GAU Szenario in Deutschland

  • Hier ein lesenswerter Artikel in der WELT:




    Mehr Informationen zur eigentlichen Studie findet Ihr auf der Homepage des Projekts. :Gut:

  • Ist das nicht etwas zu fiktiv? Es kommt doch sehr darauf an in welchem Land ein Unglück passiert und wie das jeweilige Wetter zu dem Zeitpunkt und den folgenden sein wird. Sowohl in dem betreffenden Land als auch in allen umliegenden Ländern. Wo welche Hochs und Tiefs sind, welche Jahreszeit wir gerade haben und wie der Wind geht.


    nashua

    - Der wichtigste Vorrat ist Wissen, den können selbst Plünderer nicht mitnehmen -

  • Natürlich wird das einen Unterschied machen, sowas ist durch die vielen Faktoren nur sehr schwer zu berechnen.
    Gerade die Wetterdaten spielen was den Fallout angeht eine große Rolle.


    Allerdings gibt es auch hier Faktoren, die nach einem leicht zu bestimmenden Muster ablaufen. Die Windrichtung zum Beispiel, wenn man
    Europa als Ganzes betrachtet, kommt nicht von ungefähr, sondern Richtet sich nach geographischen Gegebenheiten.
    Ich habe neulich einen Bericht gesehen, in der sich Wissenschaftler, die an der Mitarbeit von Castle Bravo und der Tsar Bombe beteiligt waren,
    zu Wort gemeldet haben. Dabei wurde festgestellt, dass den im Fallout vorhandenen radioaktiven Bestandteilen, durch ihre spezifischen Eigenschaften
    und durch den markanten Explosionsvorgang an sich, zugeordnet werden konnte, in welchen Höhenmetern sie sich über einen bestimmten Zeitraum befinden.
    Das bedeutet also, dass durchaus auch Aussagen dazu getroffen werden können, wie lange verschiedene Spaltprodukte mindestens benötigen um als Fallout niederzugehen und somit auch, welche Wegstrecken unter bestimmten Bedingungen zurückgelegt werden können.


    Allerdings ist bei dieser Art von GAU ein bekannt, wie die Radioaktivität in die Umwelt gelangt. Beim GAU eines Meilers hingegen können die unterschiedlichsten
    Szenarien eine Freisetzung verursachen, die wiederum alle eine andere Verbreitung von Material mit sich bringen würden.


    Ich halte diese theoretische Studie von daher nur für bedingt auf einen realen Unfall übertragbar.

  • Hallo!


    Zitat von nashua;105027

    Es kommt doch sehr darauf an in welchem Land ein Unglück passiert und wie das jeweilige Wetter zu dem Zeitpunkt und den folgenden sein wird.


    Gut erkannt! Genau darum ging es in dem Projekt, nämlich die verschiedenen Einflussfaktoren und Wahrscheinlichkeiten unter einen Hut zu bringen. Vereinfacht gesagt, haben die Forscher die europäischen Atomanlagen nach ihrer Unfallwahrscheinlichkeit und Unfallschwere eingeschätzt und mit typischen Wetterlagen gekoppelt.


    Heraus kam dabei (was nicht neu ist), dass die bisherigen 20-30km "Schutzzonen" (die in den etablierten katastrophenschutz-Plänen bei GAUs als "zu evakuieren" gelten) um AKW bei weitem nicht ausreichen, da die Kontamination mit hoher Wahrscheinlichkeit auch über 60km von einem havarierten AKW entfernt noch "evakuierungspflichtig" sein kann. Da man die Wetterlage für so einen Fall nie vorhersagen kann, müssten die KatS-Pläne eigentlich solchen Erkenntnissen angepasst werden. Das tut man aber (in D z.B.) nicht, weil man dann vor unlösbare Logistikprobleme gestellt würde: wie evakuiert man z.B. den Grossraum München innerhalb weniger Stunden? Mit anderen Worten: man hat die AKWs in Europa überwiegend viel zu nah an Siedlungsräumen aufgestellt, würde man sich das eingestehen, müsste man zumindest diese AKWs (defacto wärens dann doch fast alle), die "zu nah" an Städten sind, sofort stillegen.


