Addendum zu „Atomkraft wird dämonisiert“

  • Zitat von Waldschrat;174129



    Flüssigwasserstoff ist jedenfalls kein gangbarer Weg, da ich dann den Grossteil der Energie in die Verflüssigung stecke.


    Matthias


    Hallo Waldschrat,


    Genau diesen zitierten Satz sehe ich komplett anders, stehe aber mit meiner Meinung so ziemlich allein auf weiter Flur, denke ich.


    Ich versuche mal zu erklären, warum ich das anders sehe.


    Gut, dass flüssiger Wasserstoff schwer und nur recht energieintensiv zu speichern ist, sehe ich ein. Dennoch darf man eines nicht vergessen: Die Primärenergie, welche ich für den Vorgang der Elektrolyse und Verflüssigung benötige, stellt mir die Sonne ja quasi kostenlos zur Verfügung. Ich brauche sie nur einzufangen; z.B. mittels Windrad oder Photovoltaikzelle.


    Klar, müssen diese Teile auch erstmal gebaut werden; das trifft aber auf alle anderen Kraftwerke ebenfalls zu. Nur muss ich dort noch ein paar Teile mehr bauen. Denn ich muss zunächst "chemische"* Energie in thermische umwandeln (Erzeugung von Wasserdampf), thermische Energie in kinetische (Wasserdampf auf Turbine leiten; diese beginnt zu rotieren und mit ihr die Welle, an welcher der Generator hängt) und erst dann die kinetische Energie in elektrische (the Generator himself).


    Das Windkraftwerk überspringt schon mal die ersten beiden Schritte und wandelt die Bewegungsenergie der Luft direkt in elektrische Energie um. Den dafür nötigen Wind haben aber keine von Menschenhand gemachten Maschinen bereit gestellt, sondern der kleine gelbe Stern in rund 150.000.000 km Entfernung.
    Ich habe schon oft gelesen (es aber noch nie überprüft), dass die Sonne in 8 Minuten mehr Energie auf die Erde bläst, als die Menschheit in einem Jahr verbraucht.


    Das heißt, egal wieviel Energie zur Wasserstofferzeugung nötig ist, sie ist bereits vorhanden und muss nur noch "abgeschöpft" werden. Und obwohl (oder gerade weil?) ich kein Ingenieur oder Techniker bin, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass man Windräder und Solarzellen nicht so bauen kann, dass sie auf extrem lange Laufzeiten ausgelegt sind. Was ja wohl die Langzeitkosten senken würde. Ich meine, in Afrika laufen immer noch Maschinen, die zur Kaiserzeit gebaut wurden. Ja ich weiß, der Vergleich hinkt.


    Zum anderen ist es doch mittlerweile technisch möglich, industriell aus Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid Methan herzustellen. Diesen speist man ins vorhandene Gasnetz ein und kann so z.B. Gaskraftwerke betreiben. Ja gut, muss man wohl noch etwas Feintuning betreiben, was die Effizienz und so angeht. Sind aber sehr wahrscheinlich recht lösbare Aufgaben. Ist halt, wie immer, eine Frage des Geldes.


    Und da liegt der Hase im Pfeffer und schnalzt!


    Auf der einen Seite sind sowohl das komplette Wissen um einen, nennen wir es mal regenerativen Energiekreislauf als auch die praktischen Fähigkeiten bzw. Voraussetzungen zur Schaffung eines solchen vorhanden.
    Auf der anderen Seite ist eigentlich auch das für weiterführende Forschungen nötige Geld vorhanden. Es liegt halt nur sinnlos auf irgendwelchen, zumeist wohl privaten Konten herum; Stichwort "obere 10.000".
    Die große Herausforderung besteht eigentlich darin, diese beiden Seiten zusammen zu bringen. Ergo läge das Scheitern der Energiewende nur am Nicht-Wollen der Menschen und nicht am Nicht-Können.


    Schliesslich und endlich haben wir noch den Punkt der kontinuierlichen Ernergieversorgung. Da ja als Beispiel für die drohende Stromknappheit die windstille Winternacht angeführt wird, ist es wohl durchaus legitim, dass ich für meine Argumentation die gegenteilige Ausgangslage nutze. Also ein Sturmtief über der Nordsee im Hochsommer mit entsprechendem Sonnenschein in Süddeutschland.


    Es würde dann deutlich mehr Strom erzeugt als verbraucht. Somit könnte man den überschüssigen Strom locker zur Wasserstoff- bzw. Methanerzeugung verwenden. Um das Ganze mal ins Extrem zu zerren, hätte man 9 Monate Zeit, Energie auf Vorrat zu erzeugen, um sie dann in 3 Wintermonaten zu verbraten. Und das soll nicht machbar (und bezahlbar!) sein? Tut mir leid, ich sehe kein Licht am Argumentationshorizont, das mich davon überzeugen könnte.


    Ein ganz wichtiger Punkt wurde hier im Forum ja auch schon öfter angesprochen: Energie sparen. Du weißt schon, nur eine nicht benötigte Kilowattstunde ist eine gute Kilowattstunde! Also sollte man zunächst mal schauen, wieviel Energie wir alle wirklich zur Aufrechterhaltung unseres komfortablen Lebensstils brauchen. Erst dann macht mMn die Kraftwerksberechnung einen Sinn.


    Also, Flüssigwasserstoff bzw. industriell erzeugtes Methan ist meiner Laienmeinung nach nicht nur ein gangbarer Weg, sondern in großmaßstäblichem Umfang betrachtet, der einzig gangbare Weg zu einer dauerhaft stabilen Stromversorgung in Europa durch regenerative Energien.
    Nur die, die es bezahlen wollen, können es nicht und die, die es bezahlen können, wollen es nicht.


    Klingt komisch, ist aber so.


    lg
    melusine


    * mit "chemisch" meine ich die Kohle an sich bzw. die radioaktiven Elemente, deren gespeicherte Energie erstmal freigesetzt werden muss. Ich wusste jetzt nur nicht, wie ich das umschreiben sollte.

  • Den Widerspruch aufzulösen zwischen energetisch effizienten Verbrauchsgeräten und steigenden Kosten kann man doch leicht, ohne wieder die angeblich unverzichtbare Kernenergie zu bemühen.


    Das hat mit den "wahren", tatsächlichen Kostenfaktoren zu tun. Und bereits diese werden von Befürwortern und Gegnern von Atomkraft bereits unterschiedlich gewertet, d.h. als Faktoren überhaupt berücksichtigt, gewichtet, in die Zukunft umgelegt mit den Entsorgungs- und Rückbaukosten usw.


    Altbausanierung, Netzmodernisierung, Investitionskosten in regenerative Strukturen - das alles sind Themen, die man mit grünem Idealismus niemals von heute auf morgen bewältigen kann. Der Rattenschwanz ist lang, um die Verbraucherseite und erst recht die Bedürfnisse der Industrie einigermaßen zu erfüllen. Dazu braucht es Ziele und einen klaren Weg dorthin, weil die Umwälzungen weg von Großkraftwerken hin zu flexiblen Klein-/Gas-/Windgas-/Methankraftwerken u.ä. in nahezu sämtliche Lebensbereiche hineinspielen. Ob nun die lokalen Stadtwerke investieren müssen oder private Haushalte sich finanziell zur Gewinnerzielung oder der Förderung von dezentralen Energieversorgungen beteiligen, es braucht Geld, will man die AKWs nach Plan (in Deutschland) weiter abschalten.


    Und damit beschäftigen sich ganze Wirtschaftszweige.


    Als Prepper habe ich eigene Bedürfnisse, kann ich persönlich den Ausstieg auf der Atomkraft ...

    • gutheißen (ideologisch, nachhaltig, grundsatzorientiert, Beispiel politische Entscheidungsträger, private Diskussion, Überzeugungsarbeit)
    • unterstützen (realistisch, Beispiel Atomstrom beziehen, aber Geld in Regenerative investieren)
    • bewerkstelligen (praktisch, Beispiel Strom (teilweise) selber erzeugen)


    Als Prepper kann ich von der Entwicklung mit der Vergünstigung von Eigenerzeugungsanlagen doch profitieren ! Sowohl was die Geldanlage angeht wie der Krisennutzen, falls mir damit bei Netzausfall eine zugängliche Energiequelle zur Verfügung steht.


    Und als Prepper muss ich doch ein Einsehen haben, welche Strommengen ich als notwendig erachte in der Krise. Beispiel Szenario 3 Tage bis 3 Wochen Stromausfall. Irgendwas in dieser Richtung. Vom Krisenbedarf rückwirkend in den Alltag hat das doch gedankliche Konsequenzen, wie ich in Zukunft die Ausstattung für Wohnung/Haus einkaufe (Beispiel Energiesparlampen, LED u.ä.), ob ich zu einem E-Fahrzeug tendiere, ob die ineffiziente Kühltruhe im Keller sein muss, es der riesige TV-Fernseher sein muss etc.


    Ich kenne persönlich im Bekannten- und Freundeskreis keinen Atomstrom-Bezieher, der sparsam ist im Stromkonsum. :staun: Das sind eher diejenigen, die Geld sparen wollen, Hauptsache billig und Geld für anderen Konsum übrig. Umgekehrt kenne ich Ökostrom-Bezieher, die viel Geld ausgeben für sparsame Stromverbraucher, das als langfristige Eigeninvestition ansehen und auf Jahre kalkulieren.


    Was haben denn die Atomstrom Konzerne getan mit ihren Gewinnen aus der "Kernenergie" ? Tee getrunken und abgewartet, bis sie endlich ihre Rücklagen für den Entsorgung des Atommülls ausgeben dürfen ? :nono:


    Mit der Einstellung "Mein Name ist Hase und ich weiß von nichts" kann man eine Pressekonferenz überleben, sogar mehrere, sogar mehrere Jahrzehnte bis zum eigenen Renteneintritt, aber ein Konzern, der die Landesversorgung an Strom mit absichert, der sollte doch über Generationen Verantwortung zeigen.


