Psychiatrische Erkrankungen- Basiswissen

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  • Psychiatrische Erkrankungen- Basiswissen (Einführung)


    High!


    In diesem Forum wurde schon viel über somatische (körperliche) Erkrankungen und deren Behandlung geschrieben. Nur wenigen dürfte bewusst sein, dass das Risiko selbst oder dass ein Mitglied der Gruppe psychisch erkrankt, speziell unter den extremen Bedingungen die hier für die Zukunft angenommen werden, sehr hoch ist. Denkt nur an die grosse Anzahl traumatisierter Soldaten in den gegenwärtigen Kriegen. Alle Vorbereitung wird nur wenig helfen, wenn du selbst oder deine Angehörigen nicht mehr so „funktionieren“, wie geübt oder angenommen wird, wenn ein oder mehrere Mitglieder ausflippen oder gar nichts mehr machen.


    Ein anderer Aspekt des Zusammenbruches der staatlichen Ordnung ist die Freisetzung bisher untergebrachter psychisch kranker Menschen aus Akutpsychiatrien, Forensiken (straffällige, untergebrachte psychisch Kranke), Wohnheimen, geschlossenen Pflegeheimen, betreuten Wohngemeinschaften. Neben den „Normalverrückten“ werden euch dann so einige echt auffällige Typen auf den Straßen (hoffentlich nicht in euren Wohnungen/ Refugien…lach) begegnen.


    Diese Folge von Beiträgen zu psychischen Erkrankungen ist für Laien geschrieben und soll diese in die Lage versetzen:
    - die wichtigsten psychischen Erkrankungen zu (er)kennen
    - im Umgang mit diesen Menschen sich „richtig“ oder adäquat zu verhalten
    - einen Einblick in die Behandlungsmethoden zu bekommen, auch unter Survivalbedingungen


    Um die Länge der Beiträge einzugrenzen und die Verständlichkeit zu erhöhen, ist eine gewisse Vereinfachung und Pauschalierung leider nötig. Die hier anwesenden Psychiater und/ oder Psychologen mögen mir dies verzeihen. Die folgenden Erklärungen und Anleitungen fußen jedoch auf den aktuellen, schulmedizinischen Erkenntnissen und Behandlungsmethoden.


    Der Autor dieses Beitrages arbeitet seit 15 Jahren als Krankenpfleger auf einer großstädtischen, akutpsychiatrischen Station .


    LG


    Butzi


    Grundlagen


    Wir unterscheiden zwei große psychische Krankheitsgruppen:
    - Psychosen
    - Persönlichkeitsstörungen (früher Neurosen genannt)
    Psychosen: Die Psyche (der Geist) ist in drei Aspekte aufgeteilt, Denken, Fühlen und Sinneswahrnehmungen. Im Zusammenhang mit geistiger Gesundheit oder Erkrankung interessieren hier die beiden Ersten. Die wichtigste Psychose des Denkens ist die Schizophrenie, die des Fühlens sind die Depression, die Manie und Mischformen aus beiden.
    Die Ursache einer Psychose ist (schulmedizinisch) immer ein Ungleichgewicht der biochemischen Vorgänge an den Verbindungsstellen der Hirnnerven (Synapsen). Es gibt hier zu viel oder zu wenig eines oder mehrerer bestimmter Botenstoffe (Neurotransmitter). Diese Botenstoffe leiten die „Information“ von einer zur nächsten Nervenzelle weiter. Sind sie im Ungleichgewicht, wird die Information nicht korrekt weitergegeben und „Störungen“ entstehen. An dieser Stelle setzen auch alle psychiatrischen Medikamente (Psychopharmaka) an.


    Persönlichkeitsstörungen (Neurosen): Sie haben keine Ursache in der Biochemie des Gehirns. Sie entstehen durch ein „an erworbenes Fehlverhalten“, eine unpassende Reaktion auf einen Auslöser (Trigger), eine undienliche Konditionierung. Sie werden überwiegend psychotherapeutisch behandelt, bei extremen Formen auch unterstützend mit Psychopharmaka.


    Beispiele: Belastungsreaktionen, Ängste und Phobien, Zwänge, Borderline, Süchte etc. .


    Psychisches Trauma


    Psychische Traumata (Wunden) sind das geistige Gegenstück zu körperlichen, schweren Verletzungen. Sie sind die Erinnerung bzw. der Eindruck, den ein einschneidendes Erlebnis in der Psyche der betroffenen Person hinterlassen hat. Ein psychisches Trauma kann sowohl durch ein körperliches als auch durch ein seelisches Erleben der betroffenen Person oder beides verursacht werden. Oft wird auch die traumatisierende Situation selbst als Trauma bezeichnet. Übersteigen Traumata das Verarbeitungsvermögen des Betroffenen, so entwickeln sich psychische Erkrankungen. Die Frage, ob ein Ereignis traumatisierend ist, ist zum einen abhängig von der Art und Stärke des Ereignisses/der Situation und von der Person, die der Situation ausgesetzt ist.


    Bei der Verarbeitung des Ereignisses spielt die Gesamtverfassung des Betroffenen oft eine entscheidende Rolle. Daneben gibt es auch Ereignisse und Situationen, die bereits auf Grund ihrer Schwere oder Unvereinbarkeit mit menschlichen Leben für alle Menschen „traumatisierende“ Wirkung haben.


    Umgekehrt gibt es auch Menschen, deren Bewältigungsfähigkeit und Abwehrmechanismen besonders stark ausgeprägt sind und die Empfindlichkeit überdurchschnittlich gering ist. Diese Menschen sind dann im Durchschnitt resistenter als andere.


