Gefährdung und Verletzbarkeit moderner Gesellschaften

  • sehe gerade, dass das TAB (Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag) derzeit eine Untersuchung Gefährdung und Verletzbarkeit moderner Gesellschaften – am Beispiel eines großräumigen Ausfalls der Stromversorgung durchführt




    ach ja:

    Zitat

    Status: laufend
    Laufzeit: 2008 bis 2010


    also könnten wir 2011 mal schauen, ob der Ergebnisbericht irgendwo online ist ...

  • Hallo,
    das Ergebnis ist online. Ich erlaube mir das Fazit zu zitieren:

    Zitat


    Die Folgenanalysen haben gezeigt, dass bereits nach wenigen Tagen im betroffenen Gebiet die flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit (lebens)notwendigen Gütern und Dienstleistungen nicht mehr sicherzustellen ist. Die öffentliche Sicherheit ist gefährdet, der grundgesetzlich verankerten Schutzpflicht für Leib und Leben seiner Bürger kann der Staat nicht mehr gerecht werden. Die Wahrscheinlichkeit eines langandauernden und das Gebiet mehrerer Bundesländer betreffenden Stromausfalls mag gering sein. Träte dieser Fall aber ein, kämen die dadurch ausgelösten Folgen einer nationalen Katastrophe gleich. Diese wäre selbst durch eine Mobilisierung aller internen und externen Kräfte und Ressourcen nicht »beherrschbar«, allenfalls zu mildern.
    Weitere Anstrengungen sind deshalb auf allen Ebenen erforderlich, um die Resilienz der Sektoren Kritischer Infrastrukturen kurz- und mittelfristig zu erhöhen sowie die Kapazitäten des nationalen Systems des Katastrophenmanagements weiter zu optimieren. Der Stromausfall als ein Paradebeispiel für »kaskadierende Schadenswirkungen« sollte deshalb auf der Agenda der Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft weiterhin hohe Priorität haben, auch um die Sensibilität für diese Thematik in Wirtschaft und Bevölkerung zu erhöhen. Der vorgelegte TAB-Bericht soll hierzu einen Beitrag leisten.

    Interessante Betrachtung vieler kritischer Bereiche des öffentlichen Lebens und er zeigt, dass wir (die Gesellschaft im allgemeinen) gandenlos abhängig vom Strom sind und völlig unvorbereitet auf einen längeren Ausfall. Schlimmer: es wird noch weiter reduziert (Beispiel BOS - Batteriepufferung nur noch für 2 Stunden beim Digitalfunk vorgesehen gegenüber 4-6 h beim analogen Vorgänger.


    Insgesamt erschien mir der Bericht etwas oberflächlich, bis ich mir die Zielgruppe ins Bewusstsein gerufen habe - und für die dürfe es schon fast zu ausführlich sein.


    Was völlig vergessen wurde ist auf EMP/NEMP einzugehen.


    Was der Bericht auf jeden Fall ist: eine Bestätigung Vorsorge für einen größeren Krisenfall zu treffen.

  • Danke für diesen Beitrag und den Link.
    Stromausfall gehört auf jeden Fall zu den Dingen, die mich am meisten beängstigen.


    Dazu braucht es wohl noch nicht mal zu Terroranschlägen zu kommen.
    Die Entwicklung alternativer Energien ist viel zu lange verpennt worden, so das Deutschland momentan Strom aus Frankreich kaufen muss.
    Wenn der Euro immer weniger Wert wird bzw wir eine heftige Inflation bekommen...wie lange wird Frankreich uns dann noch beliefern?


    Die in dem Artikel genannten Auswirkungen hören sich schrecklich an, sind aber dennoch sehr realistisch.


    LG Itchy

  • @ Itchy


    Ich war ebenfalls sehr beeindruckt, als ich mir diese Studie durchgelesen habe - hier wurde mal das gedacht, woran viele nicht denken (wollen).


    Trotz all der Dinge, die bei einem Stromausfall nicht mehr funktionieren werden, sollte man nicht vergessen, dass es die Menschheit über einen sehr langen Zeitraum auch ohne Strom geschafft hat.
    Fatal wird die Situation eben für all jene, die schwerer Erkrankungen haben, z. B. Dialyse-Patienten.


    Ob die Entwicklung der alternativen Energieformen verpennt wurde oder bewusst verhindert wurde, wird uns wohl niemand verraten; Fakt ist und bleibt, dass die Energiekonzerne, ebenso wie Frisöre und Bestattungsunternehmen immer verdienen und diese Position auch nicht gerne aus der Hand geben wollen. Wir können nur hoffen, dass wir irgendwann bessere und nachhaltigere Methoden der Energiegewinnung zu einem ehrlichen Preis bekommen werden.


    Zu den Stromimporten fällt mir nur ein, dass Politik und Wissenschaft sich selten gut vertragen, dreht man die Zeit zurück und erinnert sich dem Slogan eines grossen Energielieferanten, dann kann man nur noch lachen "....Energie für immer" lautete dieser nämlich.


    Warten wir mal den Winter ab und lassen uns überraschen, ob der Strom ausfällt.


    Gruss, Fairlane

  • Zitat von Fairlane;79242

    @ Itchy


    Ich war ebenfalls sehr beeindruckt, als ich mir diese Studie durchgelesen habe - hier wurde mal das gedacht, woran viele nicht denken (wollen).


    Trotz all der Dinge, die bei einem Stromausfall nicht mehr funktionieren werden, sollte man nicht vergessen, dass es die Menschheit über einen sehr langen Zeitraum auch ohne Strom geschafft hat.
    Gruss, Fairlane



    Hallo Fairlaine,


    die Menschen haben es in früheren Zeiten ohne Strom ausgehalten, allerdings besassen sie einen Dorfbrunnen oder sogar eine eigene Quelle mit einer guten alten Schwengelpumpe. Sie betrieben Vorratshaltung, oft bis ins 18. Jahrhundert hinein sogar meist Subsistenzlandwirtschaft, sie konnten mit Brennholz kochen, von dem sie einen ausreichenden Vorrat hatten und hatten Tranlampen zum Leuchten. Last but not least: Sie besassen hinter dem Haus einen Donnerbalken mit einer Sickergrube.


    Bei Stromausfall kommt aber kein Wasser mehr in eine Grossstadtwohnung im 5. Stock, weil die Pumpen im Wasserwerk ausgefallen sind. Aus dem gleichen Grund versagt die Klospülung.


    Der Zusammenbruch der Wasserversorgung und der Hygiene dürften am schnellsten und drastischsten wirken. Seuchen - und seinen es nur epidemieartige Durchfallerkrankungen wie Escheria Coli oder Noroviren - könnten, insbesondere im Sommerhalbjahr, sehr schnell ausbrechen. Grossstädte dürften bereits nach zwei bis drei Tagen zum Himmel stinken wie seinerzeit im Mittelalter. Der Nachttopfinhalt wird dann - wie damals - vom Balkon oder aus dem Fenster geleert


    Vorräte? Kochgelegenheit? Fehlanzeige. Mit Ausnahme von Wasser aber in den ersten Tagen das kleinere Problem. Für die meisten Durchschnittseuropäer dürften einige Fastentage keine gravierenden Auswirkungen haben. Spätestens nach einer Woche wird es dann eng. zumal auch die Logistikkette, insbesondere die Kühllogistik zusammmengebrochen ist.



    Was den meisten Menschen durchweg fehlt, sind die Rückfallsysteme. Bei den meisten Menschen fehlt selbst das Nachdenken über "Was wäre wenn ...?" Fragen. Technik wird als selbstverständlich und jederzeit verfügbar wahrgenommen.


    Viele Grüsse


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • @ Matthias


    Du hast vollkommen Recht.


    Die meisten hier im Forum sind gerade hier, weil sie die Gegebenheiten unserer modernen Zivilisation nicht als selbstverständlich sehen oder sich bewusst sind, dass diese fragile Gebilde sind.


    Dass ein langer Stromausfall Menschenleben kosten wird und die hygienischen Mißstände, welche diesem folgen noch mehr, ist eine schlimme Tatsache.
    Allerdings wird es mit Sicherheit Menschen geben, die sowohl für sich, als auch für andere denken, Gruppen bilden und vielleicht etwas tun, um die Lage unter Kontrolle zu bringen, oder wenigstens zu verbessern.
    Manche müssen vielleicht erst mitten in so einer Situation stecken, bevor sie anfangen sinnvoll zu handeln.


    Ich glaube einfach daran, dass der Mensch lernfähig ist und sich in sozialen Gruppen organisieren kann. Ein paar werden immer das Gegenteil beweisen, aber irgendwie wird es weiter gehen. Und gewiss wird es eine Wieder-Entdeckung alter Fertigkeiten geben, sollte es notwendig werden.




    Gruss, Fairlane

  • Zitat von Fairlane;79252


    Die meisten hier im Forum sind gerade hier, weil sie die Gegebenheiten unserer modernen Zivilisation nicht als selbstverständlich sehen oder sich bewusst sind, dass diese fragile Gebilde sind.



    In der Öffentlichkeit ist mir das peinlich zu sagen, dass ich nicht von daheim ausziehe, weil mein Elternhaus einfach perfekt liegt und für fast alle Arten möglicher Katastrophen wesentlich besser gerüstet ist als eine 2 Zimmer Wohnung in der nächsten Großstadt :face_with_tongue:

  • Zitat von Jeans;79259

    In der Öffentlichkeit ist mir das peinlich zu sagen, dass ich nicht von daheim ausziehe, weil mein Elternhaus einfach perfekt liegt und für fast alle Arten möglicher Katastrophen wesentlich besser gerüstet ist als eine 2 Zimmer Wohnung in der nächsten Großstadt :face_with_tongue:



    ... dann warte mal, bis die Liebe zuschlägt und Du Dir mit dem besten Weibchen dieses Universums ein Nest bauen willst - das natürlich auch auf dem Land stehen kann.


    (Na gut, das zweitbeste Weibchen, das beste hat sich für mich entschieden.)


    Sorry, could not resist :)



    Viele Grüsse


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)



  • Hey Matthias, nenn mich jung und unerfahren, aber bisher ist sowas in keinster Weise geplant und ich konnte dem Gift der Liebe bisher widerstehen :grinning_squinting_face:
    Merke: Nur ein echter Hardcore S&P ler ist Single und hat keine Frau und Kinder, die ihn "aufhalten" :face_with_tongue:


    aber zurück zum Thema:
    Ich denke, dass gerade bei einem Zusammenbruch der Annehmlichkeiten der Zivilisation ein Run aufs Land entstehen wird.
    Ehemals ansehnliche Mittelständler werden dann das sein, was man früher als Zigeuner bezeichnet hat (ohne jetzt hier rassistische Parolen gegenüber Sinti und Roma schwingen zu wollen).
    Leute, die sich in den Gartenhütten und Schrebergärten einnisten, die klauen und die Felder und Wälder leerfressen.

  • Ich vermisse eine Analyse der Auswirkungen eines mehrwöchigen Stromausfalls auf die nuklearen Anlagen sowie große Chemieanlagen in Deutschland.
    Dass es ein paar tausend Dialysepatienten trifft ist zweifellos schlimm, wenn uns hier aber 20 Atomreaktoren um die Ohren fliegen fände ich das noch weitaus übler...

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Zitat von Jeans;79264

    Hey Matthias, nenn mich jung und unerfahren, aber bisher ist sowas in keinster Weise geplant und ich konnte dem Gift der Liebe bisher widerstehen :grinning_squinting_face:
    Merke: Nur ein echter Hardcore S&P ler ist Single und hat keine Frau und Kinder, die ihn "aufhalten" :face_with_tongue:



    Hallo Jeans

    Erzähl keinen Quatsch!

    Erstens macht es zu zweit mehr Spass und zweitens:

    Wenn der Partner komplett andere Interessen hat wie Du, so hast Du eh was falsch gemacht.

    Ernst

  • Zitat von Waldschrat;79244

    Sie betrieben Vorratshaltung, oft bis ins 18. Jahrhundert hinein sogar meist Subsistenzlandwirtschaft,



    Etwas zum nachdenken: um 1900 ernährte 1 Person in der Landwirtschaft 4 Personen, um 2000 1 Person um die 360

    Gresli

  • Hallo,


    die TAB-Studie kommt jetzt zu Ergebnissen, die man bereits Anfang 2010 im baden-württembergischen "Krisenhandbuch Stromausfall" nachlesen konnte... Einer der Nachteile eines föderalen Systems: verschiedene Stellen machen die selbe Arbeit und kommen zu gleichen Ergebnissen...


    Wobei das Ba-Wü-Dokument eher Handbuchcharakter hat und praxisnäher erscheint. Die TAB-Studie hingegen macht sich mehr Gedanken über "weiche" Faktoren (Angst, Ratlosigkeit, Wut, Verzweiflung...).


    Grüsse


    Tom

  • Zitat von Jeans;79264

    Hey Matthias, nenn mich jung und unerfahren, aber bisher ist sowas in keinster Weise geplant und ich konnte dem Gift der Liebe bisher widerstehen :grinning_squinting_face:
    Merke: Nur ein echter Hardcore S&P ler ist Single und hat keine Frau und Kinder, die ihn "aufhalten" :face_with_tongue:


    Hallo Jeans,


    Survival & Preparedness ist sehr oft Teamarbeit. Mit der richtigen Partnerin bildest Du ein unschlagbares Team. Meine Frau und ich sind Segler. Ich weiss sehr gut, was das bei etwas heftigeren Windstärken bedeutet.


    Du kannst Dich mit Deiner Partnerin perfekt ergänzen, was Fähigkeiten, Sprachen und viele andere Dinge angeht.


    Meine Frau hat zum Beispiel schon mal zum chirurgischen Nahtmaterial gegriffen um mir so ungefähr anderthalb Tage vom nächsten Hafen eine Platzwunde zu nähen. Selber wäre ich vermutlich dazu nicht in der Lage gewesen, da die Platzwunde am Kopf war.


    Viele Grüsse


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)