Berlin - spannende Entwicklung bei Enteignunginitiative

  • Es gibt ja nicht nur Privatleute, die eine Immobilie vermieten und davon die Altersvorsorge finanzieren. Soweit ich das recherchiert habe, gibt's bei den Immobilienkonzern auch einige AGs mit entsprechenden Privatanlegern. Eben jene, die sich keine eigene Immobilie leisten können/wollen. Diese Leute werden ebenfalls mitenteignet und futsch ist die private Altersvorsorge.


    Ich finde es bedenkenswert, das man immer die "Großen" kastrieren will und das mit dem Wohle der Allgemeinheit begründet.

    Enteignung ist Sozialismus, nichts weiter.


    Kann mir bitte jemand in verständlichen Sätzen erklären, warum der Staat überhaupt Wohnungen vorhalten muss?

    Schulen, Kindergärten, Feuerwehren, Gemeindehäuser usw. ja, aber warum Wohnungen?


    Gruß offroader

  • Wohnungsversorgung durch den Staat ist schon gesetzlich geboten, da es sich um Daseinsfürsorge handelt. Man kann auf eine Wohnung ja nicht verzichten und zugleich ein würdiges Leben führen, ähnlich wie auf Nahrung, Kleidung oder medizinische Versorgung. Da ist der Staat jeweils verpflichtet, ein Mindestmaß sicherzustellen.


    Ob das nun sinnvoller über Wohnungen im öffentlichen Besitz oder über Mietzuschüsse funktioniert, ist nochmal eine andere Frage.

  • Kann mir bitte jemand in verständlichen Sätzen erklären, warum der Staat überhaupt Wohnungen vorhalten muss?

    Z.B. wenn es der selbe Staat zulässt, ja forciert, dass Menschen trotz Vollzeitjob so wenig verdienen, dass sie sich entweder schon im Berufsleben keine Wohnung vom privaten Mietwohnungssektor leisten können oder spätestens zur Rente.

    Da das mit den auskömmlichen Löhnen erfahrungsgemäß in marktliberalen Gesellschaften nicht so richtig funktioniert, gibt es Instrumente wie sozialen Wohnungsbau und staatliche Fürsorge.

    Zur Erinnerung: um später als Rentner wenigstens eine Rente auf Höhe des Grundsicherungs-Niveaus (1.058 Euro) zu beziehen, muss man 45 Beitragsjahre in Vollzeit mit mindestens 14,37 Euro Stundenlohn sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben und zwar durchgängig (Quelle). Das erwischt mehr oder weniger so gut wie alle Teilzeitkräfte (Mütter!), ganz besonders alle Alleinerziehende (zwangsläufig i.d.R. Teilzeitkräfte) und alle Geringverdiener. Der gesetzliche Mindestlohn in D liegt 2021 bei 9,50 Euro und produziert damit automatisch Altersarmut.

    Deshalb braucht eine Gesellschaft - wenn sie das Mindestlohn-Problem aus verschiedenen Gründen nicht lösen kann oder will - sozialen Wohnungsbau mit künstlich niedrigen Wohnkosten.

    Da würde ich eher fragen, warum Gemeindehäuser sein müssen.

    Gemeindehäuser kenne ich eigentlich nur von Kirchengemeinden, nicht von den Kommunen. Gemeindehäuser finanzieren die Kirchen selber (dafür kriegen sie die Kirchensteuer und haben nicht unerhebliche Pachteinnahmen aus ihrem Grundbesitz).

  • Da würde ich eher fragen, warum Gemeindehäuser sein müssen.

    Weil davon die Gemeinschaft profitiert.

    Wenn der Staat den Menschen auch ein anständiges Netto vom brutto lassen würde, bzw. eine faire Rente bezahlen würde, wären Sozialwohnungen überflüssig.

    Ein paar Sozialschmarotzer hätten dann allerdings ein paar Probleme.


    In meinen Augen ist der Bogen halt einfach überspannt zwischen Bauen wird immer teurer (aufgrund Bürokratie, gestiegene Anforderungen an Dämmung und Umweltschutz, Baukosten im allgemeinen) und am Ende soll bezahlbarer Wohnraum für alle da sein.

    Am besten noch mit goldenen Wasserhähnen und Toiletten mit Furzabsaugung.

  • Ich will ja gar nicht bestreiten, dass mit dem Nettolohnniveau eine Menge nicht stimmt, wobei ich da, wie tomduly, das Problem eher auf der Arbeitgeberseite als beim Staat sehe. Nur wäre selbst bei einem günstigeren Verhältnis zwischen Einkommen und Wohnkosten der Staat immer noch verpflichtet, diejenigen zu unterstützen, die sich trotzdem nicht selbst behausen können - aus welchen Gründen auch immer.


    Goldene Wasserhähne habe ich im geförderten Wohnungsbau allerdings noch in keinem Fall gesehen.