    Beispiele für Erlebnisse, die Traumata auslösen können, sind Gewalt, Krieg, Mord, Folter, Vergewaltigung, sexueller Missbrauch, körperliche und seelische Misshandlung, Unfälle, Katastrophen oder Krankheiten. Mitunter kann die bloße Zeugenschaft eines solchen Ereignisses auf die beobachtende Person traumatisierend wirken. Ein von Menschen verursachtes Trauma (Vergewaltigung, Folter…) wirkt schlimmer als wenn das Trauma „zufällige“ Ursachen hatte (Naturkatastrophen, Unfälle…).


    Ist die Verarbeitung traumatisierender Erlebnisse gestört, entwickeln sich Erkrankungen/Störungen die sich ähneln aber in Intensität und zeitlichem Ablauf unterscheiden:
    - Akute Belastungsreaktion
    - Anpassungsstörung
    - Posttraumatische Belastungsstörung


    Akute Belastungsreaktion (AB)


    Die AB ist eine psychische Störung von beträchtlichem Schweregrad nach überwältigenden, traumatischen Erlebnissen. Sie tritt direkt nach dem belastenden Trauma auf.


    Symptome: treffen alleine oder in Kombination auf
    - Psychischer Schockzustand: Erstarrung (sitzt oder steht bewegungslos da, weit aufgerissene Augen, antwortet nicht, lässt sich willenlos herumführen)
    - Panik, Todesangst
    - Blutdruckanstieg, Herzrasen, Engegefühl
    - Bewegungsstörungen, z.B. unfähig die Hände zu bewegen, Beine versagen, Stimme versagt
    - Lallt und geht wie betrunken
    - Krampfanfälle
    - Sensibilitätsstörungen, Blindheit, Taubheit
    - Amnesie, erinnert sich später nicht mehr an die Situation
    - Körperlicher Schockzustand:
    - Bewegungssturm: Unruhe, läuft ziellos herum, wehrt sich, wenn er angefasst wird, schlägt mit dem Kopf gegen die Wand
    - Blutdruckabfall, Pulsbeschleunigung, Zittern, Schwitzen, kühle Extremitäten, Blässe


    Massnahmen:
    - Erkrankten von auslösenden, traumatisierenden Reizen abschirmen, wenn möglich an ruhigen Ort bringen
    - Wenn nicht bekannt sich unbedingt vorstellen, Kontakt aufnehmen
    - Nicht alleine lassen
    - Bei Panikattacken: Ruhe bewahren, eigene Unsicherheit steigert die Panik; hyperventiliert der Mensch, Gefahr eines Krampfanfalles: Auffordern ruhig zu atmen mit Betonung der Ausatmung, evtl. Tüte vor Mund und Nase halten und hinein atmen lassen (soll dicht sein), vorher erklären
    - In beruhigendem Ton ansprechen: „Du bist jetzt in Sicherheit“, „wir tun alles Notwendige“
    - Keine plumpen Beschwichtigungsversuche, lieber vorerst nichts zu dem belastenden Ereignis sagen als es zu banalisieren
    - Vorsichtig Körperkontakt aufnehmen z.B. Hand halten, oft nimmt er/sie gar nicht wahr, was man sagt, spürt aber durch die Berührung, dass jemand da ist
    - Bei Zurückschrecken vor Körperkontakt, die Grenzen akzeptieren, nicht aufdringlich sein und nicht beleidigt zurückziehen
    - Immer erklären, was man macht, auch wenn es so aussieht als ob es nicht wahrgenommen wird, was man sagt
    - Bei körperlichen Schocksymptomen (Blutdruck nieder und Puls hoch): Beine hochlagern, zudecken
    - Bei Zittern: Decke anbieten- das Einhüllen vermittelt Geborgenheit
    - Trinken und Essen anbieten, wird meist zunächst abgelehnt, nicht nachdrücklich werden
    - Fragen, ob auf die Toilette muss, begleiten, Menschen im seelischen Schock können schlecht für sich selber sorgen und nehmen oft die eigenen Bedürfnisse nicht wahr
    - Tatsachen nicht beschönigen, keine Notlügen, sachliche Aufklärung ohne ins Detail zu gehen
    - Für viel und ruhigen Schlaf sorgen
    Prognose: Die Prognose ist gut. Gelingt es den erkrankten Menschen aus dem traumatisierenden Umfeld herauszuholen und wohlwollend, geduldig, rund um die Uhr und eventuell sogar liebevoll zu betreuen, so dauert die AB von einigen Stunden bis zu einigen Tagen.


    Medikamente: In schweren Fällen oder wenn ein Entfernen aus der auslösenden, traumatisierenden Situation der betroffenen Person nicht oder nur bedingt möglich ist:
    - Benzodiazepine: Lorazepam (Tavor) 3 mal 0,5 bis 3 mal 2,5 mg pro Tag (bestes Medikament gegen Ängste aber hohes Abhängigkeitspotential bei längerer Gabe (wenn mehrere Tage, dann Ausschleichen)) oder Diazepam (Valium) bis maximal 60mg pro Tag (wie Tavor)
    - Niederpotente Neuroleptika (wenn keine Benzos vorhanden oder zum garantierten „Schlafenlegen“): Promethazin (Atosil) bis 1000mg pro Tag, Levomepromazin (Neurocil) bis 600mg pro Tag (Achtung: Echte K.O.- Tropfen, kein Suchtpotential aber ziemlich Blutdrucksenkend!)
    - Hohe Dosierungen nur unter erfahrener Betreuung und keine Verantwortung des Autors!!
    Über Psychopharmaka wird es noch einen eigenen Beitrag geben, bis dahin bitte nichts geben!..lächel


    Posttraumatische Belastungsstörung (PTB)


    Unter dem Begriff posttraumatische Belastungsstörung versteht man eine verzögerte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine außergewöhnliche Bedrohung. Übersteigen Traumata das Verarbeitungsvermögen des Betroffenen, so kann sich eine PTB entwickeln. Diese Störung kann sich Tage, Wochen oder Monate nach dem auslösenden Trauma entwickeln.


