Hallo,
wir alle verfolgen derzeit gespannt die Entwicklung in der Ukraine, dabei wird bislang gerne übersehen, dass dort 16 Atomkraftwerke am Netz sind (unter anderem das grösste Atomkraftwerk Europas, Saporischschja).
Ich halte es für denkbar, dass es hier zu Problemen kommen kann. Entweder durch mangelhaften Betrieb oder durch äussere Einwirkungen (vom Stromnetzausfall bis zu direkten Angriffen).
Beide Seiten, die ukrainische Übergangsregierung und die russische Seite haben bereits erklärt, dass alles getan werden müsse, um die Sicherheit der AKW zu gewährleisten.
Bitte beachten: es soll in diesem Thread keine politisch-militärische Diskussion aus dem geschlossenen Ukraine Riots-Thread fortgeführt werden! Es geht darum, die Aufmerksamkeit auf kerntechnische Anlagen zu lenken, die sich in Krisenregionen befinden, die nciht allzuweit von uns CH/A/D entfernt sind.
Tschernobyl ist übrigens auch in der Ukraine.
Bei einer Havarie einer ukrainischen Atomanlage wären wir auf jeden Fall wieder "mit dabei", wenn der Wind aus der richtigen (falschen) Richtung bläst.
Ich will niemand nervös machen, aber derzeit sind die Preise für Equipment für solche Lagen noch im Keller.
Hier ein Artikel auf Telepolis, der sich dem Thema widmet: "Ukraine: Droht ein zweites Tschernobyl?"
Ganz kurz die aus meiner Sicht sinnvolle Basis-Vorbereitung für AKW-Havarien:
1. Informieren, informieren, informieren!
- seriöse Nachrichtenquellen verfolgen (tagesschau.de, orf.at, nzz.ch etc.)
- Wetterentwicklung verfolgen (Windrichtung und Niederschläge auf dem europ. Kontinent)
- Strahlungsmessdienste verfolgen, z.B. das Radioaktivitätsmessnetz des Bundesamtes für Strahlenschutz
2. Planen!
- Ausweichquartier(e) vorsorglich auswählen (Verwandte, Freunde, Campingplätze)
- Was ist zu tun, falls eine radioaktive Wolke heranzieht?
3. Ausrüstung!
- Mundschutz und Einwegoveralls mit Überschuhen helfen, rad. Partikel ausserhalb der Wohnung zu halten, sollte man aus wichtigem Grund bei Fallout draussen herumlaufen müssen.
- ggf. Lannacher Kaliumjodid-Tabletten beschaffen (bitte aber genau informieren, wer es wann nehmen sollte und wer nicht, falsche Anwendung kann gesundheitliche Folgen haben)
- das klassische Fluchtgepäck checken
- Lebensmittel- und Getränkevorräte checken
- Bargeld- und Kraftstoffreserve checken
4. Messtechnik!
rad. Strahlung kann man nicht riechen, man braucht Messtechnik, leider ist das Thema "Messung von Radioaktivität" nicht trivial
- Geigerzähler reagieren nur auf Gammastrahlung, die Bedrohung durch Gammastrahlung ist aber vor allem im direkten Umfeld eines Havarieortes ein Problem, in weiterer Entfernung vom Havarieort ist Fallout mit Gammastrahlung eigentlich nur in der ersten Zeit nach einer Havarie messbar, danach sind die gammastrahlenden Isotope weitgehend zerfallen. Wer schonmal einen Lötkolben in der Hand und einen Elektronikbausatz auf dem Tisch vor sich hatte, der kann sich für wenig Geld einen Geigerzähler selbst zusammenbauen. Beim Elektronik Versand Pollin gibts seit einiger Zeit einen sehr günstigen Bausatz mit russischem Standard-Zählrohr, Piepser, Display und digitalem Zählausgang. Neben einem Elektroniklötkolben, einer ruhigen Hand und 1-2h Zeit braucht man lediglich noch eine 12V-Versorgung und ein Mutlimeter zum Abgleich der 400V fürs Zählrohr. Und man sollte das ganze in ein Plastikgehäuse, zur Not in eine "Tupperschüssel" einbauen.
- Lebensmittel, Gartenerde oder Spielplatzsand sind nach Fallout auch nach längerer Zeit eher mit langlebigen Alpha- oder Betastrahlern belastet, die sind mit Amateur-Equipment aber kaum meßbar und ohne Erfahrung in Analytik auch mit dem richtigen Equipment nicht sicher messbar.
Das einzige, im Hobbybereich bezahlbare Gerät dürfte der steinalte "Aktivitätsmesser RAM II" der NVA sein, der nach wie vor bei Ebay und bei Armee-Surplushändlern zu haben ist. Allerdings macht das Gerät nur Sinn, wenn es vollständig ist - also beide Kisten, die zweite enthält die für Alphastrahlermessung zwingend notwendige "Bleiburg" und div. Analytik-Ausstattung. Ausserdem muss man bei der Analyse von Proben extrem sauber arbeiten, damit man sich nicht die Messumgebung und den Detektor kontaminiert. Nix für Anfänger.
- für sinnvoller halte ich eine kleine Wetterstation, die neben Luftdruck auch Windrichtung und Geschwindigkeit und Niederschlag erfasst. Idealerweise eine, die man an einen PC anschliessen kann oder die wenigstens über einige Tage alle Messdaten aufzeichnet.
Grüsse
Tom