Experiment Steinzeit



  • Hallo Gerald,


    auch wenn ich so ein bisserle ein bekennender Fan von Mittelaltermärkten bin. Die Steinzeit muss es nicht sein. Stahl und Stein sollte es schon geben, Pfeilspitzen und Angelhaken aus Stahl auch :)



    Ich finde eigentlich Survival mit den praktischen Tricks unseres Zeitalters unglaublich spannend.Da kann ich doch beliebig viel machen.


    Ich finde am Strassenrand einen aufgegebenen oder kaputten Fernseher. Ein simples Funkgerät ist aus den Komponenten relativ schnell zusammengeschustert.


    Allein was ich aus dem Zeugs aus meinem Chemielabor machen kann: Chemische Analysen auf ziemlich viele Stoffe, besonders Lebensmittel- und Trinkwasseranalytik, Trinkwasseraufbereitung und Desinfektion.


    Die Werkzeuge aus meinem Hobbykeller, .... im WTSHTF-Fall unbezahlbar



    Von meinem Radioaktivitätsmesspark bis hin zum Gammaspektrometer will ich jetzt gar nicht mal reden...


    Selbst meinen Lieblingskram wie Biltong hätte ich jetzt in der Steinzeit nicht machen können. Trocknen von Fleisch bei dem Wetter? Aussichtslos!


    Glaub mir, die Neuzeit hat gewisse Vorteile:face_with_rolling_eyes:



    Von Antibiotika und ähnlichem Kram. denen ich meine Gesundheit, auch gegen eine lästige Tropenkrankheit mit einem Parasiten verdanke, will ich schon gar nicht reden.



    Meint


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Zitat von DerGerald;208114


    Ich bin noch nicht so arg weit vorgedrungen, aber manche Sachen sind doch sehr interessant.
    zB der Versuch Getreide zu entspelzen, und das scheitern daran...


    Was ich nicht verstanden habe ist, warum die sich so mit den mahlen von den Getreide abgenüht haben.
    Brot war bis ins späte Mittelalter ein Luxusgut, die einfachen Leute haben überwiegend Brei gegessen.


    Aber der Getreideanbau ist ja auch so in die Hose gegangten, die habe es ja nicht gschaftt, das zu ernten
    (hätte oberste Priorität gehabt, wollten sie den Winter überleben).
    Mal davon abgesehen, das da mindestens (außer eine Ölfrucht /Faserfrucht) Hülsenfrüchte fehlten.

  • Zitat von Waldschrat;208223


    Ich finde am Strassenrand einen aufgegebenen oder kaputten Fernseher. Ein simples Funkgerät ist aus den Komponenten relativ schnell zusammengeschustert.


    Das glaube ich erst, wenn ich es sehe.


    Zitat von Henning;208278

    Aber der Getreideanbau ist ja auch so in die Hose gegangten, die habe es ja nicht gschaftt, das zu ernten
    Mal davon abgesehen, das da mindestens (außer eine Ölfrucht /Faserfrucht) Hülsenfrüchte fehlten.


    Was haben sie denn angebaut?


    Das was heute auf unseren Feldern und Gärten wächst war ja in der Steinzeit noch überhaupt nicht verfügbar.

    Aus gegebenem Anlass: ich distanziere mich hiermit ausdrücklich gegen jeden Form von Gewaltphantasien gegen andere, den Staat oder staatliche Organe. Ich betreibe prepping als Krisenvorsorge und als Hobby und tausche mich hier mit Gleichgesinnten aus.

  • Zitat von Cephalotus;208282


    Was haben sie denn angebaut.


    Einkorn, Emmer, Nacktweizen


    Habe eben noch mal auf der SWR-Seite nachgeschaut.
    Dort wird geschrieben, das sie im Garten auch Lein, Mohn, Erbsen,Linsen und Rübsen hatten.
    War mir aus den Film nicht mehr in Erinnerung.

