Bei aller Liebe zum positivistischen Denken: Die Lösung ist IMHO, daß es eben KEINE Lösung gibt.
Denn schon im Vorfeld der Survival-Situation hat sich der Probant bereits so üble Fehler geleistet, daß das fast schon nach Absicht riecht.
Zitat von Sandra;155016... Mit dem Gewinn lag ein neuer Geländewagen der Oberklasse locker im Tagesbudget. Es steht eine neue Verdienstmöglichkeit im Raum und gleichzeitig wollt Ihr natürlich auch den neuen SUV ordentlich ausfahren.
Auch und gerade ein neues SUV kann jederzeit liegenbleiben, weil's ja noch eingefahren wird und eh nochmal bei der Erstinspektion auf Loses und Abfallendes durchgesehen werden muß. Auch dann heißt es gegebenenfalls ganz ohne Argumentationsverstärker: Stehenlassen und zu Fuß Hilfe holen. 50km bei vielleicht sogar windstillen -9°C. In Haus- Herren- oder Damenstöckelschuhen. Durch den Schnee. Egal wie tief, wie naß oder wie alt.
Zitat von Sandra;155016
...Nur mit Bundfaltenhose, weissem Hemd und Geschäftsschuhen bekleidet steht Ihr nun in der nächtlich verschneiten Pampa bei minus 9 Grad und 10cm Neuschnee auf der Kiesstrasse. ...
Der zweite lethale Fehler ist die höfische Tracht des 21. Jahrhunderts: Plastik-Anzug, papierdünnes City-Hemd und ein Mode-Mantel, der Wetter nicht fernhält sondern aufsaugt. Unterschwelliger Hofknicks: Ich muß mich gar nicht wetterkonform und praktisch kleiden, weil ich's auf dem Weg zur Arbeit ja immer und überall geheizt habe. Profilsohlen an Winterschuhen, warme Schals, Mützen und Mäntel brauchen nur Subalterne und Prollvolk. Die Hofdamen des alten Louis haben sich für diesen Hofknicks in die Runde ihre Bräune mit Bleioxid aus Gesicht und Ausschnitt gepudert. Und die Herren haben sich zeitgleich wie Tunten verkleidet, nur um bei Hof ja nicht männlicher als der genauso tuntig verkleidete König zu erscheinen. Dafür haben alle Geschlechter im Winter auch lächelnd lethale Erkältungen in Kauf genommen. Wie auch dieser Tage wieder, wenn die eigene Roll-Festung liegenbleibt.
Obendrein auch noch so mutwillig falsch ausgerüstet winters alleine in ein 100km großes unbesiedeltes Gebiet einzufahren ist dann wohl der letzte Fehler. Da braucht's nicht mal eine filmreife Rahmenhandlung, eine hängengebliebene Tankuhr oder ein Abgang in den Graben reichen da vollauf.
Im anglikanischen Sprachraum gibt's die
ZitatAlles anzeigen"Rule of 3s"
Der Mensch kann
3 Minuten ohne Luft überleben. Danach Ertrinken oder Ersticken.
3 Stunden ohne Wetterschutz überleben. Danach Unterkühlen/Erfrieren oder Hitzschlag
3 Tage ohne Wasser überleben. Danach Verdursten
3 Wochen ohne Nahrung. Danach Verhungern.
CLO ist ein alter Isolationswert für Textilien. Ein CLO von 1 ist so definiert, daß sich ein erwachsener Mann im Anzug mit geschlossenem Jacket und 20°C bei ruhiger Büroarbeit wohlfühlt. Zwei Anzüge übereinander getragen hätten dann einen CLO von 2.
Wieviel CLO hat dann wohl ein City-Hemd aus Papier?
- Fußmarsch in Stöckelschuhen scheitert an der Besohlung und damit am Vortrieb. Außerdem sterben dann ziemlich schnell die Füße ab, weil Stöckelschuhe neben der Nässe auch keinen Schutz gegen Auskühlen und Erfrieren der Hinterfinger bieten.
