Hungerwinter 1946/47

  • Das Phänomen, dass Leute eher verhungern, statt sich aufzuraffen und mit Gewalt Nahrung zu erbeuten, hat man öfter. Entsprechende Berichte gibt es beispielsweise aus dem Holodomor in der Ukraine. Da war es interessanterweise eher die Land- als die Stadtbevölkerung, was auf die verfehlte sowjetische Wirtschaftspolitik zurückgeht, die das Land ausbeutete, aber industrielle Zentren durchaus versorgte. Damals sind Landleute in die Städte gekommen und einfach im Rinnstein verhungert, während die vergleichsweise gut versorgte Stadtbevölkerung dran vorbeigegangen ist.


    Interessant finde ich auch den Vergleich mit dem Steckrübenwinter im Ersten Weltkrieg, der auch für mehr als 100.000 Hungertote gut gewesen sein dürfte (wenn auch überlagert durch die Spanische Grippe). Da entwickelte sich eine massive Streikbewegung, aus der sich die Novemberrevolution ein Jahr später speiste.


    In einem ganz anderen Kulturkreis, aber in einem damals für die Region recht hoch entwickelten Land spielte sich 1984/85 die Hungersnot in Äthiopien ab. Auch dort gab es keine massenhaften Plünderungen. Die kriegerischen Auseinandersetzungen spielten sich vielmehr in erster Linie in Fortsetzung des eritreischen Unabhängigkeitskriegs ab. Vielmehr setzte eine umfassende innere und äußere Flüchtlingsbewegung ein.


    In Somalia 1992 bis 1995 gab es dagegen häufig das Phänomen, dass Milizen Hilfslieferungen plünderten.


    Man sieht daran, dass sich Hungerkrisen sehr vielfältig entwickeln können. Sicher spielt insgesamt eine wichtige Rolle, ob und in welcher Form es ein öffentliches Ordnungssystem gibt, das weiterhin Eigentumsrechte mit Gewalt absichert.

  • Kartoffelkrieg 1923


    /OT zum Thread


    Grüß Gott zusammen,


    Plünderungen und Hungerwinter: Da ist das Jahr 1923 ganz gut als Beispiel. Da gab es den Kartoffelwinter mit ein Krawall. Sucht mal im Netz unter "Kartoffelkrieg 1923". Da gibt es eine Menge zu lesen zu dem Verhalten der Menschen (Massen) und den Bauern sowie die "hohen Herren"/Lokalregierung. Die Kölner Bahnbehörde: Diese hatte extra einen Sonderzug für die Plünderer vorfahren lassen damit diese zu den Bauern aufs Land konnten. ... ... ...


    Waidmannsheil
    zero


    OT/
    Die Bahnbehörde Köln hatte einen Sonderzug in Richtung Bergisches Land zusammengestellt – Quelle: http://www.ksta.de/11792670 ©2017

    Wetten Sie niemals gegen den menschlichen Erfindungsreichtum. Der größte Feind der Propheten der Apokalypse ist ein Ingenieur (Daniel Lacalle)

    "Die Toleranz wird ein solches Niveau erreichen, dass intelligenten Menschen das Denken verboten wird, um Idioten nicht zu beleidigen." Dostojewski, 1821-1881

  • Mit 800kcal/Tag kommt man also nicht über einen Winter, insbesondere dann, wenn auch noch eine warme Bude und warme Kleidung fehlt. Das ist jetzt nicht weiter verwunderlich...


    Wenn man aber eine halbwegs warme Unterkunft und warme Kleidung hätte ist wahrscheinlich schon einiges gewonnen.


    Wenn ich mir überlege, dass selbst mein eher bescheidener "rotierender" Vorrat ca. 100.000 kcal hat, dazu ca. 150.000kcal NRG-5 und dann noch 300.000kcal Rapsöl (primär für den PKW gedacht), dann müsste das in Kombination mit meinetwegen 800 kcal pro Tag an Brot&Co über Lebensmittelkarten wahrscheinlich ausreichen, um zwei Personen zumindest über einen Winter hinüber zu retten.