    Die Häufigkeit/ Wahrscheinlichkeit eine PTB zu entwickeln richtet sich nach der Art des Traumas:


    - Ca. 50% nach Vergewaltigung
    - Ca. 25% nach anderen Gewaltverbrechen
    - Ca. 20% bei Kriegs- und 15% Verkehrsunfallopfern


    Symptome: Treten einzeln oder in Kombination auf
    - Depressivität
    - Abstumpfung, Betäubung, allg. Rückzug, Interessenverlust, innere Teilnahmslosigkeit und Leere
    - Überregtheit, Schlafstörungen
    - Bewusste oder unbewusste Meidung von mit dem Trauma verbundenen Reaktionen
    - Angst und erhöhte Schreckhaftigkeit, Panikattacken
    - Alpträume und Flash- Backs mit emotionalem Wiedererleben der traumatisierenden Szenen
    - Selbstverletzendes Verhalten, Suizidalität
    - Erinnerungen, die jeder Zeit durch ähnliche Situationen, Stichwörter, Geräusche etc. wachgerufen (getriggert) werden können
    Etwas Neuropathologie oder „was läuft hier im Gehirn falsch“:
    Stress: In einer bedrohlichen Situation reagiert der Körper mit einer Stressreaktion. Es werden Hormone ausgeschüttet (Adrenalin, Noradrenalin), die den Organismus auf Kampf oder Flucht vorbereiten. Als Folge steigen Blutdruck und Atemfrequenz. Sind aber weder Kampf noch Flucht möglich, bleibt der Organismus in unterdrückter Alarmbereitschaft. Diese „gespeicherte“ Stressreaktion springt bei bestimmten, dem Trauma ähnlichen Reizen sofort wieder an.


    Informationsverarbeitung: Um auf Gefahren schnell zu reagieren, kürzt das Gehirn die Reizleitung ab. Es wäre z.B. fatal, wenn wir lange überlegen müssten, ob ein auf uns zurasendes Auto gefährlich ist. In diesem Moment wird ein Teil des Gehirns, die Amygdala (Mandelkern), aktiv. Erst nachdem die Gefahr vorbei ist, wird die Information bewertet und in einem anderen Teil des Gehirns, dem Hippocampus, gespeichert. Genau dieser Prozess der Speicherung ist aber bei Traumapatienten gestört. Die Traumaspuren bleiben im Gehirn wie „eingebrannt“. Als Folge kommt es zu einer stark erhöhten Empfindlichkeit auf Ereignisse oder Reize (Trigger), die an das Trauma erinnern.


    Maßnahmen:
    - Herstellen einer Sicheren Umgebung
    - Bei einer BTP muss das Erlebte verarbeitet werden. Dazu dürfen die Erinnerungsgedanken nicht unterdrückt und Vermeidungsstrategien nicht aufrecht erhalten werden.
    - Eine professionelle Psychotherapie wird den Erkrankten behutsam an das Trauma heranführen und ihn damit konfrontieren. Das Trauma wird rekonstruiert, Erinnerungen, Vorstellungen und Empfindungen in Worte gefasst. Emotionen wird freier Lauf gelassen.
    - Eine Verhaltenstherapie wird angewendet, um antrainierte Schutzmechanismen (den Triggern ausweichen) zu umgehen und aufzulösen
    - Entspannungstechniken werden erlernt und angewendet (Autogenes Training, progressive Muskelentspannung nach Jakobsen, Yoga etc.)
    - Psychoedukation, d.h. der Betroffene kennt sich selbst mit der Erkrankung aus, kennt Symptome und Verlauf
    - Bei Panikattacken: Verständnis zeigen, helfen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart zu unterscheiden, Ruhe ausstrahlen, Sicherheit vermitteln


    Selbsthilfe:


    Vielen Menschen, die Schreckliches erfahren mussten, hilft es, immer wieder über die belastenden Ereignisse zu sprechen. Denn bei Traumapatienten ist die Speicherung des Erlebten in einem bestimmten Gehirnareal, dem Hippocampus, gestört s.o. . Das Sprechen über das Erlebte beschleunigt die Ablage im Hippocampus. Die Folge: Der Mensch kommt innerlich zur Ruhe.


    Hilfreich sind Sport und Bewegung, weil sie angestaute Stresshormone abbauen. Zudem wird der Körper durch die Anstrengung auf natürliche Weise ermüdet.


    Immer wiederkehrende Alpträume können mit der Imaginationstechnik gemildert werden. Der Betroffene ruft sich tagsüber den Alptraum ins Gedächtnis, erfindet nun aber ein gutes Ende: Er verändert die Handlung entweder zum Positiven oder lässt Helfer auftreten, die Rettung bringen. Auch das Aufschreiben eines positiven Ausgangs kann helfen, den Alptraum für immer „abzulegen“.


    Medikamente:


    Im Vordergrund der Behandlung stehen zunächst Beruhigung und Stabilisierung- Vorübergehend eventuell Benzodiazepine.


    Prognose:


    Verlauf und Dauer der PTB sind individuell sehr unterschiedlich. Die Behandlung kann sich über Jahre erstrecken. Je früher die Störung psychotherapeutisch behandelt wird, umso besser sind die Heilungsaussichten.


