Teilausfälle bei Satelliten-Navigationssystem Galileo

  • Zitat

    Das europäische Satelliten-Navigationssystem Galileo ist am Wochenende wegen einer Störung teilweise ausgefallen. Der Such- und Rettungsdienst, mit dem Menschen in Notlagen aufgespürt werden können, funktioniere aber noch, teilte die zuständige europäische Satellitennavigationsbehörde GSA auf ihrer Webseite mit. Gestört seien Einrichtungen auf dem Boden. Expertinnen und Experten arbeiteten daran, den Fehler zu beheben.

    https://orf.at/#/stories/3130251/

  • Bei der Störung des europäischen Navigationssystems Galileo handelt es sich um einen Totalausfall des Navigations-Services und betrifft alle Galileo-Satelliten. Die Störung dauert nun seit 12.7.2019, also schon 6 Tage, unverändert an. Den Systemstatus kann man hier online sehen.


    Das, was noch funktioniert ist die Weiterleitung von Notrufsignalen (Search & Rescue Signals), die über einen vom Navigationsdienst unabhängigen Relaissender in den Satelliten abgewickelt wird.


    Die heutige Presseerklärung des Betreibers lässt zwischen den Zeilen erkennen, dass sie nach wie vor keine Ahnung haben, was genau passiert ist und wie man es fixen kann: "Operational teams are working on recovery actions 24/7 to restore the Galileo navigation and timing services as soon as possible.(...) The Galileo team would like to assure users that it is working hard to remedy the situation as soon as possible."


    Im Grunde ist das für das europäische Navigationssystem eine Katastrophe. Insider spekulieren, dass versehentlich Software (Code) auf die Satelliten hochgeladen wurde, anstelle von Timing-Korrekturdaten (Data) und im worst case nun alle 12 Satelliten "gebricked" sind, also bis auf weiteres nicht mehr benutzbar.


    Das Magazin InsideGNSS kritisiert den Galileo-Systembetreiber und die Systementwickler Thales Alenia Space mit deutlichen Worten.


    Globale Navigationsdienste können also auch "Blackout"...


    Grüsse

    Tom

  • Danke für die Infos.

    Uff, das ist dann ja wohl mal ein Totalschaden

    "Wo Hesse und Holländer verderben, wer könnte da sein Brod erwerben?"

  • Insider spekulieren, dass versehentlich Software (Code) auf die Satelliten hochgeladen wurde, anstelle von Timing-Korrekturdaten (Data) und im worst case nun alle 12 Satelliten "gebricked" sind, also bis auf weiteres nicht mehr benutzbar.

    Wo hast du das her?

  • Wird in div. Foren spekuliert, weil die offiziellen Meldungen von einem Versagen (bzw. Fehlen) eines Backups sprechen. Wären es nur falsche Timingkorrekturwerte, so die Hypothese, hätte es genügen müssen, nach den falschen einfach wieder korrekte Timingwerte hochzuladen. Das sollte nicht 6 Tage dauern. Galileo-Anwender berichten, dass jetzt (17.7.) vereinzelt wieder Signale von Galileo-Satelliten empfangen werden, jedoch von den Empfängern nicht zur Navigation genutzt werden (können).


    Beispiele


    "Es wurde ein Update eingespielt, das ist fehlgeschlagen (warum auch immer) und man hat jetzt kein Fall-back, da das Update Teile des Systems betrifft, die nicht wiederhersgestellt werden können. Jetzt programmieren sich die Entwickler die Finger wund, um das Fiasko auszubügeln. Und da da oben niemand mal schnell nen ISP Stecker draufstecken kann, brennt denen gerade ziemlich die Hütte. Die erste relevante Frage ist da: Sind die Systeme nicht redundant? Ich würde erwarten, dass jeder Satellit komplett redundant ausgelegt ist, und man nicht auf die Idee kommt, beide gleichzeitig zu aktualisieren?! Jedenfalls scheint der Fehler so peinlich zu sein, dass man einen Deckel drauf gemacht hat, und sich jetzt damit herausredet, es sei ja erst die initiale Phase und noch nicht im Produktivbetrieb." (golem.de)


    "Wie es heißt, wurden von Fucino aus fehlerhafte Daten auf die Galileo-Satelliten aufgespielt. Eine Sicherheitskopie war nicht verfügbar." (welt.de)


    "Das kann Code gewesen sein und die haben 22 Satelliten "gebrickt", wie es neudeutsch heißt. Jetzt suchen sie den, der die Resettaste beim Einschalten festhält um in per TFPT einen neuen Bootloader zu flashen... Anderseits sind die Satelliten wohl nacheinander ausgefallen.