  • Gefällt mir, wenn sich Leute auf solche Abenteuer einlassen (auch wenn es immer den Ausweg in die Zivilisation gibt, wenn Problemchen auftauchen)


    So rein vom Gefühl her, schätze ich, daß unsere Steinzeitvorfahren nicht so ganz dumb gewesen sind, wie sie dem Klischee nach dargestellt werden. Schon das Wort "Steinzeit" ist eher ein falscher Begriff. Ich würde eher Stein-Holz-Knochen-Leder-Garten-Zeit sagen.
    Das Problem der Archäologie ist ja, daß so gut wie alle Tätigkeiten die mit Gartenbau zu tun haben, nach der langen Zeit nicht nachweisbar sind. Ich gehe davon aus, daß die Bevölkerungsdichte in der sogenannten Steinzeit sehr gering war. Daher hatte jede Sippe viel mehr Platz als heute ein durchschnittlicher Bauer und es gab auch kaum Jagdgesetze und Grundsteuern, die einem den Alltag versaut haben.
    Kinderarbeit war kein Tabu und der Tod hat sich alle geholt, die zu krank oder alt waren um einen harten Winter zu überleben. Von daher waren die Lebenden alles gesunde produktive Gesellschaftsmitglieder. Wer viel Platz hat und nicht von Beamten-Schmarrn belästigt wird, der kann echt viel machen:
    - Einen Bach aufstauen und die Fische mit Weiden-Geflechten in eine Bucht treiben, wo sie bequem abgefischt werden.
    - Im Mai die kleinen Junghasen aus der Wildnis einsammeln um sie bis in den Herbst und nächstes Jahr fett zu füttern
    - Brombeer-Hecken anlegen, welche die Wildgatter dicht machen und von den Kindern und Frauen abgeerntet werden
    - Wildschweinzucht anlegen
    - Gärten mit Steinmauern vor Wind und Wildfraß schützen
    - Schwemmholz aus dem Fluß als Brennmaterial einlagern
    - wertvolles Steinmaterial aus geeigneten Steinbrüchen holen, als Rohmaterial eintauschen oder selbst verarbeiten
    - sich darum kümmern, daß jedes Kind der Sippe etwas Nützliches anfertigen lernt
    - mit den jungen Männern Kampf und Verteidigung des Areals üben
    - Fallgruben an Wildwechseln anlegen, um ohne viel Aufwand Beute zu machen
    - Felle verarbeiten und damit Handel treiben
    - Bogen bauen, Pfeile anfertigen
    und Tausend andere Sachen...


    Das größte Problem waren sicher die Winter. Nur wer warme Kleidung und gute Behausungen anfertigen konnte hatte bessere Überlebens-Chancen. Und die guten Jäger und vorausblickenden Holzsammler halfen die kalte Zeit zu überdauern. Möglicherweise auch fallweise ein Überfall auf die weiter weg lebenden Leute, um deren Vorrat und Vieh einzubringen und sich dauerhaft ein großes eigenes Versorgungsgebiet freizuhalten...

  • Zitat

    So rein vom Gefühl her, schätze ich, daß unsere Steinzeitvorfahren nicht so ganz dumb gewesen sind



    Industrieller Abbau, Fertigung und „Versand“ in der Jungsteinzeit:
    http://www.archaeologie-aachen…/Jungsteinzeit/index.html

    matthias: Klar sind die praktischen Tricks unsere Zeit mit ihren unendlichen Möglichkeiten unglaublich spannend.


    Zusätzlich finde ich solche Minimalgeschichten selbst mitzumachen unglaublich erleuchtend. Selbst wenn so etwas lediglich zwei Wochen dauert. Danach wird dir bei vielen Dingen bewusster, was ist notwendig, was ist Ballast und was Luxus. Man hat sich an so viele Dinge als >alternativlos< gewöhnt, dass man oft gar nicht die Unnotwendigkeit dieser Dinge bemerkt.

  • Zitat von Cephalotus;208282

    Das glaube ich erst, wenn ich es sehe.


