Wie im Fokus bleiben oder "jetzt erst recht"?

  • Hi!


    Was tun, wenn man selbst wirklich fertig ist,
    verletzt, mit den Nerven am Ende,
    der Puls hoch ist, man selbst schwebt in Gefahr,
    ausgehungert, und man muß trotzdem weiter?


    Mich würde interessieren, wie ihr euch in Notlagen
    zu motivieren wisst, oder wie ihr mit Extremsituationen mental umgeht.
    Was hilft euch dann weiter, was mobilisiert bei euch Kräfte?


    Ich kenne das von "den Amerikanern" die sich auch gern mal zubrüllen:
    "stay focused", im militärischen Bereich.
    Also, wie im Fokus bleiben, wie seine Aufgabe erfüllen, wenn "nichts mehr geht"...


    Da möchte ich eure Herangehensweisen dazu gerne hören!
    :)


    Ciao,
    Occam

    "Alle, außer mir, haben sich verirrt!"... Indiana Jones

  • Meine Antwort zu der obigen Frage bezieht sich auf SHTF und BUG-OUTs während einer Katastrophe:


    Motivation:
    -----------------------
    Wenn ich in einer SHTF-Lage bin, würde ich mal meinen, dass ich mich da nicht mehr zu motivieren brauche.
    Mein Stammhirn wird dann dermassen auf Fight or Flight bestehen, dass ich damit beschäftig sein werde, den
    daraus entstehenden Antrieb zu drosseln.


    Umgang mit zuwenig Energie infolge Durst und Hunger:
    --------------------------------------------------------------
    Meines Erachtens hilft hier nur die Erfahrung damit.
    Ich hab im Militär auf Gewaltmärschen mit Vollpackungen, viele junge Männer zusammenbrechen sehen.
    Die waren sich den Stress (körperlich, psychisch), der in Rekrutenschulen erzeugt wird, schlicht und ergreifend nicht gewohnt
    und hatten auch keine Skills um damit umzugehen.


    Mentaler Umgang mit der Situation:
    -----------------------------------------
    - Disputation nach ABC-Methode von Albert Ellis
    Wobei hier gesagt sein muss, dass man sich diesen Skill VOR dem SHTF antrainieren sollte.
    Sobald die Methode im Gehirn eingebaut ist (Durch Übung mit Bleistift und Papier), kann ich diesen Skill
    innerhalb von Sekunden oder Minuten anwenden.
    - Bagatellisierung der Situation
    - "Es ist mir egal" anwenden
    - Atemtechniken anwenden
    - Vor dem SHTF Erfahrungen in geführten und begleiteten Not-Situationen sammeln, damit ich weiss, wie ich auf
    was mit welcher Intensität reagiere.
    - VORBEREITUNG BEVOR SHTF eintrifft!


    Empfehlenswerte Literatur:
    --------------------------------
    - Arbeitsbücher "Umgang mit Verlusterlebnissen"
    - Arbeitsbücher "Umgang mit Trauerphasen"
    - Arbeitsbücher "Trauma verarbeiten" => Meine Empfehlung: "http://%22http//www.amazon.de/…2%22?tag=httpswwwaustr-21" von Peter A. Levine


    Anmerkung:
    ----------------------
    Es gibt genügend Alltags-Ängste mit denen ich die ABC-Methode bestens trainieren kann.
    Ebenso haben die meisten Menschen schon mal ein Verlusterlebnis gehabt. Mit dem lässt sich ebenfalls
    bestens arbeiten und trainieren für den SHTF-Fall.
    Was ich wirklich wärmstens und leidenschaftlichst anrate, sich mit der Trauma-Arbeit auseinanderzusetzen.
    Militärisches Personal (z.B. US-Army) muss nach traumatischen Ereignissen obligatorisch an eingehenden Befragungen
    teilnehmen. Es ist bewiesen, dass mit unverarbeiteten Traumen die Effizienz und Effektivität abzunehmen beginnt, bis hin
    zu Apathie und Depression.


    meint gandroiid

  • Hallo,
    ein sehr interessantes Thema.
    Was mir schon bei einigen schwierigen Situationen geholfen hat (wobei es da glücklicherweise noch nie um mein Leben ging), ist in Etappen zu Denken. Ich habe ein Problem welches ich in mehrere Teile auftrenne. Dann beginn ich mit dem ersten Teil, fokussiere mich rein auf diesen und stelle mir das Erfolgserlebnis vor wenn ich diesen erreicht habe. Ist dieser Teil abgearbeitet kommt der nächste dran.