    Das ist der Punkt, an dem mir die Hutschnur hochgeht. Da entscheiden keine Marketingstrategen über die Zukunftsplanung und Budgetierung von Rücklagen. Da entscheiden Aktionäre, und die haben eigene Interessen. Das funktioniert in der Privatwirtschaft, das funktioniert bei einer gegebenen Konkurrenzsituation, das scheitert bei Monopostellungen und millionenschweren Fördergelden für Forschung und Entwicklung. Solange als es wieder die Konzerne alleine sind, die sich herablassen für die Gemeinwohl Versorgung einzustehen.


    Wer glaubt "die da oben" tun irgendwas freiwillig oder aus Einsicht, dem wünsche ich eine starken Glauben. :Gut:


    Ich halte es mit der Privatisierung, der freien Wahl aufgrund Marktangeboten und der Methode jenen zu vertrauen, die das Vertrauen durch Dienstleistung, Information und Service auch zu verdienen. Was liegt näher als Atomstrom abzuwählen und so mitzulenken in eine andere Form der Energiewirtschaft, die nachhaltiger ist als das Angebot der Großkonzerne. Wer meint, dies über einen teuren Ökostrom-Tarif beim Atomstromanbieter verwirklichen zu können, dem rate ich dieses Konzept gründlich zu überprüfen.


    Realist genug sollte man sein, dass es einen sanften Übergang geben muss, um den unleugbaren wirtschaftlichen Schaden zu minimieren. Der GAU in Fukushima hat höchst interessante Entwicklungen gezeigt, die lehrreich sein können, inwieweit es möglich ist auszukommen mit dem plötzlichen Entfallen der Stromleistung von AKWs. (Ungeachtet der sonstigen Nebenwirkungen durch Verstrahlung, Entsorungskosten, medizinisch langfristigen Kosten, Imageverlust, Ausfälle durch die reduzierte Exporten u.a.).


    Auf AKWs freiwillig und planvoll zu verzichten, ist ein Luxus. :Angel: Die politische Historie in Deutschland zu dem (3) Ausstieg vom (2) Ausstieg vom (1) Ausstieg = z. Zt. als Wiedereinnstieg in die regenerative Versorgung zu werten, ist lesenswert und ein Lehrstück für Demokratie wie dem medialen Einfluß der globalen Katastrophenwahrnehmung. Schreibe bewusst "zur Zeit", weil ich das politisch noch keineswegs festgeschrieben sehe. Von Absichtserklärungen sich blenden lassen, hieße Wahlperioden und deren Dynamik zu ignorieren.


    [Hätten wir in Deutschland/Europa den Druck durch Atomunfälle, bei denen Bevölkerungsteile zu Schaden gekommen wären, wer glaubt ernsthaft, die ganze Verzögerungstaktik der Konzerne im Umfeld mit den Stromtrassen, dem Aufbau von ersatzweisen Gaskraftwerken, der Umsteuerung von Rücklagen in die Stromsicherheit würde sich so hinziehen wie wir es erleben, das ginge politisch durch wie Butter auf heißem Toast. Doch leider bevorzugen die Deutschen offenbaren hartes Schwarzbrot, belegt mit einer dicken Salamiescheibe, Butter trauen sie sich gar nicht mehr auftragen, was man weglässt, kann nicht mehr genommen werden (die Butter).]


    Als ob der o.g. große Fernseher tiefer in die Hirne der Zuschauer hineinstrahlen könnte. Dann doch lieber billigen Atomstrom und die Bildschirmdiagonale zum Ausgleich größer wählen ? :peinlich: Wenn´s hilft mit mehr Überzeugung weg von negativen Szenarien in der Zukunft hin zu weniger Altlasten für nachfolgende Generationen zu kommen, meiner Meinung nach ja.

  • Zitat von Waldschrat;174153


    Erläutere mir doch bitte mal, wie in Deinem Modell das Problem der arschkalten, windstillen Winternacht angegangen wird.


    mach ich gerne: da wir einen wärmespeichernden Ofen und ein halbwegs gedämmtes Haus haben, reicht die Trägheit der Bausubstanz problemlos aus, um eine Nacht ohne Energiezufuhr ohne jede Komforteinbusse zu überstehen.
    Übrigens sind die nicht ganz so kalten, aber windigen Winternächte bezüglich Heizbedarf viel anspruchsvoller.



    Zitat von Waldschrat;174153

    Mir fällt eigentlich bei den ganzen "zurück zur Natur Träumer" eines auf . Die wollen eine "heile Welt", aber bitte mit iPad, Smartphone und einer warmen Bude.


    Abgesehen davon, dass das technisch problemlos möglich ist - Heizen siehe oben, die elektronischen Kleinverbraucher haben einen Akku - Bist du sicher, dass das stimmt?



    Zitat von Waldschrat;174153

    Also, wie stellt Dein Modell eine kompromisslose 24/7 Stromversorgung in der jeweils nachgefragten Menge zur Verfügung? Oder sind wir da bei einem obrigkeitsstaatlichen Modell, das die Nachfrage dem Angebot anpasst, in dem es - etwa mit den von Dir geschilderten Smart Metern, ganze Stadtteile oder Orte stundenweise vom Netz nimmt?


    Ich denke, dass du hier das Kind mit dem Bade ausschüttest. Ein Spital (um einen anderen kritischen Verbraucher zu nennen, der auf konstante Energiezufuhr angewiesen ist) muss sich andere Überlegungen machen als ein gewöhnlicher Haushalt, der mit wenig Gedankenarbeit merken könnte, dass die kompromisslose 24/7 Stromversorgung eigentlich ein teurer Luxus ist.
    Wenn die Stromanbieter einen billigeren Tarif für managbare Geräte haben, kann sich ja jeder überlegen, ob er damit leben kann, dass seine Wärmepumpe manchmal von 21 - 24 Uhr wärmepumpt und manchmal von 02 - 05 Uhr, ohne dass er auf den genauen Zeitpunkt Einfluss hat. Kann man zudem den Anbieter wechseln, wird nicht einfach die Nachfrage dem Angebot angepasst. Das zeitlich von der Produktion entkoppelte Stromangebot ist ein Luxus, der vielfach unnötig ist und dessen Preis jetzt die Umwelt bezahlt.
    Die Grossverbraucher (Heizung, Klimaanlagen, Tumbler, Boiler) sind nicht so zeitkritisch. Würde der tageszeitabhängige Kilowattstundenpreis dem Endverbraucher weitergegeben, würden sehr viele freiwillig solche Geräte tarifabhängig steuern. Wenn man es trotzdem ausser Plan benutzt, kostet der Strom eben mehr.
    Ich zahle für einen gemieteten Lieferwagen am Samstag auch mehr als an anderen Wochentagen und sehe darin weder eine Bevormundung noch ein Datenschutzprobelm, sondern einfach das Gesetz von Angebot und Nachfrage.




    Zitat von Waldschrat;174153

    Zusammen mit "intelligenten" Hausgeräten laufen Deine Waschmaschine oder Dein Geschirrspüler nämlich nicht dann, wenn es in Deinen Terminplan passt, sondern nur nach, wenn Dein Energieversorger es will.


    Ich lade das Teil morgens mit schmutziger Ware und abends um 7Uhr wenn ich wieder zu Hause bin ist es sauber - ob es nun um 8Uhr oder um 15Uhr gewaschen hat wäre mir wurscht und das darf auch der Verfassungsschutz wissen. Mit dieser Art Managemant könnte man Lastspitzen abbauen und teure Bereitstellungskosten reduzieren - ohne jede Komforteinbusse.


    Zitat von Waldschrat;174153

    Wollen wir wirklich diese Welt einer totalen energetischen Bevormundung?


    Die kann ich darin nicht erkennen, wenn es halbwegs intelligent gemacht wird.


    Zitat von Waldschrat;174153

    Auch Bürgerrechte können auf der Strecke bleiben:
    (...)
    Wie sagt dann der Kommissar? (...)


    Das Beispiel ist etwas wirklichkeitsfremd, denn ich organisiere Revolutionen prinzipiell nur per mit Falschadresse registriertem Prepaid-Handy und gemordet wird nur bei Taschenlampenlicht oder am Tag. :face_with_rolling_eyes:


    Bei dieser Datenschutzparanoia wäre jegliche Benutzung von Internet oder Handy absolut tabu.

  • Zitat von melusine;174156


    Gut, dass flüssiger Wasserstoff schwer und nur recht energieintensiv zu speichern ist, sehe ich ein. Dennoch darf man eines nicht vergessen: Die Primärenergie, welche ich für den Vorgang der Elektrolyse und Verflüssigung benötige, stellt mir die Sonne ja quasi kostenlos zur Verfügung. Ich brauche sie nur einzufangen; z.B. mittels Windrad oder Photovoltaikzelle.


    Hallo Melusine,


    auch Sonnenenergie steht Dir nicht "beliebig" zur Verfügung, hier mal eine Karte der durchschnittlichen jährlichen Sonnenenergieeinstrahlung für Deutschland


    Mal so eine überschlägige Rechnung:


    H2 hat einen Heizwert von 120 MJ/kg. das macht 2,4 MJ/mol (etwa 22,4 l unter Normalbedingungen)


    Die Verdampfungswärme,die ich unter idealen Bedingungen bei der Verflüssigung reinstecken muss, beträgt 0,9 kJ/mol


    HEY, da habe ich mich ja glatt verschätzt, Dein Vorschlag könnte fliegen, selbst wenn ich mal nicht ideale Prozesse voraussetze, die das doppelte und dreifache zum Verflüssigen brauchen!


    Die von Dir vorgeschlagene Umsetzung mit CO2 funktioniert auch, allerdings bekommst Du dabei nicht nur Methan, sondern so ein Gasgemisch, das früher unter "Stadtgas" lief und das unliebsame Beimischungen wie Kohlenmonoxid enthält, irgendwo muss der Sauerstoff aus dem CO2 schliesslich bleiben:)


    Gruss


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Hallo Waldschrat,


    deswegen bezog ich ja auch die Windenergie in meine Argumentation ein. Mit Sonnenenergie meine ich nicht nur das Licht an sich, sondern auch die Wärmestrahlung, welche den Planeten beheizt und somit auch die Luft in Bewegung setzt. Und selbstverständlich kann und muss man das Problem der Energieversorgung in Deutschland auf europäischer Ebene lösen.


