Wo würdet ihr hingehen, wenn ihr frei wählen dürftet?

  • Erstmal Danke an Miesegrau, für seinen wunderbaren Beitrag #194!


    Ich würde (wenn ich vor 20 Jahren gewusst hätte, was ich heute weiß) nach Kanada gehen. Mittlerweile ist es zu spät für mich, ich bin hier viel zu tief verwurzelt.
    Einen "alten" Baum pflanzt man nicht mehr um...

  • Ein alter Thread wiederbelebt - aber egal. Wir würden gerne nach Kanada gehen, aber das ist wegen der Kinder und der Jobs nicht so einfach. Wir geben das aber noch nicht auf :)

    - Wer den Kampf nicht geteilt hat, der wird teilen die Niederlage -

    Bertold Brecht

  • Ja ist ein tolles Land, leider hat mich immer irgendetwas davon abgehalten rüber zu machen...

  • Zitat von lederstrumpf;314613

    Ja ist ein tolles Land, leider hat mich immer irgendetwas davon abgehalten rüber zu machen...


    Im Schweizer Fernsehen gibt es seit 2012 die Auswanderer-Doko "Auf und davon" ich liebe diese Produktion!


    Vor allem die Beiträge aus Kanada, hier die Seite der Sendung:
    https://www.srf.ch/sendungen/a…-schoenbaechler-in-kanada


    Ich habe selber Verwandte, die vor 15 Jahren nach Kanada ausgewandert sind.

  • Dem stimme ich zu. Mein Vater war Anfang der 1960er Jahre nach Kanada ausgewandert, von Bremerhaven aus, mit einem Schiff rüber. Hat dort jahrelang in der Wildnis gelebt so richtig als Trapper in einer Blockhütte. Riesige Lachse gefangen usw.


    Er hat von dort kistenweise Dias mitgebracht von seinen Abenteuern... Dann kam er zurück nach Deutschland und hat mich gezeugt, der Dummkopf. Ich waere lieber in Kanada geblieben :grinning_squinting_face:


    Kanada ist sicher heute noch genauso schön wie damals, ein riesiges Land mit nur 36 Millionen Einwohnern.

    Ich krieg' die Krise, wenn ich sie nur sehe!

  • Zitat von hayko;314617


    Dann kam er zurück nach Deutschland und hat mich gezeugt, der Dummkopf. Ich waere lieber in Kanada geblieben :grinning_squinting_face:


    Naja, wird halt verdammt einsam gewesen sein...sollte man nicht unterschätzen.;-)

  • Hallo,


    ich könnte, ich würde, die Arbeit, die Kinder, die Frau, die Freunde... Es gibt doch hundert Gründe es nicht zu tun.
    Die Kinder sind irgendwann sowieso aus dem Haus, in D hast Du die 50% Wahrscheinlichkeit das Deine Frau schon vorher weg ist, Arbeit gibt es in Deinem Wunschland bestimmt auch und so weiter, und so weiter.


    Vor zwanzig Jahren hatte ich die Ausrede, daß ich Finnisch nie lernen werde, irgendwie hätte ich es schon gelernt. War eben einfacher.


    Der Ratschlag, seinem Bauch zu folgen, ist bestimmt nicht der Beste, nur seinem Kopf aber auch nicht.

  • Ich bin schon da wo ich mich mal hingewählt habe, in der Schweiz. Wenn ich eine Entscheidung in meinem Leben nie bereut habe dann war es diese.


    Eine Auswanderung ist aber ein fundamentaler Einschnitt in Leben der Personen die ihre Heimat verlassen und hat Konsequenzen die man am Tag der Abfahrt / des Abflugs vielleicht noch gar nicht erahnt. Bei uns war es zum Beispiel die Abwesenheit von anderen, "freien" Familienmitgliedern, Opa und Oma sind halt mal eben 800km weg von Daheim und können nicht mal eben die Kinder hüten.
    Ausserdem ist da noch der Zyklus von rosaroter Brille zu Realität zu Integration. Diesen scheint es bei allen Auswanderern in der einen oder anderen Form zu geben, ich habe noch mit anderen Expats sprechen können die mir alle ähnliches geschildert haben.
    Erst kommt eine Phase in der alles super ist, dann schlägt man irgendwann auf dem harten Boden der Realität auf - hey, auch hier ist nicht das Paradies !? Erholt man sich davon - manche tun das nicht und gehen zurück in die alte Heimat - beginnt die echte Integrationsphase, in der man sich in seiner Lebens - und Denkweise immer mehr den "Einheimischen" anpasst. Dieser Prozess geschieht lustigerweise fast wie von selbst, man muss es nur von Grund auf wollen.