    Klassisches Beispiel hierbei ist für mich zum Beispiel oft auf Wanderungen. Gesamtstrecke z. B. 160 Km, diese will ich in vier Tagen schaffen. Am heutigen Tag sind 45 Km dran und ich freu mich so wenn ich die ersten 30 km geschafft habe, dann mache ich Mittag, setz ich mich hin, ess was richtig leckeres, streck die Beine aus... Und wenn's nach dem Mittag weiter geht, wow es sind nur noch 15 Km, 2/3 sind bereits geschafft und in 15Km gibt es soo was leckeres zu Essen....


    Denke das System dürfte klar sein, bei mir funktioniert es sehr gut und ja, ich esse sehr gerne!


    Gruß,
    der Thomas

  • Zitat von T I D;169039

    Yoga, klassisch,


    Hallo T I D


    Warum Yoga?


    Vor dem SHTF als Vorbereitung?


    Oder während des SHTF als Entspannung, sich aus der Situation herausnehmen?

  • Ich für mich habe erfahren, das das Pranayama, also die yogische Atemtechnik mir hilft, in Stresssituatioonen wieder die Mitte und somit die Handlungsfähigkeit zurück zugewinnen. Mir hilft dabei am Besten das Ujiay-Atmen.
    Im Jetzt habe ich kaum eine Anwendung dafür, praktiziere es daher leider zu selten.


    Gruß


    Tid

  • @ T I D
    Danke für Deine Antwort :)


    Interessant, ich dachte, in diesem Forum seien solche Äusserungen nicht unbedingt erwünscht. (Da ich aber nicht beurteilen konnte, was andere unter Esoterik verstehen, hab ich mal nichts geschrieben, was auch nur im Entferntesten als "esoterisch" bezeichnet werden könnte). Aber jetzt hast Du als Member ja bewiesen, dass dem nicht so ist. Danke.


    Pranayama => Ich sag dem Prana-Atmen. Prana = Lebensenergie. Das praktiziere ich übrigens auch.


    Eigentlich hilft jede Form von Meditation, da man sich bewusst oder unbewusst auf den Atem konzentriert.
    Wenn ich mich mit solchen Techniken auseinandersetze, lerne ich unter anderem die Bedeutung des "sicheren und geschützten Ortes" kennen oder mich eben da hinein versetzen zu können.


    Am Boden die Fötus-Haltung einnehmen wirkt auch noch so gut und beruhigend und so nebenbei ist dies die Haltung in der man am wenigsten Energie verbraucht und abgibt.


    meint
    gandroiid

  • Zitat von T I D;169081


    Hab ich beim Militär gelernt :winking_face:


    Du auch?


    :Rol::Rol::Rol::Rol::Rol::Rol::Rol::Rol:

  • Falls meine Antwort als anstössig empfunden wird lieber Mod bitte löschen!


    Ich denke immer an die Worte meines seeligen Vaters :


    Ein Deutscher (er hat sich bis zu seinem Lebensende geweigert einen Unterschied zwischen Deutschen und Österreichern zu sehen) gibt nicht auf, das ist unwürdig.
    Daran mußte ich auch denken als ich nach meinem Sturz in den Ölabscheider mit 2 gebrochenen Knöcheln und so ziemlich allen Bändern gerissen die es da unten gibt und grotesk verdrehten Füßen von selbst aus der 2 Meter tiefen Grube geklettert bin und mich zum Telefon im Shop geschleppt habe (Beim Ölabscheiderreinigen hat man kein Handy dabei)


    Das war übrigens der Grund warum ich meine vielgeliebte Tankstelle mit dem Behindertendasein in einer Tabaktrafik tauschen mußte aber die Rente wäre nichts für mich.


    Ich hoffe das wird mir nicht als Verbreitung von Nationalsozialistischem Gedankengut ausgelegt, wenn doch wie gesagt bitte löschen.


    LG Wolfgang

  • occam


    Während meiner militärischen Ausbildung "durfte" ich Erfahrungen machen, die es mir ermöglichten, meine Grenzen viel weiter zu stecken als ich es mir je geträumt hatte.
    Ich weiß also, das man mehr kann als man meint. Folglich sollte jeder, der sich auf solche Szenarien vorbereitet, lernen seine wirklichen Grenzen zu kennen.


    Zudem hat mich immer der Gedanke an meine Lieben weiter getrieben. Ich habe Verantwortung und deshalb gebe ich nicht auf!


    Die Grundbedürfnisse Schlaf, Trinken und Essen in sicherer Umgebung heben auch die Stimmung und den Durchhaltewillen.


    Tsrohinas

  • Bei mir funktionieren "Durchhalteparolen" auch ganz wunderbar. Geht nicht gibt´s nicht; ich schaffe immer alles, niemals aufgeben (in meinem Elternhaus waren es die Westfalen ;-)...
    Da ich seit ca. 25 Jahren "Hauptverantwortliche für alles" bin, und es fast nie zuverlässige Hilfe in Notsituationen gab, ist das lange Zeit Normalität gewesen.
    Durch extreme Belastungssituationen und chronische Erkrankung lernte ich dann doch irgendwann Grenzen kennen.