    Ein weiterer interessanter Befund der Forscher: es gibt offenbar Regionen in Europa, die atomrisiko- und wettermässig die A...karte gezogen haben, da dort die unsichersten Reaktoren mit grossem Schadenspotenzial stehen und zusätzlich die vorherrschenden typischen Wetterlagen mögliche radioaktive Partikel eines AKW-Unfalls bevorzugt in diese Regionen tragen. Es gibt ja bekanntlich wettertechnische Phänomene wie "Staulagen" an (Mittel-)Gebirgsketten, in denen die Wolken "abregnen" und es gibt typische Strömungs"kanäle" auf der Wetterkarte (Islandtief, Azorenhoch etc.), die immer wieder die gleichen Wetterlagen an den jeweiligen Regionen hervorrufen. Man kann zwar nicht vorhersagen, ob es am Tag X+2 nach einem GAU am Ort Y regnet. Aber man kann z.B. recht gut sagen, dass es wahrscheinlich in der Region Y bevorzugt regnet und in der Region Z nicht, wenn die Grosswetterlage so und so ist.


    Und nach den Projekterkenntnissen ist wohl das mittlere Osteuropa ab Ost-Österreich so eine "Fallout-Falle" im Falle eines Falles z.B. in Tschechien... So wie u.a. Süddeutschland fürs ukrainische Tschernobyl die Fallout-Senke war.


    Man sieht es ja an der verlinkten Deutschlandkarte, wie übel es Süddeutschland, v.a. die Region Bayrischer Wald nach Tschernobyl wetterbedingt erwischt hatte: nach heutigen Kriterien hätte man zumindest die Hot-Spots in Süddeutschland seinerzeit auch zu Sperrzonen erklären und evakuieren müssen.


    Ich sags ja schon lange: in Mitteleuropa ist gerade mal die Region Mecklenburg-Vorpommern weit genug weg von AKWs (Distanz > 100km) und liegt nach der Tschernobyl-Fallout-Karte auch für entfernte Katastrophenreaktoren recht günstig.

    Deshalb merke: Wenn der Reaktor brodelt - ab nach McPomm!


    Wir wohnen z.B. 65km Luftlinie vom Siedewasser-AKW Gundremmingen weg. In den KatS-Plänen ist unsere Region "Auffanggebiet" für evakuierte Augs- und Günzburger, die innerhalb der klassischen 25km-"Schutzzone" wohnen. Nach den neuen Erkenntnissen schlicht lachhaft. Da muss man feste für Westwind beten, sonst wird das nix. Andererseits wäre Westwind nix für die Region München...


    Unser Fluchtplan sieht deshalb so aus: sobald was ruchbar wird, dass in Gundremmingen ein ernstes Problem besteht, würden wir "freiwillig" evakuieren, kurzfristig ein-zwei Wochen Urlaub nehmen (wie sich das gehört) und uns nach Norden absetzen, wo wir dann 500km Luftlinie entfernt, von unserem "Fluchtpunkt" (Schwiegereltern) aus die Entwicklung der Lage abwarten würden. Nach ein zwei Wochen dürfte sich - so hat Fukushima gelehrt - der Druck aus den Kesseln raus sein, die radioaktiven Wolken durchs Land gezogen sein und zumindest klar sein, welche Zonen verseucht sind und welche nicht. Wenn unser Wohnort verschont geblieben worden wäre, würden wir wieder zurückkehren, wenn nicht, müssten wir einen Neuanfang woanders planen.


