Blackout: Wie bereiten sich Energieversorger vor?

  • Hallo zusammen,


    ich stelle mir gerade die Frage, wie sich Energieversorger eigentlich auf einen Blackout vorbereiten.
    Es werden mittleweile z.B. solche Seminare angeboten:
    http://www.managementcircle.de…tadtwerke-und-evus-1.html
    (interessant finde ich hier auch den Hinweis auf Marc Elsberg's Buch)


    Man ist sich also z.B. der Gefahr von Hackerangriffen bewusst. Dass die Netzstabilität ein heikles Thema ist, wissen wohl auch alle.


    Hat hier jemand Informationen, was für Maßnahmen EVU durchführen um für einen Blackout gewappnet zu sein und die Energieversorgung nach so einem Ereignis möglichst schnell wieder herzustellen?


    Ich weiß, dass z.B. in Schaltanlagen, Umspannwerken usw. (zumindest wohl in den wichtigen) Satellitentelefone bereitgehalten werden, um eine Kommunikation zwischen Zentrale und Technikern vor Ort aufrecht zu erhalten.


    Bin gespannt auf Eure Beiträge.


    Gruß, Herr Survival

    -<[ N u n q u a m - N o n - P a r a t u s ]>-

  • Servus
    Ich vermute mal solche Informationen sind recht Heikel und kein Energieversorger wird sich da wirklich in die Karten schauen lassen,aber diese Frage hatte sich bei mir beim Lesen von Blackout auch gestellt.


    LG Michael

    Behandle deinen Gast zwei Tage lang als Gast ,aber am dritten Tag gib ihm eine Hacke

  • Soweit mir bekannt ist die häufigste Fehlerquelle nicht bei Hackern zu suchen, vor allem weil die wichtigen Computer nicht in potentiell gefährlichen Verbindungen arbeiten. Das Hauptrisiko wird zum Beispiel bei Datenträgern in Verbindung mit gezielt arbeitender Schadsoftware gesehen die vielleicht bei Wartung oder durch Mitarbeiter übertragen wird.
    Derzeit gibt es einige mobile "Kabelprüfer" die mit ihren Diagnosegeräten Leitungen prüfen, oftmals sind die Fehler durch Witterung entstanden, manchmal auch durch Baustellen etc.
    Allerdings finde ich da keine einheitlichen Kontrollen die jeder durchführen muss und auch kein Konzept das jeden dazu verpflichten würde. Ein rechtlicher Fall aus Deutschland ist da vielleicht nun ein Anstoß mehr zu tun, da haftete der Anbieter nämlich für Schäden an einer Privatperson weil eine Überspannung erzeugt wurde.


    Von zwei AKWs ist mir bekannt das sich diese zumindest selbst mit Strom versorgen könnten wenn das restliche Netz zusammenbricht.


    2006 wurden zwei Hochspannungsleitungen abgeschaltet um ein Schiff passieren zu lassen, was dann passiert ist, wird wohl jeder noch wissen. Vielleicht kann man da ansetzen um das Thema auszubauen. Was haben die Techniker damals gemacht um wieder Strom zu haben und was wurde, wenn überhaupt, seit damals verbessert. Mir ist nur bekannt das man damals das Netz wieder Synchron bringen musste, was Stunden dauerte weil über 40 Anbieter mitziehen mussten. Vielleicht würde man heute, insofern nachgebessert wurde diesen Vorgang der Anpassung schneller vornehmen können?!


    In Österreich musste man damals zum Beispiel ein paar Kraftwerke vom Netz nehmen, weil zu viel Spannung war. An anderen Orten war wieder zu wenig.

  • Ich weiß einen Fall wo ein geplanter (sehr) großer Batteriespeicher als 3. Funktion auch die Schwarzstartfähigkeit eines thermischen Kraftwerks (mit) gewährleisten soll, das bisher nicht über diese Funktionalität verfügt.

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Im Fall eines Black -Out ( Ausfall auf der 380 kV) Ebene übernimmt der verantwortliche Übertragungs- Netzbetreiber die Führung zum Netzwiederaufbau.
    Nach einer Klaerungsphase zum technischen Zustand der Anlagen entscheidet er ,nach welcher vorab definierten und den Partnern bekannten Variante Erzeuger und Verbrauchergruppen gestartet und zusammengeschalten werden.Dabei muss also immer wieder die Balance zwischen Dargebot und realem Verbrauch erzeugt werden.Dieses lokalen Versorgungsinseln werden sukzessive zu größeren Netzabschnitten zusammengeschaltet.Klingt einfach,ist es aber nicht , da mit dem Zeitverlauf die realen Lasten gegenueber dem letzten Arbeitszustand stark differieren können.
    Mit besten Gruessen
    Bernd

  • Hallo,
    Ich denke, das ist im Buch Blackout recht gut beschrieben.
    Viel bessere Informationen werfen wir nicht bekommen. Einfach mal lesen und die Handlung ausblenden. Dann wird die Vorgangsweise gut sichtbar. Was anderes fällt mir dazu nicht ein.