    Zusammenfassung 1


    Nachdem nun die wichtigsten Störungen nach Traumaeinwirkung besprochen sind, stellen sich folgende Fragen:


    - Wie habe ich selbst durchgemachte psychische Verletzungen verarbeitet?
    - Was war/ist hilfreich bei der Verarbeitung, was erschwehrend?
    - Welche Möglichkeiten gibt es generell mit (schwierigen) Situationen umzugehen?
    - Was ist in Punkto Vorbereitung möglich?


    In der psychiatrischen Forschung gibt es interessante Untersuchungen zum Thema Resilienz.
    Unter Resilienz wird die Fähigkeit verstanden, schwierige Lebenssituationen erfolgreich zu meistern. Resiliente Personen haben typischerweise eine Reihe von Eigenschaften:
    - Sie gehen mit Stress effektiv um
    - Sie haben gute Problemlösefähigkeiten
    - Bei Problemen bitten sie um Hilfe
    - Sie glauben, dass es Möglichkeiten gibt, mit Lebensproblemen umzugehen
    - Ihre Beziehungen zu Freunden und Familienmitgliedern sind eng
    - Sie teilen vertrauten Menschen mit, ein Trauma erlebt zu haben
    - Sie sind oft spirituell/religiös eingestellt
    - Statt als „Opfer“ (victim) sehen sie sich als „Überlebende“ (survivor)- diese Unterscheidung im Englischen bedeutet, ob sich die traumatisierte Person als passiv und hilflos („Opfer“) erlebt oder als stark und selbstbestimmt, in der Regel in Verbindung mit einem bewussten Umgang mit dem Trauma („Überlebender“)
    - Sie helfen Anderen
    - Sie versuchen, dem Trauma etwas Positives abzugewinnen


    Welche dieser Eigenschaften könnt ihr für euch als zutreffend abhaken? Entsprechend eurer Selbsteinschätzung bekommt ihr schon ein recht gutes Bild eurer eigenen „Traumaresistenz/Wiederstandsfähigkeit“. So bekommt ihr auch Hinweise, an was ihr eventuell noch zu arbeiten habt.


    Arbeit bei Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Krankenhaus, Katastrophenhilfe etc. „härtet“ bis zu einem gewissen Grad ab, ist jedoch durch professionellen Umgang mit Dritten oder Fremden gekennzeichnet. Es ist daher keine Garantie, dass so eigenes Leiden und eigene (körperlich und psychische) Schmerzen, selbst erlebte Gewalt und „Schicksalsschläge“ und die enger Bezugspersonen, besser überstanden werden.


    Der Umgang mit traumatisierten Menschen (und eigentlich mit allen Menschen!) sollte ehrlich, offen, zugewandt, fürsorglich, ruhig und echt sein. Wenn ihr euch um traumatisierte Personen kümmert, seid ganz da, ganz bei dem, was ihr mit dem Erkrankten macht. Gebt ihm/ihr das Gefühl für in/sie da zu sein, für Sicherheit zu sorgen, egal was auch passiert. Euer Gemütszustand hat einen sehr großen Einfluss auf den verletzten und verstörten Menschen. Hier ist eher Gefühl als Intellekt gefragt.


    Sehr schön ausgedrückt hat das Samuel Shem:


    „ Schau, ich will doch nichts weiter als lernen, wie man die Psychologie einsetzt, um Menschen zu helfen.“
    „ Psychologie hilft den Menschen nicht.“
    „Jetzt reicht’s mir aber. Ich gehe.“
    „Warte!“ Er packte mich an der Schulter. „Das, was den Menschen hilft, hat nichts mit Psychologie zu tun. Es geht nicht darum, welche Theorie du anwendest oder Worte du gebrauchst.“
    „Was hilft den Menschen dann?“
    „Wenn jemand sich wahrgenommen fühlt, und wenn du spürst, daß er sich wahrgenommen fühlt, und du dich von ihm wahrgenommen fühlst. Genau dann, in diesem Moment, macht sich ein Hauch des Spirituellen bemerkbar. Das ist es. Das ist alles. Das Spirituelle. In der Psychotherapie ist Heilen ein spiritueller Akt.“


    Samuel Shem
    Mount Misery
    Seite 362

  • Schizophrene Psychosen


    Psychiatrische Erkrankungen- Schizophrene Psychosen


    Schizophrenie wird als Neurotransmitterstörung im Gehirn angesehen. Der Botenstoff Dopamin ist in bestimmten Hirnarealen zu hoch konzentriert. Somit ist das akute Ziel der Behandlung, diese zu hohe Neurotransmitter- Konzentration runter zu fahren. Dies kann nur mit Medikamenten erreicht werden.


    Es gibt verschiedene Schizophrenie- Formen, doch im klinischen Alltag und in Punkto „Nachcrash- Szenarien“ dürfte die paranoid- halluzinatorische Schizophrenie die größte Bedeutung haben. Die Leitsymptome sind also Paranoia (der Kranke fühlt sich verfolgt, abgehört (oft sogar die eigenen Gedanken) vom CIA, den Außerirdischen, von Irgendjemand oder von dir(!)) und Halluzinationen. Diese Halluzinationen (etwas wird wahrgenommen, was nicht da ist) können alle Sinne betreffen, d.h. es wird etwas gesehen, gehört, gerochen, geschmeckt oder gefühlt, für das es keine objektive, reale Ursache gibt. In 70-80% der Fälle leidet der Betroffene unter akustischen Halluzinationen. Es werden eine oder mehrere Stimmen gehört, die kommentieren (oft negativ: „Du bist das Letzte, verdienst nichts, bist nichts wert…“) und auch befehlen („Mach dies oder jenes, bringe dich oder den um…“). Stellt euch diese Stimme so vor, als hättet ihr einen kleinen Lautsprecher im Kopf, aus dem mal häufiger, mal seltener, mal leiser und dann wieder sehr laut Stimmen oder andere Geräusche direkt in eurem Kopf entstehen und nicht Teil von euch sind (wie z.B. das dauernde Geplapper eigener Gedanken im Hintergrund).