    Hallo Cephalotus, das (Funkgeräte aus Elektronikschrott bauen) war schon eine Übung zu meiner Zeit als Fünfzehnjähriger mit einem gleichgesinnten Kumpel. Damals noch alte Röhrenfernseher aus dem Sperrmüll. Die EL509 aus der Zeilenablenkstufe war eine phantastische Senderöhre, die machte glatt 30W, wenn man die Anodenspannung ein wenig hochtrieb und akzeptierte. dass sie Anode auch mal rote Bäckchen bekam, auch 50. Das doofe war nur, die wollte für die 50W HF 1.000V Anodenspannung sehen. Da geriet die Bastelei für Teenager schon mal ziemlich nahe an den elektrischen Stuhl.


    Die kommerzielle 2C39, die wir später genommen haben (natürlich nicht aus alten Fernsehern, sondern Army-Surplus und Funkflohmärkte) begnügte sich mit 600-800V Anodenspannung und konnte auch 30W bis satten 2 GHz, von denen wir damals allerdings nur das 2m-Band ausgereizt haben,also die Gegend von 130-180 MHz.


    Da hast Du es heute mit der Halbleiterei erheblich einfacher. Unglaublich viel Funktionalität ist auf ASICs integriert, die Anzahl der externen Komponenten hält sich in Grenzen. Als Endstufe nimmst Du FETs, die Spannungen gehen nicht über 12-24V raus. Spielchen wie Schutzschaltungen für die FETs (wesentlich empfindlicher gegen hohes SWR wie Röhren), da ätzt Du ganz einfach mal einen Richtkoppler auf die Leiterplatte und hängst den "Not-Aus-Pfad " dran. Dein einziger Nachteil: Die Bausteine sind im Gegensatz zu einer Pentode ohne Datenblatt nicht zu verstehen. Wenn Du in einem WTSHTF-Szenario vom Internet abgeschnitten bist und nicht rein zufällig ein Papierdatenblatt von dem Käfer auf Lager hast, dann fängst Du nichts mit ihm an.


    Illegale Sender haben so ziemlich meine ganze Teenagerzeit begleitet, in der es noch keien Mobiltelefone gab. Seriös wurde ich erst während des Studiums (der Elektrotechnik BTW), während dem ich dann die Amateurfunklizenz gemacht habe.


    Übrigen im Gegensatz zu Flugfunk, Seefunk, BOS-Funk die einzige Lizenz, die Selbstbau von Geräten ohne amtliche Prüfnummer gestattet und deswegen einen erheblichen Prüfungsschwerpunkt auf Technik hat.


    Viele Grüsse


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Hallo zusammen


    Ich muss immer wieder schmunzeln ab so Steinzeit-Diäten, oder der Annährung an die Lebensweisen in der Steinzeit.


    Wollen wir uns doch mal die durchschnittliche Lebenserwartung betrachten ......, oder doch nicht? :face_with_rolling_eyes:


    Die war doch etwas gering! Hatte sicher seinen Grund.


    Aber die Fertigkeiten die diese Völker hatten war doch genial.


    Viele Grüsse, Ernst

  • Zitat von ID 2;208380

    Hallo zusammen


    Ich muss immer wieder schmunzeln ab so Steinzeit-Diäten, oder der Annährung an die Lebensweisen in der Steinzeit.


    Wollen wir uns doch mal die durchschnittliche Lebenserwartung betrachten ......, oder doch nicht? :face_with_rolling_eyes:


    Hallo Enst,


    die Steinzeitdiät war doch ganz einfach:) Es gab das Mammut, das Du (hoffentlich!) mit Deinen Kumpels erlegt hast, gewürzt mit den Kräuterrn, die Deine BEVA derweil gesammelt hat.
    Wenn Du ohne Mammut in die heimische Höhle gekommen bist, hat BEVA geschmollt und mit Streicheleinheiten und Kuschelsex auf dem Bärenfell wurde es nichts:)


    Lebenserwartung (so um die 30 Jahre im Mittel) wird übrigens oft falsch interpretiert, weil da das Bild von hinfälligen fünfundzwanzigjährigen Greisen entsteht, die mit 30 ins Gras beissen.


