Was tun, wenn einen die Krise unterwegs einholt?

  • Als 1999 der Jugoslawien-Krieg ausbrach, bei dem die NATO Serbien angegriffen und bombardiert hat, war ich gerade auf meiner ersten Sahara-Tour mit einer Gruppe von 8 Leuten, verteilt auf drei Geländewagen und zwei Enduros mitten im tunesischen Sandkasten unterwegs. Smartphones und mobiles Internet gab es noch nicht, so waren wir mitten im Nirgendwo auf Kurzwellen-Radio angewiesen. Wie es so kam hörten wir eines Abends zufällig eine deutsche Sendung von Radio Moskau. Sinngemäß wurde darin berichtet, dass die westliche Staaten bzw. die NATO Serbien angreifen würde und dass als Reaktion darauf mit Atomraketen und Marschflugkörpern bestückte russische U-Boote ins Mittelmeer entsandt würden. Das machte uns doch ziemliche Sorgen und das Thema verfolgte uns tagelang und so entstand ein halb witzig, halb ernst gemeintes Planspiel, was wäre wenn... ...wenn es wegen des Balkankonflikts zu einem nuklearen Schlagabtausch in Europa käme und wir gerade in der Sahara sitzen. "Wir bleiben hier" - war eine spontane Reaktion, wobei die Wüste nicht unbedingt ein guter Daueraufenthaltsort ist. "Wir schlagen uns über Algerien, Niger und Mali nach Westafrika durch (das war eher der Ansatz der "Surfer-/Easy-Living-Fraktion"). Jedenfalls war es hochspannend, wie die Gruppe begann, im Kopf die vorhandenen Habseligkeiten, Sprit und Wasservorräte, Lebensmittel, Ersatzteile, Bargeld etc. durchzugehen und was man damit anfangen könnte, wenn eine Rückkehr bis auf Weiteres ausgeschlossen gewesen wäre.


    Bis vorletzte Woche war ich mit der Famiie 10 Tage auf Sardinien unterwegs und beim Ausräumen des Kastenwagens nach der Rückkehr ging ich das Spiel auch im Kopf durch. Was hätten wir an nützlichem dabeigehabt, was hätte gefehlt? Wie hätten wir längere Zeit mit dem, was wir dabei hatten, auskommen können. Sardinien wäre insofern für ein Robinson-Crusoe-Szenario ein Glücksfall gewesen, anders als die Sahara: im Landesinneren recht dünn besiedelt, dort in den Höhenlagen auch im Hochsommer ein erträgliches Klima (die Berge sind bis 1.600m hoch)/im Winter würde man auf Seehöhe umsiedeln, um nicht zu frieren. Überall im Landesinneren gibt es aufgelassene Gehöfte, teilweise ganze verlassene Bergdörfer. Zahlreiche Wasserquellen mit guter Qualität, keine gefährlichen/giftigen wilden Tiere (dafür zahlreiche ausgewilderte ehemalige Hausschweine), an den felsigen Küstenstellen einiges an Fischreichtum.


    Ich hab dann mal Teile des Wohnmobil-Inventars rausgeräumt aund abgelichtet. Neben normaler Ausrüstung (wie Klamotten, Bettwäsche, Strand-/Badezeug, Wanderausrüstung, Campingtisch und -stühle, Küchenausstattung und Vorräte, Wagenheber, Bordwerkzeug, Ersatzrad) hatten wir das hier noch dabei:


    Wasserbeschaffung:

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    Erste HIlfe/Medikamente:

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    Stromversorgung:

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    Elektronik:

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    Werkzeug:

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    ...und das hatten wir NICHT dabei:


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    Ausserdem nicht dabei:

    - Fahrrad/Fahrräder

    - Zelt/Schlafsack/Isomatte

    - Universalplane(n)

    - Paddelboot

    - Angelzeug

    - weiteres Bastelmaterial zum Improvisieren (Seile, Lochband, Winkel, Schrauben)


    glattweg vergessen:

    - PMR-Funkgeräte

    - Trinkwasserfilter (wobei das auf Sardinien unkritisch wäre)


    Was unserem Ducato bislang noch fehlt, ist ein eigenes auf dem Dach abnehmbar installiertes Solarmodul (heute kam die Zusage, dass es nun endlich geliefert würde), das hat um die 200Wp und soll dann über einen Victron MPPT-Laderegler die Wohnbatterie unterstützen, wobei sich die frisch installierte 100Ah LiFePO4-Batterie auch ohne Solarunterstützung bewährt hat, wenn man alle 2-3 Tage mal ne Strecke fährt, ist sie schnell wieder aufgeladen. Da ich aber nicht komplett ohne Solarstrom loswollte, habe ich notgedrungen mein altes 40Wp-Faltmodul dabei gehabt. Es wird über ein mitgeliefertes 12V-Stecker-Stecker-Kabel direkt in eine 12V-Steckdose eingestöpselt und liefert im Leerlauf etwa 14,5V (unter Last sind es dann noch 13,x V). Da man mit dem Womo auch gerne mal im Schatten steht, habe ich mir auf der Insel aus mitgedührtem Elektrobastelmaterial eine Verlängerung improvisiert - mit 10m Zwillingslitze und zwei 12V-Steckern und Wago-Klemmen. So konnte ich das Modul auch abgesetzt vom Fahrzeug in die Sonne legen.


    Mein Ziel ist jetzt, die Fahrzeuge bei uns mit einer möglichst kompakten Ausrüstung auszustatten, die immer drin bleibt und quasi eine Art "eBOB" darstellt, ein extended bug-out bag, das einem im Extremfall ein Ausharren bzw. einen Neustart erleichtern soll, egal, wo man gerade ist.


    Grüsse

    Tom (der gerade mächtig viel Zeit hat - Dank Corona gerade in Absonderung noch ein paar Tage "isoliert" - glücklicherweise keine Symptome mehr)

    2 Mal editiert, zuletzt von tomduly ()

  • Da fällt mir eine "lustige" Geschichte ein, die folgendes zeigt:


    Egal wie sehr Du vorbereitet bist, manchmal ist man auch zu doof um das vorhandene Equipment richtig einzusetzen.


    Wir waren, mit Wohnwagen, auf einer 18-tägigen Rundreise durch Holland. Da ich gesundheitlich etwas angeschlagen war, konnte ich noch nicht das Solarmodul installieren, so blieb dieses zu Hause. Ich habe zusätzlich zur Versorgungsbatterie (120 Ah AGM) noch meinen neuen LiFePo4-Akku (140 Ah) mitgenommen, da wir eventuell ein oder zwei Tage ohne externe Stromversorgung stehen würden.


    So begab es sich, das wir einen Platz fanden der uns aber keinen Strom zur Verfügung stellen konnte. Kein Problem, wir sind ja gut ausgerüstet.....


    In meiner grenzenlosen Blödheit, und weil ich es mir einfach machen wollte, an den LiFePo4-Akku einen Wechselrichter angeschlossen und 230 Volt über die Ausseneinspeisung am Wohnwagen den selben mit Strom versorgt. Klappte wunderbar und ich war erstmal der Held meiner BEVA. Für genau 6 Stunden :grinning_face_with_smiling_eyes:

    Wir schauten gemütlich irgend eine Trash-TV Sendung und genossen unsere Kaltgetränke als es dunkel wurde. Was war passiert ?


    Aus 12 Volt 230 Volt zu machen zieht so eine Batterie schon schnell leer. Außerdem habe ich dadurch erstmal, über den Umweg des Wechselrichters, meine Bordbatterie aufgeladen. Und wenn ich Seppel dann auch noch vergessen den Kühlschrank auf Gas umzustellen, dieser Stand immer noch vom Vortag auf 230 Volt, muss man sich nicht wundern. Außerdem ist der Fernseher ein Standart-TV auf 230 Volt der auch nicht gerade sparsam ist.


    Ich werde nun einen 12V-TV für den WW besorgen und mir den Wechselrichter aus dem WW verbannen. Eigentlich brauchen wir dort dann keine 230 Volt mehr. Das Solarmodul wird nächste Woche installiert.


    Also, immer auch den Kopf einschalten :winking_face:

  • Ich werde nun einen 12V-TV für den WW besorgen und mir den Wechselrichter aus dem WW verbannen. Eigentlich brauchen wir dort dann keine 230 Volt mehr.

    Ich hab meinen Wohnwagen auch komplett auf 12 Volt umgerüstet. Alle elektronischen Geräte, wie Laptop, Handylader, TV, etc. gibts mit 12 Volt Anschluß. Beleuchtung mit LEDs. Kühlschrank und Herd gehen mit Gas. Dazu noch eine kleine AGM-Batterie. Umrüstung auf LiFePo4 ist geplant, aber nicht solange die AGM noch ihren Dienst tut. Die heute häufig verlangte überteuerte Strompauschale mit meinetwegen 4,50 €/Tag oder 80 Cent/kwh machen den Abschied leicht. Geladen wird über relativ kleines Solarpanel, bzw. über das Zugauto. Nur mit meiner Kaffemaschine bin ich noch am überlegen. Ein Spannungswandler mit etwa 2000 Watt Leistung ist mir zu schwer. Und das würde auch die kleine AGM-Batterie nicht packen. Dazu gleich noch eine Frage: Gibts einen Kaffevollautomaten mit unter 1000 Watt?