    Ich kann mir z.B. gut vorstellen, dass es an der portugiesischen Atlantikküste ganz ordentlich Energie (Wind, Sonne und Wasser [diese komischen Wellenkraftwerke]) zu "ernten" gibt. Den Strom, den die einspeisen, saugen wir uns dann hier aus dem Netz.


    Siehste, jetzt, wo Du es sagst, fällt mir das mit dem Stadtgas auch wieder ein. Sowas meinte ich mit weiterführender Forschung.


    Naja, es ist halt ein Traum, den ich habe...


    lg
    melusine

  • Zitat von jp10686;174159

    mach ich gerne: da wir einen wärmespeichernden Ofen und ein halbwegs gedämmtes Haus haben, reicht die Trägheit der Bausubstanz problemlos aus, um eine Nacht ohne Energiezufuhr ohne jede Komforteinbusse zu überstehen.
    Übrigens sind die nicht ganz so kalten, aber windigen Winternächte bezüglich Heizbedarf viel anspruchsvoller.


    Und der Rest der Geschichte? Deine Frau kocht das Abendessen während Du bügelst. Beide wollen dabei was sehen, also muss die Bude beleuchtet werden. Die Energie kommt nicht aus Wärmedämmung. 2kW für die Herdplatte (Suppe als Vorspeise), 4kW für das Bratröhr (Gratin als Hauptgericht), weitere 1kW für das Bügeleisen. Dann läuft da noch der Kühlschrank und die Gefriertruhe...

    Zitat von jp10686;174159

    Abgesehen davon, dass das technisch problemlos möglich ist - Heizen siehe oben, die elektronischen Kleinverbraucher haben einen Akku - Bist du sicher, dass das stimmt?


    Was glaubst Du, wie diese netten Gadgets entstehen? Der Herstellprozess, gerade der Halbleiter, ist unglaublich energieintensiv und wenige Minuten Stromausfall würden ein ganzes Waferlos (das Material für hunderttausende Smartphones) verderben.


    Ich kenne Halbleiterfertigung ein bisschen, auch die dort eingesetzen Chemikalien. Wenn Du im Chemikalienkeller einer Waferfab stehst und da Tanks mit Aufschriften wie "Fluorwasserstoffsäure, 47%, 5.000l siehst, da wird Dir Angst und bange und denkst." Hoffentlich ist der dicht!

    Zitat von jp10686;174159

    Ein Spital (um einen anderen kritischen Verbraucher zu nennen, der auf konstante Energiezufuhr angewiesen ist) muss sich andere Überlegungen machen als ein gewöhnlicher Haushalt,


    Das Spital hat einen Notstromdiesel. Ich habe, wie schon in mehreren Forumsbeiträgen geschildert, eine Zeit in Indien gelebt und gearbeitet. Ich habe keine Lust, dass wir uns, was die Stabilität des Stromnetzes angeht, indische Verhältnisse ohne Zwang importieren. Dort habe ich mich morgens (in den Subtropen wird es erst gegen 06:30 hell) mehr als einmal beim Schein zweier Taschenlampen rasiert. Wenn ich abends rausgegangen bin, war die Taschenlampe stets an den Gürtel gehängt. Muss ich das in Mitteleuropa haben?


    Zitat von jp10686;174159


    der mit wenig Gedankenarbeit merken könnte, dass die kompromisslose 24/7 Stromversorgung eigentlich ein teurer Luxus ist.


    Was ist Luxus?


    Im Grunde ist alles ausser ausreichender Ernährung, klimagerechter Kleidung, einem trockenen Dach über dem Kopf und angemessener medizinischer Versorgung im Krankheitsfall "Luxus". Dann schau Dich mal in Deiner Bude um. Selbst was wir hier treiben, Internet, Besitz eines PC, ist absoluter, verzichtbarer Luxus.


    Wie schon gesagt, Du könntest leben wie ein Mönch in einem Trappistenkloster. Alles darüber hinaus ist Luxus. Nur dass meiner Meinung nach Luxus das Leben oft erst interessant macht.


    Dass eine 24/7 Energieversorgung inzwischen zum "teuren" Luxus geworden ist, verdanken wir zumindest in D der Politik. In F ist es ein gut bezahlbarer Luxus. Von CH liegen mir keine Zahlen vor.

    Zitat von jp10686;174159


    Ich zahle für einen gemieteten Lieferwagen am Samstag auch mehr als an anderen Wochentagen und sehe darin weder eine Bevormundung noch ein Datenschutzprobelm, sondern einfach das Gesetz von Angebot und Nachfrage.


    Siehst Du, deswegen halte ich einen Dreieinhalbtonner mit Kastenanhänger als Privateigentum vor und meine Frau einen riesigen Kombi. Die Autos kosten uns am Samstag soviel wie am Montag und vom Wohnzimmer zur "Autovermietung" (unserer Garage) haben wir eine Minute Wegezeit.


    Zitat von jp10686;174159

    Ich lade das Teil morgens mit schmutziger Ware und abends um 7Uhr wenn ich wieder zu Hause bin ist es sauber - ob es nun um 8Uhr oder um 15Uhr gewaschen hat wäre mir wurscht


    ... und wenn Du morgen früh wegfährst und willst genau dieses Hemd oder diese Hose mitnehmen willst und möchtest sie heute Abend noch waschen, trocknen und bügeln?

    Zitat von jp10686;174159


    und das darf auch der Verfassungsschutz wissen.


    Sorry, das ist das alte "Ich habe nichts zu verbergen" Argument. In unserem Schlafzimmer findet auch nur "good old sex" statt. Wir haben "nichts zu verbergen". Dennoch hätte ich etwas dagegen, wenn andere das wann und wie oft wüssten. Meine Privatsphäre ist mir heilig, auch bei anderen Dingen.

    Zitat von jp10686;174159


    Mit dieser Art Managemant könnte man Lastspitzen abbauen und teure Bereitstellungskosten reduzieren - ohne jede Komforteinbusse.


    Komfort heisst für mich: Energie steht mir dann zur Verfügung, wenn ich sie brauche und in der Menge, in der ich sie brauche, nicht wenn andere so gnädig sind, sie mir zuzuteilen. Grundlastkraftwerke tun das seit meiner Geburt. Warum sollte ich auf diesen Komfort verzichten und einen Rückfall in die Zustände eines Schwellenlandes mit kontigentierter Energie akzeptieren?


    Das ist wie mit dem Elektroauto, dass mir auch als "technische Errungenschaft" verkauft werden soll. Mit meinem Dreieinhalbtonner fahre ich von hier an die Cote d'Azur, 1.000km weit, ohne dass mich die Tankinfrastruktur unterwegs interessieren müsste. Mit einem E-Mobil. ein "Autosurrogat", in dem zwei Leute und zwei Einkaufstüten Platz haben, komme ich mal gerade bis Freiburg und muss da an die Steckdose. Ein Rückfall in die Postkutschenzeit, der mir als "technischer Fortschritt" verkauft werden soll. Technischer Fortschritt wäre ein Spanienurlaub - hin und zurück - mit einer Batterieladung.

    Zitat von jp10686;174159

    :face_with_rolling_eyes:


    Bei dieser Datenschutzparanoia wäre jegliche Benutzung von Internet oder Handy absolut tabu.


    Du wirst lachen, ich habe an meinem Mobiltelefon einen Lieblingsknopf: Den Aussschalter.


    Viele Grüsse


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Ich bin auch ein bequemer, den Luxus schätzender Mensch, obwohl es bei mir eher rustikal aussieht.
    Dennoch- auch ich-, vermutlich wir alle, leben auf Kosten Anderer, u.a. auch unserer Nachkommen und der Natur, in "Saus und Braus".
    Wieso findest Du, Matthias, dass es Dein Recht ist, so viel (billigen) Strom zur Verfügung zu haben, wie Du möchtest, während geschätzte 99% der Menschen dies nicht haben?


    Ich habe keine Ahnung von Technik. Es gibt aber viele helle Köpfe, die damit zaubern können.
    Es ist doch eigentlich ganz einfach- wir müssen aus dem, was "unendlich" da ist, nutzbare Energie machen können. Alles Endliche, wie Uran, Kohle, Öl mit ihren unerfreulichen/hochgefährlichen Folgen sollte in absehbarer Zukunft nicht mehr genutzt werden müssen.


    Ich denke, dass Wasserkraft eine kluge Idee ist, weitgehend unabhängig von Wetterverhältnissen, und hatte schon einmal die Idee mit den Strombojen gepostet. Laut technisch versierterer Leute hier wäre dies offenbar nicht ausreichend.


    Nun bin ich über Folgendes gestolpert:


    " Jetzt, zwanzig Jahre später, nach einem mehrjährigen Testversuch vor der Küste Portugals, wird an der bretonischen Küste die erste Anlage des WaveRollers gebaut. Das Firmenkonsortium setzt sich zusammen aus dem finnischen Technologie-Unternehmen AW-Energy von Rauno Koivusaari, dem finnischen Energiekonzern Fortum und der französischen Marinewerft DCNS. Unterstützt wird das Projekt von der französischen Region Bretagne.
    Die Idee ist ebenso einfach wie genial: der WaveRoller besteht aus absenkbaren Metallplattformen, auf denen sich vertikale, bewegliche Metallplatten befinden. Diese werden von der Wellenbewegung hin und her bewegt, ähnlich wie damals die Schiffstür. Der WaveRoller arbeitet in einer Wassertiefe von acht bis zwanzig Metern, je nach dem Stand von Ebbe und Flut. Über Hydraulikpumpen wird dann ein Motor angetrieben, der über einen Generator Strom erzeugt. Man geht davon aus, dass man mit der Anlage in der Bretagne eine Leistung von 1.000 Kilowatt erreicht.
    Das Firmenkonsortium stellt sich vor, dass auf diese Art und Weise pro Meter Küstenlinie eine Leistung von 30 Kilowatt erzeugen werden kann. Die nutzbare Küstenlinie in der Bretagne hat eine Länge von über 2.700 Kilometern. Das entspräche einer Gesamtleistung von 80.000 Megawatt, was der Leistung von 80 Atomkraftwerken gleichkommt.
    Man hat damit ein nahezu unerschöpfliches Potenzial zur Erzeugung von elektrischer Energie. Umweltfreundlich, unauffällig, unkompliziert und ohne schädliche Rückstände. Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein."
    Mehr hier (leider englisch):
    http://aw-energy.com/about-waveroller/waveroller-concept

    [SIGPIC][/SIGPIC]Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit, das Geheimnis der Freiheit ist der Mut

  • Zitat von Waldschrat;174161

    H2 hat einen Heizwert von 120 MJ/kg. das macht 2,4 MJ/mol (etwa 22,4 l unter Normalbedingungen)


    1 mol H2 sind gerade mal 2 Gramm, wenn 120 MJ/kg richtig sind wären es dann 0.24MJ/mol und nicht 2.4 ... oder habe ich falsch gerechnet?