  • Ich lese lauter gute Argumente, denn noch die Lösung für die Zukunft kann nur Eigentum sein. Das dafür einiges an der Arbeitgeber Seite angepasst werden muss stimmt so weit, wahrscheinlich sind auch Anpassungen an der Steuerschraube (Erbschaftssteuer) nötig und wahrscheinlich auch in den Lebensgewohnheiten der Mieter.
    Wohnraum muss leistete sein und die Nutznießer der ist Situation sind nur oberflächlich betrachtet die Wohngenossenschaften. Es sind wohn alle Unternehmer und Konzerne deren Lohn so nieder ist das wohnen eben nicht leistbar ist.


    gruß

    Kcco

    Gsund bleiben

    Keep clam and chive on

  • frieder59: das Vorkaufsrecht ist ja an sich nichts anderes als eine Enteignung - nämlich des ursprünglich Kaufwilligen und bringt zudem den Verkäufer um seinen Mehrerlös.

    Person A will Person B ein Grundstück verkaufen, das auf der Gemarkung der Gemeinde C liegt. C steht ein Vorkaufsrecht zum Verkehrswert des Grundstücks zu. A und B sind sich über den Kauf zu einem marktüblichen Preis (über Verkehrswert) einig, dann macht die Gemeinde von ihrem Vorkaufsrecht gebrauch und zieht das Grundstück zum niedrigeren Verkehrswert an sich. Den Verkehrswert legt im übrigen der Gutachterausschuss (der Gemeinde fest). Der Käufer B darf nicht kaufen, der Verkäufer A muss sein Grundstück unter Wert an die Gemeinde verkaufen.

    Hi Tom,


    so einfach ist das nicht. Grundsätzlich muss der Staat/die Stadt in den bestehenden Kaufvertrag zwischen den beiden Privatparteien zum festgelegten Verkaufspreis im Notarvertrag einsteigen - dem Verkäufer entsteht somit kein finanzieller Nachteil. Das wird bisher auch immer so gehandhabt. Dem Verkäufer kann es ja letzten Endes wurscht sein, von wem er die Kohle für seine Hütte oder Grundstück bekommt.


    Nur bei extrem auseinander klaffendem Delta von Verkaufspreis und Verkehrswert kann der Staat verlangen das zum Verkehrswert veräußert wird, dann kann der Verkäufer aber sein Verkaufsangebot zurück ziehen und bleibt Eigentümer.


    https://ax-rechtsanwaelte.de/vorkaufsrecht-der-gemeinde


    Ist das der (sehr seltene) Fall kann man den Staat gut "ficken", wenn du die Immo in eine Firma umwandelst und dann über gestaffelte prozentuale Firmenanteilsverkäufe den Immoübergang quasi schleichend vollziehst. Kann man sich aber nur "leisten" wenn man die Kohle nicht dringend für was Anderes braucht.


    Bisher wurde meist nur in den Vertrag eingestiegen, man wollte und will nicht die Box der Pandora öffnen, dass Unsicherheit in den Immomarkt kommt und die Firmen und Leute Angst haben das ihnen die Hütte quasi zu einem Spottpreis vom Staat weggerissen wird.

    Der Bote der Wahrheit braucht ein schnelles Pferd

  • Kann mir bitte jemand in verständlichen Sätzen erklären, warum der Staat überhaupt Wohnungen vorhalten muss?

    Schulen, Kindergärten, Feuerwehren, Gemeindehäuser usw. ja, aber warum Wohnungen?


    Gruß offroader

    Vorab: ich sehe die ganzen Enteignungsphantasien genau so negativ wie du.


    Zu deiner Frage: die Daseinsvorsorge Wohnen ist in einigen Landesverfassungen verankert und damit (auch) Staatsaufgabe. Schau dir mal (um beim Beispiel Berlin zu bleiben) Artikel 28 Landesverfassung an:


    Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, sowie die Bildung von Wohnungseigentum.


    https://www.berlin.de/rbmskzl/…fassung/artikel.41548.php


    Nun stellt sich je nach politischer Ausrichtung die Interpretationsfrage was angemessen ist. Ist das Recht der flaschensammeldnen Oma Erna mit 700€ Rente in ihrem Kietz in Berlin wohnen bleiben zu können und damit ihr soziales Umfeld als Unterstützung zu behalten höher zu bewerten als das Renditeinteresse ihres Vermieters? Ist das Eigentum und dessen Verfügungsgewalt im rechtlich gültigen Rahmen angemessen, oder muss der Vermieter Oma Erna quasi subventionieren?


    Recht ist immer Interessensabwägung. Und je nach Rechtsauslegung und sagen wir mal poltischer Grundtendenz des Richters kann das Urteil von….bis ausgehen.

    Was mir Angst macht ist das die Sozenausrichtung seit Jahren immer mehr an Gewicht gewinnt und die Umverteilungsphantasien immer stärker werden.

    Der Bote der Wahrheit braucht ein schnelles Pferd

  • Da sich hier ohnehin alles nur um Politik dreht und diese bekanntlich bei uns unerwünscht ist, wird dieses Thema geschlossen.

  • Ben

    Hat das Thema geschlossen.