    Heute freue ich mich, wenn ich einfach mal denken kann : ich kann nicht mehr, ich mache Pause,- oder dass ich etwas gar nicht mehr schaffen muss- z.B. einen 50kg- Sack durch die Gegend schleppen... wenn es gar nicht anders geht, greifen aber immer noch die alten Mechanismen. Es kommt allerdings sehr selten vor, dass das Adrenalin hochgeht, fast kein Drama oder eine extreme Überbeanspruchung, die es nicht schon (mehrfach) gab.


    Hilfreich finde ich auch, sich ernstlich zu fragen, was das Schlimmste ist, das passieren kann. Das ist für mich, für die Meinen nicht mehr sorgen zu können (durch Verletzung, Krankheit, Tod). Ich stellte jedoch fest, dass das Leben auch weiterging, wenn ich ausfiel- dann stellte sich die Hilfe ein, die es sonst nicht gab. Aufgeben-hingeben-sich dem "Fluss des Lebens" anvertrauen- ist sicherlich manchmal ein guter Weg.
    Dieses Wissen entspannt ungemein.


    Um es mit Johann Wolfgang Goethe zu sagen: "Man kann die Erfahrung nicht früh genug machen, wie entbehrlich man in der Welt ist..."

    [SIGPIC][/SIGPIC]Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit, das Geheimnis der Freiheit ist der Mut

  • Ich war noch nie in einer Situation, wo ich mich am "Ende" fuehlte, weiss also nicht wie ich da reagieren wuerde.
    Auf langen Wanderungen, wenn die Fuesse schon brennen, dann lass ich mir einfach Zeit, setze mich hin, ist doch egal wann ich ankommen. Einen Fuss vor den anderen, so kommt man an. Ich hoffe das in einer lebensgefaehrlichen Situation das Adrenalin mir einen Schub gibt. Wann der Punkt ist, wo ich einfach aufgebe, das weiss ich nicht. Und werde es hoffentlich nie erleben muessen.


    LG Simka

  • Guten Morgen


    Mir hat Ironie, oder sogar Sarkasmus, auch schon weitergeholfen, sprich eine Bagatellisierung der Situation.
    Es ist sicherlich heikel und nicht jedem Menschen gegeben, da es das Gegenteil bewirken kann, sprich eventuell auch die eigene Einsatzbereitschaft herabsetzen kann.


    Ein weiterer Punkt für mich ist, das Ausblenden von negativen Gedanken mittels positivem Denken. Z.B. auf einem Marsch, habe ich nie daran gedacht wie weit es noch ist, sondern mich über jeden Kilometer, wenigstens Ansatzweise, probiert zu erfreuen. In dieselbe Richtung geht auch das "an schöne Dinge denken", die nicht zwingend etwas mit der Situation zu tun haben.
    Auch hier ist natürlich die Gefahr gegeben, dass man den Fokus, das Ziel, eventuell aus den Augen verliert, oder zu viel relevantes ausblendet.


    Freundliche Grüsse


    stanley

  • Hallo zusammen


    Zitat


    Was tun, wenn man selbst wirklich fertig ist,
    verletzt, mit den Nerven am Ende,
    der Puls hoch ist, man selbst schwebt in Gefahr,
    ausgehungert, und man muß trotzdem weiter?


    .
    Bei uns In der Feuerwehr gibts diesen Spruch: Stehe still und sammle dich.


    Das heisst nicht anders als : anhalten, tief Luft holen, sich beruhigen, Denken und dann weiter Handeln.


    gruss unabhäniger

    „Im Krieg ist die Wahrheit das erste Opfer“

  • Das ist sicher nicht einfach.
    Man braucht ja Grenzerfahrungen dazu, sonst weiß man nicht wirklich, wie man reagiert.


    Ich habe die Erfahrung gemacht, jede Situation ist anders und man kann in einer ganz wunderbar "funktionieren" und in einer anderen geht es einfach nicht - trotz mentalem Training und trotz genauer Analyse. So eine Situation hatte ich mal im Ausland - lass ich hier mal weg - nur als Ansatz, dass es nicht immer funktionieren muss.


    Sonst habe ich öfter mal versucht an meine Grenzen zu gehen (Kälte, Risiko, Ausgesetztsein, Sturm, Enge, Tiefe usw.).
    Ich musste mich dabei oft überwinden, meinen inneren Schweinehund bekämpfen und habe es nicht immer geschafft. Geht man zu weit, kann es auch sein, dass man hinterher Panikattacken bekommt und dann damit umgehen muss. Auch nicht einfach.