  • Ich würde mal vorschlagen das die ganzen Länder die auf Atomenergie verzichten, mal für 2 Wochen keinen Strom aus Frankreich beziehen.


    Sollte dann sehr schnell klar werden, das diese grüne geheuchele ein völliger selbst Betrug ist. Was nicht heisst das ich unbedingt Atom Energie befürworte.

  • Zitat von jp10686;174178

    1 mol H2 sind gerade mal 2 Gramm, wenn 120 MJ/kg richtig sind wären es dann 0.24MJ/mol und nicht 2.4 ... oder habe ich falsch gerechnet?


    Hallo jp10686,


    Du hast richtig gerechnet und ich habe mich glatt um eine Zehnerpotenz verrhauen.


    Gruss


    Matthias


    [COLOR="silver"]- - - AKTUALISIERT - - -[/COLOR]


    Zitat von Firehorse;174176

    Ich bin auch ein bequemer, den Luxus schätzender Mensch, obwohl es bei mir eher rustikal aussieht.
    Dennoch- auch ich-, vermutlich wir alle, leben auf Kosten Anderer, u.a. auch unserer Nachkommen und der Natur, in "Saus und Braus".
    Wieso findest Du, Matthias, dass es Dein Recht ist, so viel (billigen) Strom zur Verfügung zu haben, wie Du möchtest, während geschätzte 99% der Menschen dies nicht haben?


    Hallo Firehorse,


    theoretisch könnten 100% der Menschheit energetisch in Saus und Braus leben. Wir müssten nur Einsteins "Zauberformel" E=mc² in die Tat umsetzen. Die verspricht uns Energie ohne Ende, bis unser Universum den thermodynamischen Kältetod stirbt. Die Mittel sind nur politisch nicht durchsetzbar. Brutreaktoren und ein geschlossener Plutoniumkreislauf würden uns über Jahrtausende unbegrenzte Energie bescheren, bis dahin hätten wir längst den Fusionsreaktor am Netz.


    Ich halte es da, was den (nicht immer gut informierten) Bürgerwillen angeht, mit Winston Churchill: "Demokratie ist eine denkbar schlechte Staatsform - nur, ich kenne keine bessere Alternative"

    Zitat von Firehorse;174176

    " Jetzt, zwanzig Jahre später, nach einem mehrjährigen Testversuch vor der Küste Portugals, wird an der bretonischen Küste die erste Anlage des WaveRollers gebaut. Das Firmenkonsortium setzt sich zusammen aus dem finnischen Technologie-Unternehmen AW-Energy von Rauno Koivusaari, dem finnischen Energiekonzern Fortum und der französischen Marinewerft DCNS. Unterstützt wird das Projekt von der französischen Region Bretagne.


    Das ist in der Tat eine vielversprechende Idee. Sonne und Wind sind unzuverlässig. Der Mond und die Gezeiten nicht. Angesichts des Weltenergiebedarfs sind Tidenkraftwerke allerdings der berühmte Tropfen auf den heissen Stein. Im Mittelmeer, wo ich vielleicht mal einen Tidenhub von 30cm sehe, nicht einsetzbar.


    Viele Grüsse


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Zitat von Waldschrat;174252


    theoretisch könnten 100% der Menschheit energetisch in Saus und Braus leben. Wir müssten nur Einsteins "Zauberformel" E=mc² in die Tat umsetzen. Die verspricht uns Energie ohne Ende, bis unser Universum den thermodynamischen Kältetod stirbt. Die Mittel sind nur politisch nicht durchsetzbar. Brutreaktoren und ein geschlossener Plutoniumkreislauf würden uns über Jahrtausende unbegrenzte Energie bescheren, bis dahin hätten wir längst den Fusionsreaktor am Netz.


    Hierzu folgende Bemerkungen:
    Die Energieerzeugung durch Massendefekt leidet daran, dass alles aus dem gleichen Zeugs besteht, also auch der Ofen, in dem das stattfinden soll. Es gibt zwar physikalische Tricks, aber diese Art Energieerzeugung ist für den Alltag nicht robust genug.
    Man ist etwa in der gleichen Situation, als wollte man einen Holzofen betreiben in einer Welt, wo es nur Holz gibt und wo folglich auch der Ofen selber aus Holz bestehen müsste.


    Das eigentliche Problem ist gar nicht auf physikalischer Ebene: Diese Energeierzeugung setzt extreme zentralistische Organisation eines sehr autoritären Staates voraus, d.h. den Umbau der Gesellschaft in etwas, was ich nicht will und was dem Erfolgsmodell Schweiz (Föderalismus) direkt widerspricht.
    Wie du selber sagst: "Die Mittel sind nur politisch nicht durchsetzbar". Mit anderen Worten, es wäre ein System nötig, wo man die Leute zu ihrem Glück prügelt. Solche Staatsformen haben wir im letzten Jahrhundert zur Genüge geübt und das ist, so bequem Energie à discretion auch wäre, nicht das was wir brauchen.



    Zudem besteht das Problem gar nicht: Eine Kombination intelligenter Energienutzung mit Geräten von hoher Effizienz und der nachhaltigen Nutzung von dem, was da ist, lässt das Problem mit jetzt und hier funktionierender Technik lösbar erscheinen. Da wir aber auf Verschwendung und Verbrauch ohne vorheriges Denken eingestellt sind, wird immer nur bereitstellungsseitig nach Lösungen gesucht. Das ist so, wie wenn man eine bessere Pumpe kauft, statt das Loch im Reifen zu flicken.


    Der thermodynamische Kältetod des Universums beruht auf dem Entropieprinzip und dieses setzt voraus, dass die Anzahl der Elementarteilchen im betrachteten System konstant ist. Wenn du ein Volumen Gas von konstanter Temperatur in einem abgeschlossenenm System hast und einige Gasmoleküle zerstrahlst, nimmt die Temperatur, als Energie pro Teilchen des Systems, zu und die Anzahl verbleibender Teilchen, die Anzahl möglicher Zustände des Systems und somit die Entropie ab.
    Das Universum hat keine konstante Elemantarteilchenzahl und der Kältetod ist vermutlich nicht zu befürchten.


    Das ist vermutlich nicht das dringendste Problem des energiehungrigen Menschen. Hingegen ist es sehr wohl zu befürchten, dass sich die Menschheit mit modernen Energieerzeugungsprinzipien in wenigen Jahrhunderten an den Rand ihrer Existenz bringt, mangels Technikfolgenabschätzung.
    Die Kernenergie (in den 50er Jahren mit genau den gleichen Worten angepriesen wie was du oben von der Kernfusion schreibst) wird in den 80 Jahren ihrere Existenz nur in Deutschland über 10'000 Tonnen hoch radioaktive Abfälle erzeugt haben, wo noch kein Mensch weiss wohin damit (Quelle: http://www.bfs.de/de/endlager/abfaelle/prognose.html ; Prognose für Wärme entwickelde Abfälle). Das bedeutet Altlasten, welche noch auf Tausende von Jahren lästig oder gefährlich sein werden. Alles nur, damit wir etwas billigeren Strom haben.
    Es ist wie mit dem Sozialismus: Gezeigt wurden die potemkinschen Dörfer, die Realität hinter den Kulissen sah, wie wir heute wissen, sehr anders aus. Deshalb interessieren mich bei neuen Energieerzeugnungstechniken nicht zuerst die billigen Kilowattstunden, sondern die Kollateralschäden. Man muss ja nicht die gleichen Fehler wiederholen.

  • Hallo zusammen,


    Ich glaube, der Lösung des ganzen Problems ist man hier insgesamt schon ein gutes Stück näher gekommen. Für mich persönlich ist Kernkraft, bzw. Nukleartechnik nichts schlimmes oder teuflisches, solange der Mensch sich dessen Gefahren bewusst ist und vorsichtig damit umgeht.


    Leider ist genau das - wie bei so vielen anderen Dingen - nicht der Fall. Warum?


    Sobald erkannt wird, welche "niederen" Vorteile aus einer Technik etabliert werden können, wird das vom Faktor Mensch auch umgesetzt. Dazu gehören im Fall der Atomenergie hauptsächlich: Macht, Prestige und Profit. Oder anders gesagt: Druckmittel, Kernwaffen und masslose Gier ohne Rücksicht auf nachfolgende Generationen.


    Solange an Nukleartechnik nur geforscht wird und sie z.B. in der Medizin oder der Raumfahrt eingesetzt wird ist für meinen Teil alles OK. Unvergesslich das tolle Foto der Erde vom Ende des Sonnensystems, welches ohne die Radionuklid-Batterie an Bord der Voyager-Raumsonde nicht möglich gewesen wäre.