    Grüsse


    Tom

  • Zitat von nashua;105027

    Ist das nicht etwas zu fiktiv? Es kommt doch sehr darauf an in welchem Land ein Unglück passiert und wie das jeweilige Wetter zu dem Zeitpunkt und den folgenden sein wird. Sowohl in dem betreffenden Land als auch in allen umliegenden Ländern. Wo welche Hochs und Tiefs sind, welche Jahreszeit wir gerade haben und wie der Wind geht.


    nashua



    Fiktiv? Obige Karte sicher nicht, die ist vom Fallout von Tschernobyl 1986 an den ich mich nur zu gut erinneren kann.


    Auf der verlinkten Homepage kann man sich das AKW heraussuchen, dass einem interessiert z.B. Krsko in Slovenien oder auch Fessenheim (F) und sich dann anschauen wie gross die Möglichkeit einer gewissen Menge von Kontamination im Falle eines Gau ist. Wetter und damit der Wind haben natürlich einen großen Einfluss auf die Ausbreitung. Dem wird Rechnung getragen (siehe Homepage unter Ausbreitungsrechung).


    Klar das diese Berechnungen nie und nimmer mit Garantie voraussagen können wo genau, und wie hoch kontaminiert wird. Aber sie geben einen guten Überblick wo man besser nicht wohnen sollte... sofern man es sich aussuchen kann.


    Andererseits würde die Karten und Daten genau sein und angesichts der Tatsache das die Häufigkeit von GAUs eben etwas höher ist als von der Atomindustrie angegeben... du kannst dir ausmalen was dann passieren würde.

  • Hallo zusammen,


    nur mal ein paar Fakten:


    Ein Zentnersack Kalidünger hat etwa 400.000 Bequerel. Ganz natürliche Radioaktivität aus natürlichem Kalium 40. Ein Durchschnittsbürger enthält 8.000 - 9.000 Bq Radioaktivität aus natürlichen (!) Radioisotopen. Entsprechend kontaminierter Laborabfall müsste übrigens nach deutschem recht aufwendig entsorgt werden!


    100 Bq/qm 137Cs würde ich als mässige und durchaus tolerable Belastung betrachten. Zumal 137Cs im Gegensatz zu wesentlich "ekligeren" Nukliden wie 90Sr nach Ingestion recht gut biologisch eliminiert wird (über die Niere, da es als Alkalimetall ähnlich wie Kalium verstoffwechselt wird) und sich im Körper nicht akkumuliert. Ein Kilogramm Getreide hat übrigens auch etwa 100 Bq natürliche Aktivität, auch hier aus ganz natürlichem 40K.



    Nun ist aber ein Bequerel (Zerfall pro Sekunde) nicht gleich einem Bequerel. Man muss Zerfallsmechanismen und Zerfallsenergien betrachten.


    Dann schaun wir mal:


    137Cs zerfällt als ß- Strahler. Zu rund 95% mit einer Zerfallsenergie von rund 0,5 MeV zu metastabilem 137Ba, das anschliessend ein Gammaquant mit ca. 0,6 MeV aussendet, zu 5% direkt mit einer Zerfallsenergie von ca. 1,1 MeV.


    40K ist ein wenig komplexer. Es zerfällt als ß-, ß+ und durch K-Einfang. Die Zerfallsenergien hier zwischen 1,3 MeV und 1,5 MeV.


    Energetisch also ziemlich vergleichbar, tendenziell ist das 137Cs sogar harmloser, da Gammas im Fall der Ingestion im Gewebe wesentlich schlechter absorbiert werden als Betas und daher weniger Schaden anrichten.




    Eine Verseuchung zeigt die Landkarte also nicht.



    Viele Grüsse


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Was "bringt" eigentlich diese Aktivitäts/Becquerel-Angabe und wie unterscheidet sie sich z.B. von der DL-Einheit "Gray"? Das habe ich nie verstanden.

  • Zitat von Wolfshund;105058

    Was "bringt" eigentlich diese Aktivitäts/Becquerel-Angabe und wie unterscheidet sie sich z.B. von der DL-Einheit "Gray"? Das habe ich nie verstanden.