- Isolationsmaterial aus 10cm Neuschnee ausgraben bringt nichts. Das wird erst mal eiskalt tropfnaß wärmeleitend, bevor es trocken isoliert, und man bekommt obendrein nicht mehr genug zusammen bis die Vorderfinger absterben und weder zum Graben noch zum Ausrupfen der Grasbüschel zu gebrauchen sind. Selbes gilt auch für Laub und Nadeln.
- Kompost wäre nur dann eine Hoffnung, wenn der schon auf vollen Touren läuft. Aber auch auf einem Komposthaufen bildet sich im Winter oft eine Schneeschicht.
- Einen Kompost durch Anpinkeln selber "ansetzen" dauert unter Idealbedingungen etwa so lange wie man zum Verhungern bräuchte.
- zahme Viecher umarmen könnte klappen, so denn mittendrin in diesem unbewohnten 100km-Reservat Vieh gehalten wird. Ist aber wie hier konstruiert eher unwahrscheinlich.
Zitat von Sandra;155016
...
Wie verhindert der Inhaber von Schmerz und Leid (sprich Ihr) dem Tod?
...
Antwort: Man sieht dem Unvermeidlichen ins Auge.
Als erstes trübt sich spürbar die intellektuelle Leistung ein, weil das Gehirn unterkühlt. Das hat ja keine umgebenden Muskeln als Wärmflaschen.
Der schmerzhafteste Teil ist das Zittern. Weil man da die Kälte noch immer in ihrer vollen Schärfe wahrnimmt, während der Körper an der Oberfläche kein Warmluftpolster mehr bildet. Außerdem setzen die Muskeln nicht kontrollierbar aus, wodurch es auch zu Krämpfen kommen kann.
Irgendwann hört das Zittern wieder auf. Der Körper hat eben nur begrenzt Energie, um durch flächendeckende Muskelkontraktion Wärme zu erzeugen. Und die wird jetzt ganz ins Körperinnere konzentriert. Man friert dann auch nicht mehr. Weil die Kälterezeptoren mangels Stoffwechsel in der Haut keine Veränderungen mehr melden. In seltenen Fällen wird's einem sogar zwischendurch grundlos wieder etwas warm. Weil die Wärmerezeptoren als letzten Hilferuf nur Wärme melden können, aber keinen Schmerz.
Und nicht nur das.
Die Motorik der Arme und Beine tut jetzt auch nicht mehr, weil die Unterkühlung auch die motorische Reizleitung erst behindert, später ganz unterbricht. Aus demselben Grund hört das reale Schmerzempfinden auf. Wenn's jetzt wie Hölle wehtut, sind das Phantomschmerzen aus dem Gehirn.
Bis die ersten vitalen inneren Organe versagen ist man aber schon bewußtlos. Denn das Gehirn wirkt jetzt wie ein großer Kühler für den Körper, die Halsschlagadern wie Kühlmittelschläuche zum Kühlrippengeflecht vor dem Motor im Auto. Deshalb nimmt auch im Gehirn die Reizleitung vom ersten Moment an immer weiter ab, bis sie schließlich ganz versagt.
Deshalb sieht man's als Betroffener wohl auch nicht mehr, daß jetzt der Schnee auf dem Cityhemd wieder liegenbleibt. Vorher ist da nämlich jede Schneeflocke sofort geschmolzen und hat den papierdünnen Stoff mit neuem Eiswasser zum Auskühlen des Oberkörpers versorgt, um danach nochmal kühlend zu verdunsten.
So gesehen ist Erfrieren IMHO noch immer der "angenehmste" Tod von allen. Weil man ihn nur ganz am Anfang noch mit beiden Augen kommen sieht.
Im hiesigen Beispiel würde ich aber kaum annehmen, daß der Probant tatsächlich noch volle drei Stunden ausharren muß. Bei -9°C und faktisch keiner Kleidung am Leib, dauert's vielleicht noch eine halbe Stunde bis nichts mehr geht.