    Aber wie so oft wird das große Geld gesehen. Billiger Strom und als Hauptfaktor die Produktion von waffenfähigem Material. Natürlich musste der Welt auch gezeigt werden, dass man diese "monströse" und neue Technik beherrscht und bitte alle anderen zum einem aufzublicken haben. Abgerundet wurde und wird dieser Wahnsinn mit dem Abwurf dieser Bomben auf Städte inkl. der ganzen Testzündungen, dem Verschweigen oder Herunterspielen von Störfällen und natürlich dem Verharmlosen der Langzeitfolgen insb. der Kosten und Probleme für die späteren Generationen.


    In Anbetracht dessen, dass man auch sehr wohl ohne diese Technik auskommen könnte (wurde hier ja schon mehrfach dargelegt, welchen geringen Anteil die Atomkraft hat), sehe ich keine plausiblen Gründe, diese Technik in dem Umfang weiter zu betreiben.


    Wie sieht also die Lösung aus? Klar, von heute auf morgen geht das nicht. Einige Gedanken dazu:


    - Anstatt es sich mit den Ländern zu verscherzen, welche uns in großem Umfang sauberes und leicht zu förderndes Gas und auch Öl verkaufen können (und noch machen), schiesst man sich lieber selbst ins Knie und riskiert Versorgungsprobleme und evtl. eine mittelfristige Katastrophe. Eigentlich müsste diese Zusammenarbeit gestärkt und im Zuge dessen auch eine Preisstabilität oder gar Senkung aus den Verträgen rausgeholt werden müssen. Und dies nur wegen fragwürdiger Interessen Dritter!?


    - Dezentralisierung. Klar, ich weiß das jetzt schon arge Probleme mit der Netzstabilität bestehen und die Schwankungen gerade bei den Erneuerbaren ein Riesenproblem sind. Aber: Wenn ich die Milliarden, die uns die "schön billige" Atomenergie schon gekostet hat und vor allem noch kosten wird in Speichertechniken, neue Netzstrukturen und bewussteren Umgang mit der Energie verwendet hätte, dann gäbe es diese Problem wohl nicht in dieser Größenordnung.


    - Bewusster Umgang mit der zur Verfügung stehenden Energie (dazu unten mehr)


    Was verpasst wurde ist futsch, OK. Aber dann ist es doch höchste Zeit jetzt damit zu beginnen. Wenn ich viele tausende oder gar Millionen dezentrale "Kleinnetze" aufbaue und die Energie vor allem dort produziert wird, wo sie auch benötigt wird, dann sollte das doch machbar sein, oder?! Natürlich springt für die Energieversorger nichts mehr bei raus, wo wir wieder bei der eigentlichen "Krankheit" wären.


    Ich z.B. betreibe hier im Busch eine PV-Inselanlage. Wir sind nicht ans Stromnetz angeschlossen, haben aber eine durchgehende Versorgung des ganzen Haushalts ohne nennenswerte Komforteinbussen. Es macht sogar richtig Spaß genau zu wissen, welche Starkverbraucher gleichzeitig eingeschaltet werden können und deren genaue Leistungsaufnahme zu kennen (vielen Dank an die Buschfrau...sie beherrscht dieses Spiel sehr gut;), oder ob es Sinn macht, die Waschmaschine besser morgen als heute Abend zu starten.


    Genauso lasse ich die Argumente von PV-Gegnern nicht gelten, welche immer wieder behaupten das für die Herstellung der Komponenten mehr Energie verbraucht würde als die Anlage später produziert. Einfaches Rechenbeispiel: Ich habe 2 Kw/peak Modulleistung und einen täglichen Durchschnittsverbrauch von 4,5 Kw/h. Macht im Jahr rund 1650 Kw/h oder in 20 Jahren abzüglich Verlusten satte 33.000 Kw/h. Eine mögliche, höhere Ausbeute durch intelligentere Nutzung (kann etwa das 2fache betragen auf Kosten des Komfort) und eine weitere Funktion der Module um viele
    weitere Jahre sind da noch gar nicht eingerechnet.


    Die ganze Anlage passt samt Batterien, Wechselrichter usw. auf eine Europalette, keinen Meter hoch! Noch Fragen?


    Ich meine man könnte eine Eigenversorgung fast überall realisieren, sie muss nur auf jeden Standort individuell zugeschnitten sein und jegliche Formen der erneuerbaren Erzeugung und des verwendeten Speichersystems beinhalten. So wie wir unser Häuschen versorgen, so kann sich auch eine Schwerindustrie mit vielen hundert oder tausenden Kw/h Tagesverbrauch weitgehend selbst versorgen.


    Genauso sieht es auch mit Nahrung und Waren aus, die dank krankhaftem Globalisierungswahn um die halbe Welt geschifft, anstatt im Umkreis verbrauchsnah hergestellt zu werden.


    Die Techniken sind da, nur der Wille in der Bevölkerung und vor allem bei den Konzernen und Politikern nicht.



    Ein ganz entscheidender Faktor und wahrscheinlich der wichtigste:


    Es werden permanent unglaubliche Mengen an Energie und Ressourcen verschwendet. Überall wird kurzlebiger Schrott verkauft und an jeder Ecke rennen die Leute in diese "99cent-Läden", nur um ein paar Tage oder Wochen später die Sch**sse wieder in den Müll zu werfen, der dann auch wieder energieintensiv beseitigt und im besten Fall recycelt wird. Diese Verschwendung übersteigt die Leistung aller weltweiten AKWs bei weitem und "frisst" zusätzlich noch eine Reihe anderer Ressourcen auf.


    Natürlich würden millionen, vorwiegend asiatische Arbeiter ihren Job verlieren. Aber viele von denen fragen sich bestimmt auch schon, ob Reisfeld und Bambushaus nicht doch besser waren als ein Leben unter (finanziellen) Zwängen in einer verseuchten Stadt.


    Jeder sollte sich fragen ob...


    ...die Wohnung jedes Jahr bei IKEA neu eingerichtet werden muss
    ...der Wagen durch einen guten Mechaniker nicht noch 2 Jahre länger hält
    ...der ganze Nippes auf der Fensterbank wirklich sein muss
    ...die Unterhosen wirklich bei KIK o.ä. gekauft werden müssen
    ...in Anbetracht dessen 20 Paar Schuhe und 50 Unterhosen echt sein müssen
    ...Tomaten aus Holland kommen sollten
    ...die Dinger nicht sogar auf dem eigenen Balkon wachsen
    ...der Oma zum Geburtstag das hundertste Küchenutensil geschenkt werden muss
    ...ein neues Smartphone her muss obwohl schon 12 Handys in der Schublade liegen
    ...der Fernseher obwohl intakt auf den Sperrmüll gehört
    ...man besser mal auf dem Flohmarkt stöbern sollte anstatt sich neuen Plastikmüll zu erstehen
    ...jeglicher Billigkram Sinn macht oder man doch mal etwas hochwertiges und haltbares kauft
    ...grundsätzlich jeden Einkauf nicht besser 3x überdenken sollte
    ...usw. usf...


    Und weil wir es den (vermeintlich) armen Menschen dieser Welt so vorgelebt haben, wollen die natürlich auch bald "dabei" sein. Ist sicherlich gut zu verstehen und ihnen nicht zu verdenken.
    Aber wohin soll das führen?


    Niemand muss auf Komfort und gutes Leben verzichten, nur weil Kernkraftwerke verschwinden oder Energie "teurer" wird.


    Luft, Wasser, Nahrung, Behausung und...seit neuerem...Energie sind die wichtigsten Güter für uns Menschen. Genauso sollten sie auch behandelt werden. Eine Verschwendung derer ist dumm, eine umweltzerstörende oder gar existenziell gefährliche Kompensation dieser Verschwendung ist einfach nur kriminell und ein Verbrechen an diesem Planeten und auch an den Menschen, welchen man nicht gesagt hat was die negativen Folgen sind oder nicht an deren "Vorteilen" teilhaben lässt.


    Es heißt nicht umsonst: Super-GAU (SUPER-GRÖSST-ANZUNEHMENDER-UNFALL) !!!


    Auch wenn dieses tolle Forum dann nur noch halb so interessant wäre, eine Welt ohne AKWs und Kernwaffen wäre schon schön!


    Weniger ist manchmal mehr! Eher öfter...


    LG Buschmann

  • Zitat von jp10686;174272

    Diese Energeierzeugung [geschlossener Brennstoffkreislauf ] setzt extreme zentralistische Organisation eines sehr autoritären Staates voraus, d.h. den Umbau der Gesellschaft in etwas, was ich nicht will und was dem Erfolgsmodell Schweiz (Föderalismus) direkt widerspricht.
    Wie du selber sagst: "Die Mittel sind nur politisch nicht durchsetzbar". Mit anderen Worten, es wäre ein System nötig, wo man die Leute zu ihrem Glück prügelt. Solche Staatsformen haben wir im letzten Jahrhundert zur Genüge geübt und das ist, so bequem Energie à discretion auch wäre, nicht das was wir brauchen.


    Hallo jp10686,


    ich dachte, Du hättest mich aus meinen anderen Beiträgen etwas besser einschätzen gelernt. Ich bezeichne mich als Radikalliberalen im Sinne von J.S. Mill. Jeder staatliche Zwang ist mir zuwider. Auch Kernenergie würde laufen, wenn die Bürger das mehrheitlich demokratisch wollten. Wenn sie es nicht wollen, kann ich als guter Demokrat auch damit leben, ich werde dann allerdings überlegen, damit sind wir beim Thema S&P, wie ich die Folgen für mich und die meinen abfedern kann.


    Ob die Bürger in Deutschland Kernenergie mehrheitlich wollen oder ablehnen, ist mir eigentlich gar nicht so klar, weil wir in Deutschland leider auf Bundesebene keine direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild haben, wo über solche Fragen abgestimmt werden könnte. Was wir sehen, das ist eine sehr lautstarke Minderheit dagegen.


    Die Mehrheit gibt sich vermutlich der bequemen Meinung hin, dass Strom zu jeder gewünschten Zeit in jeder gewünschten Menge aus der Steckdose kommt. Nur, wenn er das mal nicht mehr tut, Strombezug zeitlich und mengenmässig kontingentiert wird und der gnadenhalber zugeteilte Strom 70ct die kWh kostet, bei Familien mit niedrigem Einkommen eine neue "Energiearmut" entsteht, dann könnte die Stimmung sehr schnell kippen und der Ruf nach effizienten Grundlastkraftwerken hörbar werden.


