Pyrotechnische Notsignale heutzutage überhaupt noch sinnvoll?

  • In meinem Survival-Set habe ich eine Notsignalfackel und ich plane seit längerer Zeit noch einen Rauchkörper dazu zu packen.
    Aber je länger ich jetzt nachdenke, desto weniger sinnvoll erscheint mir Pyrotechnik.


    Was bringt mir eine Signalfackel die eine Minute brennt, wenn es Taschenlampen gibt, die mit der Helligkeit eines Autoscheinwerfers stundenlang leuchten können?
    Das selbe mit den Rauchsignalen: die rauchen trotz ihrer Größe nur eine Minute und wahrscheinlich erzeugen sie nicht mehr Aufmerksamkeit als die Blendung durch einen Signalspiegel oder das Winken mit einer Warnweste.


    Übersehe ich etwas oder hilft Notsignal-Pyrotechnik wirklich nur den Herstellern?

  • Hallo Wolfshund,
    Ja die Taschenlampe kann eine Signalfackel ersetzen und gute Lampen sind auch robust und zuverlässig.
    Eine Leuchtrakete lässt sich aber nur schwer ersetzen. Die geht auch mal im Wald zwischen Bäumen hoch und ist dann noch sichtbar.
    Ist halt eine Frage worauf man sich vorbereitet.


    mit Gruß
    Explorer

  • Hallo,


    eine Signalfackel (Magnesium etc.) hat zwei bestechende Vorzüge: extreme Helligkeit und sie strahlt ihr Licht rundherum bzw. im Idealfall kugelförmig ab (auf dem Boden liegend natürlich in Halbkugelform).
    Eine Taschenlampe hat dagegen eine extrem gerichtete Wirkung, weil der Abstrahlwinkel viel kleiner ist.


    Wenn man nun von einem Such-Szenario ausgeht: Boot in Seenot oder Verirrt im Hochgebirge und annimmt, die Suche wird mit einem Heli oder Flugzeug durchgeführt, dann ist der direkte Lichtkegel einer Taschenlampe vom Flugzeug aus nur dann zu sehen, wenn das Flugzeug mit der Taschenlampe gezielt angestrahlt wird. D.h. die in diesem Fall gewünschte Entdeckungswahrscheinlichkeit ist bei einer gebündelten Lichtquelle viel niedriger, als bei einem "Rundumlicht" wie einer Signalfackel.


    Idealerweise setzt man die Fackel dann ein, wenn man das Suchflugzeug herankommen hört bzw. sieht.


    Rauchkörper machen dann Sinn, wenn man tagsüber auf sich aufmerksam machen will und der Rauch einen deutlichen Kontrast zur Umgebung (des Landeplatzes) bildet, also orangefarbener Rauch in waldgrüner oder schneeweisser Umgebung, grauer/weisser Rauch in herbstlich roter Umgebung oder in entsprechend rotbraun gefärbter Felslandschaft.


    Rechnet man nicht mit solchen Szenarien, braucht man auch keine Signalfackeln/Rauchpatronen.


    Leuchtraketen/Kugeln werden dann genutzt, wenn man aus einer Vertiefung heraus auf sich aufmerksam machen will: sei es als Schiffbrüchiger in schwerer See mit hohem Wellengang oder als havarierter Wüstenfahrer in einem Dünental oder als verunglückter Bergwanderer in einer Spalte.


    Grüsse


    Tom

  • Bei uns hat es im Outdoor Gerödel je einen mit 4 Schuss Leuchtrakete eingeschweissten Signalstift. Je nach Anlass kann auch auf die Rak Pist gewechselt werden.