    Das Problem ist aber , dass man immer erst im Nachhinein weiß, wie lange die Krise andauert.


    Hätte man so einen Vorrat gehabt (und dieser die Bombardierung überstanden), wie hätten man bei Kriegsende wissen sollen, dass man sich die Vorräte für den Winter 46/47 aufzusparen muss und in diesem dann aber leer essen kann?


    MfG

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Ich kann hier nur von dem berichten, was meine Eltern, Groß- und Urgroßeltern über die Nachkriegszeit erzählt haben.
    Gehungert haben damals wohl in erster Linie Städter und Flüchtlinge/Vertriebene. Also Leute ohne Grund und Boden.


    Meine Großeltern mütterlicherseits besaßen ein Mehrfamilienhaus auf dem Dorf inkl. Ställen, Scheunen und riesigem Garten. Sie hielten Schweine, Hühner, Schnattervieh, Kaninchen usw. Mein Opa war Lokführer bei einem Kohletagebau nahe der mitteldeutschen Chemieindustrie. So war Nahrung und Heizmaterial kein Problem.
    Anders war es bei zwangseinquartierten Vertriebenen oder wie man damals sagte: Flüchtlinge. Die waren ja meist aus Schlesien, Pommern, Königsberg oder Böhmen. Das waren Deutsche, gehörten zur gleichen Kultur und gleichem Glauben. Und viele hatten ja in ihrer Heimat Haus, Hof, Vieh, Hausstand, Besitz usw. zurück lassen müssen. Hier wurden sie damals dann schlimmer behandelt als bettelnde Zigeuner (...und da wollen uns Politiker die Integration von Leuten aus anderen Kulturkreisen, völlig anderem Glauben und die uns als niedrige Ungläubige ansehen, als tolle Sache verkaufen!). Von den Rationen auf Marken konnte keiner wirklich leben, die haben Reibselsuppe (1 geriebene Kartoffel in mehrern Liter Wasser gekocht), Suppe aus Unkraut wie Brennesseln usw. gegessen. Meine Mutter berichtete von Klassenkameradinnen, welche vor Hunger geweint haben und die eingesessene Bevölkerung hatte keinerlei Mitleid.


    Meine Urgroßeltern und Großeltern väterlicherseits hatten auf dem Dorf einen Fuhrbetrieb (bis auf 2 LKWs wurden alle von der Wehrmacht zwangsrequiriert), einen Kohlehandel und Landwirtschaft (inkl.Pferden, Kühen, Schweine, Kaninchen, Hühner usw.; dies bis in meine Kindheit, Kaninchen sogar bis zur Wende und 1..2 Schweine wurden auch bis kurz nach der Wende jährlich geschlachtet) im Nebenerwerb. So war Hunger kein Thema.
    An WEs kamen nach dem Krieg aber viele Städter aufs Dorf um zu "hamstern", also Wertgegenstände gegen Nahrung zu tauschen, entweder für sich selbst oder für den Schwarzmarkt.
    Bei meiner Uroma (geb. 1884, gest. 1975) war ihr Bruder aus Berlin inkl. Familie -nachdem sie vor Kriegsende WKII ausgebomt waren- einquartiert. Der Bruder war in Berlin höherer Beamter mit 2 linken Pfoten [meine Uroma hat immer nur von ihrem Bruder gesprochen "mein Bruder, der Drop" (Drop=Depp)] und seine Frau war eine feine Dame. Und dann kommen die aus Berlin mit Nichts als einem Koffer aufs Dorf im Harz. Aber sie mußten nicht hungern und hatten 2 Zimmer in unserem Haus. Allerdings konnte meine Tante die besten Plätzchen der Welt machen (wir backen Weihnachten noch immer nach ihren Rezepten). Und meine Tante war ihrer Schwägerin, also meiner Uroma, ihr Leben lang dankbar.


    Von Plünderungen wurde nie erzählt, denn die Gegenden waren anfangs amerikanisch besetzt und kamen erst später im Austausch zu Westberlin in die SBZ.


    Waffenbesitz war auch nie ein Thema, die Besatzungstruppen hätten einen einfach an die Wand gestellt.

    An der Kennzeichenbefestigung erkennt man die Ernsthaftigkeit eines Offroaders...

  • Zitat von Rocky;301475

    ... Meine Mutter berichtete von Klassenkameradinnen, welche vor Hunger geweint haben und die eingesessene Bevölkerung hatte keinerlei Mitleid...


    Wie immer gibt/gab es solche und solche. Die einen hatten die Kartoffeln lieber an die Schweine verfüttert und sich selbst ins Grab überfressen und den Bettelenden noch nicht mal die Schalen gegönnt, andere haben geteilt was sie konnten. Was kann jemand schon dafür dass er ausgebombt wurde und der andere nicht?


    So sind die Menschen eben.


    Tendenziell sehe ich mich selbst eher als "Teiler" und hoffe aber es nie heraus finden zu müssen.


    MfG

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Zitat von Rocky;301475

    gehörten zur gleichen Kultur und gleichem Glauben.


    Stimmt aber nur sehr im Groben. Gerade die bäuerliche Bevölkerung dürfte damals größtenteils kein Hochdeutsch gesprochen haben. Wenn also jemand, der nur seinen schlesischen Dialekt beherrschte, in ein rheinisches oder bayerisches Dorf kam, dürfte die Verständigung sehr schwierig gewesen sein. Noch stärker dürften die Unterschiede im Glauben gewesen sein. Bei meiner Elterngeneration war es noch relativ klar: Wer bei uns in der Gegend einen evangelischen Partner heiraten wollte, konnte das machen. Die Enterbung (soweit das juristisch möglich war) war aber die logische Folge. Wenn man das nochmal eine Generation weiter zurückdenkt, kann ich mir schon vorstellen, dass ein gut katholischer Bauer eine protestantische Flüchtlingsfamilie lieber verhungern lässt.


    Um zum Ausgangsthema zurückzukommen: Möglicherweise war die Hungersnot auch deshalb so schlimm, weil viele Sozialstrukturen zerstört und geschwächt waren, vermutlich durch die Vertreibung ebenso wie durch den massiven Gesellschaftsumbau im "Dritten Reich". Im Spiegel-Artikel steht zwar, dass es kein belastbares Datenmaterial zu den Hungertoten gibt. Aber falls es das gäbe, wäre es mal interessant, die Todesfälle unter den Flüchtlingen dem Gesamtdurchschnitt gegenüberzustellen.

  • Zitat von Asdrubal;301505

    Stimmt aber nur sehr im Groben...


    Naja, es waren Deutsche und es waren fast alles Christen.


    Und bzgl. den Dialekten ist es heute noch an deutschen Stammtischen so, egal ob Bayern, Sachsen oder Südschweden (also Fischkoppland am südlichen Ufer der Ostsee).

    An der Kennzeichenbefestigung erkennt man die Ernsthaftigkeit eines Offroaders...

  • Zitat von Rocky;301512

    Naja, es waren Deutsche


    Vom Personenstandsrecht her sicher vollkommen korrekt, für die Frage der lokalen Integration in Überlebensstrukturen aber vermutlich nicht entscheidend. In unserer Region war afaik bis Anfang der 1970er Jahre hinein die Bezeichnung "Polacken" durchaus üblich, und das auch für Angehörige der zweiten, hier geborenen Generation und obwohl die Mehrheit der hiesigen Flüchtlinge aus Böhmen kam.


    Ursprünglich geht es ja um die Frage, warum sich Hungerkatastrophen offenbar so verschieden ausformen. Und da scheint es mir plausibel, dass der Fall 1946/47 auch deshalb so gravierend wurde, weil es eben größere Gruppen gab, die nicht mehr in ihren angestammten Gemeinschaften mit deren sozialer Absicherungsfunktion lebten (wobei streng hierarchische Gesellschaften wiederum vermutlich auch Notsymptome am unteren Ende verstärken können und dort ein Aufbrechen der Ordnung zu einer Besserung führen dürfte).


    Daraus kann man wiederum mit praktischem Nutzen für uns schließen, dass trotz schwerer Krisenentwicklungen eine Flucht sogar innerhalb des Staats, dessen Bürger man selbst ist, mit erheblichen Risiken auch nach der Ankunft an einer dauerhaften Aufenthaltsstelle verbunden ist.

  • Hallo,


    Das ganze Thema, Europa nach dem Krieg, war mir lange nicht präsent. Das liegt möglicherweise daran, dass es in der Schweiz weniger ein Thema ist.
    So war mir z.B. nicht bewusst, dass der Krieg im Mai 1945 noch lange nicht zu Ende war, sondern sich bis weit in die Fünfziger hinzog (Baltische Staaten).


    Zu dem ganzen Thema kann ich das, umfangreiche und fundierte, Buch Der wilde Kontinent - Europa nach dem Krieg sehr empfehlen!


    Es beschreibt nicht nur die Situation in Deutschland, sondern eben von ganz Europa. Denn in andern Staaten war es nicht besser.
    So wurden in Italien, von den Alliierten, z.T. Massenabfertigungsbordelle in den Gemeindehäusern eingerichtet: "Dienstleistung" gegen eine Büchse Essen. Die Frauen hatten keine andere Wahl, wollten sie ihre Familien durchbringen.


    Zitat von Rocky;301475


    An WEs kamen nach dem Krieg aber viele Städter aufs Dorf um zu "hamstern", also Wertgegenstände gegen Nahrung zu tauschen, entweder für sich selbst oder für den Schwarzmarkt.


    In einem, leider vergriffenen, Büchlein mit Berichten von Zeitzeugen (Berlin nach dem Krieg) ist mir eines Aufgefallen: Wenn man "hamstern" gehen wollte war viel wichtiger als Tauschwaren, dass man jemanden persönlich kannte.


    OT

    Zitat von lord_helmchen;301381


    Wer von uns hat Rationen für 4 Personen und 4-5 Monate? Ich leider nicht. So viel Platz haben wir gar nicht.
    Wobei ich schon länger darüber nachdenke, wie ich es das Problem lösen kann.


    Ich glaube der vielbeschworene Grundsatz "Ein Prepper isst in der Krise genau gleich gut wie vorher!" hört sich zwar gut an, funktioniert aber, ohne immensen Aufwand, nur für maximal ein paar Wochen.


    Aber was hindert Dich daran einfach 100kg Reis und Spaghetti einzulagern? Das ist platzmässig und auch finanziell zu bewältigen.
    Damit bringst Du Deine Familie durch die 4-5 Monate. Und wenn man den Bericht am Anfang liest: Den Leuten wäre die eintönige Ernährung vermutlich egal gewesen.


    Spurenelemente und auch Vitamine kann man sich gut aus der Natur besorgen. Der Plan "Ich ernähre mich aus der Natur" scheitert ja meist an den Kalorien.


    Grüsse, Gresli

  • Zitat von Gresli;301626

    Das ganze Thema, Europa nach dem Krieg, war mir lange nicht präsent. Das liegt möglicherweise daran, dass es in der Schweiz weniger ein Thema ist.


    OT: Ich habe mal gelesen (Quelle habe ich leider nicht mehr im Kopf), dass auch in der Schweiz die Kriminalität und insbesondere die Jugendkriminalität stark zugenommen hat. Das gilt wohl auch wenn man Schmuggel und ähnliche Vergehen mit direktem Bezug zu den kriegszerstörten Nachbarländern rausrechnet. Das finde ich sehr interessant und kann mir das höchstens so erklären, dass auch in dieser im Vergleich zu heute medial unterentwickelten Zeit die allgemeine Entwicklung über Grenzen hinweg verrohend gewirkt hat.

  • Zitat von Asdrubal;301650

    OT: Ich habe mal gelesen (Quelle habe ich leider nicht mehr im Kopf), dass auch in der Schweiz die Kriminalität und insbesondere die Jugendkriminalität stark zugenommen hat. Das gilt wohl auch wenn man Schmuggel und ähnliche Vergehen mit direktem Bezug zu den kriegszerstörten Nachbarländern rausrechnet. Das finde ich sehr interessant und kann mir das höchstens so erklären, dass auch in dieser im Vergleich zu heute medial unterentwickelten Zeit die allgemeine Entwicklung über Grenzen hinweg verrohend gewirkt hat.


    Ja, anscheinend. Zumindest Statistisch, ob auch gefühlt ist mir nicht bekannt.
    Lowe behandelt das auch im oben erwähnten Buch.

  • Nur so eine kleine Geschichte am Rande, habe sie von meiner Mutter erzählt bekommen, die als Kind die Kriegsjahre und die Zeit danach kennen lernen durfte.
    Unsere Familie war damals in Linz zu Hause, auch die Verwandschaft. Eine Kusine erwartete ein Kind 1946 und sie hat sich extra 5 kg Waschmittel zusammen gespart um dagegen Mehl einzutauschen für einen Kindermehlpapp. Sie gab der Bäurin damals das Waschpulver, die Bäurin verschwand und kam mit einem Kuvert zurück, darin war ungefähr ein Esslöffel Mehl.
    Also wenn du nicht wirklich was gutes zum tauschen hattest, hast auch nicht viel bekommen.
    Dazu muss ich sagen Waschmittel war damals eine sehr begehrte Ware und gut zum tauschen. Aber die Bauern rund um Linz hatten da schon genug, weil alles Städter natürlich hamstern gingen/gehen mussten.
    Fazit für mich daraus ist, es wird schwer im Umfeld einer größeren Stadt zu tauschen/hamstern wenn es eine längere Krise wird.

  • Interessant ist in diesem Fall der Zusammenhang zwischen Selbstversorgungsgrad und Verwundbarkeit (Hungertote) bei Systemschocks:


    3 Beispiele dazu:


    1. Beispiel: 1 WK
    Vor dem Ersten Weltkrieg lag der Selbstversorgungsgrad bei Lebensmitteln bei 80-85%, 15-20% der Bevölkerung war von Lebensmitteln aus dem Ausland abhängig.
    1917/1918 Seeblockade der Briten+"Steckrübenwinter" 800.000 Menschen in Deutschland sterben an den Folgen von Mangel u. Unterernährung
    Quelle: http://www.zeit.de/zeit-geschichte/2014/01/erster-weltkrieg-essay/seite-4


    2. Beispiel: 2 WK
    Selbstversorgungsgrad wurde vor Kriegsausbruch auf 85% hochgefahren. Die fehlenden Lebensmittel nach Kriegsausbruch wurden u.a. aus besetzen Gebieten gewonnen.
    Umgekommene Zivilbevölkerung in den vier Besatzungszonen Deutschlands zwischen Oktober 1946 und September 1950 infolge von Unterversorgung: 5.700.000
    Quelle: http://www.professor-bellinger-berlin.de/hist_ma3.html


    3. Beispiel: Heutige Situation
    Selbstversorgungsgrad der Landwirtschaft: <50% (wenn überhaupt)
    Ausblick: ???

  • Ich denke, der Unterschied der Opfer zwischen den beiden ersten Beispielen liegt daran, dass es mit jedem Jahr deutlich mehr werden. (unbeachtet der Schätzungenauigkeit)


    Einen Winter würden viele von uns hier noch gut überstehen, vier Jahre hingegen kaum jemand, der sich nicht ausreichen gärtnerisch selbst versorgen kann.
    Und beim Selbstversorgungsgrad kann man auch nicht zwingend die Gesellschaft insgesamt inklusive der gewerblichen Landwirtschaft betrachten, die könnte zusammenbrechen. Und in der Bevölkerung dürfte die potentielle Selbstversorgung einen minimalen Anteil ausmachen.
    Die, die ein großes Grundstück haben, aber bisher außer Rollrasen und Rododendron nichts im Garten haben, wären ähnlich hilflos wie jemand ohne eigene Anbaufläche.