    Hier ein paar Beispiele:


    Kälte: Frieren und gegen das Frieren über Bewegung ankämpfen (Füsse, Hände). Dabei aber genau den Punkt kontrollieren, an dem es gefährlich werden könnte - also Abbruchszenario planen - dann muss man wissen, wie der Körper funktioniert und diverse Sachen austesten. Kann man sehr viel bei lernen. Der Körper ist eine Heiz-Maschine und funktioniert sehr gut, wenn ein paar Bedingungen eingehalten sind: ausgeschlafen, nicht zu dickes Blut, kein Restalkohol, genug Energie zum verbrennen, also Nahrung.


    Sturm: Beim Segeln lernt man viel über sich selbst. man hat enorm viel Angst (ich jedenfalls), wenn man allein gegen die Wellen ankämpft. Das ist sehr real.


    Alleine: Beim Tauchen bin ich meist allein losgezogen. Ja, ist so nicht vorgesehen aber ich habe das bewusst gemacht. Auch dort habe ich immer große Angst gehabt, die auch lähmend sein kann. Jedenfalls, wenn man bestimmte Situationen das erste Mal durchmacht. Hab natürlich Risikovorsorge betrieben. Körperlich fit, technisch noch fitter (DIR-System) und die Notfälle immer wieder geübt, zuerst im Becken. In der Tiefe allein ist dann eine Grenzerfahrung.


    Gerade in Höhlen oder künstlichen Gebilden ist Tauchen eine mentale Herausforderung, da man nicht mehr einfach auftauchen kann.




    Ausgesetztsein: Klettern. An der Wand kann ich das immer noch nicht. Aber es ist schon Überwindung, sich von einer 40m hohen Brücke abzuseilen, wenn unten kein Wasser ist.


    Durch solch Training erweitert man seinen mentalen Horizont. Das Ganze sollte man ebenfalls in Gruppen machen, damit man weiß, wie man in Gruppen reagiert.
    Aber es ist kein Allheilmittel.


    Atemtechnik benutze ich gegen Panik. Damit man nicht hyperventiliert hilft es lang auszuatmen - länger als einzuatmen - ganz bewusst viel Luft ausatmen.
    Gerade im Unterwasserbereich lernt man am meisten mit der Atmung zu arbeiten. Das ist quasi eine Lebensversicherung, um bei einem technischen Tauchgang und einer Notsituation nicht zu sterben. Wenn man in Panik gerät, atmet man eine 10-Liter-Flasche in nullkommanichts leer, die sonst eine halbe Stunde reicht. Da man evtl. nicht auftauchen darf wegen der Dekozeit, muss man sich also im Griff haben. Taucht man unkontrolliert auf, stirbt man evtl. an der Taucherkrankheit (oder gleich). Das bewusste Runterkommen ist also eine sehr wichtige Übung.


    Leider kann man alles mögliche trainieren aber dann kommt es doch anders und man kriegt es nicht hin. Ich glaube, das war meine wichtigste Erkenntnis.



    cu Tom

  • Bei all der Maximierung von Durchhaltewillen und Aufbietung aller Kräfte:
    dran denken, daß eine Kraftreserve für andere Dinge als das Gegenwärtige das Entscheidende sein kann.


    Was nützt es, wenn man ausgepowert wie ein Marathonläufer nach einem Tagesmarsch zusammenklappt, kraft- und wehrlos rumhängt? Oder vor lauter Wegstrecke machen, eine gute Biwakstelle links liegen lasse, um bis Einbruch der Dunkelheit feststellen zu müssen, daß das ein Fehler war? Oder so an die Grenze mit meinen Kräften gehe, daß ich ein unerwartetes Hindernis (Flußüberquerung, Tier abwehren u.a.) nicht mehr überwinden kann?


    Daher immer gut mit Köpfchen mitarbeiten: was muss ich NICHT tun - wie kann ich es mir leichter machen - welcher Weg ist kürzer oder kostet weniger Kraft und Gefahr usw.

  • Herzhaft Fluchen befreit bei mir immer Seele und Geist. Egal ob es gerade Mental oder Körperlich an die Grenzen geht.


    Das hat mir beim Militär geholfen und auch jetzt bei der Feuerwehr, einen Schritt vom Geschehen zurückzutreten und die Situation kühl zu überdenken.


    Aber jede Situation ist anderst und man kann nie ausschliessen, dass man auf Etwas trifft das einem sofort oder schleichend zu Grunde richtet.


    Für mich als Familienvater wäre dies wohl das Car-Unglück im Wallis, mit den vielen toten Kindern, gewesen. Die Kleinen in den Tod zu begleiten, wäre für mich wahrscheindlich zu viel um es ohne Hilfe zu verarbeiten.

  • Zitat von eraperp;169167

    (DIR-System)


    Wer sich wie ich gefragt hat, was das DIR-System (Doing-It-Right) ist...


    Hier