Was tun gegen die Perspektivlosigkeit in dieser Zeit?

  • Geb nun auch noch ein wenig Senf dazu.......


    Zitat von Metaller;125768


    Aber ich kann mich zumindest auf mich verlassen. Die auf ihresgleichen nicht.


    Hallo Metaller,


    Finde es gut wenn man sagen kann, ich kann mich auf mich verlassen. Das zeigt, dass ein gutes Urvertrauen in die eigenen Fähigkeiten besteht.


    Wenn Du meinst, "Die auf ihresgleichen nicht," meine ich daraus zu verstehen, dass Du oft enttäuscht worden bist.


    Daraus kann nun ein Denkmuster geworden sein, dass uns daran hindert uns positiv auf Neues einzulassen, aus Angst wieder den Schmerz der Enttäuschung zu erfahren.
    Außerdem bauen wir einen ungeheuren inneren Druck damit auf, dem Typ zu entsprechen, auf den man sich verlassen kann, der man, weil es dem Ideal entspricht, für Andere sein will.


    Die Frage ist, welcher Druck kommt aus uns selber und welcher wird uns von Außen (Vorgesetzten) aufgebürdet.
    Den Druck aus mir selber kann ich bearbeiten.
    Druck von außen muss abgewogen werden nach Sinnhaftigkeit.
    Nützt ja nichts wenn der Körper krank wird.


    Glaube ganz einfach, mit Hausbau und beruflichem Arbeitsstress ist man einfach ausgelaugt, und die Frage ist, wie kannst Du Deine inneren Kraftreserven wieder füllen.
    Glücksgefühle, lachen sich über was freuen, entstehen im Jetzt und nicht in der Zukunft.



    Schreib das hier aus meiner momentanen Sicht.


    Liebe Grüße, Anne

  • Nun, als ich die "komnsumgeilen, kinderlosen Paare" geißelte, wollte ich nicht alle diese Lebensgemeinschaften über einen Kamm scheren. Es war mehr als Beispiel gedacht. Ich wollte eigentlich nur zum Ausdruck bringen, dass Kinder einem einen Sinn vermitteln und (bei entsprechender Erziehung) meine Ideen und Werte umsetzen und verwirklichen (können). Ich kann nur für mich und meine Frau sprechen, dass die bisherigen Fehler und Erlebnisse unsere Ehe gefestigt haben und unseren Umgang mit Konsum, Zukunft und Mitmenschen erheblich verändert hat. Wir haben einen kleinen Freundeskreis, auf den man sich allerdings immer verlassen kann. Beruflich sieht es dank Selbstständigkeit auch gut aus (keine Reichtümer, aber dies braucht es auch nicht) , ich kann mir einen Teil meiner Arbeitszeit frei einteilen. Dies ist in der heutigen Zeit ein kaum zu unterschätzender Vorteil, dies weiß ich. Aber lange habe ich von Hartz4 gelebt, habe keine Arbeit gefunden, aber nie den Mut verloren. Der Grund war meine Familie, der ich ein selbstbestimmtes Leben (ohne Staatsgeld) ermöglichen wollte. Die Familie ist also mein innerer Antrieb, was ich schon weiter oben so darstellen wollte.
    Ich kenne viele, denen ihre Familie wichtiger ist als ein Job, in dem sie sich noch mehr kaputt machen. Was bringt das viele aufgehäufte Geld, wenn man mit 50 Jahren psychisch und auch physisch am Ende ist - und diese Fälle gibt es massenhaft.
    Ich glaube, Perspektivlosigkeit hat auch etwas mitfehlenden Zielen (dem "Sinn des Lebens") zu tun. Ohne irgendeinen innereren Antrieb gibt sich der Mensch recht schnell auf, egal, in welcher Situation.


    der Björn

    Der Sinn des Lebens ist es, Leben weiterzugeben!

  • Jetzt melde ich mich endlich auch mal zu dem Thema.


    Ich denke, dass es richtig ist, Emotionen wir Angst auf intellektueller Ebene zu verarbeiten. Das gilt besonders für die "schlechten" Emotionen wie z.B. Angst.