  • Mal nur auf die Berge gemünzt:
    Ich würde zuerst hinterfragen, wasa man mit pyrotechnischen Hilfsmitteln leisten muss. Denn: es muss irgendwo wer sein, der das zumindest zufällig sehen kann.
    Zuallererst sollte man, wenn man irgendwo wandert, bergsteigt oder sonstiges, irgendwem Bescheid geben und auch ausmachen das man sich spätestens zu einer Uhrzeit wieder meldet. Die Bergretter, die ich kenne, werden zumeist von den Notleidenden via Handy selbst gerufen, oder aber von Angehörigen und Freunden - nicht zu selten informiert bei Touristen aber auch die Herberge die Rettung, weil die Leute klug waren und den Hotelier informiert haben. Hier in Österreich ist das nirgends ein Problem und wird seitens der Hotelerie sehr ernst genommen.
    Dann braucht es meiner Meinung nach kein allzugroßes Feuerwerk. Diese Signalstifte, die eine Leuchtkugel hochgehen lassen und dazu eine Taschenlampe sollte für die Berge ausreichend sein - auch am Tage. Die Bergretter sind ortskundig und wissen dann, wie sie zu euch kommen. Ach und eine Notpfeife, falls das Handy kein Netz haben sollte! Darauf hören Wanderer und Bergsteiger, die das Hobby ernsthaft betreiben.


    Alles darüber hinaus ist sicher ein nice-to-have.


    Etwas, was ich gerne hätte, leider aber bei Kickstarter versagt hat, war der Rescue Me Balloon. https://www.youtube.com/watch?v=-ONtHFPgZEc


    Grüße
    Basmyr

  • Zitat von tomduly;296001

    Hallo,


    eine Signalfackel (Magnesium etc.) hat zwei bestechende Vorzüge: extreme Helligkeit und sie strahlt ihr Licht rundherum bzw. im Idealfall kugelförmig ab (auf dem Boden liegend natürlich in Halbkugelform).
    Eine Taschenlampe hat dagegen eine extrem gerichtete Wirkung, weil der Abstrahlwinkel viel kleiner ist.
    ...
    Grüsse


    Tom


    Kleiner Tipp, wenn man den Kopf der Led-Lampe abschrauben kann, was bei allen meinen Lampen geht, dann hat die reine LED ebenso einen sehr großen Abstrahlwinkel.
    Je nach Bauform der Lampe bis zu ca. 160 Grad, was die Wirkung deutlich erhöht.
    Natürlich nur bedingt empfehlenswert bei strömenden Regen und der einzigen Lampe ...


    Beste Grüße


    Blackout

    „Manche Menschen drücken nur deshalb ein Auge zu, damit sie besser zielen können.“
    Billy Wilder

  • Zitat von Blackout;296142

    Kleiner Tipp, wenn man den Kopf der Led-Lampe abschrauben kann, was bei allen meinen Lampen geht, dann hat die reine LED ebenso einen sehr großen Abstrahlwinkel.
    Je nach Bauform der Lampe bis zu ca. 160 Grad, was die Wirkung deutlich erhöht.
    Natürlich nur bedingt empfehlenswert bei strömenden Regen und der einzigen Lampe ...


    Beste Grüße


    Blackout


    Stimmt zwar, aber genau dann sind diese kaum noch zu sehen da sie nicht die Lichtleistung einer Magnesiumfackel erreicht. Auch ist die Fläche, von der das Licht ausgeht bei einer LED sehr klein, während bei einer Magnesiumfackel das Licht durch die Flamme und den Rauch von einem größeren Punkt ausgeht.
    Das kannst du ja mal testen. Schraub den Kopf ab, leg sie hin und geh mal 10, 20 Meter weg. Der Punkt ist dann so klein und vergleichsweise dunkel das er von einem Hubschrauber, der das Gelände vlt. in einer Höhe von 50 oder 100 Metern überfliegt kaum wahrnehmbar ist. Ähnlich ist es bei Rettern die zu Fuß nach dir suchen. diese sind ja ggf. noch deutlich weiter entfernt...


    Hinzu kommt, das das weiße Licht nachts kaum auffällt, während das Rot der Fackeln sehr deutlich sichtbar ist. Auch flackert die Fackel was die Sichtbarkeit erhöht. Das kann zwar z.B. meine Nitecore EA4 auch, aber auch hier wird sich die Sichtbarkeit nur bei Entsprechender Fokussierung und dann eben Sichtkontakt gegeben sein. Am besten wäre wohl eine Fläche in der Nähe anzuleuchten, z.B. ein Stück Felswand, eine Baumkrone o.Ä.