  • Dazu gleich noch eine Frage: Gibts einen Kaffevollautomaten mit unter 1000 Watt?

    Ich glaube, bei Kaffeevollautomaten wird es eng.... daher kochen wir im WW Kaffee auf die alte Art: Wasser aufkochen und durch den Handfilter.

  • Ich habe meinen Wohnwagen auch komplett auf 12V umgebaut. Alles auf LED umgerüstet, eigene Batterie und 210Wp Solar. Zusätzlich kann ich weitere mobile Panel anschließen. Da ich dann aber eine UV Lampe zur Desinfektion von Wasser haben wollte und es die nur für 230V gab habe ich jetzt einen Umschalter der einen 230V Wandler einschaltet und das gesamte 230V Bordnetz von Landstrom auf den Wandler umstellt. Zusätzlicher Vorteil: Ich kann auch die Klapp-Ebikes bei Sonne effektiver mit dem original Ladegerät laden und habe sie schneller voll als wenn ich meine 12V--> 48V DC/DC Stepper Variante nutze.

    Ist natürlich nur bei Bedarf eingeschaltet und kann maximal 500W aber das geht dann natürlich schnell auf die Batterie. Wasser desinfizieren was man schon eine Woche im Kanister durch die Gegend fährt ist am Tag mit 30 Watt aber überhaupt kein Problem und die 200W bei 2 Ebikes werden an einem sonnigen Tag fast komplett über Solar aufgefangen. Der Rest ist bis zum Abend wieder voll und man hat wieder 40km rein elektrische Fahrrad Reichweite.

    Und wenn man mal was aufladen möchte für das man keine 12V Lösung hat ist es auf jeden Fall nice to have.

  • Ich glaube, bei Kaffeevollautomaten wird es eng.... daher kochen wir im WW Kaffee auf die alte Art: Wasser aufkochen und durch den Handfilter.

    Handfilter, French press oder die Espresso kannen, die man auf den herd stellen kann.


    Ich hatte mal ne elektrisch e in diesem kannendesign.

    Gibt es auch in 170w 230vcamping ausführung https://amzn.eu/d/0tGcbWV?tag=httpswwwaustr-21


    365w

    https://amzn.eu/d/0tGcbWV?tag=httpswwwaustr-21



    aus DE gesendet....

  • Matteo sprach aber von einem Kaffeevollautomaten :winking_face: Und da wird es wohl mit unter 1000 Watt schwierig was zu finden, von der Qualität mal abgesehen.

  • Gibts einen Kaffevollautomaten mit unter 1000 Watt?

    Vollautomat ist mir nicht bekannt und wenn doch würde ich ihn sofort kaufen... Aber es gibt die Option einer umgerüsteten Senseo.


    https://camping-experten.de/campeo-camping-kaffeemaschine/


    https://www.amazon.de/modifizi…=8-3&tag=httpswwwaustr-21


    Die zieht 700 Watt und ist sonst eine Senseo.


    https://www.lkw-zubehoer.de/sh…Philips-700W-schwarz.html

    Einmal editiert, zuletzt von TheHamster ()

  • Die Eingangsfrage lautet ja:

    Wastunwenneinendiekriseunterwegseinholt


    Regel Nr. 1

    Immer genügend Treibstoff an Bord für maximale Reichweite

    Regel Nr. 2

    Alternative Navigationsmöglichkeit zu GPS etc. (Karten/Strassenatlas)

    Regel Nr. 3

    Von Anfang an KEINEN Kaffeevollautomaten mitnehmen

    Regel Nr. 4

    KEINE Leute mitnehmen die einen Kaffeevollautomaten benötigen

    Regel Nr. 5

    Cash is King! Genug Bargeld in einer Währung die breit akzeptiert wird dabei haben, falls man Treibstoff/Nahrung/Reperatur benötigt.

    Die Party ist vorbei!