    Die Statistik "versaut" hat die hohe Säuglings- und Kleinkindersterblichkeit, die es ja auch bei uns noch bis weit ins 19. Jahrhundert gab. Wenn in einer Gruppe von 20 Leuten 12 in der Altersgruppe 40-50 sterben, die anderen acht aber im frühen Kindesalter, dann landest Du bei 30 Jahren Lebenserwartung



    viele Grüsse


    Matthias


    Der gerade mal sein Schweizer Messer aus dem Hosensack gezogen hat und froh ist, dass er in der Eisenzeit lebt :)

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    Benjamin Franklin (1775)

  • Zitat

    Wollen wir uns doch mal die durchschnittliche Lebenserwartung betrachten



    Betrachte doch ruhig mal die heutige durchschnittliche Lebenserwartung mit genau derselben Methode (Gräberauswertung).
    Mich würde es doch arg wundern, wenn dabei ein deutlich höheres Alter als 40 rauskommen würde.
    (Denk an die ganzen Frühchen auf den Friedhöfen, die ziehen den Schnitt gewaltig runter.)

  • Aus pädagogischen Gründen finde ich es lobenswert, Steinzeitleben zu simulieren.
    Wichtig wäre dabei, zu kommunizieren, dass solche Simulationen zwangsläufig nur äußerst unzureichend sein können,
    weil viele Bedingungen nur bruchstückhaft bekannt und heute einfach nicht mehr gegeben sind.


    Wir können uns heute kaum eine lebendige Vorstellung davon machen,
    wie reich und üppig das paläolithische Europa über lange Zeiträume gewesen ist:


    Lange herrschte ein eher trocken-kühles Tundra-Klima,
    welches eine üppige Flechten/Gras/Hochstauden/Kleinstrauch-Vegetation ermöglichte.
    Diese bot auch über den Winter unter einer mäßigen Schneedecke genug Nahrung für gigantische Pflanzenfresser-Herden,
    neben denen sich jene der Serengeti kümmerlich ausnehmen.
    Die riesigen Bison- und Karibu-Herden in Nordamerika zur Zeit der weißen Invasion geben ein schwaches Bild davon, wie es auch in Eurasien einmal war - denn Wisent und Bison sind nur die letzten Enden einer eurasischen Ur-Bison-Population.
    Und diese riesigen Herden Nordamerikas zur Zeit Kolumbus sind ihrerseits ein dürftiges Relikt einer bedeutend artenreicheren paläolithischen Megafauna, die wesentlich auch durch die ersten über die Beringstraße eingewanderten Steinzeitmenschen ausgerottet wurde. (Siehe das Buch:"Ewige Pioniere").
    Dieser Ausrottungsprozeß dürfte in Eurasien schon bedeutend früher stattgefunden haben, was die Menschen überhaupt erst zur Überquerung der Beringstraße nötigte.
    Dort fanden sie ein Schlaraffenland mit vollkommen arglosen und daher leicht zu erbeutenden Großtieren vor.


    Ein weiterer Faktor, der die Reduktion der Megafauna-Populationen zur Folge hatte, war die Klimaerwärmung und Befeuchtung nach der letzten Eiszeit und das damit verbundene Vorrücken der Wälder.
    Wälder sind aus der Sicht großer Pflanzenfresser eher Wüsten, weil sich die Nährstoffbildung nicht mehr am Boden, sondern in den unerreichbaren Baumkronen abspielt.
    Und das Herbstlaub und noch vielmehr Nadeln sind ein sehr grobes und nährstoffarmes Futter.


    Der Allesfresser Mensch konnte sich allerdings auf Haselnüsse und Eicheln umstellen, ebenso wie sein Konkurrent und Beutetier Wildschwein.
    Es ist anzunehmen, daß die frühen paläolithischen Eicheln weniger Gerbstoffe enthalten haben und bekömmlicher waren als die heutigen, weil über die Jahrhunderttausende eine Negativ-Selektion auf hohen Gerbstoffgehalt stattgefunden hat.
    Und es gab in den lichten Hasel-Eichenwäldern Massen von Kleinsäugern und Vögeln.


