Zitat von georgem;104942Wenn 80 Millionen Deutsche wirklich einen Not-Rucksack hätten und auch sonst gut vorbereitet wären, dann ...
... Entweder gehen wir als Gesellschaft alle vor die Hunde, oder wir schaffen es irgendwie alle gemeinsam.
Ich picke mir mal diesen fett markierten Punkt heraus, weil er m.M. exakt meine Einstellung formuliert: die Ausrüstung ist nur die Grundlage, was sich in den Köpfen der Menschen abspielt sehe ich als die stärkeren Faktoren, die aber von der Verfügbarkeit von Ausrüstung direkt abhängen. Mit Rucksack und Material (Vorräten etc.) gerüstet, denkt ein Mensch anders, er plant bereits weiter statt bloß zu reagieren. Weil die unmittelbare Überlebenssituation quasi abgehakt ist. Dann kann er sich "menschlich" im Sinne von sozialer Beziehung verhalten, auf Andere zugehen und Probleme aller Art angehen.
Im letzten Punkt widerspreche ich ungern, ich halte ein Zwischen-Szenario für am wahrscheinlichsten. Trotz Vorbereitung werden es nicht alle schaffen. Wir haben nun mal sehr unterschiedliche Charaktere, Orientierung, Krankheiten (auch psychische) und v.a. hormongesteuerte Individuen in unserer Gesellschaft, die allesamt unter Extremsituationen nahezu unkontrolliert reagieren werden. Da nehme ich mich nicht aus, in diesem Bewusstsein ist es umso wichtiger zu üben, zu trainieren und Extremsituationen durchzuspielen und dabei sich selbst zu reflektieren. Zumindest ein Ansatz, keine Garantie.
Die Menschheit insgesamt schafft es m.M. bestimmt, zu der überlebenden Gruppe zu gehören kann ein zentrales, motivierendes Ziel sein. Wie es leider umgekehrt für o.g. Individuen ein sehr egoistisches Ziel sein kann, dies auf Kosten Anderer zu schaffen. Blindes Chaos hingegen reduziert für alle Beteiligten diese Chance. Sind Grundlagen vorhanden, seien es nur "Puffer" von Haushaltsvorräten und den besagten Fluchtrucksäcken verlängern diese die Zeitspanne für rationales, gemeinsames Vorgehen. Da bin ich - glaube ich zumindest - Realist genug, um diese Aussage für wochenlange Krisensituationen stehen zu lassen.
Mit jedem Tag in Ungewissheit wächst der Faktor Verzweiflung, das ist etwas womit unsere Wohlstandsgesellschaft überhaupt nicht umgehen kann. Die Menschen sehen in Krisen schnell "alles fahren", die Kriminellen wittern Chancen (siehe Spanien und die Landüberfälle), die Unvorbereiteten und Notgeilen starten Übergriffe (Material und Sexualität), Gewalt als Mittel wird schlagartig ein Problem. Auch damit können die Menschen nicht umgehen, die Vereinzelung in unser Gesellschaft neigt kaum zur Solidarisierung ausserhalb der Familie. Mit ein Grund, warum ich ein Gelingen für den Aufbau neuer, stabiler Gemeinschaften direkt an die (1) Kompetenzen zur Kommunikation, (2) des Vertrauensaufbaus und (3) der Einigung auf notwendige Gemeinschaftsregeln knüpfe.
Alles Dinge, die so nicht im Rucksack liegen. Aber zumindest gedacht hineingepackt werden können. Das ist mir immer noch lieber als dass jeder nur eine Waffe hineinpackt oder denkt diese Waffe verteidige sein Leben statt die Werte für die unsere alte Gesellschaft gestanden hat. Auch wenn sie in Teilen versagt hat - dann im Krisenfall, der ja auch (a) durch eine reine Naturkatastrophe oder (b) in technischer Hinsicht durch menschliches Versagen hervorgerufen sein kann.
Material und Vorbereitung verschaffen uns auf diese Weise nur mehr Zeit, keinesfalls die Lösung für den Aufbau neuer Strukturen, die tragen wir in uns. Und die Klarheit darüber, welche Alternativen und Strukturen übergangsweise das Überleben, die Rettung von Verunglückten usw. bis zum neuen Lebensstil (z.B. eine bäuerliche Kultur) erforderlich sind, auch daran kann wir heute schon arbeiten, Vorbereitungen treffen und diese (hier im Forum) diskutieren. :Gut: