Wie abhängig sind wir von der Technik

  • Erst mal herzlichen Dank an tomduly und Waldschrat für die Erleuterungen zum Thema EMP. Ihr Elektrotechniker seid echte Nerds. :Gut:


    Prinzipiell halte ich diese Gefahr aber für relativ gering. Ich denke, dass dazu eine relativ große Energiequelle sowie ein recht hoher technologischer Einsatz nötig ist. Oder täusche ich mich da? Was mich am Rande noch interessierte war der Schutz davor. Das beantwortet aber der Wikipedia-Artikel.


    Ich denke auch nicht, das plötzlich sämtliche Technik schlagartig versagt.


    Ich betrachte das eher gesamtsystemisch, allerdings ohne auch nur im Ansatz einen Überblick über das Ganze zu haben. Und das ist auch bereits unser Problem denke ich. Niemand hat den Überblick. Die Strukturen des Systems in dem wir leben und von dem wir mit unserem Leben abhängig sind sind extrem komplex. Es ist ein Konglomerat verschiedenster Subsysteme, die miteinander in engerer oder entfernterer Beziehung stehen und über Schnittstellen miteinander verbunden sind. Damit sind Abhängigkeiten vorhanden, die in ihrer Gesamtheit für niemanden überschaubar ist.


    Woran erinnert mich das?


    An meine tägliche Arbeit als Software-Entwickler. Um es kurz zu machen: Was versuche ich da im täglichen Kampf zu verhindern? Obig beschriebenen Zustand. Warum? Software-Systeme solcher Art wachsen unkontrolliert und sind durch ihre Komplexität irgenwann nicht mehr "wartbar". Fehler können nicht mehr korrigiert werden. Dazu werden sogenannte "Workarounds" implementiert, die die Komplexität quadratisch steigen lassen. Neue Funktionalitäten können nicht mehr implementiert werden. Konkret bedeutet das, dass so eine unwartbare Software noch eine zeitlang am Leben gehalten wird, das allerdings unter immensen Kosten. Früher oder später werden dann Millionen Code-Zeilen nach /dev/null verschoben und ein Neuentwicklung findet statt.


    Wie ist es möglich, dass sich so ein (Software)System überhaupt in Richtung Abgrund entwickelt? Ein Hauptgrund ist das Geld. Qualität ist anfänglich teuer. Meiner Meinung nach mittelfristig aber extrem sinnvoll. Ein weiterer Hauptgrund: Die Entscheider, die



    • nicht im Gesamtinteresse und
    • ausschließlich unter ökonomischen Gesichtspunkten handeln sowie
    • nicht in der Lage sind, auf fachlicher Ebene Entscheidungen zu treffen. Es fehlt schlichtweg am Sachverstand.


    Ich gebe zu, dass dies eine recht einfache Darstellung der Ursachen ist. Aber ich will jetzt auch kein Buch schreiben. Da fehlt mir auch wein wenig die Kompetenz, denke ich.


    Übertragen auf unsere derzeitige Realität bedeutet dies für mich unweigerlich, dass es in irgendeiner Form zu einem Neustart kommen muss. Die Frage ist nur: wann? Ich denke nicht, dass ich das noch erleben werde. Aber meine Kinder sehr wahrscheinlich.


    Was kann man dagegen machen?


    Diese Frage stelle ich mir laufend. Ich denke, dass mit den derzeitigen demokratischen Mitteln hier nicht viel auszurichten ist. Ein gutes Beispiel hier sind bestimmt die Grünen. In den 70/80ern rebellisch, später dann politisch derart assimiliert, dass sie zusammen mit der SPD den Grundstein für den Ausverkauf unserer gesellschaftlichen Werte gelegt haben. Und dies sehr erfolgreich. Mit den Piraten passiert gerade Ähnliches...


    Tja. Bevor ich nun schreibe, wie ich für mich und mein soziales Umfeld versuche dagegen zu halten, muss ich jetzt leider erstmal das was für das Bruttosozialprodukt machen. :face_with_rolling_eyes:

    I feel a disturbance in the force...

  • Wenn Internet und Telefonverbindungen ausfallen, schreibe ich Postkarten und Briefe (Ihr wisst schon, diese Dinger aus Papier mit Briefmarke drauf)
    Wenn die Post ausfällt, gebe ich die Briefe die wichtig sind, dem Fernfahrer meines Vertrauens mit oder anderen fahrenden Volk das verlässlich ist.
    Wenn auch das nicht mehr geht, schreibe ich halt keine Briefe, telefoniere nicht, surfe nicht im Internet. Vermutlich werde ich dann sowieso mit Nahrungsuche, Brennholzmachen und Gärtnern zu tun haben.


    Auf Technik zu verzichten, geht ganz leicht, wenn man sich im Kopf vorbeugend darauf einstellt und es manchmal ausprobiert, z.B. statt Rasenmäher die Sense zu nehmen. Ich kann mich drüber ärgern, daß meine Hochzivilisations-Werkzeuge und -Suchtmittel ausfallen oder ich kann mir Selbstwertgefühl bestätigen, daß ich in der Lage bin, ohne diesen Krempel dasselbe Ergebnis zu erreichen mit weniger Kosten und halt mehr Muskelkraft. Sind wir erwachsene Macher oder sind wir verwöhnte dekadente Lebensunfähige?


    Ähnlich sehe ich es mit Eurem AKW vor der Haustür:
    1.: Ihr könnt Euch zu Tode fürchten oder flüchten -
    oder 2.:
    Ihr handelt als verantwortungsbewusste Erwachsene und macht die letzten verbliebenen amtlichen Stellen auf die Problematik aufmerksam und ergreift die Initiative, um notwendige Sicherungs-Maßnahmen einzuleiten. Das heisst dann Informationen über die Anlage beschaffen, ev. selber reingehen bzw. einzelne Mitarbeiter wieder zurückzubringen oder wenigstens aus denen notwendige Arbeitsschritte in Erfahrung bringen.


    Als Antwort auf die unzähligen "aber", die auf diese 2. Option kommen, verweise ich auf Möglichkeit 1.

  • Ohne Strom und Kommunitkation gebe ich unserem Land 5 Tage maximal bevor die Gesellschaft sich auflst und Chaos ausbricht. Die AKW und nicht zu vergessen die chemischen Anlagen sind dann zwar ein großes Problem, aber noch eher ein beherschbares, als das allgemeine Chaos, welches auf der Straße toben wird.


    Ich meine dieses Szennario ist ein Doomer Sennario erster Klasse und auch recht unwahrscheinlich. Ich glaube nicht dass heutzutage irgendetwas "Für immer und überall" stattfindet. Also ein weltweiter und permanenter Stromausfall ist doch recht fiktiv (hoffe ich).


    Ich stehe mit meinem Vorrat zwar etas besser dar, als die Masse, aber meine Vorbereitungen sehe ich nur als "Startfinanzierung", sollte es tatsächlich zu einem solchen Szennario kommen.


    Um auf die gestellte Frage zurückzukommen: Unsere Gesellschaft ist mitlerweile zu 99% von der Technologie abhängig. Wir kriegen inzwischen nicht Mal mehr die Türen auf, wenn alles ausfällt, geschweige denn irgendwas gesteuert. wenn die Kommunikation ausfällt, dann vollständig, denn auch die Post ist inzwischen 100%ig von Computern abhängig.
    Ich möche vor allem gar nicht wissen, welchen Schock eine solche Katastrophe auslösen wird, selbst wenn diese nur wenige Tage dauert. Vielleicht wäre er heilsam, aber in jedem Fall wäre der Schaden whrlich immens.


    Beste Grüße

    Brot ist nicht hart. Kein Brot ist hart!

  • Hinsichtlich der Prognose von Harmlos, wonach sich ohne Strom und Kommunikation die Gesellschaft nach spätestens 5 Tagen auflöst und das Chaos ausbricht, sollte man vielleicht zwischen Stadt und Land unterscheiden. In einer Gemeinde mit 18 Mitgliedern des Gemeinderats, die entweder selbst in Vereinsvorständen sitzen, bei der Feuerwehr sind, Firmen haben , mit zehn Gemeindebediensteten wird auf örtlicher Ebene auch ohne elektronische Kommunikation in gewissem Grad eine Verwaltung weiterhin möglich sein . Ohne Kontakt zur staatlichen Verwaltung (Landratsamt) und staatlichen Gewalt in Gestalt der Polizei, wird sich ein örtlich isolierter Gemeinderat gezwungen sehen , Fragen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, Gesundheitswesen im Rahmen der Selbstverwaltung anzugehen, auch wenn er nach dem geltenden Recht hierzu gar nicht dazu befugt ist.


    Pech auf dem Land hat eben dann der, der es nicht mehr ins Krankenhaus schafft oder für den es keine lebensnotwendigen Medikamente mehr gibt.




    Demgegenüber dürften die Stadtverwaltungen in größeren Städten oder gar Großstädten wesentlich schwerfälliger sein, da sie auf elektronische Dienstwege angewiesen sind, da kann ich mir dann schon vorstellen, daß das öffentliche Leben zusammenbricht.


    Als Landbewohner hab ich auch etwas die Hoffnung , daß sich auf Gemeindebasis mit der Enerige von Biogas- und PV-Anlagen dezentrale Notversorgungssysteme zB für die Wasserversorgung betreiben lassen.


    Und wenn bei den umliegenden Milchbauern die Kühe brüllen, weil die Melkanlagen ausgefallen sind, und keiner mehr mit dem Handmelken nachkommt, dürfte auch die Rindfleischversorgung erstmal sicher gestellt sein.



    wolpi


  • Ich denke bei großflächigen Stromausfall über mehrere Tage, wird es einen sehr großen Versorgungsengpass geben.
    Ohne Strom keine Milch, Butter ,Käse da ja diverse Verarbeitungs- und Kühlmaschinen ausfallen.


    Ohne Strom keine Verarbeitung von Fleisch und Wurst.....


    LG
    Fischer

  • Seht hier jemand eine Möglichkeit, diese Probleme in den Griff zu bekommen? Hier spricht niemand über Prevention. Besteht die Möglichkeit etwas dagegen zu unternehmen, dass solche Szenarien real werden?

    I feel a disturbance in the force...

  • Hallo Zusammen!


    Ich bin gerade am „Aufarbeiten“ einiger PM-Magazine vom letztem Jahr. Darin war ein interessanter Bericht über unsere Abhängigkeit vom Internet.


    Sollte das Internet, oder grosse Teile davon, ausfallen würde ein grosser Teil unserer Wirtschaft und Versorgung zusammenbrechen. Das war mir auch schon vorher bewusst.


    Was mich erschreckt hat ist die Tatsache, dass die Experten davon ausgehen, wenn der Ausfall länger als 72h dauert die Situation (bezogen auf das Internet) unkontrollierbar wird.



    Grüsse, Gresli

  • Zitat von lord_helmchen;124423

    Erst mal herzlichen Dank an tomduly und Waldschrat für die Erleuterungen zum Thema EMP. Ihr Elektrotechniker seid echte Nerds. :Gut:


    Nö, wir können sogar richtig praktisch anpacken, Schrauben, Löten, Schweissen, Drehen, ... und ich sogar letztes Wochenende Parkett legen :grosses Lachen:


    Zitat von lord_helmchen;124423

    Prinzipiell halte ich diese Gefahr aber für relativ gering. Ich denke, dass dazu eine relativ große Energiequelle sowie ein recht hoher technologischer Einsatz nötig ist.


    LEMP oder EMP durch Sonneneruptionen sind hinreichend energiereich, ganz natürliche "grün-alternativ-regererative Energie" ohne menschliches Zutun :devil:


    Die auf die Erde gerichtete Sonneneruption von 1859 war damals eher harmlos, beim heutigen Stand der Technik würde sie üble Folgen hinterlassen. Wir würden uns ohne grosse Teile der Hoch- und Mittelspannungsnetze wiederfinden.


    NEMP sehe ich für Mitteleuropa derzeit und absehbar eher als theoretisches Szenario, da das Zünden einer Kernwaffe in der hohen Stratosphäre gut rückverfolgbar ist und für den Urheber ziemlich unerwünschte (Zweitschlag-)Folgen hätte.

    Zitat von lord_helmchen;124423


    Woran erinnert mich das?


    An meine tägliche Arbeit als Software-Entwickler. Um es kurz zu machen: Was versuche ich da im täglichen Kampf zu verhindern? Obig beschriebenen Zustand. Warum? Software-Systeme solcher Art wachsen unkontrolliert und sind durch ihre Komplexität irgenwann nicht mehr "wartbar".


    Hat hier jemand Stuxnet gerufen?


    Softwaresysteme werden meiner unmassgeblichen Meinung als Hardwareentwickler nach zunehmend anfällig, weil sie zunehmend mit einer ungesicherten und unkontrollierbaren Aussenwelt vernetzt werden - vielfach ohne Not, sondern nur der Bequemlichkeit geschuldet.


    Viele Grüsse


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Zitat von lord_helmchen;124826

    Seht hier jemand eine Möglichkeit, diese Probleme in den Griff zu bekommen? Hier spricht niemand über Prevention. Besteht die Möglichkeit etwas dagegen zu unternehmen, dass solche Szenarien real werden?


    Prävention ist ja schon das "normale Preppertum", also was zu essen zu haben, Wasser und Wasseraufbereitungssysteme, Taschenlampe, Batterien und Radio, etc...
    Wenn hier für 5 Tage der Strom ausfällt, dann muss ich schon mal keine Panik haben, ich brauche auch keine Hilfe. Ganz im Gegenteil werde ich meine Hilfe anbieten, wenn das irgendwo möglich ist.


    Ich kann mir auch vorstellen, für ein überschauberes Umfeld selber Verantwortung zu übernehmen, wenn sich sonst keiner findet.



    mfg

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Es hat schon seinen Grund, warum Produktivnetze in der Theorie nie nie nie mit dem Internet verbunden sein sollten... Und da stimme ich Matthias teilweise zu.
    Allerdings ist es nicht in jedem Fall Bequemlichkeit. Es ist oft der Irrglaube von der Sicherheit der Netze und schiere Dummheit.
    Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass wenn man keine Verbindung nach aussen hat, dann fällt Administration und Troubleshooting via remote erstmal flach.
    Und da ist oftmals die sch... Kalkulation und Preistreiberei dran schuld, wenn der Weg über Fernwartungslösungen gegangen wird, statt einen Techniker vor Ort zu holen, oder noch besser vor Ort zu HABEN. Es muss immer schneller und billiger gehen, aber dass dabei Qualität und vor allem Sicherheit verloren gehen, das merken dann meist nur die, bei denen es dann zu spät ist.


    So long,
    Sam