    Mettaller beschreibt eine Situation/Lebenslage in der sich viele befinden. Druck ohne Grenzen, Stress ohne Grenzen und keine Sicherheit, ob die ganze Strampelei einen dahin führt wo er/sie eigentlich hin will.


    Ich persönlich würde nicht so weit gehen eine real existierende (und für mich durchaus nachvollziehbare) Angst wie seine als "Luxusproblem" abzutun. Angst ist in einem Teil unseres Gehirns verankert, auf den der Intellekt keinen direkten Zugriff hat. Und zwar deswegen, weil Angst sinnvoll ist. Aber mit der Angst umzugehen zu können ist ein durchaus erstrebenswertes Ziel.


    Auch zu sagen, dass früher alles besser war halte ich für lediglich ein wenig belastbares Gefühl. In der Realität haben auf diesem Planeten noch nie so viele Menschen so relativ "sorgenfrei" leben können.


    Warum also empfindet man eine perspektivlose Tretmühle als Bedrohung? Diese Antwort muss jeder in sich selbst suchen. In diesem Fall Metaller. Wenn eine Antwort gefunden wurde, kann man Strategien entwickeln die Angst zu beseitigen. Ein paar Eingaben zu dem Thema gab es ja bereits.


    Ich denke aber, dass es ein paar Dinge gibt, die für jeden Menschen allgemeingültig sind. Wir sind nichts anderes als Tiere. Blöderweise in hohem Maße mit Intelligenz ausgestattet. Zumindest in Relation zu den anderen Tierarten auf diesem Planeten.


    1. Gehirn und Denken
    Wer begriffen hat, wie das Gehirn funktioniert und mit dem Körper interagiert wird viele seiner Verhaltensweisen in einem neuen Licht sehen. Das führt unweigerlich dazu sich zu fragen, inwiefern wir Menschen Herr über unser Denken sind. Eine möglichst objektive Reflektion (objektiv in Relation zu was eigentlich ;-)) über das eigene Denken hilft sehr viel, wie ich finde. Stoff genug für ein eigenes Forum. Eine Anregung: http://www.bertramkoehler.de/Denken.htm


    2. Konsum
    Von vielen zwar mitleidig belächelt ist dies aber wohl ein Grundbedürfnis. Wohl dem der begriffen hat, das Konsum nicht glücklich macht, aber ein wenig zur Absicherung der Zukunft beitragen kann und seinen Konsum entsprechend strukturiert und plant.


    3. Spiritualität
    Meiner Meinung nach der wichtigste Punkt für die Zufriedenheit und zur Bewältigung schwieriger Situationen ist ein fester Anker für den Geist. Hier auf die Suche zu gehen ist mit Sicherheit lohnenswert. Die vielen, teilweise quälenden Fragen nach dem Sinn des Lebens können hier beantwortet werden. Die einen finden ihre Spiritualität in einem oder mehreren Göttern. Die anderen in der Philosophie. Wieder andere in der Natur. Ich persönlich finde meine Spiritualität in der Natur. Wir stammen aus ihr, leben in ihr und werden irgendwann auch wieder dorthin verschwinden. Quasi recycelt und damit zumindest auf atomarer (wenn nicht sogar molekularer) Ebene unsterblich. :winking_face:


    4. Emotionale Befriedigung
    Konsum ist es nicht, da sind wir uns einig, denke ich. Das zu erreichen ist auch schwierig, wie ich finde. Da wir ja nun leider mit Intelligenz gesegnet sind, haben wir uns selbst ein zivilisatorisches Korsett angelegt bestehend aus sozialen und kulturellen Schnüren, Haken und Ösen. Man kann sich dieses Korsetts nur bedingt entledigen, da man in einer Gemeinschaft/Gesellschaft leben will oder leben muss. Kaum jemand kann wie er gerne würde.