    Zum Zielland an sich:
    Egal wo man hin geht, es ist anders, grundlegend anders dort.
    Wenn ich mich heute wie auch früher mal in Auswandererforen umsehe sehe ich immer dass im Zusammenhang mit Deutschland und der Schweiz von "kleinen Unterschieden" gesprochen wird.
    Diese Auffassung ist grundlegend falsch!
    Es gibt nämlich einen gigantischen, fundamentalen Unterschied zwischen Deutschland und der Schweiz, der zwar allen bekannt ist, aber nicht die Konsequenzen daraus - die direkte Demokratie bzw. die Organisation des Staates an sich. Während Deutschland sehr "von oben herab" organisiert ist - was nicht schlecht sein muss- ist es in der Schweiz genau umgekehrt - jeder einzelne Bürger ist tragende Säule des Staaes. Daraus ergibt sich eine grundlegend andere Handelns - und Denkweise der Menschen als in .DE. Ich habe ungefähr 8 Jahre gebraucht um das zu raffen...
    Und wir sprechen hier von einem europäischen, demokratischen, christlich geprägten Land mit (fast ;-)) derselben Sprache wie in Deutschland. In anderen Staaten kann man die Schwierigkeiten dann beliebig heftig auswählen - andere Sprache, grundlegend andere Staatsstruktur, andere Staatsreligion, etcpp. Jeder dieser Punkte erhöht den Schwierigkeitsgrad um ein Level, bis zur völligen unintegrierbarkeit bis zum eigenen Lebensende und einem ziemlich frustrierten Tod. Wenn man sich den Schuh denn anziehen will, ich kenne auch genug Leute die sich auch in zweiter Generation immer noch "Deutsche" schimpfen. Von denen hat es aber leider keiner in meinen engeren Bekanntenkreis, sprich zu den Leuten mit denen ich auch privat zu tun habe, geschafft. :unschuldig:


    Sorry wenn ich so weit ausgeholt habe aber ich fand das notwendig um die Frage des TO beantworten zu können:
    Wir können überall hin gehen. Dorthin wo wir wollen. Systemgrenzen sind wesentlich leichter zu überschreiten als noch vor 20 oder 25 Jahren. Die Frage ist, ob wir den Preis dafür bezahlen wollen an dem Ort leben zu dürfen der uns am lebenswertesten erscheint.


    Ich habe mich entschieden, den Preis bezahlt. Neue Freunde finden, Kontakte knüpfen, ein soziales Netz aufbauen, sich integrieren und glücklich werden, die alten Freunde hinter sich lassen, jedenfalls die meisten, und auch die Familie, bis auf mehr oder weniger regelmässige Besuche. Es gab auch Zeiten in denen ich hätte ausrasten können, tief deprimiert war oder alles hinschmeissen wollte.
    Aber ich bin immer noch hier, und fühle mich wohl wie nie.


    LG, Bremsstrahlung

    Die Kunst ist einmal mehr aufzustehen als man umgeworfen wird. - Winston Churchill

  • Ich mache bei der Diversity Lottery dv19 der "Greencardlotterie" mit.
    Wenn Ich gewinne habe Ich vor nach Azizona zu gehen.

    Prepper, Atheist, Existentialist und Realist

  • Wo würdet ihr hingehen, wenn ihr frei wählen dürftet? --> Schwere Frage, ich kann frei wählen und doch nicht. Ich bin da, wo die Arbeit ist. Sonst wäre ich woanders. Im Leben kann man sich mehr oder weniger alles frei aussuchen, aber man muss entweder mit den Konsequenzen leben, wie arbeitslos, aber perfekter Wohnort oder Arbeit und nicht ganz so perfekter Wohnort. Ins Ausland zieht es mich aktuell nicht. Vielleicht später mal. Man wird sehen.