    Die Schizophrenie verläuft schubförmig (es gibt akute und „symptomfreie“ Phasen), verläuft meist chronisch (>70%), daher dauerhafte, meist lebenslängliche Psychopharmakaeinnahme, betrifft 0.5- 1% der Bevölkerung (länderunabhängig). Akute oder produktive Phasen werden häufig durch das Absetzen der Antipsychosemedikamente (Neuroleptika) oder durch neu auftretende Belastungen (familiärer, beruflicher, sozialer, gesundheitlicher… Art) ausgelöst. Die Betroffenen haben eine höhere Vulnerabilität oder „Verletzlichkeit“ und geringere Belastbarkeit als der Durchschnittsmensch. Neue Schübe zeigen sich oft als Erstes durch zunehmende Schlaflosigkeit und Unruhe, Angespanntheit.


    Beim hochgradig psychotischen (stark wahnhaften) Menschen kann die stark veränderte Wahrnehmung zu erheblicher Eigen- oder Fremdgefährdung führen. Alles wird in das Wahnsystem mit eingebaut, jeder ist verdächtig und wird so schnell zum Gegner oder zum zu bekämpfenden Feind. Dies kann oft auch nahe Angehörige oder Verwandte betreffen. Es treten Erregungszustände mit Verlust der Steuerungsfähigkeit auf, oft verbunden mit Bedrohungserleben und extremen Ängsten. Raptusartige Angriffe (ohne jegliche Ankündigung oder Anzeichen) auf Personen und Sachen sind möglich. Je höher der Grad der „wahnhaften Gewissheit“, desto wahrscheinlicher auch extremes oder aggressives Verhalten.


    Im außerklinischen Bereich geht es nicht in erster Linie um Diagnose und Behandlung Schizophrener, sondern um sicheren Umgang und Verhalten mit derartig auffälligen Menschen. Einige Hinweise:


    - Feindselige Grundstimmung erkennen, oft verbunden mit Angst und Ärger
    - Psychomotorische Erregung; gehetztes Auf- und Ablaufen, ständiges Aufstehen und wieder Hinsetzen, kurze Kontaktaufnahme und gleich wieder davon laufen
    - Anspannung, innerliche Unruhe
    - Eingeschränkte Selbstkontrolle, hochgradig ambivalentes Verhalten (will etwas- dann doch wieder nicht, lacht und schimpft im Wechsel…)
    - Verbale Gewaltdrohung oder Sachbeschädigung ernst nehmen
    - Räumliche und persönliche Distanz wahren, wird von Erkrankten oft übertreten, 1.5 m Mindestabstand unbedingt einhalten (besser mehr) und abwehrbereit sein (keine Hände in den Hosentaschen oder hinter dem Rücken verschränkt aber auch keine Boxerhaltung; optimal ist die „Denkerstellung“: Eine Hand nachdenklich am Kinn, die andere unterstützt am Ellenbogen- wirkt nicht aggressiv und schnelle Abwehrbewegungen mit Armen und Händen sind möglich, Körper ca. 45 Grad zur Seite weggedreht)
    - Verbal, wenn nötig laut und energisch, und durch Geste (nach vorne ausgestreckte, erhobene Hand) immer wieder auf Mindestabstand hinweisen (z.B. „ STOP! Bitte kommen sie nicht näher, es beunruhigt mich/ macht mir Angst/ ist mir unangenehm- wir können uns genauso gut auf Entfernung unterhalten“)
    - Nicht ständig in die Augen schauen, wechseln zwischen direktem Blickkontakt und dem „am Kopf vorbeischauen“
    - Nie den Rücken zudrehen, auch beim Entfernen nicht (seitlich gehen)
    - Auf provisorische Waffen in der unmittelbaren Umgebung achten (Glasflaschen, Stühle, Wurfobjekte…), als mögliche Angriffswerzeuge des Kontrahenten oder auch zur Selbstverteidigung
    - Wenn es die Umstände erlauben, nicht duzen- beim sie bleiben
    - Wahn und Wahninhalte ernst nehmen
    - Bei akuten Halluzinationen nicht die eigene Sichtweise aufzwingen, nicht versuchen den Wahn auszureden
    - Im Gespräch vom Wahnthema weglenken, unverfängliche Themen wie Hobbys, Sport, Alltagsbedürfnisse ansprechen, nicht Inhalte des Wahnsystems ausfragen
    - Haftet der Kranke am Wahnthema oder will er darüber Streitgespräche führen, seine Realität akzeptieren und gleichzeitig die eigene klar darstellen (z.B. „Ich weiß, dass sie so empfinden, dass sie sich verfolgt fühlen und dass das ihre Realität ist- meine Realität ist jedoch eine andere“)
    - Den eigenen Standpunkt sachlich vertreten, den Wahn des Kranken nicht übernehmen, jedoch zunächst akzeptieren
    - Wenn möglich aus der Situation herausgehen, so lange es noch möglich ist
    - Eskaliert die Situation weiter, unbedingt Hilfe suchen, Gegenüber nicht unterschätzen (psychotische Menschen entwickeln „ungeahnte“ Kräfte; so werden in der Psychiatrie mindestens fünf (Pflege)Kräfte benötigt, um einen akuten, aggressiven Patienten relativ sicher zu überwältigen!)


