Blackout: Ein Stresstest im kleinen Erlauftal

  • Bürgernotfunk-Projekte sind eine interessante Sache, haben aber den selben Haken, wie Funkamateure: ich kann sie nicht zum Dienst verpflichten, ich habe sehr individuelle Kenntnisse und auch das Engagement der einzelnen Akteure dürfte unterschiedlich sein und sobald ein Mitmacher selber in eine schwierige Lage kommt, fällt er aus. Krisenfeste Systeme müssen simpel sein, skalierbar und einfach erlernbar. Sprechfunk erfordert durchgehend besetzte Funkstellen und eiserne Funkdisziplin. Man braucht pro Funkstelle mehrere Funkgeräte, damit man immer anrufbar bleibt. Kanalwechsel müssen vereinbart und geübt werden. Bei Störungen auf einzelnen Frequenzen müssen die beteiligten Funkstellen wissen, was zu tun ist. CB-Funkstationen müssen sauber eingemessen werden und die praktische Nutzbarkeit bzüglich Reichweite und Verständlichkeit hängt vom Ionosphärenwetter ab. Alles in allem mit vielen Freiwilligen sehr schwer zu bewältigen. Selbst Hilfsorganisationen, die theoretisch geschulte Funker haben und dedizierte Funkstellen betreiben können (in Feuerwachen oder im Feld in Einsatzleitwagen) scheitern da regelmäßig.


    Da ein Blackout vermutlich ohne Vorwarnzeit eintritt, muss zuvor eine Selbstalarmierung aller benötigten Kräfte verbindlich festgelegt werden. Schon das ist bislang reine Theorie, von der niemand weiß, ob sie in der Praxis dann funktioniert (60min nach Eintritt Blackout treffen sich alle verfügbaren Einsatzkräfte der Rotkreuzbereitschaft selbsttätig an der Ortsvereinsunterkunft ist bei uns die Order). Aber jeder Akteur muss selber feststellen, wann das gilt. Und je nach dem, wo er sich gerade befindet, hat er evtl. ganz andere Sorgen.


    Von daher würde ich ein technisches autonomes Kommunikationssystem bevorzugen, das zumindest die Akteure, die nachher die Notfallmeldestellen und Notfalltreffpunkte besetzen, ohne extra Personal (Funker Melder) kommunikationsfähig hält. Auf örtlicher Ebene kann das auch ein WLAN-Mesh-Netzwerk sein, sofern man sicherstellen kann, dass die dafür notwendigen Accesspoints etc. autark mit Strom versorgt sind. Das kann man sich bei diversen Freifunk-Gruppen abschauen, wie das geht (und dass das geht). Dann kommuniziert man über entsprechende Messenger-Apps vom gewohnten Smartphone aus, man muss sich halt an definierten Stellen in das Mesh-Netz einbuchen können.

  • Blöde Frage, aber wie ist es mit dem guten alten Feldtelefon? In den 1980ern hatte die CH-Armee noch die als Kabelaffen bezeichnete Truppe, Ein Rückengestell mit Kabelrolle und je 800 Meter Telefondraht drauf. Damit kann man in einigen Stunden ein funktionierendes Kommunikationssystem aufbauen, zumal wenn man an geeigneten Stellen Materialdepots anlegt.

    Da es im Katastrophenfall keinen bösen Feimd gibt, der die Kabel durchzwicken könnte, halte ich das für die Kommunikation zwischen Kommandoposten oder Ortsleitstellen für geeignet.

  • Blöde Frage, aber wie ist es mit dem guten alten Feldtelefon?

    Unsere IuK-Einheit hält davon noch ca. 80 vor - 5 10er-Vermittlungen, 2 30/150er-Vermittlungen und ca 15 km Kabel. Das Zeug bleibt auch. Ausmustern nur über meine kalte Leiche.

    Erklärter FDGO-Fan

  • Ne Kiste voller Ackerschnacker, eine 10er Vermittlung und ein paar km Kabel sowie Blitzschutzgedöns hüte ich hier auch noch. :winking_face:

  • ...und es gibt wohl auch Vorbereitungen, die normal erreichbaren Umsetzer bei einem anhaltenden Stromausfall anzufahren und dann mit Stromerzeugern auszustatten. Wobei ich das nicht für praxistauglich halte, weil es wieder übermäßig Ressourcen bindet. Es müssten automatisch startende Systeme bereits vor Ort sein. Aber da scheint man noch vor zurückzuschrecken. Vor allem darf dann in der Praxis nichts schiefgehen, wenn da in einer Region mal 2-3 Funkmasten aus welchen Gründen auch immer stromlos bleiben, dann ist das Netz schon löchrig oder gar nicht brauchbar.

    genau das habe ich schon erlebt. Während eines Großeinsatzes Gewitter, Stromkabel direkt getroffen, Generator lief nicht an - und die Signalisierung funktionierte auch nicht. Folge: das Teil lief auf Batterie bis der Akku leer war - auch noch zu einem ungünstigen Zeitpunkt.