    -<[ Nunquam-Non-Paratus ]>-

  • Zitat von SBB+;314641

    Wo würdet ihr hingehen, wenn ihr frei wählen dürftet? --> Schwere Frage, ich kann frei wählen und doch nicht.


    Darum findet man zB. in den USA nur selten massiv gebaute Wohngebäude. Denn dort ist traditionell die Devise, mobil zu sein bzw. zu bleiben...


    Ob es das jetzt ist? Für mich wäre es nichts.

  • Für mich wäre das nix. Die USA ist auch in Sachen Arbeitplatz ein Sonderfall. Dort herrscht eine ganz andere Arbeitskultur und auch eine sehr intensive Rotation der Arbeitskräfte. Dazu haben genug Leute dort 3 Jobs um zu überleben. Gut, mit meiner Ausbildung würde es vielleicht in den USA für einen Job reichen, aber ob ich so mit der Mentalität klarkomme ist eine ganz andere Sache. Ich glaube eher nein, da liegt mir die nordische eher bzw. die swedische.


    In den USA ist der Wohnungsbau auch stark dem Klima dort geschuldet. Dazu dem Geldbeutel. Die reichen wohnen in Steinhäuser.

    -<[ Nunquam-Non-Paratus ]>-

  • Tut mir leid, aber das Video von Lederstrumpf ist mir zu romantisch.


    Gezeigt wird z.B. nicht was und wie er den Winter verbringt.
    Von was lebt er usw.


    Irgendwie wird versucht das Idealbild Kanadas hoch zu halten ohne auf Schwierigkeiten einzu gehen.
    Trotzdem schön anzuschauen.


    meint
    der Boxer

    Das Leben ist das, was dazwischen kommt, wenn man alles geplant hat

  • Das Leben in den ländlichen Regionen der USA und Kanadas ist alles andere als romantisch. Das merkt man schnell, wenn man zB medizinische Hilfe benötigt (egal ob geplant oder als Notfall) oder man alt wird.
    Kulturelles Leben abseits von Lagerfeuerromantik und Grillabenden - absolute Fehlanzeige.
    Telefon, Internet, Postzustellung ... reine Glückssache.
    Zuverlässige und kompetente Polizei, Feuerwehr, Gerichte - reine Glückssache, da idR Wahlbeamte (in den USA).
    Alles andere was zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehört, entweder gar nicht vorhanden oder nur mit minimalem Geld ausgestattet und de facto unbrauchbar. (USA)
    Deine Freiheitsrechte? Die interessieren den County Sherriff oder das XY-PD einen Scheißdreck.

  • Tja die Geschichte mit den Sehnsuchtszielen...Mir hat mal ein Nachbar gesagt: Wenn das Gras auf der anderen Seite grüner ist, könnte das auch daran liegen dass es dort mehr sch... gibt. :devil:


    Ich hatte mal die Wahl und bin dahin gegangen, habs auch - im Gegensatz zu anderen Auswanderern - nie bereut, darum: Ich würde direkt dahin gehen wo ich jetzt wohne (ohne Umwege). :)
    Nichtsdestotrotz müsse ich lügen wenn ich behaupten würde dass mich nie das (endgültige) Fernweh packt. Wanderlust ist halt auch irgendwie eine Krankheit, mittlerweile habe ich sie aber ziemich gut im Griff. Und wenns mal wieder anfängt zu jucken wird einfach ein bissl recherchiert, je mehr die Erkenntnis wächst desto kleiner wird in der Regel der Wunsch, sich das anzutun. Könnte aber auch am Alter liegen. :winking_face:


    LG, Bremsstrahlung

    Die Kunst ist einmal mehr aufzustehen als man umgeworfen wird. - Winston Churchill

  • Die Corona-Krise hat mir ziemlich deutlich vor Augen geführt, dass ich zuhause wohl am allerbesten aufgehoben bin. Die allgemeine Versorgungslage, das weltweit beste Gesundheitssystem und die wirtschaftliche Unterstützung haben doch für uns in Deutschland die Corona-Krise zur vergleichsweise komfortablen Zone gemacht. Ich glaube, in jedem anderen Land der Welt wäre es mir dabei nicht so gut gegangen, wie hier zuhause.