  • Und bei Regel Nr. 5 beachten: genügend Kleingeld dabei haben. Ging mir letztens in Italien so: in einem kleinen Dorf-Supermarkt 6x1,5l Mineralwasser und eine Wassermelone gekauft. An der Kasse wurde mir eine Summe von 4,76€ genannt. Ich zückte gedankenverloren einen 50€-Schein und die Verkäuferin schaute mich streng an und sagte "No!", schnell fischte ich eine 5€-Note heraus (die letzte) und sie strahlte mich mit einem zufriedenen "Siiiiii!" an. Als sie die Kassenschublade öffnete, sah ich, dass sämtliche Banknotenfächer von groß bis klein prall gefüllt waren, sie hätte problemlos den 50er wechseln können, wollte das aber aus Prinzip nicht.

    Und dabei waren wir schon mit bestimmt 30 Stück 5€-Scheinen in den Urlaub gestartet, aber die verteilen sich gefühlt wie seinerzeit die Packen mit den 1.000-Lire-Scheinchen in der Hosentasche.

  • [...] Und dabei waren wir schon mit bestimmt 30 Stück 5€-Scheinen in den Urlaub gestartet, aber die verteilen sich gefühlt wie seinerzeit die Packen mit den 1.000-Lire-Scheinchen in der Hosentasche.

    Die 5er sind schon auch im hiesigen Einzelhandel ein sehr begehrter Schein :winking_face:


    Speziell wer morgens im Supermarkt oder beim Bäcker mit großen Scheinen zahlen möchte, bekommt oft eine Absage, weil die Standardbestückung von Kassenschubladen dann nicht mehr ausreichend Wechselgeld für den nächsten Kunden enthalten würde - so wurds mir jedenfalls erklärt :person_shrugging:

    BY/DE

    Si vis pacem, para bellum.

  • Die 5er sind schon auch im hiesigen Einzelhandel ein sehr begehrter Schein :winking_face:


    Speziell wer morgens im Supermarkt oder beim Bäcker mit großen Scheinen zahlen möchte, bekommt oft eine Absage, weil die Standardbestückung von Kassenschubladen dann nicht mehr ausreichend Wechselgeld für den nächsten Kunden enthalten würde - so wurds mir jedenfalls erklärt :person_shrugging:

    Ja, wenn der Chef seinen Mitarbeitern nicht vertraut oder auch nur eine geizige Socke ist, dann ist das für die Leute vor Ort wirklich ein Problem...


    Man sollte als Faustformel (auf beiden Seiten) davon ausgehen, dass man mit dem doppelten Warenwert problemlos als Schein zahlen kann und mit dem dreifachen "in der Regel". Das klappt...


    Man darf nur keinen BWLer dranlassen... :winking_face:

  • Jedenfalls war es hochspannend, wie die Gruppe begann, im Kopf die vorhandenen Habseligkeiten, Sprit und Wasservorräte, Lebensmittel, Ersatzteile, Bargeld etc. durchzugehen und was man damit anfangen könnte, wenn eine Rückkehr bis auf Weiteres ausgeschlossen gewesen wäre.

    Finde ich auch spannend. Auch weil man sieht, wie "realitätsnah" manche aufgestellt sind (wobei ja auch das diskutiert werden kann).



    Ich lebe in Brasilien und mein Bruder in D und als Putin in die Ukraine, haben wir schon öfter telefoniert. Ich habe ihm angeboten, wenn "der Russe" kommen sollte, dann kann er rumkommen, ich habe Reserven um hier einige Zeit auszuharren.

    Ich habe ihm gesagt, er solle sich einen Fluchtrucksack packen (auch wenn ich den Begriff nicht so mag) und da auch paar € und $ reinpacken.

    Wir hatten dann auch diskutiert, was er zurücklassen solle und wie er seine Wohnung wetterfest machen kann, etc. pp und wie lange er bei mir bleiben würde.

    Ich habe ihm dann salopp gesagt: Wenn es wirklich soweit kommt, dass er mit einem Rucksack aus D fliehen muss, weil ein anderes Land angreift, dann muss er damit rechnen, dass alles was in D verbleibt verloren ist und dass er erstmal sehr lange nicht zurück kehrt.


    Zum Thema:

    Ich denke es ist wichtig, dass man seine Hausaufgaben gemacht hat UND das was man nutzen will (ob das nun Werkzeuge, Klamotten, Ausrüstung) aus dem täglichen Leben kennt. Es macht keinen Sinn irgendwas zu kaufen, in den Keller zu legen und dann zu denken, dass man sowas im Falle nutzen könnte. IdR geht sowas in die Hose.

    Ich kenne das auch vom Trekking, da zieht man auch nicht mit brandneuem Equipment los, sondern man tausch einzelne Dinge. Neue Schuhe erstmal auf nem Tagesausflug testen bevor man für einige Tage loszieht, etc.