    Hinsichtlich der Demokratie halte ich es mit einer Sentenz des von mir sehr geschätzten Philosophen Karl Raimund Popper: "Der Vorteil der Demokratie liegt nicht darin, das sie bessere Regierungen garantiert als andere Staatsformen, sondern darin, dass man schlechte Regierungen ohne Blutvergiessen wieder los werden kann."


    Zitat von jp10686;174272


    Zudem besteht das Problem gar nicht: Eine Kombination intelligenter Energienutzung mit Geräten von hoher Effizienz und der nachhaltigen Nutzung


    Wann ich will, wo ich will, soviel ich will? Oder doch Fremdbestimmung? Was mich bei "Ökos" doch ein wenig irritiert, das ist ein gewisser Hang zu einer willfährigen Unterwerfung unter Fremdbestimmung und Aufgabe jedes Individualismus. Und dann wird gerade im Zusammenhang mit Kernenergie das non sequitur postuliert, dass die nur in einer autoritären Regierungsform ginge. Seltsam. Ist nicht "Öko" autoritär und schreibt dem Menschen minutiös vor, wie er zu leben hat?


    Ich habe mich auch der EU-Fremdbestimmung entzogen und warmweisse Vollspektrumlampen (=Glühbirnen) bis an mein Lebensende bevorratet.

    Zitat von jp10686;174272

    Hingegen ist es sehr wohl zu befürchten, dass sich die Menschheit mit modernen Energieerzeugungsprinzipien in wenigen Jahrhunderten an den Rand ihrer Existenz bringt,


    Was die Menschheit nicht nur an den Rand ihrer Existenz bringen wird, sondern darüber hinaus, das ist ihre ungebremste und unkontrollierte Vermehrung.


    Wäre ich der "Weltinnenminister", dann gäbe es an jeder Schule Sexualkundeunterricht und in jeder Dispensary im letzten afrikanischen oder asiatischen Dorf Kontrazeptiva (Pille, Kondome) kostenlos und ohne Rezept.

    Zitat von jp10686;174272

    Die Kernenergie ... wird in den 80 Jahren ihrere Existenz nur in Deutschland über 10'000 Tonnen hoch radioaktive Abfälle erzeugt haben, wo noch kein Mensch weiss wohin damit


    Es wundert mich immer wieder, dass selbst intelligente Menschen nicht verstehen, dass hoch radioaktiv und langlebig nicht zusammengehen. Hoch aktive Abfälle (90Sr, 137Cs) sind in zwei bis drei Jahrhunderten praktisch vollständig zerfallen, langlebige Nuklide, z.B. der Alphastrahler 239 Pu*** mit einer HWZ von 24.000 a sind so handzahm, dass ich einer Endlagerung in meinem Keller nicht widersprechen würde, auch dann nicht, wenn die Kühltruhen mit den Lebensmitteln 2m davon weg stehen.


    ***239Pu müsste kein Abfall sein, in einem geschlossenen Brennstoffkreislauf wäre das ein phantastischer Brennstoff für MOX-Brennstäbe.


    Viele Grüsse


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Lieber Matthias,
    in der Bevölkerungspolitik stimme ich Dir 100% zu, denn hätte man die Freiheit der Menschen rechtzeitig in diesem einen Punkt eingeschränkt, könnten alle anderen Freiheiten umso unbeschränkter ausgelebt werden. Ist hier aber nicht das Thema.


    Thema ist vielmehr, wie von jp angerissen, daß durch die Nutzung der Atomkraft zur Stromerzeugung Risiken erzeugt werden, die umfassende zusätzliche Freiheitseinschränkungen erzwingen.


    Die unmittelbaren Risiken von regenerativen Energien sind überschaubar und begrenzt:
    Monteure können bei der Montage abstürzen, man kann bei Sturm von einem abgerissenen Flügel oder Modul erschlagen werden oder im Pelletspeicher ersticken.
    Diese Risiken können die Beteiligten durch ihr eigenes Verhalten zum großen Teil beeinflussen, ähnlich wie im Strassenverkehr.


    Die Risiken der Atomwirtschaft sind hingegen weder räumlich noch zeitlich eingrenzbar.
    Ich würde es sehr begrüssen, könnte man Deutschland in eine nukleare und eine nicht-nukleare Hälfte aufteilen, und jeder könne sich frei entscheiden, ob er energetisch in Saus und Braus leben will, dafür aber seinen vollen Anteil am Risiko zu seinen Lebzeiten zu tragen bereit ist.


    Das ist aber nicht möglich.


    Weil in der Atomwirtschaft grosse Fehler verheerende Folgen haben können, müsste die Freiheit, Fehler machen zu dürfen, auf null reduziert werden (was nicht möglich ist).


    Die Freiheit von in Atomwirtschaft involvierte Menschen, zuerst ihren eigenen Vorteil zu verfolgen, und sich Naivität, Schlamperei und kriminelle Geschäfte zu leisten, gefährdet Gesundheit und Leben und somit die Freiheit aller anderen, denen ungefragt die Kosten und Risiken aufgelastet werden.


    Um die Freiheit und körperliche Unversehrtheit aller Gefährdeten so gut es geht zu schützen, muss der Staat zum alles kontrollierenden Leviathan mutieren - und wird dabei sowohl versagen als auch übers Ziel hinausschiessen.


    Konkretes Beispiel aus meiner Heimat:


    Nur 30km südlich von meinem Wohnort liegt die 1989 zwangsweise stillgelegte Uranverarbeitungsanlage Ellweiler.
    Dort wurde ab 1958 Uranerz sowohl abgebaut als auch aus dem Schwarzwald herbeigeschafft und zu "Yellow Cake" verarbeitet - die einzige westdeutsche Produktionsstätte.


    Die Fabrik wies die höchste Radioaktivitätskonzentration und Strahlenbelastung aller Atomanlagen in der alten BRD auf.


    Dass verseuchtes Wasser und Stäube den nahegelegenen Ort Ellweiler und seine Trinkwasserversorgung kontaminierten, war noch nicht alles:
    Mit heute unfassbarer Naivität und/oder Skrupellosigkeit wurde die Ahnungslosigkeit der Bevölkerung in den 60er und 70er Jahren ausgenutzt und ihr belasteter Abraum als Bausand für ca. 2000 Wohnungen verkauft!


    https://www.zeit.de/1990/36/strahlende-haeuser


    https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13529474.html


    Der private Betreiber der Anlage war auch sehr offen für Schiebereien mit Atommüll u.a. von der Skandalfirma Nukem.


    https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13492846.html


    Sowohl die Bundes- als auch die Landesbehörden haben darin versagt, den Betreiber gesetzeskonform zu kontrollieren.


    Wo war da die Freiheit der Ellweiler Kinder, reines Wasser zu trinken, in nicht-strahlendem Sand zu spielen, in radonfreien Zimmern zu wohnen und keine Leukämie zu bekommen?


    Bei der Stillegung der Anlage wurden die Sanierungskosten zunächst auf 4 Millionen Mark geschätzt.
    Der Betreiber entzog sich durch Konkurs der Verantwortung.


    Tatsächlich kostete die Sanierung, bei der u.a. 170.000 Tonnen strahlender Abraum auf zwei Halden mit Kunststoff-Folie und zwei Meter Erde bedeckt wurden, den Steuerzahler 48 Millionen Mark.


    Wo war da unsere Freiheit, für dieses Umweltverbrechen nicht in Haftung genommen zu werden?

  • Hallo Waldschrat,


    eine hohe Bevölkerungsdichte erfordert immer eine enge Regulierung, weil individuelle Freiheiten wie "ich fahre einen Stinkediesel" oder "mein Abwasser geht direkt in den Fluss" dann zwingend einen Eingriff in die Lebensqualität oder gar das Leben der Anderen sind. Deshalb wird sowas durch Lenkungsabgaben oder Strafsteuern künstlich verteuert oder schlicht per Verordnung erzwungen.


    Zitat von Waldschrat;174761


    Wann ich will, wo ich will, soviel ich will? Oder doch Fremdbestimmung? Was mich bei "Ökos" doch ein wenig irritiert, das ist ein gewisser Hang zu einer willfährigen Unterwerfung unter Fremdbestimmung und Aufgabe jedes Individualismus. Und dann wird gerade im Zusammenhang mit Kernenergie das non sequitur postuliert, dass die nur in einer autoritären Regierungsform ginge. Seltsam. Ist nicht "Öko" autoritär und schreibt dem Menschen minutiös vor, wie er zu leben hat?


    Es gibt bei "Ökos" (was immer du darunter verstehst) wie bei allen Lebenshaltungen eine stille Mehrheit die ihr Ding durchzieht und eine missionarische Minderheit, die viel Lärm macht und lästig bis gefährlich ist. Nicht alle Menschen sind Fussballfans, und nicht alle Fussballfans sind Hooligans. Genauso sind nicht alle Ökos verbitterte Sandalengänger, die allen alles verbieten wollen.
    Eine Lebensführung, die versucht möglichst wenig Altlasten zu erzeugen, kann man natürlich als Zwang auffassen. Der liberale Kapitalismus erzwingt Entscheidungen genauso (zum Beispiel werden in hochpreisigen Regionen Wohnungen aus Spekulationsgründen von Leuten gekauft, die sie gar nicht brauchen, und somit denjenigen entzogen, die darauf angewiesen wären) und greift damit in die Freiheit des einzelnen ein, nur wird das als Naturgesetz wahrgenommen und nicht als willkürlicher Eingriff.


    Es hilft alles nichts: Was bequem, aber langfristig untragbar ist, muss entweder sehr teuer sein oder verboten - im zweiten Fall mit empfindlichen Strafen und einer ausreichend hohen Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden.


