Nun habe ich eine Weile im Forum geschmökert. Zum Teil sehr interessante, mit Sorgfalt recherchierte Beiträge. Also ihr meint es ja wirklich ernst mit dem „Auf die Apokalypse vorbereiten“. In der Tat habe ich sehr viel Neues dazu gelernt.
Um einen bescheidenen Anteil für das Forum beizutragen, möchte ich die Geschichte von meinem Fluch aus Vietnam erzählen. Ich hoffe:
- die Vorurteile über Flüchtlinge, egal woher oder wohin mindesten hier etwas aufzu klären.
Nicht alle, die ihre Heimat und alles was ihnen lieb und teuer ist, hinter sich lassen, ihr Leben riskieren, suchen nur den Wohlstand, der ein Sozial-Demokratische Staat wie z.B. Deutschland bietet. Natürlich sind darunter viele Wirtschaftsflüchtlinge. Natürlich bin ich selbst nicht abgeneigt auf die viele Möglichkeiten, die dieses Land uns Migranten bereitstellt. Aber allein deswegen das durchmachen, was ich erleiden muss, um hierher zu kommen, würde ich niemals.
2. [FONT=&]im Forum mehr Tatsachenbericht geschrieben wird und wir nicht nur über fiktive Szenarien diskutieren[/FONT].
3. [FONT=&]dass einige von euch klar wird: euch geht es hier immer noch viel zu gut. Regt euch nicht über jeden kleinigkeiten auf ![/FONT]
4. falls all die o.g. Punkte nicht zutrifft, so betrachte diese kleine Geschichte als triviale Unterhaltung
Alles was ich euch jetzt erzähle habe ich selbst erlebt. Wenn etwas zu persönlich wird dann lasse ich es weg. Sonst versichere ich euch nur die Wahrheit zu berichten. Erwarte aber bitte keine spektakuläre Abenteuer bzw filmreife Storys sondern nur eine Geschichte von Menschen bei ihrem verzweifelten Versuch, ein Leben in Freiheit zu finden.
Ich bitte euch der Übersichtlichkeit wegen keine Kommentare oder Fragen zwischen den Kapiteln zu posten.
Ich werde, wenn es Bedarf besteht, einen separaten Thread dafür auf zu machen.
Momentan bin ich dabei, unser Haus zu sanieren. Trotzdem werde ich versuchen, die Geschichte zügig wie möglich zu posten. Für evtl Grammatik-und Rechtschreibfehler bitte ich schon mal um Nachsicht.
Vielen Dank für euere Aufmerksamkeit.
1.Kapitel - Meine Kindheit und der Krieg
Ich kann nicht sagen, wann der Krieg in unserem Land angefangen hat. 1000 Jahre haben wir die Chinesen abgewehrt. Dann kamen die Franzosen. Im zweiten Weltkrieg waren die Japaner da und hatten das halbe Land verhungern lassen. Danach kehrten die Franzosen zurück bis sie in Dien bien Phu (http://de.wikipedia.org/wiki/S…87n_Bi%C3%AAn_Ph%E1%BB%A7) endgültige den Arschtritt bekamen. Es folgte einen Bürgerkrieg ähnlich wie Korea. Der Süden für Demokratie und Kapitalismus. Der Norden, beeinflusst von großem Bruder Russland, schwörte auf Kommunismus. Die Amerikaner witterten ihre Chance, den unbeliebten Krieg mit Russland auf unserem Boden zu führen. Sie ließen den gewählten Präsident ermorden und stellten eine ihre Marionette als Präsident hin. Das Land wurde zweigeteilt. An dem 17. Breitengrad sollte die Grenze sein aber gekämpft wurde eigentlich überall im Land.
Als mein Vater geboren wurde war Krieg. Als ich geboren wurde war Krieg.