    Die Behandlung eines akuten, schizophrenen Schubes erfolgt in der heutigen Zeit immer in einer psychiatrischen Klinik. Dabei werden verschiedene Psychopharmaka hochdosiert eingesetzt und der Patient so vor sich selber und die Mitmenschen vor ihm geschützt. So wird die Akutphase innerhalb von Tagen bis Wochen überwunden und es erfolgt eine deutlich niederere Medikamentendosierung bei Entlassung zur weiteren (leider nötigen) Behandlung und Rückfallprophylaxe. Das geht dann auch meist solange gut, bis ein neuer, über die Stresstoleranz gehender Umstand eintritt, oder bis mal wieder die Medikamente abgesetzt werden, weil die Nebenwirkungen nicht mehr akzeptiert werden oder weil man sie nicht mehr nötig hat oder weil es keine mehr gibt…

  • Finde den Thread gut, aber vielleicht zu umfangreich. Auserdem einige Falschaussagen drin. Werde heute Abend mal dazu was schreiben. Trotzdem danke für diesen neuen Aspekt.

  • Verwandte, die von solchen Problemen betroffen sind oder sich in solche Richtung entwickeln, wird man in Krisenzeiten mitschleppen so gut es geht. Wer keine Verwandtschaft hat und diese Karte gezogen hat, wird auf der Strecke bleiben. Jeder der sich psychisch labile Personen ins Umfeld zieht, erhöht die Risiken der verschiedensten Art auf unnötige Weise.

  • Zitat von Luftikus;170235

    ....Jeder der sich psychisch labile Personen ins Umfeld zieht, erhöht die Risiken der verschiedensten Art auf unnötige Weise.


    ????????

  • Zitat von Butzi;53291

    Psychiatrische Erkrankungen- Basiswissen (Einführung)


    High!


    In diesem Forum wurde schon viel über somatische (körperliche) Erkrankungen und deren Behandlung geschrieben. Nur wenigen dürfte bewusst sein, dass das Risiko selbst oder dass ein Mitglied der Gruppe psychisch erkrankt, speziell unter den extremen Bedingungen die hier für die Zukunft angenommen werden, sehr hoch ist.


    Hallo Butzi. Als pychiatrischer Laie sage ich nur. Du kannst einem Menschen nur bis vor die Stirn schauen.


    Als Segler - durchaus auch in "nicht ganz einfachem" Wetter unterwegs oder zu Land als Erfahrung mit mehren Saharatouren, ich habe da jede Menge Überraschungen erlebt. Leute, die ich bei der ersten Einschätzung als schwach eingeschätzt hätte, haben sich als absolut stark und resilient erwiesen, 5m Seegang, schaun mer mal, es ist uns klar dass uns auf unserer Wache das Salzwasser in den Kragen schwappt und es wegen der Krängung keinen heissen Tee gibt,


    "Helden" habe ich dagegen oft genug als Feiglinge erlebt. Die sich - sorry- bei einem leichten Lüftchen und 2m Seegang mit bleichen Handknöcheln an die Reling geklammert haben oder die in der Sahara ein Problem kriegten, weil man halt mal 5 mal am Tag bei 60 °C das Auto ausgraben und Sandbleche schleppen muss.


    Leute, die ich als stark eingeschätzt hätte, waren - sorry - die totalen Weicheier. Leute, die ich als schwach eingeschätzt habe , von denen wurde ich absolut positiv und angenehm überrascht,


    Das hat mein Menschenbild extrem korrigiert. Ich habe, um es in nautischen Ausdrücken zu sagen, da inzwischen eine Deviationstabelle für die Einschätzung von Menschen.


    Zitat von Butzi;53291


    Denkt nur an die grosse Anzahl traumatisierter Soldaten in den gegenwärtigen Kriegen.


    Hmmm


    Meine Grossmütter (die Grossväter sind im Krieg umgekommen) waren absolut robuste und tatkräftiger Frauen.


    Nix mit traumatisiert, Die waren lebenstüchtiger wie ein heutiger Jugendlicher, der mit einem fetten Kapselkopfhörer auf den Kopf durch die innerstädtische Fussgängerzone läuft und sich mit 170 dB Schalldruck sein Gehör zerstört während er auf sein iPad starrt gar nicht mehr sagen könnte, ob der Baum, den er gerade passiert hat, eine Platane oder eine Kastanie war, weil er nur noch in der Welt von "World of Warcraft" lebt, aber nicht mehr im hier und jetzt. Schulbildung, Berufsausbildung brauch ich nicht, ich kriege ja satt und sicher Hartz IV. Reicht für einen 2x2 Meter Grossbildfernseher, Bier, Zigaretten und Kartoffelchips vom Sozialbutler des deutschen Steuerzahlers geliefert.


    Sollte diese einseitige Diät Folgen haben, auch das zahlt der dumme deutsche Steuerzahler.


    Meint Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Hi!


    Ich empfehle Euch den ersten Beitrag des Themenerstellers zu lesen.
    Ich denke, er hat da das wesentliche schon vorweggenommen.


    Auch wenn der Beitrag jetzt 4 Jahre alt ist....*ähem*


    Nur:

    Zitat von Waldschrat;170266


    Meine Grossmütter (die Grossväter sind im Krieg umgekommen) waren absolut robuste und tatkräftiger Frauen.


    Du beziehst Dich auf die Meinung von Butzi, der sagte:

    Zitat

    Denkt nur an die grosse Anzahl traumatisierter Soldaten in den gegenwärtigen Kriegen.


    Ich bin überzeugt, daß Deine Großmütter sicher tatkräftig und robust waren, nur sie waren eben KEINE Soldaten.