    Hallo Wolfshund,


    die Sache ist ein wenig kompliziert, ich versuche sie aber mal kurz auf den Punkt zu bringen:


    Bequerel sind radioaktive Zerfälle pro Sekunde.


    "Wir werden aus einer feindlichen Stellung mit 10 Schüssen pro Sekunde beschossen", wobei noch nicht gesagt ist, ob das Gewehrfeuer oder Artillerie ist.


    Zerfallsenergie (meist in Megaelektronenvolt, Mev angegeben) ist die Energie pro Zerfallsereignis.


    jetzt kommen wir dem Unterschied zwischen Gewehrfeuer und Artillerie schon näher.


    Energiedosis in Gray (Gy, Joule pro Kilogramm) ist die in einem Kilogramm des "Zielobjekts" deponierte Energie


    "Bei uns sind als Treffer 10 kg TNT-Äquivalent eingeschlagen"


    Effektivdosis in Sievert (Sv) ist die relative biologische Wirksamkeit, also die Energiedosis in Gray multipliziert mit einem vor der Strahlenart abhängigen Wirkungsfaktor


    Ich kann einen Panzer drei Monate lang mit Kleinkalibermunition beschiessen, ohne dass viel passiert. Eine Hohlladungsgranate, obwohl deren Energie in Summe niedriger ist, zerstört ihn.


    Hier kommt es zum Beispiel auch darauf an, wo der Strahler ist, in der Umwelt, oder zum Beispiel mit der Nahrung aufgenommen, im Körper. Bei Gammastrahlung, weil durchdringend, ist das egal. Die hat drinnen und draussen eine relative biologische Wirksamkeit (RBW) von 1, d.h. hier gilt 1 Gy = 1 Sv. ganz anders bei Alphastrahlung. Ausserhalb des Körpers ist die harmlos wie eine Schnitte Brot. Sie hat zwar beachtliche "Geschossenergien" von bis zu 5 MeV, aber weil die Geschosse so dick sind (Heliumkerne) und extrem stark von Materie abgebremst werden, laufen sie sich schon in der obersten (toten) Hornschicht der menschlichen Haut tot. ganz anders, wenn sie aufgenommen werden, hier wirken sie im lebenden Gewebe auf kurze Distanz wie verheerende Sprengsätze. Ein aufgenommener Alphastrahler hat eine RBW von 10 -20.


    Dosisleistung (Sievert pro Stunde oder Gray pro Stunde)


    Das ist die Dosis, die man pro Stunde in einer entsprechend kontaminierten Region erhält.



    Messgeräte wie Geigerzähler zeigen die Dosisleistung an, Dosimeter summieren die aufgenommene Dosis auf.


    in unserem Linkverzeichnis, ganz oben rechts auf der Seite das Icon mit dem Blatt und dem gelben Haken, haben wir einige gute Unterlagen zum Thema verlinkt, schau mal in die Richtung Naturwissenschaften, Physik, Chemie.


    Ich hoffe geholfen zu haben


    Matthias


    P.S. Wie komme ich vom Bequerel unter Kenntnis des strahlenden Nuklids zum Gray bzw. Sievert? Da wird es endgültig ein wenig mathematisch. Ich brauche da ein paar Konstanten wie die Dosisleistungskonstante, die Geometrie der Quelle (Punkt- oder Flächenstrahler?), die Geometrie des "Ziels" und dann darf ich ein paar Integrale lösen.

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    Benjamin Franklin (1775)

  • Ich hatte (ohne Hinweis) auch die Karte gesehen und dachte zuerst, eh geil, voll grüner Bereich wo Du lebst. Doch der Bericht ist völlig für die Füsse, abgesehen davon, dass er erklärt, welch hohe Dichte wir hier in Europa an Quellmaterial haben. Wenig beruhigend.


