzu auch der Ansatz - ich glaube wohl nicht gewollt, aber gerade dies Zeilen


    Zitat von PrepperJohn;225103

    ...Für diese 2 Fälle haben wir fast alle Materialien.
    Fachwissen besteht aus mehreren Jahren zusehen,assistieren und Pflegeausbildung.
    Ausserdem hoffen wir das es nie soweit kommt.


    haben mich elektrisiert.


    Ich bin nun schon einige Jahre in dieser Branche unterwegs und hatte die Chance sehr viel zu lernen. Und je mehr ich lernen durfte, je mehr ich wirklich konnte, desto klarer habe ich auch erkannt, wo (meine) Grenzen liegen!


    Und ich denke, an dieser Stelle wären sie schon weit überschritten...


    In diesem Sinne


    Christian

    Hier wird das Licht von Hand gemacht ... und der Motor gehört nach hinten!

  • Hi Alle,


    ok, ich verstehe die verschiedenen Ansichten und auch Vorbereitungs-Szenarien von Allen.
    Ich habe auch so einiges an MediMat.
    Ich für mich sage natürlich wenn man Verletzungen hat schwierigen Grades oder auch nur ein Blinddarm
    der entzünet ist, kann ich nicht viel dagegen machen und schon gar nicht operationelle Eingriffe im Thoraxraum, aber
    das Material kann helfen wenn medizinische Fachkräfte da sind.
    Ok, ich traue mir zu ein durch Trettmine abgerissenen Unterschenkel mit 1 oder 2 Tourniquet abzubinden, was aber dann ?
    Normale Wunden nähen (Schnittwunden usw.) kein Problem, lokal betäuben geht auch, aber im meinem Umfeld achte ich sehr
    dass wir umgeben sind auch von Ärzte, Rettungssanitäter oder sonstigem medizinischem Fachpersonal.
    Ich glaube einfach daran dass es notwendig ist für Prepper mehr oder weniger MediMat zu besitzen, falls im bei einem Szenario wie
    Erdbeben oder militärische Besetzung der Ort der Arztpraxis der Arzt nicht mehr zu seinem Material kommt, dann ist es super
    wenn ich mit meinem umfangreicheren Material und Medis den Arzt eindecken kann.
    Ich finde jeden Ansatz besser als nichts zu haben oder nichts machen zu können, aber ich erspare die Diskussionen wegen fähig oder nicht fähig sein können, denn
    auch für mich ist es klar dass man nur mit Material besitzen nicht Fachpersonal ersetzen kann, aber komplettes Unwissen
    ist auch sehr schlecht.
    Man sollte auch in einem SHTF nicht wegen eines entzündeten Zahnes oder Schnittwunde sterben müssen, dann habe ich
    definitiv was falsch gemacht.



    Viele Grüsse

  • Mir drängt sich da grad noch eine Frage auf ,Leute mit Fachwissen vor :


    Bei vielen sterilen Einwegartikeln ist ein Verfallsdatum drauf...Handschuhe,Wundauflagen,Einwegspritzen,ect..EXP 20XX )


    Meiner Laienmeinung nach müsste man das doch vernachlässigen können so lange die Verpackung unbeschädigt bzw. dicht ist..oder mache ich da einen üblen Denkfehler ?

    Aus dem Norden von DE bzw. dem Süden von ES gesendet

  • Hallo @all,


    ich danke erstmal für die vielen Antworten.



    John68


    Ich denke ich muss ganz klar sagen, dass ich natürlich auch nicht einfach so drauflosschnibbeln würde um z.B. einen Appendix zu erntfernen. Schon gar nicht bei mir selbst. Ich bin nur Krankenschwester und würde mir nicht anmaßen zu sagen, dass ich ganz locker chirurgische Eingriffe durchführen könnte. Das übersteigt bei Weitem meine Fähigkeiten und dem, was ich mir zutrauen würde.


    Jedoch habe ich halt darüber nachgedacht, falls ich oder Buschmann in die Situation kommen, dass wir auf uns gestellt sind, was dann wirklich möglich wäre. Und da stellt sich mir die Frage, ob jemand schon Erfahrung mit solchen Situationen oder sich selbst Gedanken gemacht hat. Und wie PrepperJohn schon schrieb, sprechen wir vom Notfall und nicht Optimalfall.


    Ich habe eine recht gut gefüllte Hausapotheke und verschiedenes Equipment, womit ich bisher gut über die Runden gekommen bin.


    Dazu gehören:


    Analgetika (Ibuprofen, Diclofenac, Tramadol etc.)
    Antihistaminika (Tavegil, Loratadin)
    Glukokortikoide (Dexamethason)
    Antibiotika (Amoxycillin, Cefuroxin)


    Diarrhoe, Verstopfung, Übelkeit und Erbrechen, Reflux (Loperamid, Perenterol, Mcp, Pantozol, Kohletabletten etc.)