    Was folgere ich für mich daraus:


    Früher hätte ich gedacht, dass ich mich bei einer existenziellen Bedrohungslage am liebsten ganz allein auf mich selbst verlasse und ich in eine einsame Gegend flüchte. Jetzt glaube ich, dass es in solchen Situationen dort am besten ist, wo so viele Menschen leben, dass man dort nach dem Abwägungsprinzip als erstes beginnen wird, die Infrastruktur und Versorgung wieder herzustellen. Also am Rand von Ballungszentren zum Beispiel. Und meine Zeilen oben deuten für mich darauf hin, dass es in Deutschland am besten ist. Also kann das Ergebnis dieser neuen Erkenntnisse sein, dass ich weniger in Fluchtmöglichkeiten investiere, sondern stattdessen in das Zuhause. Das passt aber eventuell nur für mich, ich will damit keinesfalls einen Allgemeinanspruch formulieren.


    LG Gode

  • Ich schicke mal voraus, daß wir genau dort sind, wo wir hin wollten und es nie bereut haben. ( Paraguay )

    Das liegt wahrscheinlich daran, daß wir 16 Jahre lang jedes Jahr eine kürzere oder längere Zeit im Land verbrachten und uns deshalb keine Illusionen mehr über das Leben und den Alltag hier machten.


    Dann möchte ich zu bedenken geben, daß es woanders nicht besser ist, sondern eben nur anders.

    Aus Erfahrung kann ich sagen, daß, um nur ein Beispiel zu nennen, einem immer nur schönes Wetter irgendwann auch auf den Keks geht und man sich regelrecht nach 2 bis 3 Wochen Schietwetter sehnt. :upside_down_face:


    Nirgendwo ist das Paradies, aber mit etwas Glück findet man sein Fleckchen Erde, das dem schon sehr nahe kommt.

    So wie wir.


    Die meisten Kriterien für ein erfolgreiches Auswandern wurden in diesem Faden bereits genannt.

    Oberste Priorität muß das Erlernen und Beherrschen der Sprache des Wunschlandes sein. Zumindest sollte man sie so gut beherrschen, daß man im Alltag gut bis sehr gut zurechtkommt. Für Ausnahmesituationen gibt es dann immer noch Dolmetscher. ( die man aber nicht gratis gestellt bekommt, sondern selber bezahlt )

    Ohne genügend Kapital darf man auch nicht ins Ausland gehen.

    Will oder muss man noch arbeiten, will oder muss man sich eine Existenz aufbauen, dann sollte das Kapital mindestens 4 Jahre reichen, ohne daß man in Existenznot kommt.

    Dann kommen noch andere wichtige Fragen dazu.

    Kann ich mir vorstellen, ohne hunderttausend Versicherungen zu leben, die jede noch so unwahrscheinliche, aber vielleicht eventuell mögliche Unannehmlichkeit abfedern?

    Kann ich mir vorstellen, daß ich die ärztliche Behandlung selber bezahlen muss?

    Kann ich mir vorstellen, wirklich zu 100% für mein Leben selber verantwortlich zu sein?

    Kann ich mir vorstellen, auf dem Hochseil des Lebens zu balancieren, ohne daß ein Absturz vom sozialen Netz aufgefangen wird?

    Meine Erfahrung, gerade mit DACHlern, hat gezeigt, daß die meisten Migranten aus diesen Ländern es nicht können.

    Sie kommen hierher, weil sie sich in ihrer Heimat unfrei fühlen, sich vom Staat bevormundet und gegängelt sehen.

    Und kaum sind sie hier, dann bemerken sie, daß sie mit so viel Freiheit gar nicht umgehen können. Sie macht ihnen Angst.

    Gerade von den Deutschen höre ich ganz oft: Aber das geht ja gar nicht! Da muss doch ein Gesetz dafür/dagegen her!


    Im Gegensatz zu Deutschland wird in anderen Ländern nicht ständig von Integration geredet.

    Sie wird weder erwartet noch verlangt.

    Jeder darf seine Kultur beibehalten und leben wie er will, solange er anderen Menschen nicht schadet.

    Es wird allerdings nicht geduldet, daß die Zuwanderer die Gesetze des Landes missachten und meinen, sie könnten ihre eigenen mitbringen und nach denen leben. Es gelten die Gesetze des Gastlandes. Und zwar für alle. Wem das nicht passt, hat das Recht und die Freiheit, das Land jederzeit wieder zu verlassen.