  • ...

    Brennstoffzellen und Wasserstoff in Druckflaschen abgesichert

    verflüchtigt der sich dann nicht irgendwann?

    5MWh stromverbrauch im Jahr erzeugen ja auch einiges an laufenden Kosten.

    100% autarkie wird da rein mit pv schwierig, aberschlau kombiniert kann man ja ne 50-100 kWp Anlage da im notfall für mit nutzen oder zumindes 70% des jahres abdecken und notstromeinspeisung vorbereiten. Wenn man da ne gewiss3 akkupufrerung hat, kann man ja dann mit notstrom ergänzen und wieder aufladen

    aus DE gesendet....

  • Eine TETRA-Zelle braucht nicht nur Strom, ohne Datenanbindung ist sie nur ein sehr regionales Relais. Der Stromverbrauch wurde ja schon erwähnt und jeglichen Aufwand für eine etwaige Härtung muss man z.B. in Deutschland mal 4700 rechnen (laut https://de.m.wikipedia.org/wik…n_mit_Sicherheitsaufgaben). Einfacher hat man es da etwa im Burgenland wo für 45 von insgesamt 66 Zellen eigene Notstromaggregate beschafft wurden (siehe https://burgenland.orf.at/v2/news/stories/2974813/).


    Es ist auch nicht damit getan ein Baumarkt-Stromaggregat um ein paar hundert Euro für jeden Standort einzukaufen. Ganz abgesehen von regelmäßiger Wartung, Treibstofflogistik um Überalterung vorzubeugen, regelmäßiger Probebetrieb und was alles dazu gehört.


    Das mit der 50 bis 100 kW Solaranlage betrachte ich da mal als Scherz am Rande. Alleine die Flächen dafür anzukaufen oder zu mieten würde einiges kosten.


    Im Normalbetrieb hat(te) TETRA bislang eine viel zu hohe Verfügbarkeit als dass sich solche Ausgaben rechtfertigen lassen würden. Zumindest bei uns in Österreich sind die TETRA-Standorte meines Wissens mit Notstromeinspeisungen versehen. Eine Wetterlage, die vielleicht sogar das Blackout ausgelöst hat, ist aber sicher nicht dienlich bei der behelfsmäßigen Versorgung. Wie und wie lange die Datennetze in so einer Situation funktionieren sieht man überhaupt vermutlich erst im Anlassfall.


    Geht man etwa von einem Szenario Schneekatastrophe oder einer Art "Eiszeit über Europa" aus, dann dürfte sich das mit den Meldern allerdings auch ganz schnell erledigt haben. Zeitverzug und Ressourcenbedarf (Personal, Fahrzeuge, Treibstoff) wurden ja auch schon erwähnt.


    Viele Feuerwehren, zumindest in der Steiermark, haben sich die analogen Funkgeräte für das 4 m Band behalten, die vor TETRA verwendet wurden. Mit solchen Geräten kann man größere Distanzen innerhalb eines Bezirkes gut abdecken, etwa von der Leitstelle zur Einsatzstelle. An der Einsatzstelle selbst sollte TETRA im Direktmodus (DMO) ausreichen.


    Überregional wird man immer auf Infrastruktur angewiesen sein, oder Kurzwelle nehmen müssen. In manchen Bundesländern gibt es da schon entsprechende Konzepte und Vorbereitungen. :winking_face:

  • wo stehen denn solche stationen meist?

    Du meinst die Funkmasten des digitalen Behördenfunks? Die stehen an ähnlichen Orten (tlw. sind es sogar die selben Masten) wie die Mobilfunk-Basisstationen (= Funkmasten) der Handynetzbetreiber. D.h. an erhöhten Positionen mit rundum möglichst freier Sicht.

  • Die Geräte sind teuer, die vorgeschriebene Schulung der Einsatzkräfte ist zeitaufwändig und Kurse mit freien Plätzen sind rar.

    Ich wurde geschult. 90% der Leute bei meiner Firma haben null Ahnung, was sie mit dem Ding anfangen sollen. Anschalten können sie es. Das wars. Hab ich mal aus lauter Neugier getestet. :)

    -<[ Nunquam-Non-Paratus ]>-

  • Mal etwas prepping Erfahrung in einem anderen Land. Auch wenn das weit weg von uns ist. Die Erfahrungen sind lohnenswert.


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