  • Zitat von tryppp;308209

    ...Einen Winter würden viele von uns hier noch gut überstehen...


    Aber viele der Nichtprepper definitiv nicht. Kaum einer hat Vorräte für mehr als 3...4d. Und die Versorgung aus Bank, Supermarkt, Tanke usw. bricht extrem schnell zusammen.
    Kaum jemand hat im Garten ausreichend Gemüse. Und für die nächste Wachstumsperiode braucht man Saatgut und Zeit.

    An der Kennzeichenbefestigung erkennt man die Ernsthaftigkeit eines Offroaders...

  • Trypp:


    Ganz genau.
    "Als
    Jäger und Sammler braucht eine fünfköpfige Familie als Minimum ein Jagdgebiet von ca. 5 km². Als Viehzüchter können auf der selben Fläche 35 Menschen ihr Auskommen finden. Und durch primitiven Ackerbau können sich fast 1000 Menschen von 5 km² ernähren"


    flaeche-nahrungsgrundlage.png


    Heute leben in Deutschland mehr als 1300 Menschen auf 5 km2. Das ist nur möglich durch intensive Landwirtschaft, die viele Komponenten benötigt, die nur durch Importe erhältlich sind.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Bevölkerungsdichte


    Man nennt das in der Sprache der Systemtheorie ein instabiles Gleichgewicht mit viel aufgestauter Lageenergie.


    Mein Vater hat mir die folgende wahre Geschichte erzählt: 1946 kamen die Städter in Horden mit den Zügen zu uns aufs Land um sich zu nehmen was sie und ihre Familien zum Überleben brauchten. Ein Bauer wollte sein Feld mit der Flinte verteidigen, obwohl die anderen Bauern ihn davor warnten. Am Ende war sein Feld leergeräumt. Zwei Städter lagen mit Bauchschuss tot im Graben, über ihnen lag der Bauer mit eingeschlagenem Schädel.


    Man kann eine Menge Interessantes aus der Untersuchung früherer Hungerkrisen lernen.

  • Zitat von Elf;308207

    Interessant ist in diesem Fall der Zusammenhang zwischen Selbstversorgungsgrad und Verwundbarkeit (Hungertote) bei Systemschocks:


    3. Beispiel: Heutige Situation
    Selbstversorgungsgrad der Landwirtschaft: <50% (wenn überhaupt)
    Ausblick: ???


    Heute ist die Produktion zudem noch massiv abhängig von Treibstoff und Elektrizität. Es arbeiten nur noch ein paar Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft, weil hoher Maschineneinsatz es möglich macht. Wenn der Srom weg ist und/oder Treibstoffnachschub schwierig wird, wäre das für die meisten Großbetriebe eine ziemliche Katastrophe. Klimaanlagen für die Riesenställe, automatisierte Futterversorgung vom Silo bis in den Stall, Melkmaschinen usw. - ohne die ganze Technik ist Landwirtschaft so wie sie heute betrieben wird kaum möglich. Ein großer Teil des Viehbestandes würde innerhalb kurzer Zeit eingehen oder würde bestenfalls Notgeschlachtet. Es bräuchte in einer flächendeckenden Krise wieder viel mehr Hände in der Landwirtschaft, aber wo sollen die dann so schnell herkommen. Wer von Euch kann noch von Hand melken? Wäre mal ne gute Umfrage, finde ich.

  • ...naja.


    Überleg mal wie lange ein Bauer oder landwirtschaftlicher Betrieb im E-Fall durchhält?


    Energie, Kraftstoff, Heizung, Kühlung usw.
    Alles was tierische Produkte angeht versiegt, verendet oder wird schnell aufgefuttert.

    An der Kennzeichenbefestigung erkennt man die Ernsthaftigkeit eines Offroaders...

  • Rocky mir klar aber die These aufzustellen dass wir aktuell eine Selbstversorgungsgrad von <50% haben ist einfach falsch!