    Waldschrat erklärt das schon eher faktenbasiert. Voraussagen lässt sich aus heutiger Sicht überhaupt nichts. So viele Faktoren und Wechselwirkungen, da gehört schlichtweg auch Glück dazu.


    Vor vielen vielen Jahren schon habe ich mir für den Fall der Fälle überlegt, meinen Garten mit Planen auszulegen und diese zu verschweißen (so breite Planen gibts nicht). Ich habe leichtes Gefälle, theoretisch könnte der gröbste Fallout der ersten Tage/Wochen so abgefangen/abgeleitet werden. Aber auch das funktioniert bei tausenden Quadratmetern nur sehr bedingt. Ein heftigerer Windstoß, aus die Maus, Arbeit umsonst.


    Also nicht verrückt machen lassen, wachsam bleiben, eigene Windmessung vor Ort und hoffen, nicht bangen. Falls überhaupt Fukushimaähnliches geschieht.


    LG
    Peace

    Das Paradies liegt nicht jenseits, sondern abseits.

  • Und am Ende der Plane, am Rand deines Gartens hast du dann einen radioaktiven Hotspot der dann nur so brummen würde, weil sich dort die Masse des Fallouts ansammelt.

  • Das stimmt zwar, macht aber trotzdem einen großen Unterschied.
    Ich hab die Bilder im Kopf, wie hunderte Japaner versuchen, einen Schulhof zu dekontaminieren, indem sie Dreck zusammenkehren und Moos aus den Fugen kratzen, und der verstrahlte Kehricht sich zu Plastiksack-Gebirgen türmt.
    Mit dichter Planenabdeckung hätte man das allermeiste auffangen können.
    Vorteilhaft ist, wenn die Möglichkeit besteht, den radioaktiven Niederschlag in einen Kanal abzuleiten.
    Ich würde auf jeden Fall versuchen, so viel wie möglich von meinem Grundstück mit Siloplanen abzudecken und ein Gefälle zum Rinnstein hinzukriegen.

  • Zitat von Tracer;105067

    Und am Ende der Plane, am Rand deines Gartens hast du dann einen radioaktiven Hotspot der dann nur so brummen würde, weil sich dort die Masse des Fallouts ansammelt.


    Durchaus, aber wegen des Gefälles eben am unteren Ende und von dort steigt es nicht mehr auf.


    Sinn solte ja sein, weiterhin im Garten anbauen zu können, aber die Ideallösung gibt es eben sowieso nicht. Im Zweifel abhauen.


    LG
    Peace

    Das Paradies liegt nicht jenseits, sondern abseits.

  • die Karte oben zeigt die aktuelle(!) Belastung, nicht das künftige Risiko. (auch wenn der Artikel in der WELT was anderes suggerieren mag)


    Diese Grafik zeigt die jährliche Wahrscheinlichkeit einer Cs137 Kontamination berechnet aus Reaktoranzahl und Typ, GAU Risiko und Wetterdaten. Bzgl des GAU Risikos gibt es natürlich unterschiedliche Ansichten, die Leute vom MPI haben die bisherigen GAU Eintrittshäufigkeiten in die Zukunft extrapoliert.



    Quelle: http://www.mpic.de/Der-nuklear…-als-gedacht.34298.0.html


    mfg


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    Zitat von tomduly;105033

    ....Nach ein zwei Wochen dürfte sich - so hat Fukushima gelehrt - der Druck aus den Kesseln raus sein,...


    Bei Tschernobyl und Fukushima gab es die Ressources eines ganzen Landes und ausreichend "Freiwillige", um den Reaktor unter Kontrolle zu bringen. Stelle Dir vor, beim s-GAU in Fukushima wären alle Arbeiter geflohen und die ganzen Abklingbecken hätten nicht gekühlt werden können...


    Das ist z.B. etwas, das mir große Sorgen macht. Einen s-GAU mag man vielleicht bekämpfen in einer intakten Gesellschaft, aber was ist, wenn die Reaktoren hoch gehen, weil auf der Straße landesweit der Mob tobt oder Bürgerkrieg herrscht?