    5. Toleranz und Respekt
    Beschäftige Dich nicht mit den Fehlern anderer sondern ausschließlich mit Deinen eigenen Fehlern. Einfach aufhören, über andere zu lästern. Ich denke, dass das ein Stück weiter hilft.


    6. Verantwortung
    Ist man "Reagierer" oder "Agierer"? Suche ich Schuld an den mir widerfahrenen Dingen bei anderen oder bei mir selbst? Ich persönlich bin der Meinung, dass die Verantwortung für einen selbst auch ausschließlich bei einem selbst liegt. Ich bin besonders mit dieser These sehr oft ins Fettnäpfchen getreten. Wie erklärt man z.B. den Tod der zigmillionen von Hitler/Stalin/Mao/etc verfolgten Menschen. Waren die alle selbst schuld? Je mehr Verantwortung man für sich selbst übernimmt desto unabhängiger ist man von anderen. Hat man die alleinige Verantwortung für sich übernommen, gibt es keine Entschuldigung mehr. Man wird zum "Agierer" statt zum "Reagierer".


    7. Die Probleme der Welt
    Wird niemand allein lösen. Nicht mal im Ansatz. Man kann in eine Schockstarre verfallen oder auch Angst davor haben. Oder man übernimmt Verantwortung für einen Teil dieser Probleme. Meine Überzeugung ist: Würde jeder von uns nur einen winzigen Beitrag leisten, wären viele Probleme auf diesem Planeten bereits Geschichte. Es gibt so viele Themen, derer man sich annehmen kann. Natur, Gesellschaft, Kultur, was auch immer. Ich persönlich habe es mir z.B. zur Aufgabe gemacht, gegen gesellschaftliche Ausgrenzung zu agieren. Toleranz aufbauen und Vorurteile abbauen. In meiner Arbeit, aber auch im privaten Umfeld. Allerdings nicht missionarisch. Das kommt nicht gut. :winking_face:


    Na ja. Die Liste ist länger, aber ich möchte niemanden langweilen. Ein paar Dinge wurde in diesem Thread ja auch bereits erwähnt oder angedacht.


    Mir persönlich ist es wichtig, all diese Ansätze gedanklich permanent parat zu haben (siehe Punkt 1: Gehirn und Denken). Dazu muss man aber lange an sich arbeiten. Und es soll ja nicht in Stress ausarten. :winking_face:


    Ich denke, ich drück jetzt mal auf "Antworten".

    I feel a disturbance in the force...

  • Zitat von Metaller;125768

    Setzen denn nicht genau diese Dinge, ein gefülltes Bankkonto voraus?


    Hi,
    heiß diskutierte Thema hier, ich bin im Moment nur sporadisch online daher meine späte Antwort auf die Frage.


    Party: Keines dieser Dinge setzt ein gefülltes Bankkonto vorraus. Party machen geht nicht nur im Club, Äpfel gibt es im Herbst um sonst, Hefe kostet nicht die Welt. Ein paar günstige Zubehörteile und der Alkohol ist fertig. Musik hat auch immer irgend jemand, den Rest machen die Gäste und gute Gäste sind nicht mal für Geld zu bekommen.


    Spaß: Spaß ist das was Du draus machst. Es gibt eine Menge Dinge die hohes Spaßpotential haben und kein Geld kosten. In unserer satten Gesellschaft würde manch einer überrascht sein was man alles geschenkt bekommt.


    Satt: Wir lassen hier keinen verhungern. Das wenn ich einen Großteil meiner Sozialleistungen in Alkohol, Zigaretten und Spielautomaten anlege nicht mehr genug zum Essen einkaufen übrig bleibt und ich meine Zeit lieber vor dem Fernseher anstatt beim Anbau von Lebensmitteln verbinge ich am Ende zur Suppenküche gehen muss ist vieleicht nicht jedermanns Sache, aber auch dann werde ich nicht hungern. Ja diese Worte mögen provozierend sein, aber ich habe dieses Leben gehabt und nach dem ich das hinter mir gelassen hatte mir lange genau die Nachbarn angesehen die sich regelmäßig ihrem Selbstmitleid hin gaben.