    Da ist schon noch ein Unterschied in der psychischen Belastung, wenn eben an der Front gekämpft werden muß
    und man selbst für den Tod von anderen verantwortlich ist, sowie direkt miterleben muß, wenn Kameraden neben einem
    sterben, als wenn man abseits der Kampfhandlungen (durchaus auch mit schrecklichen Erlebnissen, aber anderer Art,
    und nicht in der Häufigkeit) mit den Schwierigkeiten des Alltags konfrontiert wird.


    Weiters möchte ich meinen, wenn wir schon am Austausch persönlicher Eindrücke sind,
    daß durchwegs psychische Auffälligkeiten in den Generationen des Krieges wahrzunehmen sind,
    diese aber auch stark runtergespielt werden...
    oder auch mit "Selbstmedikation" mittels zb. Alkohol der Versuch stattfindet Erlebnisse zu verdrängen.
    Der Besuch eines Psychologen / Psychiaters selbst zählte ja als Eingestehen von Schwäche und wurde
    so oft bewußt nicht in Anspruch genommen.


    Allerdings darf auch nicht vergessen werden, daß der Mensch (die Psyche) selbst sehr gute Mechanismen hat
    auch mit Traumen umzugehen!
    Also es wäre falsch zu behaupten, daß schreckliche Erlebnisse grundlegend zu psychischen Veränderungen führen müssen.
    Aber können.


    Auch kann ein Mensch grundlegend nicht beurteilt werden, wie er wohl mit der oder jener Situation (gegenwärtig erlebt) in etlichen Jahren (!) umgehen wird.
    Eher noch, wie er sich in der Situation (einer Konfliktsituation mit hohem Spannungsniveau) verhält,
    derlei Verhalten kann ja gedrillt werden und nahezu "automatisiert" ablaufen.
    Wissen tut man es erst, wenn man sich in derlei Situationen befindet.


    Jedenfalls sollte sich ein Prepper schon Gedanken machen, wie er selbst mit Leuten umgeht, die im Konflikt eventuell sich selbst oder andere
    gefährden, oder die Gruppe belasten.


    Und noch wichtiger, in wie weit jeder selbst belastbar ist, und wo die eigenen Grenzen liegen.
    Also ich denke ich weiß recht gut, was ich kann, aber vielleicht noch besser, was ich nicht kann.
    :)


    Ciao,
    Occam

    "Alle, außer mir, haben sich verirrt!"... Indiana Jones

  • Also ich muss da Matthias schon recht geben wenn ich an unsere Familiensituation denke.


    Mein Vater ist mir eigentlich nie traumatisiert vorgekommen obwohl er seinen rechten Arm verloren hat 2 Brustschüsse und diverses anderes erlitten hat, ziemlich viele Gegner im Nahkampf töten musste, in einer Nacht fast 100 Leute verloren hat und sicher auch einige Dinge tun musste welche nicht ganz so einfach zu verarbeiten sind.
    Die Frauen meiner Familie lagen nicht nur wie fast alle anderen Zivilisten im ständigen Bombenhagel sondern wurden fast alle von den Russen geschändet und teilweise getötet. Trotzdem sind sie mir nie traumatisiert vorgekommen .


    Ich glaube das mit dem traumatisiert sein ist erst aufgekommen als die Leute gehört haben das man nach so Erlebnissen gefälligst traumatisiert zu sein hat.


    Die OMV wollte mich nach jedem Überfall auf Ihre Kosten zum Psychiater schicken, nur hatte ich besseres zu tun. Sofort weiterarbeiten
    ist das beste Rezept gepaart mit geplanten Verbesserungen an der eigenen Verteidigungsstrategie.


    Was aber alles nicht zu bedeuten hat das früher wie Ovid es schon darstellte das goldene Zeitalter war und das ich mir dieses zurückwünsche. Wenn sich Konflikte verhindern lassen ist es allemal besser als sie nur geistig unbeschadet zu überstehen.


    LG Wolfgang

  • Zitat von Grille;170238

    ????????


    Ja im Prinzip hat er ja recht. In der Praxis wird man aber jemand lange und auch unter erheblichem Druck kennen müssen um das rechtzeitig herauszufinden. Den absolut völlig geistig gesunden Menschen gibt es vermutlich nicht.
    Die Trainings und vorher Auswahlverfahren von guten bis sehr guten militärischen Einheiten sind ja auch nicht da um Menschen zu quälen, sondern um körperliche Grenzen zu überprüfen , vor allem aber auch diesen psychischen Druck aufzubauen ,den es braucht damit bestimmte Verhaltensauffälligkeiten zu Tage treten.

  • Heute wird beinahe jeder Soldat als traumatisiert dargestellt.


    Glaube mal gelesen zu haben, dass im Vietnamkrieg 10% der Truppe richtige Kampftruppen waren und der Rest hauptsächlich unterstützungsaufgaben hatte.
    Vielen wird heute ein Trauma unterstellt. Komischerweise sind hauptsächlcih Unterstützungstruppen betroffen aber nur wenige der wiklich in Kämpfe verwickelte Soldaten.
    Im Verhältnis zu Heute gab es anscheinend überhaupt weniger solche Fälle als Heute.
    Ich denke es wird eher am umgang mit den Heimkehrern liegen als an den erlebten Begebenheiten.


    Nach dem ersten und zweiten Weltkrieg wurden Rückkehrer als Helden gefeiert. Danach, besonders nach Vietnam, als Mörder.