    In meinen Augen gehören die Dinger so schnell wie möglich abgeschalten und das Europaweit. Einen Nutzen haben sie eh nie gehabt.


    mfg


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    Zitat von Waldschrat;105055


    100 Bq/qm 137Cs würde ich als mässige und durchaus tolerable Belastung betrachten.


    Richtig. Deswegen juckt uns ja Tschernobyl nicht sonderlich, es sei denn man will Wildschwein aus Bayern essen.


    Das Problem ist nur, dass man daraus nicht schließen kann, dass der nächste GAU in unsere Nähe für uns hier in D-A-CH genauso glimpflich ablaufen würde wie Tschernobyl.

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • So, zu Beginn des Threads wollte ich noch nach MacPomm, jetzt wird es doch Australien! :winking_face:


    Aber mal im Ernst und bitte noch mal für die nicht naturwissenschaftlich vorbelasteten,
    was mache ich bzw. welche erschwinglichen Hilfsmittel setze ich ein um nicht medienabhängig zu sein, wenn es zu einer Reaktorkatasprophe in Europa kommt?


    Dosimeter aufstellen und jeden Tag draufschauen?
    Oder jeden Tag mit dem Geigerzähler durch den Garten laufen?


    Es scheint hier einige Experten in Sachen Radioaktivität zu geben, was würdet ihr dem Laien empfehlen um nicht nur den Nachrichten vertrauen zu müssen?


    Danke! :)


  • Hallo Galahat,


    preiswerte Radioaktivitätsmesstechnik?


    Stabdosimeter und die zugehörigen Ladegeräte gibt es recht preiswert auf der eBucht. Vor Fukushima waren die Teile oft für 2-3 Euro zu haben. Das Bild zeigt verschiedene Ausführungen mit 1 mSv, 2 mSv, 5 mSv und 50 mSv Endausschlag.


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    Das ist auch so der brauchbare Dosisbereich. Zum Vergleich: 2 mSv ist die natürliche Strahlendosis, die ein Mensch ohne medizinische oder technische Strahlenanwendungen so pro Jahr einsammelt. Es gibt auf der eBucht massenweise Dosimeter aus Bundeswehr- / Zivilschutzbeständen aus dem kalten Krieg mit Messbereichen von 500 mSv (alte Einheit 50 rem) und 5 Sv (alte Einheit 500 rem). DIe sind völlig unbrauchbar, weil das Kernwaffenvolltrefferdetektoren sind, die oft nur für die medizinische Triage gedacht waren (Lohnt eine Behandlung unter feldmässigen Bedingungen mit knappem Personal und knappen Ressourcen noch?). Wenn die 5 Sv Ausführung nennenswerte Ausschläge zeigt, bedeutet das schwerste Strahlenkrankheit, bei Vollausschlag mit ziemlicher Sicherheit Tod.



    Was Du im Army-Surplus oder eBay auch günstig bekommst, sind alte Geigerzähler aus BW / Zivilschutzbeständen, im Bild ein FH40T im Einsatz mit einem radioaktiven Mineral.


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    [ATTACH=CONFIG]9810[/ATTACH]


    Die Anzeige zeigt 0,3 mr/h im alten Einheitensystem, entspricht 3 Microsievert pro Stunde im neuen Einheitensystem. (Was an der Messstelle einer Jahresdosis von 26 mSv entsprechen würde.) Das Teil habe ich - auch vor Fukushima, bei eBay für 50 Euro erworben.


    Alle gezeigten Geräte sind preiswert, erlauben aufgenommene Gamma/Betadosis bzw. Kontamination des Geländes mit meist ausreichender Genauigkeit zu beurteilen, sie taugen allerdings nicht dazu, die Kontamination bzw. Genusstauglichkeit von Lebensmittel zu beurteilen. Dafür brauche ich ganz andere Kaliber, die nicht nur "ein wenig" teurer sind, sondern auch solide Kenntnisse der Radioaktivitätsmesstechnik voraussetzen, die nämlich eine ganze Reihe von Fallstricken enthält, über die man stolpern und beliebigen Mist messen kann.