    In Nordamerika ernährten sich von den Früchten der Amerikanischen Kastanie zig Millionen Wandertauben, deren Schwärme den Himmel tagelang verdunkelten.
    Geröstete Kastanien mit gebratener Wandertaube dürfte über zig Generationen das Grundnahrungsmittel der Östlichen Waldindianer gewesen sein.
    Die Nachstellung dieser Steinzeit-Existenzform ist heute unmöglich, weil die einst dominierende Amerikanische Kastanie durch eine eingeschleppte Baumkrankheit binnen 50 Jahren fast völlig vernichtet und die Wandertaube durch Entzug ihrer Nahrungsbasis und rüchsichtslose Bejagung ausgerottet ist.


    Ein vergleichbares Ökosystem konnte sich in Europa kaum bilden, weil der Querriegel der vereisten Alpen ein Hindernis für die Nord-Süd-Wanderung von Pflanzen und Tieren bildete und das frühe Eindringen von Homo Erectus und Homo Neandertalensis die volle Ausbildung der paläolitischen Megafauna schon recht früh beeinträchtigt haben dürfte.


    Bleibt noch der heute märchenhaft anmutende Fischreichtum der Flüsse, Seen und küstennahen Meeresgebiete.
    In Küstensiedlungen hat man große Haufen von Muschelschalen gefunden.
    Und die Vogelschwärme waren so riesig, daß Inselbewohner sich von deren Eiern ernähren konnten.
    Noch im 18.Jahrhundert mußten Diener gesetzlich durchsetzen, daß es bitte nicht JEDEN Tag Fisch geben sollte...


    Die fehlende Wahrnehmung von schleichenden ökologischen Degenerationsprozessen bezeichnet Jared Diamond in seinem Buch "Kollaps" als "shifting Baselines", was man etwa mit "sich verschiebenden Normvorstellungen" über Zustand und Ertragspotential von Ökosystemen übersetzen kann.


    Deshalb ist es irreführend, aus der Rückprojizierung heutiger mitteleuropäischer ökologischer Gegebenheiten in die Steinzeit Schlüsse über die damalige Versorgungssituation der Steinzeitmenschen zu ziehen.

  • Zitat

    Mich würde es doch arg wundern, wenn dabei ein deutlich höheres Alter als 40 rauskommen würde.
    (Denk an die ganzen Frühchen auf den Friedhöfen, die ziehen den Schnitt gewaltig runter.)


    Die Lebenserwartung beträgt aktuell ca. 80 Jahre (Mädchen etwas mehr, Jungs etwas weniger).
    Das Durchschnittsalter ist aktuell ca. 42 Jahre.

  • Du hast recht.
    Die einzig mögliche Lebensweise unter solchem Klima ist die des Nomaden als Jäger und Sammler ... wenn man die Bevölkerungsdichte bei weniger als 1 pro km2 ansetzt.


    Die trocken-kühle Tundra hat allerdings ein halbes Jahr Winterpause, und dann ist es nicht üppig. Auch grosse Pflanzenfresser brauchen dann sehr grosse Flächen pro Stück, denn die machen ja keinen Winterschlaf. Wer den Winter überlebt, hat Schlaraffenland im Sommer. Das ganze Grünzeug kann in der Vegetationszeit nicht von Grosssäugern abgeweidet werden, dazu sind es dann viel zu wenige. Die Tierdichte wird durch das verfügbare Winterfutter begrenzt. Das wiederum hängt entscheidend von der Schneehöhe ab. Trockene Gebiete mit wenig Schnee sind zwar winterkälter, aber besser, weil das Futter (Flechten, dürres Gras usw.) erreichbar bleibt. In den Alpen, wo der Winter überall niederschlagsreich ist, könnte oberhalb der Waldgrenze heute kein Wild überleben, wenn nicht die Steilheit für kleine schneearme oder schneefreie Stellen sorgen würde. Flache Gebiete mit viel Winterschnee sind wildfeindlich!


