"Messergesetz" Österreich

  • Hallo,


    angeregt durch die Diskussion über das Führen von Multitools in Deutschland, dachte ich mir, ich schreibe mal etwas dazu, wie die Rechtslage in Österreich aussieht.
    Einerseits lebe ich in Österreich und weiss daher, wie sich die Exekutive gegenüber Messerträgern verhält und andererseits bin ich Waffenbesitzer und habe mir von daher schon einigermaßen einen Überblick über die Gesetzeslandschaft verschafft.
    Da es für die Schweiz und Deutschland schon einen "Messergesetz"-Thread gibt, dachte ich, ich nenne den hier auch so, obwohl es de facto kein Messergesetz in Österreich gibt.


    Das Waffengesetz 1996 in der Fassung vom 20.09.2017:
    Begriffsdefinition:
    § 1. Waffen sind Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind,
    1. die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen oder


    Wichtig ist hier die Formulierung, "ihrem Wesen nach".


    Verbotene Waffen
    § 17. (1) Verboten sind der Erwerb, die Einfuhr, der Besitz, und das Führen
    1. von Waffen, deren Form geeignet ist, einen anderen Gegenstand vorzutäuschen, oder die mit Gegenständen des täglichen Gebrauches verkleidet sind.


    Das wären zB. Stockdegen, Kugelschreibermesser etc.



    Eine Einordnung eines Gegenstandes unter den Begriff „Waffe“ im Sinne des § 1 WaffG oder etwa unter § 17 WaffG – verbotene Waffe – erfolgt immer in Bezug auf die konkrete Ausgestaltung, z.B. Klingenlänge und Gesamtlänge.


    Gewöhnliche Messer mit stumpfem Rücken, wie Jagdmesser, Hirschfänger, Brotmesser, Tischmesser, Küchenmesser und Taschenmesser aller Art sind in der Regel nicht Waffen im technischen Sinn, sondern Gebrauchsgegenstände.
    Selbst dann, wenn sie eine Feststellungsvorrichtung für die Klinge besitzen.


    Erst wenn ein feststellbares Taschenmesser auch eine Vorrichtung zum Aufspringen der Klinge besitzt, liegt eine Stichwaffe oder bzw. Stoßwaffe vor..
    Dolche, Stilette und Degen sowie Butterfly-Messer sind nach Urteilen des Obersten Gerichtshofes jedenfalls als Waffen anzusehen.

    Der Erwerb, der Besitz und das Führen der genannten Waffen ist Personen über 18 Jahren, über die kein Waffenverbot verhängt wurde, erlaubt.
    Für Messer die erst gar nicht unter die Definition einer Waffe fallen, also die allermeisten, gilt gar keine Einschränkung. Diese dürfen auch unter 18 geführt werden.



    Das Veranstaltungsgesetz kann das Führen von Waffen einschränken.
    Ordnern und Security ist oft der Unterschied zwischen Werkzeug und Waffe nicht bekannt. Daher werden gerne jegliche Art von Taschenmessern einkassiert.
    Das Versammlungsgesetz verbietet generell die Teilnahme von bewaffneten Personen.


    In solchen Fällen ist es besser, gar kein Messer mitzunehmen.


    LG. Nudnik

  • Da scheint ja tatsächlich noch etwas Verstand mitgewirkt zu haben.
    Da wird man ja richtig neidisch als Deutscher. :frowning_face:

    "Wo Hesse und Holländer verderben, wer könnte da sein Brod erwerben?"

  • Zitat von afu-sven;311223

    Da scheint ja tatsächlich noch etwas Verstand mitgewirkt zu haben.
    Da wird man ja richtig neidisch als Deutscher. :frowning_face:


    Nicht nur hier, ich denke da bspw an das Österreichische Waffengesetz, insbesondere an die §§ 21 (1) und 22 (1).

    - Wer den Kampf nicht geteilt hat, der wird teilen die Niederlage -

    Bertold Brecht

  • Ja, das WaffG wurde mit gesundem Menschenverstand und Augenmaß geschrieben. Blöd nur, dass diese Regelungen von der Beamtenschaft in Tateinheit mit dem Verwaltungsgericht wieder ausgehebelt wurden. :verärgert:


    So gibt es z.B. ein Urteil vom Verwaltungsgerichtshof, dass selbst die Nachsuche von Schwarzwild in unwegsamen Gelände keine Begründung für einen Waffenpass ist!
    Begründung (lt. Urteil des VwGH vom 26. März 2014, Ro 2014/03/0039):

    Zitat

    Von einem Jagdausübenden muss die jagdliche Fertigkeit erwartet werden, die Nachsuche nach Wild (auch Schwarzwild) auch in unwegsamem Gelände mit einer Jagdwaffe vorzunehmen, ohne eine Waffe der Kategorie B zu benötigen. Gleiches gilt für die Bejagung von Schwarzwild auch sonst.

    Arbeite, als wenn du ewig leben würdest. Liebe, als wenn du heute sterben müßtest.

  • Die standen halt noch nie in einer Dickung, rochen "Maggi" und hörten "was" hinter sich.
    Schreibtisch-Täter halt.