    Muskelrelaxantien, Heparine, Augen- und Ohrentropfen
    Salben, Cremes und Gele (Betaisodona, Voltaren, Fenistil, Systral, Finalgon etc.)


    Hand-, Flächen- und Wunddesinfektionsmittel
    Verbandsmaterial
    Spritzen, Kanülen
    Skalpelle, Op-Besteck
    Nahtmaterial
    Beatmungsbeutel
    Blutdruckmessgerät
    Blutzuckermessgerät
    Infusionssets


    Ich denke darüber nach, Infusionslösungen, Lokalanasthetika, und verschiedene verschreibungspflichtige Medikamente in Ampullenform zu besorgen. Das sollte hier kein großes Problem darstellen.


    Ich hoffe, dass mein Mann oder ich nie in die Situation kommen uns gegenseitig operieren zu müssen, aber im WC, wenn es wirklich ums Überleben geht, möchte ich doch so gut vorbereitet sein wie möglich. Auch wenn es nur theoretisch ist.


    Denn als Laie wird man praktisch diese Erfahrungen wohl nicht machen können.
    Lg


    Buschfrau

  • Ich habe den Eindruck, dass viele hier darauf spekulieren im Worst-Case einfach mal aufzuschneiden und zu hoffen das man Glück hat.


    Genau da liegt aber der Fehler. Wenn man keine Ahnung hat, dann wird man auch kein Glück haben.
    Operieren benötigt mehr Kenntnisse als zu wissen wo auf einer Schautafel der Appendix sitzt.


    Wenn ihr so etwas wirklich vorhabt, dann müsst ihr schon vorher wissen wo ihr den Schnitt setzten müsst.
    Ihr müsst wissen durch welche Gewebeschichten ihr gerade schneidet, wo große Blutgefäße sitzen, wie krankes und gesundes Gewebe aussieht etc.
    Weiter müsst ihr wissen wo ihr den Appendix abschneiden könnt, wie ihr mit Blutungen und Komplikationen umgeht etc.


    Wer also wartet bis der Worst-Case eintritt und dann auf Glück, Intuition oder was auch immer hofft, der wird garantiert enttäuscht werden.


    Der einzige Weg zum ansatzweisen Beherrschen führt hier leider über die Praxis, d.h. z.B. durch
    -Zuschauen bei Ärzten (Praktika o.ä.) und wirklich jeden Schritt merken/im Kopf durchgehen, dazu Fragen stellen (Was tun wenn...)
    -Üben an Toten im SHTF-Fall
    -Üben an Übungsmodellen (zu teuer im Chirurgiebereich)
    -Üben an narkotisierten Tieren (absolut unethisch!)



    Die Sedierung/Narkose ist ein komplexes Themenfeld die man bei jeder Operation mit bedenken muss.
    Dinge wie Atemwegssicherung, Volumenersatz etc. sollten beherrscht werden, wobei man hier auch vieles theoretisch erlernen kann und Übungsmodelle auch bezahlbar sind.



    Als Fazit muss ich Commando rechtgeben:
    Das Material vorrätig halten und schauen wo man im SHTF-Fall am schnellsten einen Chirurg herbekommt dürfte die beste Lösung sein.
    Ergänzend sollte man noch lernen wie man den Patienten bis zum Eintreffen des Chirurgen stabil hält, dass lässt sich theoretisch gut machen und dadurch ist schon viel gewonnen.

  • Interessantes und ganz schwieriges Thema. Ich grübele über diese Problematik auch schon seit Jahren nach.
    Bei Uns (Ich Fachkrankenpfleger + Med. Student 6. Semester und meine Freundin zZt Facharztausbildung aber nichts chirurgisches) ist natürlich auch etwas mehr an Medikamenten und Equitment vorhanden, dennoch wäre ich dies bezüglich eher zurückhaltend.


    Was ich für uns in die engere Wahl nehme, wenn zB wenn hier in Mitteleuropa die Infrastruktur durch ein Erdbeben massiv gestört wäre, sind folgende Eingriffe:
    -Anlage einer Thoraxdrainage bei (Spannungs-) Pneumothorax (=kollabierte Lunge zB durch Verletzung der Brustwand), hab ich zwar noch nicht selbst gemacht aber zig fach assistiert und im Zweifel wäre das ein wirklich lebensrettender Eingriff.
    -Koniotomie (=Luftröhrenschnitt) da alternativlos
    -Wundtoilette bei größeren/tieferen Wunden, Spaltung oberflächlicher Abszesse
    -Richten/Schienen von Knochenbrüchen und der Versuch ausgerenkte (Schulter-) Gelenke wieder einzurenken.


    Von allem anderen (Eingriffe in Körperhöhlen) würde ich ziemlich viel Abstand halten, da ich denke, dass die Wahrscheinlichkeit dem Patienten durch die Behandlung eher zu schaden als zu helfen recht groß ist.

    IN LIBRIS LIBERTAS