    Warm: Nebenkosten übernimmt das Amt.


    Somit hat nichts von alle dem etwas mit dem Kontostand zu tun.


    Grüße,


    Frank


    p.s.
    Ich möchte die Disskussion nun hier nicht in eine andere Richtung lenken, wer mit mir über Sozialleistungen diskutieren will, kann dies gerne per PN machen oder einen neuen Faden auf machen, aber nicht hier.

  • Zitat von Metaller;125768

    Setzen denn nicht genau diese Dinge, ein gefülltes Bankkonto voraus?


    Die Diskussion geht in eine interessante Richtung.


    Hatte mich mit einem Kollegen unterhalten, der schon in Haiti gelebt hat (als Ausländer).
    Er war der Meinung, dass man hier in der Schweiz, um kein Geld auszugeben, am besten in seinem Bett liegen bleibt. Sobald man es verlässt, beginnt man Geld auszugeben. Noch schlimmer ist es wenn man die Wohnung verlässt.


    Wegen meiner Ausbildung muss ich zurzeit auf kleinem Fuss leben und habe mir zur Herausforderung gemacht so wenig Geld wie möglich auszugeben, ohne auf existentielle Sachen zu verzichten (Party, Spass, satt sein, warm haben usw.). Da wird einem schnell bewusst, wie sehr konsumlastig alles ist und dies Geld benötigt. Besonders das Sozialleben hängt in unseren Breitengraden vom Sackgeld ab. Bsp. geht man mit Freunden in ein Restaurant und anschliessend etwas trinken kostet das schon ziemlich viel. Vereinsbeiträge sind auch so eine Sache.
    Im Grunde genommen sind wir zu sehr auf den Konsum fokussiert und vergessen die Eigeninitiative. Wenn man dann wenig finanzielle Mittel hat, kann man wirklich in eine Depression verfallen. Um die Situation zu ändern muss man seinen Lebensstil ändern. In diesem Zusammenhang ist Survivalism etwas Gutes, da man lernt unabhängig zu werden und aus dieser Erwerbs-Konsum-Spirale herauszukommen. Dazu gehört besonders der intelligente Konsum dazu. FrankD hat es mit Äpfeln, Hefe und Musik gut ausgedrückt.


    Es gibt auch Sicherheit, denn ich weiss, dass ich mit einem Mindesteinkommen an der Armutsgrenze psychisch und physisch sehr gut leben kann.
    In der Schweiz muss man meiner Meinung nach besonders auf die Ausgaben Miete und Mobilität achten und diese so gering wie möglich halten. Der Rest ist bis auf die Preparedness-Ausrüstung Peanuts! :winking_face:


    Hier ein paar Ansätze zur Anregung: http://www.intelligenter-konsum.de/simpleliving.htm


    http://"http://www.intelligenter-konsum.de/simpleliving.htm"

  • ...wobei ein Vereinsbeitrag durchaus sinnvoll angelegt sein kann. Dadurch kann man soziale Kontakte pflegen und vereinsamt nicht, wenn es ein Sportverein ist, umso besser :winking_face: Auch da kommt es natürlich darauf an, was man in welchem Rahmen möchte.


    So long,
    Sam

  • @ Sam de Illian


    Natürlich, Vereine sind was Gutes. Nur ist für sozialen Kontakt auch da wieder ein Batzen nötig.
    Ist halt bei uns so, dass durch die Modernisierung, Wohlstand, Sozialstaat die Menschen zwangsläufig isoliert werden und aktiv Gegensteuer geben müssen, wenn sie nicht vereinsamen wollen. Hier gilt: Materieller Wohlstand - Soziale Armut


    Das ist in anderen Weltgegenden genau umgekehrt, dort bist du immer von Leuten umgeben, hast aber nur 100 Dollar pro Monat zur Verfügung (das wird natürlich im Haushalt zusammengelegt).