    "Wo Hesse und Holländer verderben, wer könnte da sein Brod erwerben?"

  • Das ist in etwa so wie mit der Geschwindigkeit auf deutschen Autobahnen: Theoretisch ist die Physik das Limit. Praktisch steht man mit einem Fuß im Häfn, wenn man es übertreibt und es passiert etwas...

    Arbeite, als wenn du ewig leben würdest. Liebe, als wenn du heute sterben müßtest.

  • Zitat von Nudnik;311883

    Ich verstehe nicht was du meinst. Was soll den "passieren"?


    Ich gehe mal davon aus, dass [MENTION=2997]Maresi[/MENTION] damit sagen möchte, dass so ein Gesetz immer schnell zur Disposition steht, wenn einer damit Unfug macht und jemanden bspw. medienwirksam über den Jordan schickt - ob die Änderungen/Verschärfungen sinnvoll oder nicht sind ist dann völlig unerheblich, hauptsache Aktionismus an den Tag legen. Siehe EU-Feuerwaffenrichtlinie. Und mal ehrlich, ich gehe davon aus, dass die "Gegenwehr" in etwa so groß wäre, wie bei der eben angesprochenen Richtlinie, weil es den meisten Leuten egal ist bzw. diese das Blabla um die Notwendigkeit einfach schlucken würden.

    - Wer den Kampf nicht geteilt hat, der wird teilen die Niederlage -

    Bertold Brecht

  • Hi!


    Wenn einer durchdreht und Personen verletzt oder tötet, muss er mit Strafen rechnen.


    Ob er mit einem legalen Messer oder einer Bierflasche, einem illegalen Dolch oder einem Auto verletzt wird relativ egal sein.


    Er verwendet Gegenstände nicht im Sinne der ursprünglichen Verwendung.


    Ausserdem gibt es Ausnahmen.
    Wenn ich mit einer Axt über der Schulter im Einkaufscenter rumrenn, kann ich vllt. trotzdem Probleme kriegen, auch wenn ich es vom Gesetz her darf.
    Div. Plätze sind aber "privat" und da gelten andere Regeln.


    Wenn man sich normal verhält, wird man vermutlich weniger Schwierigkeiten bekommen...


    lg ric

  • Wie ich eingangs schon geschrieben habe, gibt es schon Einschränkungen. im Veranstaltungsgesetz, im Versammlungsgesetz und ggf. im Hausrecht.


    Also Messer ins Fußballstadion ist böses Hundepfui, sollte aber jedem einleuchten. Axt über der Schulter, vermutlich im Baumarkt kein Aufreger, im Shoppingcenter ein Garant für einen Polizeieinsatz. Also immer schön mit gesundem Hausverstand entscheiden.
    LG. Nudnik

  • Das ist wie der Römer in der U-Bahn ...
    Vor Jahren hat es in Wien eine Werbekampagne für die römischen Ausgrabungen in Wien gegeben, da ist ein römischer Legionär mit Helm, Sandalen und Gladius (Schwert) in der U-Bahn spazieren gefahren. War ein toller Effekt, die Leute haben sich mit ihm fotografieren lassen, es kam in den Nachrichten, insgesamt hat sich keiner daran gestört das da ein Typ mit Schwert durch die Stadt läuft.
    Einige Wochen (oder Monate) später kam es zu einem Polizeieinsatz weil ein LARP Spieler mit seiner Schwert in der U-Bahn unterwegs war und die Leute sich bedroht fühlten.


    Vom Waffengesetz her beides OK ...

  • Zitat von Don Pedro;311896

    ...weil ein LARP Spieler mit seiner Schwert in der U-Bahn unterwegs war und die Leute sich bedroht fühlten.


    ....woran seine Verkleidung als Ork vielleicht nicht unbeteiligt war. ...Späßle....:devil: .

  • Zitat von Nudnik;311883

    Ich verstehe nicht was du meinst. Was soll den "passieren"?


    Hi Nudnik,


    gemeint war: Wenn ich in Deutschland - legal - 250 auf der Autobahn fahre, passiert erstmal nix (solange alles gut geht). Kommt es aber zu einem Unfall, so bekomme ich in 99,9% der Fälle eine Teilschuld (weil es ja eine Richtgeschwindigkei gibt).
    Ähnlich beim Thema Messer: Wenn ich in Österreich im Alltag mit einem 40cm langen Messer - legal - herumlaufe, passiert idR zunächst mal: Nichts*). Wenn ich es aber in einer Notwehrsituation einsetze, dann ist u.a. gleich mal die Vorsatz-Frage da ("Warum hattest du das Messer mit?!?").
    Anders ausgedrückt: Je Alltagstauglicher ein Messer ist, desto weniger Rechtfertigungsdruck habe ich. Und vermutlich wird auch vom Richter in die [Be|Ve]rurteilung mit einfließen, ob es jetzt ein schweizer Taschenmesser oder ein Glock Feldmesser war - obwohl de jure kein Unterschied sein dürfte...


    *) Abgesehen von einer möglichen "Erregung öffentlichen Ärgernisses"

    Arbeite, als wenn du ewig leben würdest. Liebe, als wenn du heute sterben müßtest.