    Bei Bedarf gerne mehr über preiswerte und weniger preiswerte Messtechnik im Forum oder PN.



    Viele Grüsse



    Matthias



    Nachtrag: Rechtschreibfehler (hoffentlich) ausgebaut.

  • Zitat von Waldschrat;112361

    Stabdosimeter und die zugehörigen Ladegeräte [...]verschiedene Ausführungen mit 1 mSv, 2 mSv, 5 mSv und 50 mSv Endausschlag. [...] Das ist auch so der brauchbare Dosisbereich. [...]


    Lässt es sich dann so anwenden: Ich lege mir ein Stabdosimeter von 5mSV bis 50mSV zu, und wenn die Messung (tägliche Beobachtung vorausgesetzt) in einem kurzen Zeitrahmen von wenigen Stunden bis Tagen >2mSV anzeigt, vielleicht gepaart mit einer "völlig harmlosen" Störfallmeldung über das 40km entfernte AKW Krümmel, heisst das ABHAUEN?


    Wenn aber über einen Zeitraum von mehreren Monaten bis 2mSV angezeigt werden ist alles im Lot, Gerät zurückstellen und fertig?




    Zitat von Waldschrat;112361

    Was Du im Army-Surplus oder eBay auch günstig bekommst, sind alte Geigerzähler aus BW / Zivilschutzbeständen, [...]


    Ein Geigerzähler misst den aktuellen Zustand während ein Dosimeter die Strahlungsbelastung summiert?



    Was ist denn für die persönliche Vorwarnung besser geeignet? Ich möchte kurzfristig etwas anschaffen, was mich etwas unabhängiger von den Nachrichten macht.

  • Zitat von galahat;112401


    Lässt es sich dann so anwenden: Ich lege mir ein Stabdosimeter von 5mSV bis 50mSV zu, und wenn die Messung (tägliche Beobachtung vorausgesetzt) in einem kurzen Zeitrahmen von wenigen Stunden bis Tagen >2mSV anzeigt, vielleicht gepaart mit einer "völlig harmlosen" Störfallmeldung über das 40km entfernte AKW Krümmel, heisst das ABHAUEN?


    Wenn aber über einen Zeitraum von mehreren Monaten bis 2mSV angezeigt werden ist alles im Lot, Gerät zurückstellen und fertig?


    Stimmt. Ein 2 mSv-Dosimeter hat nach etwa einem Jahr seinen Maximalausschlag erreicht und muss zurückgestellt werden. Wenn es den innerhalb einer Woche erreicht, würde mir das zu denken geben. Es kommt allerdings auch etwas auf die Gegend an. im Schwarzwald oder im Erzgebirge können durchaus 5 mSv / Jahr die normale Hintergrundstrahlung sein, d.h. hier wäre Entladung nach 5-6 Monaten normal.


    Zitat von galahat;112401

    Ein Geigerzähler misst den aktuellen Zustand während ein Dosimeter die Strahlungsbelastung summiert?


    Ebenfalls richtig. Ein Dosimeter sammelt die Gesamtdosis auf, ein Geigerzähler zeigt die aktuelle Dosisleistung (Strahlenbelastung) an. D.h. als Frühindikator, wenn ich mich im Gelände bewege und kontaminierten "hot spots" ausweichen will, ist der Geigerzähler das Mittel der Wahl, das Dosimeter taugt da wenig. Andererseits sagt mir der Geigerzähler nichts über die aufgenommene Gesamtdosis, die letztlich für Strahlenschäden ausschlaggebend ist, dafür müsste ich ihn rund um die Uhr anhaben (Batterien?) und die Anzeige mitprotokollieren.