    Kann ja nicht sein, dass die besten Kollegen diejenigen aus dem Büro sind oder der Pöstler :winking_face:
    Beobachte aber, dass dies bereits bei vielen Menschen so ist. Besonders im Alter. Nicht umsonst hat Avenir-Suisse in der letzten Studie den grassierenden Individualismus als Risiko für die Schweiz betitelt. Schaut man sich die Suizidrate und Depressionen an, ist man hier auf der Pole Position (nebst Japan).

  • Zitat von Solaris;125727

    Ist die körperliche Gesundheit "gesichert" bzw. auf stabilen Grundlagen


    Die "" sind wirklich sehr berechtigt. Ich könnte genügend Beispiele von Leuten bringen, die "gesichert" gesund erschienen und am nächsten Tag schwer krank waren. Sport betrieben, gesund ernährten (tja, welche von den vielen Ernährungslehren wohl stimmt...), nicht rauchten, usw. Natürlich kann man die Gesundheit beeinflussen, aber damit eben nur "sichern" mit supergrossen "".


    Zitat von Solaris;125727

    Du allein trägst die Verantwortung in welchem Zustand du bist, unabhängig von Umfeld, Wirtschaftslage usw.


    Es gibt Leute, die gerade gesund sind und deshalb glauben, sie könnten alles kontrollieren. Aber auch ihr Körper ist vergänglich, ob mit Vollkornprodukten oder nicht, ob mit rauchen oder nicht. Ob wir morgen angefahren werden und danach querschnittgelähmt sind, nur weil wir in jenem Moment da waren, wo wir waren, darüber haben wir keine wirkliche Kontrolle. Aber womit wir immer arbeiten können ist, wie wir mit damit umgehen (z.B. der Querschnittlähmung). Es gibt lachende Rollstuhlfahrer und solche, die nicht mehr lachen können. Mit der gleichen Behinderung und ansonsten ähnlichen Bedingungen. Es ist, was wir daraus machen. Selbst wenn wir ganz unten landen, was bei einer chronischen Erkrankung durchaus passieren kann (z.B. in der Schweiz läuft ja das Spiel, Fälle der IV in die Sozialhilfe abzuschieben).


    Und seien wir ehrlich, selbst wenn wir in der Sozialhilfe oder Hartz IV landen werden wir niemals das Leid erfahren, dass in Afrika alltäglich ist. Oder in den nordkoreanischen Gulags. Usw. Und wenn Hartz IV-Empfänger lieber in einen Plasmafernseher statt in gesundes Essen oder in die Kinder investieren ist das ihre Verantwortung.


    Perspektiven gibt es immer. Die Frage ist, wie sie aussehen und welche Möglichkeiten sie einem bieten. Und welche Visionen man für die Perspektiven hat. Und wie man mit dem wirklich Unvermeidlichen umgeht. Wie wir mit den Dingen umgehen, denen wir begegnen, darin sind wir frei oder können uns freier machen.


    Herzliche Grüsse
    linthler

  • Zitat von Metaller;125768


    ...
    was passiert dann wohl in einer wirklichen Krise? Wachsen sie dann über sich hinaus? Gelangen zu nie gekannten Kräften - gesunden vielleicht sogar?
    Ballern sie sich gleich die 9er Para durch den Kopf? Oder sind sie handlungsunfähig und auf fremde Hilfe angewiesen bzw. krepieren ohne diese jämmerlich.


    Hallo Metaller,


    Du weisst es weder von Dir und erst recht nicht von anderen, bevor Du es erlebst. Ich kann hier nur von einer - für mich, nicht für die anderen - eher "harmlosen" Krise berichten. Ich kam auf einer einsamen nächtlichen Landstrasse als erster an eine Unfallstelle mit mehreren Schwerverletzten, Frontalkollision beim Überholen.


    An die Szene erinnere ich mich heute wie durch einen dicken Filter. Ich habe eigentlich ziemlich emotionslos wie ein Roboter agiert, melden, sichern, EH, schlicht ein Programm abgespult. Da war irgendwie kein Mensch da, der entsetzt reagieren oder Emotionen empfinden konnte, da hat -gefühlt - eine Maschine ihr im EH-Kurs gelerntes Programm ausgeführt.