    In den Alpen sind heute die mit Abstand wichtigsten Grasfresser der alpinen Rasen: arktisch-alpine Heuschrecken-Arten. Die überdauern die ungünstige Zeit als Eier, ohne Energieverbrauch.


    Bei Haufen von Muschelschalen usw. möchte ich bedenken, dass es sich oft um erhalten gebliebene Ansammlungen einiger Jahre oder Jahrzehnte handeln dürfte. Was sind schon 10 Jahre in einer Zeit, wo über Jahrhunderte "nichts" passiert. Da sieht dann wenig nach viel aus.


    Das
    "Es ist anzunehmen, daß die frühen paläolithischen Eicheln weniger Gerbstoffe enthalten haben und bekömmlicher waren als die heutigen, weil über die Jahrhunderttausende eine Negativ-Selektion auf hohen Gerbstoffgehalt stattgefunden hat." verstehe ich nicht.


    Und wenn du schon den Masstab Jahrhunderttausende nimmst - vor 20'000 Jahren war noch Eiszeit. Die eisfreien Gebiete im heutigen Deutschland zwischen den Alpen und Skandinavien dürften in weiten Teilen einer Kälte-Halbwüste entsprochen haben, also etwa so ausgesehen haben wie heute der innere Teil von Island. Ein Schlaraffenland ist das nicht gerade. Die Variante mit Grossäugern gibt es auch noch, etwa auf der Wrangel-Insel. Die konnte mit über 7000 km2 im Sommer eisfreier Fläche, da relativ feucht, gerade mal 100 Personen ernähren, und das auch nur, weil die Leute auch noch Robben gejagt und gefischt haben.


    Eicheln sind nach wie vor für Wildschweine & Co bekömmlich, für uns sind sie nicht gemacht. Warum sollte eine solche Selektion stattgefunden haben? Was hat die Pflanze davon?
    Hätte der Mensch seine Hand im Spiel gehabt, wäre das Gegenteil passiert, wie man an Apfel, Birne, Kirsche, Esskastanie und Walnuss sehen kann, wo die Wildformen bescheidenen kulinarischen Wert besitzen. Es gehen bei diesen Früchten sowieso mehr als 99.99% verloren (werden also nicht zu Bäumen). Grossfrüchtige bestandesbildende Bäume wehren sich mit unregelmässigem Fruchtansatz gegen Frassfeinde. In den mageren Jahren kann sich keine grosse Population von Konsumenten halten, die auf diese Nahrung angewiesen ist, und deshalb bleiben in den Mastjahren genug davon übrig.


    Was die Ausrottung von Bison und Wandertaube betrifft, so war das die klassische Dummheit der Weissen im 18. und 19. Jahrhundert. Die Bestände waren in den Jahrtausenden Koexistenz mit der nicht weissen Urbevölkerung nie gefährdet. Man neigt heute dazu, das der Weiseheit der Indianer zuzschreiben - vermutlich wurde aber die Bevölkerungsdichte durch andere Gründe limitiert.
    Um das ganze Jahr über sich von Kastanien zu ernähren, braucht es eine grosse Infrastruktur (wie früher im Bergell oder Tessin), denn die Dinger lassen sich nicht lagern. Im Frühling nach einem Mastjahr sind die Marroni im Wald auch dort verschwunden, wo keiner sammeln ging. Das dürfte in Nordamerika nicht anders gewesen sein.

  • Egal von welcher Epoche wir sprechen und was wir alles beachten, das Klima wird meistens (völlig) ignoriert. So wird gerne außer Acht gelassen, dass das >Klimaoptimum der Römer< (ca. 50 v.Chr. – 450 n.Chr.) den Erfolg der Ausbreitung des römischen Reiches beeinflusste. Ebenso wird die >Mittelalterliche Warmzeit< (ca.11-14.Jh.) und die darauffolgende >kleine Eiszeit< (ca. 16.-18. Jh.) nicht für erwähnenswert gehalten.
    Dabei beeinflussten diese Klimazeiten mehr als nur die damalige Mode.