    Schaue ich mir irgend welche Dokus an in der zum Beispiel Russen und Deutsche nach ihren Erlebnissen gefragt werden, kommen die mir eigentlich selten traumatisiert vor.
    Etweder heilt die Zeit auch diese Wunden oder die Menschen waren früher wiederstandsfähiger.
    Dass sich Bombenterror, Stalingrad, Lager usw. unlöschbar in die Seele einbrennen ist klar.
    Aber was ist genau traumatisiert? Für mich jemand der danach kein normale Leben mehr führen kann und fremde Hilfe benötigt für lange Zeit. Beispiel Kinder die die Sprache verlieren oder bei jedem Flugzeug das über das Haus fliegt Angsatacken bekommen und sich unter Tischen verkriechen. Folteropfer nicht zu vergessen.


    Das ganze zu verarbeiten ist wohl sehr individuell.


    Gerade bei den US Kräften ist es bekannt dass vorallem Migranten, mit Hoffnung auf die Greencard, und untere soziale Schichten den Kopf hinhalten müssen.
    Viele dürften aus Gegenden stammen in denen Banden den Menschen das Leben schwer machen kommen. Die haben täglich Gewalt um sich oder beteiligen sich daran.
    Mir fällt es dann schwer einem Gangmitglied ein Trauma abzunehmen.


    Da ist früher schon vieles falsch gelaufen und nicht erst in den zwei Monaten Afghanistaneinsatz.


    So verhällt es sich wohl mit vielen Erkrankungen der Seele.
    Der vereinsamung, vorallem in den Städten, das nicht mehr aufeinander zugehen, nicht zuhöhren, egoismuss usw. sehe ich als Hauptursache an. Weniger das erlebte.
    Wichtig ist danach wie man von der Gemeinschaft aufgefangen wird.


    Die Opfer unsere "Kultur" sieht man an jedem Bahnhof oder einer fahrt durch die Stadt. Überall Leute die mit sich selbst reden, sich komisch benehmen. Fällt mir irgendwie mehr auf als früher.


    Es gibt nur eine Erklärung um es auf einen Nenner zu bringen: Dichtestress


    80% der Fälle die wir sehen, egal wie wir dann die Krankheit nennen, sind meines erachtens darauf zurück zuführen.
    Organisch bedingte Krankheiten dürften stark in der Minderheit sein. Diese hat es aber schon immer gegeben.


    Fakt ist aber sicher dass es heute mehr Menschen mit psychischen Störungen gibt als früher.


    Schwieriges Thema wie auch die unterstützung von Betroffenen.
    Man kann nur hoffen dass der Kelch an einem vorübergeht und man nie sowas erleben muss.


    Gruss, Worber

  • Hallo zusammen,


    Ich möchte mal auf Traumatisierte WKII Soldaten anhand meines Großvaters eingehen,


    Mein Opa wurde 1941 (zwangsweise) in eine Infanterieeinheit eingezogen und hat fast denn gesamten Ostfeldzug in beide Richtungen miterlebt, bis er Ende 44 in Gefangenschaft kam.


    Eigentlich hat er nie über seine Erlebnisse gesprochen, bis ich 2003/04 meine eigenen Erfahrungen in Auslandseinsatz der BW machen musste.


    Auf einmal, ohne meiner Nachfrage fing er an zu erzählen, da und dort haben wir das getan, dort ist diese schlimmes passiert, hier sind wir in eine Hinterhalt geraten und im Kaukasus mussten wir dies tun und ich träume fast jede Nacht davon, ich hörte nur zu, bis mir meine Mutter mit weit offen stehen Mund aufgefallen ist.


    Auf die Frage hin, warum er all die Jahre nie was erzählt hatte, meinte Opa nur, als er aus der Gefangenschaft kam, war keine Zeit zu Jammern , Deutschland musste wieder aufgebaut werden und mit wem hätte man denn reden können, wer hätte ihn denn schon verstanden, außer Leute die das selbe erlebt hatten, aber nach außen musste man stark sein.
    Wer noch WK Teilnehmer in der Familie hat, kann ja mal ganz behutsam anfragen, wie sie nach dem Krieg mit traumatisierenden Erlebnissen Umgegangen ist.
    Gruß naui

    Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli

  • Das Traumatisiert-Sein merkt man als Aussenstehender nicht unbedingt dem Betreffenden selbst an, der oft ein Bild grosser Stärke abgibt, sondern wird von diesem u.U. als emotionale Unzugänglichkeit, Kälte und Gewalt an schwächere Familienmitglieder weitergegeben und sogar "vererbt".
    In Schweden fand man doch in einer Studie epigenetische Spuren noch bei den Enkeln von Kriegsbetroffenen...

  • Zitat von Isuzufan;170274

    ...
    Die Frauen meiner Familie lagen nicht nur wie fast alle anderen Zivilisten im ständigen Bombenhagel sondern wurden fast alle von den Russen geschändet und teilweise getötet. Trotzdem sind sie mir nie traumatisiert vorgekommen .


    Hallo Wolfgang, ich vermute, genau das ist meine Grossmüttern, beide aus Schlesien, Flucht und Vertreibung auch passiert. Fast alles, was den WK2 anging, war in unserer Familie ein Tabuthema, aber es gab Andeutungen. Auch dass einer meiner Opas als Bauingenieur in der Organisation Todt mit KZ-Häftlingen unter erbärmlichen Arbeits- und Ernährungsbedingungen U-Boot-Bunker in La Rochelle gebaut hat.


    Aber dennoch. Meine beiden überlebenden Omas waren nicht nur überlebenstüchtig, sondern durchaus auch lebenslustig. Zumindest konnte ich als Bub kein Trauma erkennen.


    Wo sie der Krieg und die Hungerjahre danach geprägt hat: Sie waren beide Prepper. Vorräte konnten nie genug im Haus sein. Da habe ich z.B. Einkochen gelernt.



    Viele Grüsse


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)