    Die "Aufgabe jedes Individualismus" verstehe ich in diesem Zusammenhang schon gar nicht. Es geht ja immer nur um Einschränkung (nicht: Aufgabe) von individuellem Luxus auf Kosten der Umwelt, ob das nun Flugreisen zu Dumpingpreisen oder hemmungsloser Stromverbrauch oder sonst etwas sei. In all diesen Fällen wird nur die Bequemlichkeit etwas eingeschränkt.
    Du wirst aber problemlos eine Ökotante finden, die dir vorschreiben will, in wie grosse Würfel eine Bananenschale vor der Kompostierung geschnitten werden muss. Du wirst genauso problemlos "liberale" Leute finden, die dir begründen, warum jegliche Art von Verkehrsregeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen einen intolerablen Eingriff in die persönliche Freiheit darstellen sollen.




    Zitat von Waldschrat;174761


    Es wundert mich immer wieder, dass selbst intelligente Menschen nicht verstehen, dass hoch radioaktiv und langlebig nicht zusammengehen. Hoch aktive Abfälle (90Sr, 137Cs) sind in zwei bis drei Jahrhunderten praktisch vollständig zerfallen, langlebige Nuklide, z.B. der Alphastrahler 239 Pu*** mit einer HWZ von 24.000 a sind so handzahm, dass ich einer Endlagerung in meinem Keller nicht widersprechen würde, auch dann nicht, wenn die Kühltruhen mit den Lebensmitteln 2m davon weg stehen.


    Langlebig in physikalischen Sinne und langlebig im biologischen oder gar gesellschaftlichen Sinne sind verschiedene Dinge: Die Frage ist nicht, wie lange zehn Halbwertszeiten dauern, sondern die Frage ist, was man in diesen zehn Halbwertszeiten damit macht und wie man es schafft, diese strahlenden Substanzen in dieser Zeit vollständig von der Biosphäre fernzuhalten iund was das für die Gesellschaft und den Staat bedeutet. Das ist kein rein physikalisches Problem. Was auf dem Papier gut und im Labor auch noch einigermassen funktioniert, ist in der Praxis holperig und grosstechnisch, wo es um die Profitmaximierung geht, wird damit herumgesaut und verklappt werden.


    Am Beispiel von Plutonium im Keller: Wie lange lebt ein Haus? Wie lange dauert es, bis die Büchse mit dem Plutonium drin durchgerostet ist und das Zeug überall im Haus verteilt ist? Spätestens ein paar Generationen nach Deiner problemlosen Endlagerung neben der Kühltruhe wird das Haus unbewohnbar sein und als Ganzens endgelagert oder als Sperrgebiet deklariert und bewacht werden müssen, weil auch schon geringeste Spuren von Plutonium, wenn sie in den Körper gelangen, dort Krebs auslösen (einen Alphastrahler ins Körpergewebe einzuschleusen ist keine gute Idee).
    Leider gilt das Entropieprinzip auch für radioaktive Substanzen. Das Zeug, was die Region von Fukushima oder Tschernobyl verseucht, wäre, an einem Ort gesammelt und richtig gelagert, auch deutlich unproblematischer.


    Gutes Beispiel für den praktischen Umgang mit theoretisch gut bekannten gefährlichen Substanzen sind die jüngsten Entdeckungen im Wallis bezüglich Quecksilber: man wusste oder hätte schon zur Zeit der Produktion dieser Abfälle wissen können, dass es ein Umweltproblem ersten Ranges wird, wenn man das Zeug einfach ablässt, und hat es trotzdem getan, weil es halt sonst etwas gekostet hätte. Auch der Schmidheini-Prozess wegen Asbest gehört in dieses Kapitel.
    Man hat es ja in der Praxis nicht mal geschafft, Chemiemülldeponien, die dafür gebaut wurden, einige Jahrzehnte lang dicht zu halten (Asse, Kölliken, Bonfol ...) und auch den Japanern, die in Fukushima ihre Heimat verloren haben, dürfte es ein geringer Trost sein, dass in einigen Jahrzehnten die Sache sich von selber erledigt hat, weil das 137Cs, weswegen Millionen von Quadratmetern fruchtbarer Erde entfernt und deponiert werden mussten, dann zerfallen sein wird.


    Kurz: In der Praxis hat es noch nie funktioniert, und ich habe keinen Grund zu glauben, dass sich das ändern wird.
    Wenn dann eine Atommülldeponie leckt und beispielsweise das Grundwasser für einige Millionen Menschen unbrauchbar gemacht haben wird, dann werden irgendwelche Experten im Nachhinein genau herausfinden, wer was falsch gemacht hat, es wird irgend ein Konzernchef bei vollem Gehalt in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden, den Leuten gibt man gratis Mineralwasserflaschen ab und der Staat kauft das Gemüse der Bauern auf, um es irgendwo endzulagern. Das Ganze nennt sich dann "Wahrnehmung der Verantwortung".


    Bis dahin kann man ja auch alte Kernraktoren in dicht besiedelten Gebieten mit bekannten Defekten wie Rissen im Reaktorkernmantel aus finanziellen Gründen weiter laufen lassen - und schon mal Jodtabletten horten.



    Übrigens, auch ich habe einen Vorrat von Glühbirnen.

  • Aus energiewirtschaftlicher Sicht führt die Diskussion um Atomkraft weit am "Kernproblem" vorbei, wenn man über Radioaktivität und Halbwertszeiten diskutiert. Ich nehme mal an, das ist Strategie.


    Das energiewirtschaftliche Problem der Atomkraft sind ihre Kosten. Atomkraft+Netzintegration ist schlichtweg schweineteuer, viel teurer als Solar+Wind+Netzintegration.


    Aus Preppersicht sind AKW extreme Katastrophenverstärker. Siehe Fukushima.


    Aus Doomersicht (=Zusammenbruch der Zivilisation) sind AKW Lebensraumvernichter.


    Die Technologie hat sich längst überholt und die ursprünglichen Erwartungen nicht annähernd erfüllen können. Im wesentlichen taugt sie heute noch zur Bombenproduktion. Oder aber man nimmt die Mehrkosten und Risiken für AKW bewusst in Kauf, weil man z.B. eine große Anzahl an Solar- und Windkraftanlagen aus anderen Gründen (z.B. Beeinträchtigung des Landscahftsbildes) ablehnt. Das ist eine legitime Sichtweise, man sollte das aber dann auch ehrlich begründen.


    Evtl. ist die Kernenergie für bestimmte Bereiche der Raumfahrt noch interessant, aber da tut sich ja derzeit recht wenig.


    Wie schnell was zerfällt halte ich für wenig bedeutend, außer in Bezug auf die Kosten. Würde man den Salzstock in Gorleben als Langzeitlager nutzen (wofür übrigens sehr viel spricht) müssten die Castoren mit hoch radioaktivem Inhalt "nur" rund 40 Jahre lang abkühlen, bevor man sie einlagern kann. Würde man hingegen Ton- oder Granitgestein als Langzeitlagerstädte nehmen dann müssen die Castoren rund 100 Jahre im Zwischenlager herum stehen, bis sie unter 100°C gekühlt sind...


    mfg


    Zitat:


    "...Trotzdem werden wohl noch Jahrzehnte ins Land gehen, bevor der strahlende Müll sicher unter der Erde ist. Dennoch: Deutschland ist weltweit noch eines der Länder, das die Endlagersuche am ehrgeizigsten betreibt. Rund 40 Länder haben Atomkraftwerke, in keinem einzigen ist bislang ein Endlager in Betrieb. In Finnland ist immerhin eines im Bau, in Frankreich hat die zuständige Behörde den Bau eines Endlagers in der Ortschaft Bure in Lothringen empfohlen. Die EU-Kommission hat die 14 Länder der Gemeinschaft, die Kernkraftwerke betreiben, aufgefordert, bis 2015 eine Lösung für die Lagerung von hoch radioaktiven Stoffen zu finden. In vielen anderen Ländern außerhalb Europas aber ist die Frage, wohin der Atommüll soll, dagegen noch völlig offen.


    In Gorleben, wo der Salzstock jahrzehntelang erprobt und extra ein Erkundungsbergwerk gebaut wurde, sind bislang rund 1,6 Milliarden Euro investiert worden. Ob der Salzstock sich eignet als Endlager, ist immer noch unklar und unter Experten umstritten..."


    http://www.dw.de/deutschland-s…n-atomfriedhof/a-17653807

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Hallo zusammen


    Der Abfall ist nun mal da, ob man will oder nicht, er muss entsorgt werden.


    Uebrigens nicht nur aus Kern-Kraftwerken sondern auch aus Medizin, Forschung und Industrie.


    Es ist einfach zu sagen : wir wollen keinen Atommüll. Wen das alle sagen, werden wir nie ein Endlager haben.


    Ist in meinen Augen verantwortungslos und ein ewiges Schwarz Peter Spiel.


    Es sollte Sachlich und auf Fakten basierend ein Endlager geplant und gebaut werden.
    Funktioniert natürlich nur unter einbezug der Bevölkerung.


    Schaut doch mal unter http://www.nagra.ch


    gruss unabhäniger

    „Im Krieg ist die Wahrheit das erste Opfer“

  • Ich würde von verantwortungsvoller Technik, die von hochbezahlten und gut ausgebildeten Experten geplant wird, erwarten, dass sie die Sache bis zum Ende durchdenken, bevor die Anlagen in grossem Masstab gebaut werden und Tausende von Tonnen jährlich anfallen.


    Deshalb hat jeder Bauernhof eine Jauchegrube.
    Deshalb darf keiner bauen, ohne der Baubehörde nachgewiesen zu haben, wie er seine privaten Abwässer behandelt.
    Deshalb muss jede Grossmetzgerei strenge Umweltschutzauflagen erfüllen. Wäre sie den AKW-Betreibern gleichgestellt, könnten sie sagen, Schlachtabfallbehandlung und Abwasserreinigung sei das Problem der Bevölkerung, weil ja alle die Würste gekauft und gegessen haben.


