Zitat von Bunkermann;145313Im Ausland kann man ja sehen, was ein Funke zum richtigen Zeitpunkt an Chaos auslösen kann.
Ich will nicht sagen, dass es bei uns keine Unruhen geben kann. Genügend Zündstoff liegt vielerorts herum. Aber es fehlt ein wichtiger Treiber, der in gewissen Krisenländern sehr häufig zu finden ist, die Spezialität von Gunnar Heinsohn, z.B. hier am Beispiel von Ägypten erläutert:
http://www.achgut.com/dadgdx/i…er_machtkampf_in_aegypten
Bei uns ist demografische Schrumpfung im Gange (ohne Zuwanderung). Klar gibt es auch die Pazifisten "nie wieder Krieg" (nicht mal als letztes Mittel resp. nur letztes Mittel für den Gegner...). Aber ich denke, hinter den ganzen enormen Fortschritte der militärischen Notfallmedizin, die hier im Forum auch diskutiert wird, steckt nicht nur Humanismus. Sondern dass die Soldaten nicht nur Soldaten sind, sondern eben oft auch potentielle Väter (wenn sie es nicht schon sind). Und mit jedem toten potentiellen Vater stirbt nicht nur der Mann, sondern seine ganzen zukünftigen Kinder, Kindeskinder, usw. kommen für die Gesellschaft auch nie. Auch darum sind Soldaten für den Staat/die Gesellschaft wertvoll und wird der Krieg immer mehr mit Robotern geführt. Weil Familien, in denen der Sohn das einzige Kind ist, meistens nicht bereit sind, diesen für einen Krieg zu opfern. Anders sieht es in Regionen aus, in denen die Eltern z.B. 4 Söhne haben (neben 3 Töchtern). Und für 2 der Söhne gar keine Jobaussichten bestehen aufgrund des Youth Bulge der Gesellschaft.
Diesen wichtigen Treiber sehe ich in Europa nicht. Es wird eher so sein, dass eine vergreiste "einheimische" Seniorenschaft jüngeren gegenübersteht, von denen ein grosser Anteil bis zur Mehrheit ausländische Wurzeln hat. Von denen ein Teil begeistert von unseren Werten hier angekommen ist (wie z.B. Hamed Abdel-Samad), während ein anderer Teil dagegen kämpft (Beispiele selber suchen). Weiter gibt es eine wachsende Kluft zwischen "Volk" und Elite. Ausser in der Direktdemokratie Schweiz, in der die Bürger falsche Wahlentscheide mittels Referenden und Initiativen nachkorrigieren können. Zu sehen z.B. bei Umfragen im Ausland zu Fragen, über welche die Schweizer abstimmen durften (und bei denen auch im Ausland das Volk ganz anders abgestimmt hätte als die Eliten es gerne hätten) und den, zumindest nach meinen Beobachtungen, Bestrebungen in Europa nach mehr Direktdemokratie. Was natürlich gerade in Deutschland aufgrund der Geschichte ein nicht ganz einfaches Unterfangen darstellt. Diese Kluft halte ich für sehr gefährlich. Während die einen von Integrationserfolgen in ihren Cüpli-Kreisen und Wohnquartieren mit geringem Ausländeranteil schwadronieren, erleben andere im Alltag und der Nachbarschaft ganz andere Realitäten. Die sie nicht erwähnen dürfen, weil sie sonst natürlich sofort als Rassisten kaltgestellt werden. Da sehe ich ganz viel Frust (und Potenzial für richtigen Rassismus quasi als selbsterfüllende Prophezeiung, weil es differenzierte Diskussionen darüber nicht wirklich geben darf). Auch neben Frust über die schleichende Sozialisierung der Wirtschaft, für die nun immer mehr der Preis bezahlt werden muss (resp. Wahlversprechen/-lügen nicht gehalten werden können). Finanzierung von tiefen Rentenaltern, usw. Das wird alles weh tun, aber ob es deshalb gleich Aufstand geben wird, man wird sehen. Vielleicht werden die Leute auch einfach wieder realistischer anstatt auf die Traumschlösser der Politiker reinzufallen. Denn Krisen führen meist auch dazu, dass die Politiker wieder mal Klartext reden dürfen ohne dass sie gleich abgewählt werden, weil es niemand hören will. Aber wenn den Leuten klar ist, dass wenn sie nicht hören wollen, sie es fühlen werden, dann gehen sie vielleicht von Traum- in Realo-Modus über (wahrscheinlich erst ganz kurz vorher, weil es in einer Demokratie eine Mehrheit sein muss, die das begriffen hat resp. zu dieser Einschätzung kommt).
Abgesehen davon gibt es eine Menge, Menge Leute, die schlicht und einfach den Bezug zur Welt verloren haben und die auf superhohem Niveau jammern. Die keine Zeitung lesen, nicht wissen, was in anderen Teilen der Welt abgeht. Es geht nicht darum, sich angesichts des Leids besser zu fühlen, aber die eigenen Probleme, auch wenn sie bei Egoisten immer die grössten sind, einordnen zu können. Denn nichts schliesst aus, dass man eines Tages massiv grössere Probleme bekommt (z.B. eine deftige Diagnose) und man sich wünschte, man hätte wieder nur die früheren Problemchen und könnte die Zeit von damals nochmals geniessend statt jammernd durchleben.
Herzliche Grüsse
linthler