    Zitat von galahat;112401


    Was ist denn für die persönliche Vorwarnung besser geeignet? Ich möchte kurzfristig etwas anschaffen, was mich etwas unabhängiger von den Nachrichten macht.


    Die Antwort lautet: beides.


    Es gibt da auch sehr praktische elektronische Dosimeter, das nachfolgend gezeigte stammt aus ausgemusterten Feuerwehrbeständen und hat nur eine Spende an die Kameradschaftskasse der freiwilligen Feuerwehr gekostet. Es zeigt die Dosis an und löst ab einer einstellbaren Dosisleistungsschwelle Alarm aus. Es kombiniert also die spezifischen Vorteile von Dosimeter und Geigerzähler


    [ATTACH=CONFIG]9811[/ATTACH]



    [ATTACH=CONFIG]9812[/ATTACH]


    Das Ganze gibt es natürlich "state of the art", dafür allerdings deutlich teurer.



    Viele Grüsse


    Matthias

  • Danke, Matthias,


    das habe ich nun verstanden.


    Der Erwerb wird nun aber so eine Geschichte.
    Alle derzeit in der Bucht angebotenen Stabdosimeter sind 500 bzw 5000 mSV oder aber es wird erst gar nichts angegeben. (Sind halt alles die Militärdinger)
    Bis 5mSV finde ich nichts. Gibt es die überhaupt? :winking_face:


    Nochmal anders gefragt, ist das 500mSV Stabdosimeter nicht besser als nichts zu haben? Ich weiß ja nicht, wie detailliert die abzulesen sind...


    Ebenso ein elektronisches Dosimeter....nichts zu finden. Und state of the art muss es / kann es aktuell leider nicht sein.
    Du möchtest deines nicht gerade verkaufen? ;-))


    Tja, ja, hm....verstanden habe ich das nun, Kontakte zur FF habe ich nicht. 400 bis 1000 EUR kann / will ich nicht ausgeben.


    was tun?

  • Zitat von Waldschrat;112408


    Es gibt da auch sehr praktische elektronische Dosimeter, das nachfolgend gezeigte stammt aus ausgemusterten Feuerwehrbeständen und hat nur eine Spende an die Kameradschaftskasse der freiwilligen Feuerwehr gekostet. Es zeigt die Dosis an und löst ab einer einstellbaren Dosisleistungsschwelle Alarm aus. Es kombiniert also die spezifischen Vorteile von Dosimeter und Geigerzähler


    Das Ganze gibt es natürlich "state of the art", dafür allerdings deutlich teurer.


    Bei diesen kleinen runden Dosimetern ist es ja so dass diese, wenn der Maximalausschlag erreicht wurde, mit einem speziellen Gerät zurückgesetzt werden können.


    Wie verhält sich dieses bei den von dir beschriebenen digitalen Geräten? Zum Zurücksetzten braucht man wahrscheinlich kein spezielles Gerät, richtig?


  • Hallo Galahat,


    natürlich hat Fukushima die Konditionen versaut ...


    Mit S&P Artikeln ist es wie mit Aktien, man kauft sie in der Baisse, wenn niemand sie haben will, für billiges Geld.


    In der Hausse hat man sie :)


    Suche doch mal im Internet die bekannten Army-Surplusläden ab. Helmut Singer hat zum Beispiel den FH40T Satz1 für knapp 90 € im Angebot, nicht gerade ein Schnäppchen, ich habe meinen für rund 50 € bekommen (wie gesagt: vor Fukushima) aber okay.


    Bei den Dosimetern ganz einfach mal zuwarten. In einem Jahr sieht die Welt wieder anders aus.


    Ansonsten dient unser Forum ja auch der Vernetzung. WTSHTF könnte ich die S&P-Gemeinde in Baden-Württemberg, Thurgau bis Jura und dem Elsass sehr tatkräftig unterstützen.



    Viele Grüsse


    Matthias

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