    Dann kamen die Sanis, die Feuerwehr, die Polizei, ich musste noch warten, bis die Polizei meine Zeugenaussage aufgenommen hatte. Dann fuhr ich nach Hause, habe meiner Frau in knappen Worten das Ereignis berichtet und fiel ins Bett, wo ich wie ein Stein geschlafen habe.


    Ich glaube, in einer Krise "funktioniert" man, darüber nachdenken, Emotionen empfinden, kommt später. Ich denke, die Evolution und "Mutter Natur" haben da ein paar ziemlich wirksame Schutzmechanismen in uns eingebaut.


    Viele Grüsse


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Moin Matthias,


    ich kann deine Aussage nur unterschreiben. Als ein "gelernter" Sanitäter in einem norddeutschen Panzer Batallion http://www.daseisenschwein.de/ habe ich doch so einige Einsätze hinter mir, die ich lange verdrängt habe.


    Ich möchte hier bitte nicht ins Detail gehen, aber es waren sehr schlimme Unfälle, zwei davon mit einer Todesfolge. Wir ganz junge Sanis handelten damals "automatisch", wie es uns eingedrillt wurde. Manch ein Kamerad konnte die Zigarette nach diesen Einsätzen nicht halten, so sehr haben wir gezittert...


    Eine sog. "Mediation" gab es damals leider nicht, es gab vielleicht 3 Tage Sonderurlaub, mehr nicht. Wir junge Soldaten wurden alleinegelassen von Vater Staat, und wir haben uns den Frust in der Kantine weggesoffen, und das nicht zu knapp.


    Ich schätze meine Zeit in der Bundeswehr sehr, habe ich doch aufgrund meiner Ausbildung in späteren Jahren sehr oft wirklich helfen können, wenn andere Menschen nur gaffend daneben standen.


    315,- Deutsche Mark war unser monatlicher Sold, plus eine Freifahrtkarte mit der Bundesbahn, als "Staatsbürger in Uniform".


    Es war eine gute Zeit, es schieden sich damals die Geister der "Macher", und die der "Nichtmacher", das verpönte Wort "Kameradschaft" spielte eine sehr große Rolle.


    Gruß



    Michel

  • Zitat von Waldschrat;126073

    Ich glaube, in einer Krise "funktioniert" man, darüber nachdenken, Emotionen empfinden, kommt später. Ich denke, die Evolution und "Mutter Natur" haben da ein paar ziemlich wirksame Schutzmechanismen in uns eingebaut.


    Sehe ich auch so. Bei mir war es so, dass ich beim Hinrennen zum Unfallort das Adrenalin und Emotionen spürte. Vermutlich hätte ich dazu keine Zeit mehr gehabt, wenn ich am Unfallort hätte arbeiten müssen. Je nachdem geht es dann um Minuten. Von Kampfkünstlern habe ich das auch schon gehört, dass dann im Ernstfall das Geübte wie ein Programm abläuft, ohne vorher den "Schock" zu verarbeiten, dass Gewalt in den gewohnten friedlichen Alltag eingebrochen ist.


    Leider beginnen die Schutzmechanismen bei (zu-)vielen damit, dass sie wegschauen oder wenn schauen, dann nur schauen (darunter sehr viele, die irgendwann zum Erlangen des Fahrausweises einen Erste-Hilfe-Kurs besuchen mussten). Was ich nicht verurteilen will, aber selbst nie könnte. Ich müsste ja auch mit dem Wissen der bewusst unterlassenen Hilfeleistung weiterleben. Ich meine damit nicht mal den rechtlichen (verfolgt wird da eh kaum), sondern moralischen Aspekt (mir selbst gegenüber).


    Herzliche Grüsse
    linthler

  • [COLOR="#FF0000"]Hallo,
    die letzten Beiträge sind zwar sehr interessant aber haben irgendwie nichts mehr mit dem Ursprungsthema zu tun. Ich bitte daher alle wieder zum eigentlichen Thema zurück zu kehren um nicht morderierend eingreifen zu müssen.