  • Zitat von hinterwäldler;208523


    Der Allesfresser Mensch konnte sich allerdings auf Haselnüsse und Eicheln umstellen, ebenso wie sein Konkurrent und Beutetier Wildschwein.
    Es ist anzunehmen, daß die frühen paläolithischen Eicheln weniger Gerbstoffe enthalten haben und bekömmlicher waren als die heutigen, weil über die Jahrhunderttausende eine Negativ-Selektion auf hohen Gerbstoffgehalt stattgefunden hat.


    Hallo Hinterwäldler,


    wer schon jemals in eine Eichel gebissen hat, der dürfte sämtliche Gesichtsmuskeln verzogen haben, so bitter und reich an Gerbsäure (Tannin) ist die Frucht.


    Es gibt da aber auch eine einfache Methode. Gerbsäure ist wasserlöslich. Die Eicheln zerstossen, in ein Jute- oder Baumwollsäckchen stecken und in einem Fluss, einem Bach oder schlicht in einem Eimer mit mehrfach ausgetauschtem Wasser zwei Tage wässern. Übrig bleiben geniessbare Kohlehydrate.


    Andererseit setzen Mittel gegen Durchfall (in D z.B. Tannacomp) gezielt Tannin wegen seiner adstringierenden Wirkung ein, weil es die Darmschleimhaut "abdichtet".


    Ich habe das Experiment noch nicht unternommen, aber ich würde im Notfall rohe Eicheln gegen Durchfallerkrankungen in Erwägung ziehen.


    Meint



    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)

  • Eicheln sind durchaus für die menschliche Ernährung geeignet. Drüben im HSP gibt es einen kleinen Bericht von mir über das Backen eines Brotes; wo das Roggenmehl mit mindestens 50 % Eichelschrot gestreckt wurde. Leider war das Brot mangels Erfahrung nicht ganz durchgebacken, aber die Kruste und der genießbare Teil waren erstklassig.


    Door Miesegrau


    Muss das im Herbst mal wieder tun....

    Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom..........;-)

  • Ich versuche es mal hier rüber zu kopieren, da ich nicht weis wie das mit dem Verlinken geht.:schmeichel:


    Eicheln schälen, Häutchen entfernen und die Eicheln in dünne Chips schneiden. Die Chips werden dann mehrfach in Wasser eingeweicht um die Bitterstoffe herauszulösen, so 5 bis 6 Mal und auch über Nacht. Frauchen sagt gerade ein wenig Natron sei hilfreich. Die Dinger werden dann getrocknet und in der Pfanne leicht angeröstet und zu Mehl zerschreddert.
    Dazu nimmt man die gleiche Menge Roggenmehl, 4 Esslöffel Weizenmehl (zusammen ca 500 Gramm), einen Esslöffel Salz, 1 Teelöffel Zucker, 1 Ei, 1 X Trockenhefe, 1 Esslöffel Öl und warmes Wasser bis der Teig homogen ist. Den Teig an einem warmen Ort gehen lassen. Danach bei 200 Grad ca 30 bis 40 Minuten backen.
    Das Rezept ist rein experimentell und erhebt keinen Anspruch auf der Weisheit letzten Schluß.


    Door Miesegrau


    Wir probieren weiter................





    Brot ist gut, das Bild nun auch. Ein paar grobe Eichelbröckchen verleihen dem Ganzen Biss.

    Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom..........;-)

  • Zitat von Miesegrau;208842

    Frauchen sagt gerade ein wenig Natron sei hilfreich.


    Hallo Miesegrau,


    Frauchen hat recht!


    Das Brot sieht übrigens richtig gut aus!



    Meint


    Matthias

    They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.
    Benjamin Franklin (1775)