Unabhäniger: in der Nachrichtentechnik ist Paketvermittlung heute Standard. Da konnte man sich das auch lange Zeit nicht vorstellen, dass Datenfernübertragung oder die Anbindung an zentrale Großerechner eines Tages mal ohne Standleitungen auskommen würde. Die analoge Telefonie war das letzte Bollwerk der vom Sender zum Empfänger physikalisch durchgeschalteten Direktverbindung. Es ist nun auch Geschichte und es funktioniert.
Zentral versorgte Netze sind meistens historisch gewachsen, werden aber irgendwann zu teuer im Unterhalt und aufgrund der drumherumgewachsenen Besiedlung und anderer Infrastrukturen kaum noch instandzuhalten, geschweige denn zu erweitern. Das heutige Internet wäre mit durchgeschalteten dauerbelegten Telefonleitungen gar nicht machbar, soviele Strippen könnte man gar nicht verlegen.
Bei den Stromverteilnetzen werden wir eine ähnliche Entwicklung erleben. Großkraftwerke sind für mich ähnlich wie die Großrechner der IT der 1960er Jahre. Sie benötigen "Standleitungen" zu ihren Kunden, die dort lediglich 1:1 verbrauchen, was ihnen über die Leitung geliefert wird. Bei der IT war die Miete für eine Standleitung die mein Datenterminal mit dem Zentralrechner verbunden hat, irgendwann teurer als ein eigener dezentraler Computer. Als die PCs den Markt eroberten und jedermann plötzlich eigene Rechenhardware besitzen konnte, war es nur eine Frage recht kurzer Zeit, bis das Geschäftsmodell der Großrechner mit gemieteten Standleitungen kollabierte. Es folgte eine kurze Zeit der analogen Wählverbindungen (die ja auch noch eine Leitung "besetzt" hielt, so lang die Verbindung stand, auch wenn keine Daten übertragen wurden), dann kam mit DSL die virtuelle Standleitung, die nur dann Leitungskapazität belegt, wenn auch tatsächlich Daten fliessen.
Überträgt man das auf den Stromsektor, dann werden hier immer mehr Akkus zum Einsatz kommen, die immer preiswerter und leistungsfähiger werden (vgl. Computer-Entwicklung). Welche Geräte hat man heute noch im Privathaushalt, die wirklich eine lineare Energieversorgung brauchen? Der Elektroherd, die Waschmaschine, die Spülmaschine, die Heizungsanlage und (noch) die Beleuchtung und Kühlgeräte. Alles andere kann heute schon mit Akkus betrieben werden und braucht nur sporadisch eine Verbindung zum Stromnetz: Notebook, Tablet, Handy, Saugroboter, Mähroboter, Akkuwerkzeuge.
(LED-)Lampen könnte man mit (integrierten oder zentralen) Akkus betreiben: eine 18W-Deckenlampe leuchtet mit einem 20.000mAh-Akku (typische aktuelle USB-Powerbank) vier Stunden lang. Stelle ich mir 10 solcher Lampen in einer Wohnung vor, die jeweils im Schnitt 2h am Tag leuchten, dann ist das ein Bedarf von 360Wh - das entspricht einem schmächtigen Pedelec-Akku. Den könnte man in einen normalen Sicherungskasten nachrüsten und hätte für die "Lichtstromkreise" schon einen lokalen Energiespeicher, der nur alle Nas' lang mal geladen werden muss, aber eben keine durchgehende lineare Versorgung mit Energie benötigt.
Gefrierschränke halten, einmal runtergekühlt, die Temperatur 24h lang, hier kann man "auf Vorrat" kühlen und dann einen langen Zeitraum ohne Stromversorgung überbrücken, würde ideal zur Verfügbarkeit von (eigenem) Solarstrom passen.
Ich könnte mir ausserdem vorstellen, dass nach der Einführung der (unsinnigen) Smart-Meter als Stromzähler einen "Energy-Manager" in die Hausinstallation einbaut, der den Stromverbrauchsrhythmus des Haushalts erlernt und dann die Geräte so ansteuert, dass sie dann Strom beziehen, wenn welcher (günstig) verfügbar ist oder bei vorhandenen Stromspeichern auch Strom ans Netz verkaufen, wenn andere welchen benötigen. Die "Nachbarschaftsbelieferung" mit selbstgemachtem und gespeichertem Strom wird in D bei manchen Netzbetreibern ja schon ermöglicht.
Das wird sicher alles noch eine Weile dauern - es sei denn, ein Blackout beschleunigt die Dezentralisierung der Energieversorgung und -Verteilung. Denn nach einem Blackout wird jeder versuchen, irgendwie aus der Netzabhängikeit rauszukommen.