    Grüße,


    Frank[/COLOR]

  • Hallo,


    im Zusammenhang mit der hier diskutierten "Perspektivlosigkeit" (die ich, ehrlich gesagt, für ein Wohlstandsproblem halte, wenn wir in CH, A, D uns von Perspektivlosigkeit und Zukunfstängsten befallen lassen, was sollen dann Rumänen, Weissrussen, Malier, Ägypter, Syrer, Nordkoreaner etc. pp. erst für Ängste entwickeln?), gibt es aktuell einen interessanten und IMO passenden Artikel beim Spiegel über


    "Geheimnis psychischer Stärke: Die Unverwundbaren"


    Grüsse


    Tom

  • Auch wenn ich gleich einen Aufschrei der Entrüstung ernte. In Europa sind die Meisten, meiner


    Meinung nach, auf einem recht hohen Niveau perspektivlos. Wenn man da in anderen Ecken


    der Welt so rumguckt sieht man Dinge, die einen ganzen Zacken härter sind.


    Dort haben die Leute nur eben kaum Zeit über das Elend nachzudenken.


    Also Zähne hoch und Kopf zusammen gebissen^^



    Beste Grüße, Olaf

    ​- Vorbeugen ist besser als nach hinten fallen -


  • Hallo Olaf


    Sag ich ja ......., jammern auf hohem Niveau!


    Viele Grüsse, Ernst

  • Moin allerseits!


    Momentan studiere ich ja, dabei ein nicht ganz einfaches Fach. Tja, neulich unterhielt ich mich, gerade wegen der Schwere, ob meine Kommilitonen eigentlich einen Plan B hätten. Geschockt hat mich die ernst gemeinte Antwort "Ja, Suizid".


    Ich denke, das liegt an der Werbung und dem hohen Erwartungsdruck. Haben frühere Generationen nach dem Abitur erst noch ein Jahr auf die Pauke gehauen, sind durch Tibet gewandert oder ähnliches, fangen meine Altersgenoßen zuhauf gleich mit dem Studium an, versuchen das Ganze am besten innerhalb der Regelstudienzeit hinzulegen.


    Wofür? Für einen guten Job und Sicherheit. Die Generation um die 20, zumindest die, die ich kenne, ist eher konservativ eingestellt. Ausbildung und einen Job finden ist für viele erstmal das wichtigste, durchbrochen von Partynächten und Alkoholexzessen.


    Wieso? Ganz einfach, sogar die Clerasilwerbung suggeriert schon, "dass dich niemand f***t, wenn du Pickel hast". Oder eben, dass man Geld und neueste Trends braucht um "glücklich" zu sein. Der Druck steigt immer mehr, da man in den Nachrichten nur von Arbeitslosen hört, von Weltwirtschaftskrise, usw.


    Als Student eine vernünftige Wohnung finden, wenn die Eltern nicht über das nötige Geld verfügen, ohne zusätzlich zum Bafög einen Studienkredit aufzunehmen? Nahezu unmöglich. Ein Kumpel von mir wohnt seit Oktober in einer Wohnung ohne Strom, dafür mit verbilligter Miete. Eine Kommillitonin hatz abzüglich der Miete noch 100 Euro im Monat für Essen, Ausdrucke für die Uni, usw.


    Der Trend geht wieder dahin, bei seinen Eltern zu wohnen. Bei manchen schon wegen der Doppelbelastung Haushalt/Studium, die für einige nur schwer zu packen ist, da vor allem im Grundstudium ausgesiebt wird.


    Die Ursachen dieser Perspektivlosigkeit sind auch für andere Generationen gültig. Das Fernsehen vermittelt viele spannende Dinge, suggeriert aber auch die damit in Verbindung stehenden hohen Kosten. Die meißten Filme spielen an Orten, von denen viele nur träumen. Die Protagonisten sind Ärzte, Hotelbesitzerinnen, ... Doch neben dem Wunsch nach ähnlicher Freiheit wächst auch die Resignation, der Gedanke, diese Ziele nicht erreichen zu können, da man eben nicht hineingeboren worden ist, es zuwenig gute Arbeitsplätze gibt, Mieten und generell Preise steigen, usw.