Was anderes kannten wir nicht. Mein Vater, als erster und einziger Sohn der Familie, also der Stammhalter, war befreit von der Wehrpflicht. Außerdem hat der studiert und arbeitete einige Jahre als Grundschullehrer. Trotzdem trat er in die Armee ein, schloss eine Offizierausbildung ab, kommandierte eine kleine Einheit von einem Panzerbataillon, das tief im Mekongdelta stationierte. Meine Mama erzählte mir, Vater nahm, wenn er wieder in die Kaserne musste, immer einen vollgepissten Windeln von mir mit in seinem Rücksack. Als Kind habe ich ihn ausgelacht wenn Mama das wieder erwähnt. Heute, selbst Vater geworden, verstehe ich das.
Mein Vater hasste die Kommunisten. Bis zu seinem letzten Atemzug. Ich bin überzeugt, der hätte sie bekämpft bis er irgendwann auf dem Schlachtfeld fallen würde.
Als Mama das dritte Kind bekam musste Vater die Armee verlassen da Mama nicht mehr schaffte, allein für drei Kinder zu sorgen. Auch finanziell nicht.
Mit den Ersparnissen und Abfindung der Armee kaufte Papa eine Wohnung in Saigon. Mama eröffnete ein Geschäft, das mit Elektrokleinwaren, Süßigkeiten und Kaffee handelte. Unser zu Hause roch immer wie hier bei Tschibo. Wir Kinder konnten uns mit Süßigkeiten voll stopfen.
Nach ein paar Jahren haben meine Eltern sich zu bescheidenen Wohlstand gebracht. Nach uns drei Jungs kamen noch zwei Mädchen zur Welt. Trotz des allgegenwärtigen brutalen Krieges
waren wir eine glückliche Familie.
Bis April 1975.
Der Krieg neigte sich den langersehnten Ende zu. Leider nicht zu unseren Gunsten.
Ich war acht. Trotzdem habe ich sehr viel mitgekriegt, was damals passierte und konnte auch an vieles erinnern.
Vielleicht wurde Kinder im Krieg schneller erwachsen. Ich weiss es nicht.
Die Amerikaner verließen Hals über Kopf das Land. Unser ehrenwerter Präsident hatte sich paar Tonnen Gold geschnappt und sich ins Ausland abgesetzt. Es war nur eine Frage der Zeit bis der Süden endgültig fiel.
Es gab immer Schiessereien und Bombenanschlag in der Stadt. Alle restlichen Einheiten der südvietnamesischen Armee zogen zurück nach Saigon um die Stadt noch bis zum bitteren Ende zu verteidigen. Im Radio und Fernsehen liefen immer noch den ganzen Tag Durchhalte-Propaganda während die Kanonnenschüsse immer näher kamen. Es verbreiteten Gerüchte vom grausamen Racheakt der Vietcong. Von Massenerschießung- und Vergewaltigungen.
Panisch ergriffen viele Menschen die Flucht aus Saigon. Die letzten Hubschrauber bringen so viel Flüchtlinge wie sie konnten zu den Schiffen der 7.Flotte, die noch im Südchinesischen Meer sich befand, bis es kein Platz mehr war dann wurden die Helis einfach ins Meer geworfen um Platz für Menschen zu machen.
Ich wusste nicht mehr wann meine Eltern mit der Vorbereitung angefangen hatten.
Wir Kinder wurden jeweils zu einem Erwachsenen zu geteilt. Jeder bekam eine Armee-Hundemarke( Dog Tags) um den Hals gehängt, wo all unser wichtigen Daten, Name, Blutgruppe, Name der Eltern, Adresse… drauf stand. Dazu eine kleine Tasche mit etwas Proviant, Wasser, Kleidung…
Unser Ziel war der Hafen. Wir müssen versuchen, auf ein der Schiffe zu kommen, das uns hoffentlich zu den Amerikanern bringen würde. Wir warteten gespannt aber sehr ruhig und diszipliniert auf den „Marschbefehl“ von meinem Vater.