In Ordnung, machen wir hier weiter.
Bevor ich von Details meiner Erlebnisse berichte lohnt es sich einen Blick auf das "Drum herum".
Als ich im Frühjahr 2006 den Entschluss gefasst habe auf unbestimmte Zeit ein Nomaden- oder Zeltleben zu beginnen gab es einiges vorzubereiten.
Unbestimmte Zeit bedeutet also unter Umständen gar nicht zurückzukommen.
Mein Sohn zu dem ich ein ausgesprochen gutes kameradschaftliches Verhältnis habe nahm es ruhig und gelassen, meine Tochter (die ihr eigenes Leben mit ihrem Mann führt)
bekam einen Weinkrampf und konnte gar nicht wieder beruhigt werden und meine Mutter, tja, sie bereitete ich langsam über 3 Monate vor und versprach ihr natürlich wieder
zurückzukommen.
War überhaupt nicht einfach, aber ihr wisst ja, ein Mann muss tun was ein Mann tun muss.
Nur meine Exfrau nahm es natürlich gelassen und wünschte mir erholsame Tage.
Ich habe mich manchmal gefragt warum ich überhaupt diesen Entschluss gefasst habe.
Privat lief es zwar nicht gut, hatte mich gerade von einer tollen Freundin trennen müssen, aber das war kein Grund, Mädels gibt es ja genügend.
Beruflich war ich bestens am Ball, es machte Spaß war aber auch sehr sehr stressig weil einfach zuviel Arbeit.
Wenn ich jetzt mit Distanz darüber nachdenke, glaube ich, dass sich ganz entscheidende Entschlüsse in meinem Unterbewusstsein abgespielt haben.
Manchmal spürte ich ein Kribbeln im linken Arm, oft einen Druck in der Herzgegend bis zu heftigen Schmerzen, alles keine guten Anzeichen.
Als ich im Flieger saß und die euphorische Stimmung der Freiheit einsetzte war es wie weggeblasen.
Von der Entscheidung bis zum Abflug brauchte ich genau 3 Monate.
Letzte Aufträge abwickeln, alles Finanzielle regeln, Wohnung kündigen, meine Sachen bei meiner Exfrau (in unserem ehemals gemeinsamen Haus) in den Keller zu stellen
und natürlich mich vorzubereiten.
Mountainbike, etliches Werkzeug, ein Zelt für den Anfang, schwere Excalibur Jagdarmbrust (die ich nicht einmal zur Jagd gebrauchen konnte),
Compoundbogen, 2 Solarzellen, ein paar Klamotten, und, und, ....
Die Waage zeigte 65 kg an.
Mein Sohn fuhr mich zum Flughafen und die euphorische Stimmung begann als der Flieger beschleunigte.
Unglaublich wie gut ich mich fühlte.
Alles fiel von mir ab. Ich war frei, richtig ungeahnt frei!!!:lachen::lachen::lachen:
Bei der Ankunft auf GC abends um 22.00 Uhr gab es dann den ersten Dämpfer.
Ich stand da mit meinen 65 kg Gepäck und Fahrrad und es war einfach kein Großraumtaxi zu finden.
Fahren konnte ich damit nicht, also habe ich es mühevoll so gut es ging auf dem Fahrrad verstaut, den Rest getragen und hab gesehen,
dass ich vom Flugplatzgelände kam.
Dummerweise kommt man nur über ein Autobahnstück weg.
War Klasse im Dunkeln unbeleuchtet auf dem schmalen Seitenstreifen zu schieben.
Hat aber irgendwie funktioniert. Nach ein paar Kilometern die erste Ausfahrt runter und klitschnass die erste Rast gemacht.
Was tun?
Zu meinem ausgesuchten Bereich in den Bergen zwischen Maspalomas und Puerto Pico waren es ca. 60 - 70 km.
Also geschlafen und am nächsten Tag über Nebenstraßen weiter geschoben.
Am schwierigsten waren die hohen Bordsteinen bis fast 30 cm, bei denen ich jedesmal das Fahrrad hochheben musste.
Und die zunehmenden Berge ein richtiges Problem.
4 Tage habe ich gebraucht, einfach im Freien geschlafen, Blasen an den Füßen, die Hände wund und sowas von fertig.:staunen:
Ich wusste gar nicht, dass ich zu solch einer körperlichen Leistung fähig war.
Ein denkwürdiger Auftakt.
Das hatte ich mir wie vieles was sich später ereignete ganz anders vorgestellt
Gruß
Michael