    Die Menschen haben das Wiederaufstehen verlernt, kein Wunder in einer von Rückschlägen und "idealisierten" Vorbildern geprägten Welt.



    Bevor jemand fragt: Ich bin nicht perspektivlos. Wieso? Nun, ich habe irgendwann einmal die Erfahrung gemacht, dass ich alles erreichen kann, was ich will, wenn ich auch etwas dafür tue.
    Die zweite wichtige Erkenntnis war die, dass ich mir da auch nicht reinreden lasse. Wenn ich daran denke, wie die Lehrer teilweise mit uns umgingen, viele glauben sicherlich, dass sie zu nichts Nutze sind, wenn ihnen die Grundschullehrerin genau das jeden Tag sagt.


    Wenn das mit Studium bei mir nicht klappt, weil es echt zu schwer ist oder es einfach nicht das ist, was ich will, was solls, es gibt genug anderes, was ich mit Freude machen könnte.
    Das Thema Verschuldung kann ich zwar nicht ausshcließen, da auch Schicksalsschläge immermal hart zuschlagen können, nach Möglichkeit versuche ich aber dies zu vermeiden.


    Kurz gefasst: Bleibe ich bei dieser Eisntellung, werde ich immer und überall Perspektiven sehen.


    Revedere


    Ps: All denen, die ihre Perspektive los sind: Nehmt euch einen Stift, schriebt auf, worin ihr gut seid, was euch Spaß macht, was ihr wollt. Setzt euch kleine Etappen zu den großen Zielen, zieht das durch und das geht leichter von der Hand als man denkt.
    Mindsetting kann sehr viel bewirken.

  • @ Romal


    Guter Beitrag.


    Ich möchte hier anfügen, dass es viele Studenten gibt, die eigentlich gar nicht studieren sollen, aufgrund der finanziellen/familiären Situation und sie auch gar nicht das Niveau dazu haben. Doch weil man hier aufgrund der Globalisierung/Technische Entwicklung etc. um zu putzen auch bald ein eidg. dipl. oder wenn nicht Master haben muss, bleibt vielen nur noch die Möglichkeit auf Teufel-komm-raus zu studieren. Dieses Problem hatte die "Schönwetter-Generation" vor uns nicht.

  • Zitat von photography321;126456

    @ Romal


    Ich möchte hier anfügen, dass es viele Studenten gibt, die eigentlich gar nicht studieren sollen, aufgrund der finanziellen/familiären Situation und sie auch gar nicht das Niveau dazu haben.


    Also, dann hätte ich auch nicht studieren dürfen, schließlich waren meine Eltern nicht in der Lage mich finanziell zu unterstützen. Aber mit Bafög und Ferienjobs habe ich es gut hingekriegt. Und wer das geistige Niveau nicht hat wird immer noch in den Prüfungen ausgesiebt! War zumindestens bei mir so, wo ca. 33% Abbrecherquote vorlag.


    Romal: Viel Glück und Kraft bei deinem Studium. Eines scheinst du begriffen zu haben: Wer ohne Diplom nichts ist, wird auch mit Diplom nichts sein!

    Brot ist nicht hart. Kein Brot ist hart!

  • Zitat von photography321;126456

    Ich möchte hier anfügen, dass es viele Studenten gibt, die eigentlich gar nicht studieren sollen, aufgrund der finanziellen/familiären Situation und sie auch gar nicht das Niveau dazu haben.


    Mir ging es wie Harmlos. Nur gut, dass Du in diesem Land nichts zu sagen hast, photopraphy. :face_with_rolling_eyes: Hier stehen jedem alle Chancen offen und ich begrüße das ausdrücklich.



    Zitat von photography321;126456

    Dieses Problem hatte die "Schönwetter-Generation" vor uns nicht.


    Welche Schönwetter-Generation genau meinst Du?