    Bei der Kernenergie ist man den billigeren Weg gegangen: man hat die Dinger mal gebaut und in Betrieb genommen. Irgendwer muss sich dann um die Nebenprodukte kümmern. Mit Verantwortung - vorauschauende Plaung ist ein wesentlicher Teil davon - hat das wenig zu tun.


    Jede industrielle Produktion und jeder Verkauf von Produkten ist verantwortungslos, wenn sich der Hersteller nicht überlegt hat, was mit seinem Produkt wird, wenn es nicht mehr gebraucht wird.


    "Es sollte Sachlich und auf Fakten basierend ein Endlager geplant und gebaut werden." Die Nagra übt das schon seit vierzig Jahren, ohne es gepackt zu haben. Sie ist in guter Gesellschaft: kein Staat mit Atomenergie hat es bis jetzt geschafft.

  • Hallo,


    wir haben bei der Atom-/Kernenergie noch ein ganz anderes Problem, die Branche umschreibt das mit dem Begriff "Kompetenzerhalt". Die AKWs in Europa sind +/- 50 Jahre alt. Die Gründergeneration der Techniker, Wissenschaftler und Ingenieure, die diese Anlagen geplant, konstruiert und gebaut hat, ist im Ruhestand, Nachwuchs kommt nicht nach.


    "Der Wandel der gesellschaftlichen/politisch en Einstellung gegenüber der Kerntechnik,
    insbesondere der Kernenergie, hat jedoch dazu beigetragen, dass die Attraktivität
    für ein kerntechnisches Studium stark abgenommen hat. Seit den 1980er-Jahren
    wird die für die Kerntechnik grundlegende Forschungsinfrastruktur zurückgebaut
    oder auf ein Mindestmaß heruntergefahren.
    Beispielhaft hierfür sind die Entwicklungen in den Forschungszentren in Karlsruhe
    und Jülich zu nennen. Als Folge nimmt die Kompetenz in der Kerntechnik
    in Deutschland rapide ab.


    Beschleunigt wird dieser Trend durch den Generationswechsel.
    Bereits heute fehlt es in allen kerntechnischen Bereichen an qualifizierten
    Nachwuchskräften. Dies ist vor allem auf den Rückgang der Ausbildungskapazitäten
    in Folge der ausstiegsorientierten Politik zurückzuführen. Diese Lücke wird in
    absehbarer Zeit größer werden, da ca. 1/3 des aktuellen Fachpersonals in den nächsten
    Jahren in den Ruhestand gehen wird
    . Das Know-how im Bereich der Kerntechnik
    geht damit unweigerlich Stück für Stück verloren und kann nicht nur den Fortschritt
    von Stilllegungs- und Rückbauprojekten empfindlich hemmen, sondern auch
    zu einer problematischen Situation hinsichtlich der nuklearen Sicherheitslage in
    Deutschland führen.
    (...)
    Getrieben durch den Ausstiegsbeschluss der Bundesregierung als Folge der Energiewende
    wird sich diese negative Trendentwicklung weiter zuspitzen, da potenzielle
    Studenten/-irmen verunsichert sind und sich nicht für ein entsprechendes Studium
    entscheiden.
    In den Studiengang „Nuclear Safety Engineering" an der RWTH
    Aachen hatten sich im Wintersemtester 11/ 12 noch 17 Studierende eingeschrieben,
    im WS 12/ 13 waren es nur 9 Studierende.
    An den anderen Universitäten sieht es teilweise sogar noch schlechter aus. Beispielsweise
    findet das Studienprogramm „Management und Entsorgung radioaktiver
    Abfälle" an der TU Clausthal aktuell nicht statt
    , weil dieses Fach von keinem
    einzigen Student/-in belegt wurde.
    (...)
    Nach Schätzungen der Branche werden etwa 1.000
    neue hochqualifizierte Fachkräfte jährlich gebraucht. Im Vergleich dazu
    „ ... gibt es in diesem Jahr 150 Doktoranden, die in kerntechnischen
    Themen ihre Arbeiten schreiben", sagt Dr. Astrid Petersen, Vorsitzende
    der Kerntechnischen Gesellschaft
    ."
    (Quelle: International Journal for Nuclear Power, Heft 4/2013)


    Grüsse


    Tom

  • Zitat von hinterwäldler;174779


    Die Risiken der Atomwirtschaft sind hingegen weder räumlich noch zeitlich eingrenzbar.
    Ich würde es sehr begrüssen, könnte man Deutschland in eine nukleare und eine nicht-nukleare Hälfte aufteilen, und jeder könne sich frei entscheiden, ob er energetisch in Saus und Braus leben will, dafür aber seinen vollen Anteil am Risiko zu seinen Lebzeiten zu tragen bereit ist.


    Hallo Hinterwäldler,


    welches Risiko?


    Hier ist die amtliche Todesursachenstatistik für Deutschland des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2012, sehr detailliert, selbst Einzelfälle wie z.B. ein einziger Toter durch kardiovaskuläre Syphilis sind gelistet. Unfälle mit Radionukliden oder ionisierender Strahlung kommen nicht vor.


    Ich habe mich heute morgen einem sehr realen und um viele Grössenordungen höheren Risiko ausgesetzt, als ich mit dem Auto ins Büro gefahren bin und war bei realistischer Betrachtung der Folgen menschlicher Unaufmerksamkeit rein statistisch eine grössere Gefahr für meine Mitmenschen als jedes Kernkraftwerk. (Wie viele Kinder sind seit dem 2. Weltkrieg weltweit totgefahren worden, wie viele wurden Opfer von Kernenergie, selbst die Bomben von Hiroshima und Nagasaki eingerechnet?)


    Der Unterschied ist ein psychologischer. Wenn ich im Auto sitze, bilde ich mir ein (Einbildung ist auch eine Art von Bildung:face_with_rolling_eyes:) die volle Kontrolle zu haben, denn ich habe ja das Lenkrad in der Hand. Ausserdem gibt es auf dieser Welt nur gute Autofahrer, weil jeder von sich überzeugt ist, ein solcher zu sein.


    Bei Kernenergie sitzen andere am Steuer, was erst mal ein Ohnmachtsgefühl erzeugt. Zudem habe ich kein natürliches Sensorium für ionisierende Strahlung. Ich kann eine tödliche Dosis einsammeln, ohne das zunächst zu merken. Das macht Angst. Ich kann mir allerdings für den nicht vorhandenen Sinn "sensorische Prothesen" kaufen, nämlich Radioaktivitätsmessgeräte, oder schlicht und einfach im Internet online die Daten des extrem engmaschigen Ortsdosisleistungsmessnetzwerks für Deutschland anschauen.

    Für die Freunde aus der Schweiz, siehe hie
    r


    Ein weiterer psychologischer Unterschied. Bei einem Autounfall gibt es einen oder wenige Tote. Das ist der Lokalzeitung einen Fünfzeiler unter der Rubrik Polizeibericht wert. Schon die überregionale Zeitung berichtet nicht mehr. Auch wenn es allein in Deutschland in Summe rund 4.000 Tote im Jahr sind.


    Hagelt dagegen einmal im Jahr weltweit ein Flieger vom Himmel und es gibt 250 Tote, siehe vor kurzem der Flug MH370, das beschäftigt nationale und internationale Medien wochenlang. Es beisst nur keine Maus einen Faden ab: Fliegen ist das sicherste Mittel der Fortbewegung. Auch hier, ein klarer Fall von verzerrter Risikowahrnehmung. Extrem seltene weltweite Grossereignisse werden übersteigert wahrgenommen, regelmässige "Kleinereignisse", wo halt jeden Tag im eigenen Land mehr als 10 Leute zu Tode kommen, verteilt auf Niederkuhdorf, Hintertupfingen und Kleinwaldstetten, die liegen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, obwohl die rein statistisch die echten Lebensrisiken sind.


    Also nochmal: Verglichen mit anderen Todesursachen ist Kernenergie, einschliesslich der beiden Atombombenabwürfe, eine Marginalie. Wieviele Menschen sind im gleichen Zeitraum am "Suizid mit Messer und Gabel" gestorben, sprich also an Diabetes Typ 2, Herzinfarkten, Schlaganfällen, ....


    Wie viele starben seit WKII durch Verkehrsunfälle oder im im Kohlebergbau, sei es durch Unfälle unter Tage oder an Berufskrankheiten wie Silikose.


    Das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg, gewiss keine Vereinigung von Berufshysterikern, schätzt allein für Deutschland pro Jahr 1.400 Tote an Lungenkrebs durch unfreiwilliges(!) Passivrauchen.


    Sichere Kernkraftwerke schalten wir ab, ein Nichtraucherschutzgesetz, das diesen Namen verdient, haben wir immer noch nicht. Raucher dürfen immer noch nach dem Motto agieren. "Wo ich bin, da ist Raucherzone". Selbst an den wenigen Orten, wo es auf dem Papier verboten ist, ich habe noch von keinem einzigen Bussgeldbescheid gegen uneinsichtige Raucher gehört.


    Sind je weltweit 1.400 Menschen in Summe durch die friedliche Kernenergienutzung ums Leben gekommen? In Deutschland in einem Jahr durch unfreiwilliges Passivrauchen!


    Kernenergie hat (zusammen mit grüner Gentechnik) heute den Platz eingenommen, den früher mal Hexen, Teufel und Dämonen hatten. Vermutlich braucht der Mensch böse Geister, genauso wie er Götter braucht.



    Aber Statistik, dazu gehört auch Risikoeinschätzung, ist etwas schrecklich Kontraintuitives.


    Meint


    Matthias


    P.S.


    Ich halte meinen Beitrag für durchaus "On Topic", da zu jedem S&P-Szenario eine realistische und statistisch fundierte Risikoanalyse gehört, etwa so wie sie im industriellen Bereich (bei weitem nicht nur Kernenergie, sondern auch Toaster und Waschmaschinen) etwa mit Qualitätssicherungsverfahren wie FTA, FMEA, DRBFM, Six Sigma, TQM, bei Fahrzeugen ISO26262 oder ähnliche durchgeführt wird.


    Für Kernkraftwerke übrigens sehr schön hier beschrieben

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)