    Wäre es Code gewesen, wäre das Problem schon beim 2. oder 3. gebrickten Sateliten aufgefallen...aber für Code spricht, das eine Sicherheits-Kopie (Backup) geholfen hätte." (heise.de)

    "Der Fehler trat während eines Systemupgrades auf. Deshalb vermutet ein Mitarbeiter, dass das auch die Wiederherstellung erschweren wird. Die Systeme wurden abgeschaltet, nachdem es zu immer größeren Abweichungen bei den Navigationsdaten kam." (focus.de)

    Sowohl die Dauer des Ausfalls als auch die Tatsache dass alle Galileo-Satelliten quasi vom Netz genommen wurden, lässt auf ein gravierendes Problem schließen. Es wird auch diskutiert (z.B. bei spektrum.de), warum der mutmaßliche Fehler durch die Precise Timing Facility in Italien nicht automatisch durch eine Korrektur über die zweite PTF in Deutschland automatisch bzw. nach kurzer Zeit behoben werden konnte. Hier scheint möglicherweise durch Fehlkonstruktion des Systems ein "single point of failure" eingebaut zu sein. Das darf bei einem sicherheitskritischen System nie passieren. Stichwort funktionale Sicherheit. So ein System muss bei einer Fehlbedienung/-funktion von selbst in einen sicheren Zustand übergehen. Z.B. muss das "flashen" von Speichern in den Satelliten 100,000% idiotensicher ablaufen können. D.h. alle nur denkbaren Fehler bei einem Update müssen sicher abgefangen werden können.


    Grüsse
    Tom


    Einmal editiert, zuletzt von tomduly ()

  • Wie gesagt, das SAR System ist nach wie vor in Betrieb nur die Positioniergenauigkeit ist nur noch bei 500m.


    Dass nicht einfach neue Zeitdaten hochgeladen werden können, liegt möglicherweise an einem inherenten Fehler im Zeitsystem der PTFs, sprich, wenn sie jetzt Zeitdaten hochladen, dann wären die genauso falsch weil sie einfach keine korrekten Daten zustandebekommen.


    Alles natürlich nur Spekulation.

  • ...und wieder einmal bin ich in meiner Aussage "Verlass dich auf Technik und du bist verlassen" bestätigt.

    Draussen zählt nur das Beste

  • In zwei Tagen wird es heissen das Russland dahintersteckt, wie auch immer, ich nutze das Zeugs nicht.

  • Gründe hätten sie viel mehr, da hast Du recht, es muss aber immer ein anderer "Schurkenstaat" die Schuld dran haben, denn die Amerikaner machen offiziell nie krumme Dinge. :winking_face:

  • Die betreffende Änderung auf allen Produktionssystemen gleichzeitig auszurollen (sofern es sich um ein Problem mit einem Softwarerollout handelt) ist aber grob fahrlässig.


    Nudnik: Wo hast Du das mit den 500m her ? Der Pressemitteilung ist zu entnehmen, dass garnichts mehr gehen sollte "Galileo-only receivers will not produce any navigation message.".

    NUNQUAM NON PARATUS

  • Einerseits aus der offiziellen Pressemeldung, andererseits aus einem Zeitungsartikel, der sich auf ein Interview beruft.

    Ich versuche mal die Seite wiederzufinden.

  • Zitat aus der aktuellen Pressemeldung:

    Zitat: On 12 July, Galileo initial navigation and timing services were interrupted temporarily. The Galileo Search and Rescue service remains operational.

    Quelle: https://www.gsc-europa.eu/news…recovery-actions-underway

    --------------------------------------


    Die 500m hatte ich von hier:

    Zitat: The SAR service has presumably been kept live because 500 meters inaccuracy is better than nothing when trying to find someone lost at sea, in mountains, or in the desert who has fired off a distress signal.

    Quelle: https://www.theregister.co.uk/…_galileo_satellites_down/


    Ebenfalls aus diesem Artikel eine weitere interessante Aussage, die ich in keinem anderen Artikle fand:

    Zitat: The Navigation Signal Analysis and Simulation (NavSAS) Group in Italy is one group that has decided to take a closer look and has found several "curious" things in Galileo's signals. For one, the navigation signals are becoming gradually and consistently inaccurate. What's even odder is that the status of the "signal in space" (SIS) signals are officially listed as "healthy" when they are clearly not. That may be a simple oversight on Galileo's part as it is busy caught up fixing another issue, or may point to a bigger problem and the system may not know it is inaccurate.



    Hier ein interessanter Artikel zum Thema USA und Galileo:

    Zitat: The US has already leaned hard on European officials to abandon the project.

    Quelle: https://www.theguardian.com/uk…nternationaleducationnews


    --------------------------------------



    Auch interessant in diesem Zusammenhang. Am 03.07. wurde ein Fehler an den Onboard-Atomuhren festgestellt. Man arbeite an dem Problem und Zitat:

    "The supply of the first Galileo services has not and will not be affected by the malfunctioning of the atomic clocks or by other corrective measures," Caudet said, and that the malfunctions have not affected service performance.Quelle: https://phys.org/news/2017-07-…tnav-problems-clocks.html

    Möglicherweise gibt es da einen Zusammenhang?

    ---------------------------------------


    Ebenfalls interessant, der aktuelle Stand der Fehleranalyse der NAVSAS:

    Zitat: This suggests us a confirmation that, during the outage, only the ephemerides updates were affected by problems, while the other SIS components appeared sound and usable.

    Quelle: http://www.navsas.eu/node/611


    LG. Nudnik

  • Interessant. Die Situation kenne ich noch aus den Zeiten als externer Mitarbeiter in einem größeren Unternehmen. Man hätte eine Störung sofort beheben können (Rechte waren vorhanden), dann hätte die Downtime nur wenige Minuten betragen. Da man aber für alles Tickets eröffnen musste, welche dann genehmigt werden mussten, dauerte der Ausfall dann mehrere Stunden.

    NUNQUAM NON PARATUS