    Gruß
    Gerald

  • Zitat

    Im Fall eines Black -Out ( Ausfall auf der 380 kV) Ebene übernimmt der verantwortliche Übertragungs- Netzbetreiber die Führung zum Netzwiederaufbau.
    Nach einer Klaerungsphase zum technischen Zustand der Anlagen entscheidet er ,nach welcher vorab definierten und den Partnern bekannten Variante Erzeuger und Verbrauchergruppen gestartet und zusammengeschalten werden.Dabei muss also immer wieder die Balance zwischen Dargebot und realem Verbrauch erzeugt werden.Dieses lokalen Versorgungsinseln werden sukzessive zu größeren Netzabschnitten zusammengeschaltet.Klingt einfach,ist es aber nicht , da mit dem Zeitverlauf die realen Lasten gegenueber dem letzten Arbeitszustand stark differieren können.
    Mit besten Gruessen
    Bernd


    ...und trainiert wird das u.a. bei dutrain (einfach mal googlen)



    Zitat

    Von zwei AKWs ist mir bekannt das sich diese zumindest selbst mit Strom versorgen könnten wenn das restliche Netz zusammenbricht.


    Wenn das nur bei zwei so wäre...dann nix wie weg :winking_face:

    Man tötet nur was man isst !

  • Zitat von DerGerald;253545

    Hallo,
    Ich denke, das ist im Buch Blackout recht gut beschrieben.
    Viel bessere Informationen werfen wir nicht bekommen. Einfach mal lesen und die Handlung ausblenden. Dann wird die Vorgangsweise gut sichtbar. Was anderes fällt mir dazu nicht ein.


    Nimm es mir nicht übel, aber ich finde solche absoluten und eigentlich nichtssagenden Aussagen "bessere Informationen werden wir nicht bekommen" mit einem Hinweis auf einen Roman (!) immer schräg.
    Warum sollten wir nicht mehr Infos bekommen? Hier sind einige User unterwegs, die da Einblicke haben. Es gibt im Netz sicher weitere Informationen, siehe verlinktes Seminar.


    Ich jedenfalls bin mehr an Infos von Menschen interessiert, die da Einblick haben, da mich das Thema interessiert. Ich möchte mich als Prepper ungerne auf einen - wenn auch gut recherchierten - Roman verlassen. :face_with_rolling_eyes:


    Also bitte weiter Infos suchen und posten.


    Legend

  • @Bärti: danke für die Links.


    Es wird also was getan. Was mich beim PWC Konzept irritiert bzw. stört ist, dass sowas
    a) von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft kommt (ich würde da eher was techniklastiges erwarten)
    b) Vermeidung von Haftungsansprüchen anscheinend im Vordergrund steht


    Es geht also mal wieder eigentlich nur um's Geld und “wie schütze ich das Management“, nicht darum, die Energieversorgung aufrecht zu erhalten bzw. schnellstmöglich wieder herzustellen... (ist wohl höchstens ein “netter“ Nebeneffekt des Ganzen)


    Gruß, Herr Survival

    -<[ N u n q u a m - N o n - P a r a t u s ]>-

  • Hallo zusammen,


    sehr interessanter Thread!
    zunächst einmal sollten wir in die zwei verschiedene Fragestellungen hier unterscheiden:
    1. Was machen die Energieversorger um einen Blackout (durch Hackeangriffe) zu vermeiden
    2. Was machen Energieversorger um bei einem Blackout das Netz wieder herzustellen.


    Zu 1.:
    Energieversorger (als Betreiber sicherheitskritischer Infrastukturen) sind gesetzlich verpflichtet ein ISMS einzuführen:
    https://de.wikipedia.org/wiki/…ecurity_Management_System
    Das ist keine Technische Maßnahme, sondern ein Organisatirischer Prozess, der als Konsequenz aber eben Maßnahemn zur erhöhung der IT Sicherheit hat.


    Was technisch passiert sollte sich im BDEW Whietpaper:
    https://www.bdew.de/internet.n…it-sicherheitsempfehlunge


    Was das Whitepaper verlangt ist, Sicherheitspatches werden regelmäßig installiert, Virenscanner werden regelmäßig aktualisiert, die Systeme werden abgeschottet (mehstufige Firewalls), die Systeme werden gehärtet (Nicht benutzte Ports und Prozesse werden deaktiviert)....
    Auch Servicemitarbeiter von aussen kommen nicht "mal eben" so ans System, hierzu werden spezielle Arbeitsplätze (nur für diesen einen Energieversorger) verwendet, damit die Systemhersteller oder andere IT Dienstleister keine Vierenschleuder spielen. Die Systeme haben/bekommen natürlich noch recht strenge Passwortrichtlinien und weitere Autentifizierungsmaßnahmen. Jede Kommunikation übers Web wird selbstverständlich verschlüsselt und erfolgt über spezielle Netzwerksegmente. Einbruchschutz am Gebäude ist obligatorisch.


    Die Sicherheitskonzepte der Energieversorger sind aber unterschiedlich, ebenso wie Ihre Mitarbeiter! Manche verzichten bewusst auf die ein oder andere Maßnehm und schützen sich wenn erforderlich durch andere Vorkehrung gegen die jeweilige Bedrohung. Wirklich genaue Informationen behalten die EVUs natürlich für sich und das sollte auch so bleiben! :face_with_rolling_eyes:


    Hier aber ein interesanter Fall: http://www.zeit.de/2014/16/bla…acker-stadtwerk-ettlingen
    Inzwischen hat sich schon so manches geändert, aber ganz am Ziel wird man nie sein, denn absolute Sicherheit gibt es nicht!


    Zu 2.
    Alle Leitstellen sind zunächst USV gepuffert um die Zeit bis ein Notstromaggregat läuft zu überbrücken. Die aller wichtigsten Systeme wie der Beriebsfunk und oft auch die Telefonalage (Kommunikation über eigenen Leitungen) in die Umspannwerke hängen mit am Notstrom. Sollte das Leitsystem (SCADA System) ausfallen, gibt es immer die Möglichkeiten die Schalthandlungen manuell vor Ort in den Schaltanlagen auszuführen, daher besetzen manche Energieversorger ihre Umspannwerke bei Problemen mit personal um im Falle eines Falles handeln zu können, das wichtigste in solchen Fällen ist die Kommunikation.
    Der Wiederaufbau des Stromversorgungsnetzes ist wirklich gut im Blackout beschrieben.
    Kurz susammengefasst: Aufbau einzeilner Inselnetze mithilfe Schwarzstartfähiger Kraftwerke (also Kraftwerke die ohne Fremdenergie starten und anderen Graftwerken Energie zur verfügung stellen können) mit dieser Energie dann Neustart der anderen Kraftwerke inklusive weiterer Verbraucher, dann Stück für Stück syncronisation und zusammenschluss dieser Teilnetze.


    Gruß Wasser

    Nein, ich gehe nicht immer den Weg des geringsten Widerstandes - ganz im Gegenteil!

  • Zitat

    Sollte das Leitsystem (SCADA System) ausfallen, gibt es immer die Möglichkeiten die Schalthandlungen manuell vor Ort in den Schaltanlagen auszuführen, daher besetzen manche Energieversorger ihre Umspannwerke bei Problemen mit personal um im Falle eines Falles handeln zu können,


    Personal ist hier das Stichwort....ob es immer genug (gut ausgebildetes) gibt ?

    Man tötet nur was man isst !

  • In über 30a als Technologe, Projektant, Serviceleiter auf dem Gebiet NEA und BHKW habe ich noch nie mit einem NEA in einem konventionellen Großkraftwerk (Gas oder Kohle) zu tun gehabt. Also muß ich davon ausgehen, die haben keine Notstromaggregate.
    Das ist schon bedenklich.


    Gasversorger, UGS (Untergrundgasspeicher) sind dagegen mit NEAs ausgestattet.

    An der Kennzeichenbefestigung erkennt man die Ernsthaftigkeit eines Offroaders...

  • Hi Rocky!


    Zitat von Rocky;253914

    In über 30a als Technologe, Projektant, Serviceleiter auf dem Gebiet NEA und BHKW habe ich noch nie mit einem NEA in einem konventionellen Großkraftwerk (Gas oder Kohle) zu tun gehabt. Also muß ich davon ausgehen, die haben keine Notstromaggregate.
    Das ist schon bedenklich.


    Kohlekraftwerke benötigen für den Betrieb selber sehr viel Energie, diese via Notstrom zur Verfügung zu stellen wäre unverhältnismäßig. Daher gibt es halt andere schwarzstartfähige Kraftwerke (meist Wasserkraftwerke (auch Pumpspeicherkraftwerke), die dann ohne Fremdenergie sich selber an den Haaren aus dem Dreck ziehen können) oder auch ein paar Gaskraftwerksblöcke die wiederum die Leistung für die anderen Kraftwerke stellen! Die Wasserkraftwerke brauch(ten)en zum Teil noch nicht einmal Notstrom,....


    Siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzstart


    Gruß Wasser


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    Hi Rhein,


    Zitat von rhein;253901

    Personal ist hier das Stichwort....ob es immer genug (gut ausgebildetes) gibt ?


    Naja, um die wichtigsten Umsapnnwerke zu besetzen findet sich immer genug Personal, ansonsten muss man halt Prioritäten setzen. Eins aber ist klar, je weniger Leute, desto länger wird man brauchen um alle wieder zu versorgen. Aber Du kannst davon ausgehen, wenn die Lichter aus gehen, setzt sich jeder der helfen kann ins Auto um seine Kollegen zu unterstützen!


    Gruß Wasser

    Nein, ich gehe nicht immer den Weg des geringsten Widerstandes - ganz im Gegenteil!

  • Also wie wird dann in einer Leitwarte eines konventionellen Kraftwerks bei einem Blackout gearbeitet, um es wieder hochzufahren? Wenn kein NEA zur Verfügung steht? Und was ist, wenn im Pumpspeicherwerk das obere Becken gerade leer ist?


    Die größten Stromaggregaten an denen ich dran war, hatten jeweils über 9MW...

    An der Kennzeichenbefestigung erkennt man die Ernsthaftigkeit eines Offroaders...

  • Zitat

    Aber Du kannst davon ausgehen, wenn die Lichter aus gehen, setzt sich jeder der helfen kann ins Auto um seine Kollegen zu unterstützen!


    Davon gehe ich aus :face_with_rolling_eyes:


    Zitat

    Und was ist, wenn im Pumpspeicherwerk das obere Becken gerade leer ist?


    Die Becken werden i.d.R. nicht bis auf 0% runtergewirtschaftet.

    Man tötet nur was man isst !

  • Zitat von rhein;253927

    ... i.d.R. ...

    Naja, ein flächendeckender Blackout entspricht nicht "i.d.R."...

    An der Kennzeichenbefestigung erkennt man die Ernsthaftigkeit eines Offroaders...

  • Hallo Rocky,


    konventionelle Kraftwerke werden über das Netz von den Schwarzstartfähigen Kraftwerken versorgt. Sobald die schwarzstartfähigen Kraftwerke Energie liefern, wird diese genutzt um die anderen Kraftwerke hochzufahren, diese haben dann ja wieder "Netzspannung" von aussen und können regulär starten.


    Pumpspeicherkraftwerke die als Schwarzstartreserve geplant sind halten immer eine Reserve im Oberbecken. Aber ewig hält die natürlich auch nicht....


    Das Pumpspeicherkraftwerk hier in der Nähe hat bis zu 153 MW.


    Bevor sich ein Energieversorger ein riesen Stromaggregat anschafft, errichtet er doch ehr ein kleines Gasturbinenkraftwerk, welches auch im täglichen Betrieb zur Abdeckung von Spitzen genutzt werden kann. Die haben eine Leistung von 40-350MW.


    Gruß Wasser

    Nein, ich gehe nicht immer den Weg des geringsten Widerstandes - ganz im Gegenteil!

  • Also was Wasser da alles geschrieben hat beruhigt mich doch etwas. Wenn alles noch von Hand schaltbar ist, dann ist man “nur“ noch auf Kommunikation angewiesen um Netze wieder ans Laufen zu kriegen.


    Vielleicht sollten wir jetzt @christopher's Frage aus Post #3 aufgreifen und erweitern:



    • Wie lange wird es dauern bis die Schwarzstarter die anderen Kraftwerke mit Energie versorgen können?
    • Wann können danach Teilnetze wieder in Betrieb gehen um die ersten Endverbraucher zu versorgen?
    • Wie lange dauert es bis das Gesamtnetz wieder steht?


    Wenn jemand diese Informationen hat, ließe sich daraus ein Krisenplan / Timeline für den Privathaushalt ableiten und die eigenen Maßnahmen (Notstromversorgung incl. Betriebsstoffen, Vorratshaltung für diesen Fall etc.) besser planen.


    Natürlich kann man Pech haben und ausgerechnet im letzten Teilnetz sitzen, welches wieder in Betrieb geht. Die Planung geht also, wie immer, vom Worst Case aus.

    Allerdings würde ich andere Szenarien bei der Planung ebenfalls noch berücksichtigen. Z.B.: In unserer Region gab es vor Jahren mal heftigen Schneefall der so schwer war, dass viele Strommasten einfach umgeknickt sind. Es hat damals ca. eine Woche gedauert, bis alle wieder Strom hatten.


    Gruß, Herr Survival

    -<[ N u n q u a m - N o n - P a r a t u s ]>-