    Gruß Avec

  • Kurze Ergänzung zum Thema. Zur Zeit ist das Thema Bergung im alpinen Bereich in Österreich wieder etwas aktueller. Grund dafür ist, das 2 junge Männer Aufgrund eines Wetterumschwunges nicht mehr nach Hause konnten und in einer Berghütte übernachtet haben. Eine besorgte Freundin rief die Bergretter, da die Herren keinen Handyempfang hatten und sich daher nicht melden konnten.
    Ich finde es sehr interessant, da hier ja grundsätzlich über Notsituationen diskutiert wurde, aber in dem Fall der 2 Herren keiner Vorlag - was man vorher natürlich nicht wusste.


    Hier nun der Artikel, der sich mit den Kosten befasst, die bei einer Rettung auf einen zukommen können.


    http://salzburg.orf.at/news/stories/2820018/


    Quintessenz ist: Versichert euch, wenn ihr höhere Hügel um euch habt. Ich persönlich empfehle eine Mitgliedschaft im Alpenverein.


    Grüße
    Basmyr

  • In meinem Notgepäck habe ich ebenfalls eine Magnesiumfackel.
    Vorteile:
    -Sehr helles rotes Licht
    -Viel Rauch (bei Tag ebenfalls nützlich)
    -Kann als Notanzünder für ein Signalfeuer verwendet werden


    Nachteil:
    -kurze Brenndauer
    -relativ sperrig im Notfallgepäck bei eingeschränkter Verwendungsmöglichkeit

  • Wie so oft gibt es das universelle Werkzeug das alles kann auch bei den Notsignalen nicht. In bewaldetem Gebiet wenn ich ein Flugzeug höre ist eine Rauchrakete wahrscheinlich meine Rettung.
    Die zwei Jungs in der Hütte hätten ein Notfunkgerät gebraucht, damit hätten sie funken können, dass sie nicht in Not sind. Vorsusgesetzt sie wussten, dass jemand glaubte die seien in Not.

    Draussen zählt nur das Beste

  • In meinem Standardgepäck habe ich keine Pyrotechnik.
    Ein Spiegel, eine Pfeife, eine Tachenlampe.


    Was ich mir überlegt habe ist ein starker Laser als Signal zu nutzen.
    Am besten rot mit SOS Funktion.
    Ich denke aber mal das Laser die stark genug sind das man sie auch in der Dämmerung noch gut über Kilometer sieht (als senkrechter Strahl in der Luft)... ein Problem mit der Zulassung haben.
    Mit einem Laser auf die Retter zu zielen wird sicher wahrgenommen, aber sicher nicht wohlwollend..


    Pyrotechnik hat dem gegenüber den Vorteil das ihre "Batterien" nur einen Zustand kennen ... voll ... dann ist se weg.

  • Zitat von Grummel;299067

    Ich denke aber mal das Laser die stark genug sind das man sie auch in der Dämmerung noch gut über Kilometer sieht (als senkrechter Strahl in der Luft)... ein Problem mit der Zulassung haben.
    Mit einem Laser auf die Retter zu zielen wird sicher wahrgenommen, aber sicher nicht wohlwollend..


    Laser hat den Nachteil, dass die Luft dusntig oder staubig sein muss, damit man ihn sieht. In klarer Bergluft ist nichts, was reflektiert, deswegen wäre ein Laser da als Notsignal sinnlos.


    Ein Laser, der stark genug ist, auf Kilometer noch gesehen zu werden, wenn er in den Himmel leuchtet, wäre von der Strahlungsleistung her ein Laser der Kategorie 4. Dass man die vor jeder Nutzung (in DE) einzeln anmelden und die Schutzmaßnahmen vom Amt für Arbeitsschutz in einer Einzelabnahme geprüft werden müssen, lassen wir in einer Survivalsituation mal außen vor :Cool: und dass man sich damit Verbrennungen bis dritten Gerades und sofortiger Erblindung beim Versehentlichen Schauen in den Strahl bzw. beim Berühren des Strahls einfängt, verbuchen wir mal unter Kollateralschaden :grosses Lachen: aber diese unhandliche Kabeltrommel für die Energieversorgung, weil der eine Leistungsaufnahme im Kilowatt-Bereich hat, ist beim Marschieren so hinderlich! :grosses Lachen:


    Ironie aus: Laser, die man weit sieht, sind zu schwer, zu gefährlich und brauchen zuviel Strom. Kleine "Laserpointer" der Klasse 1 kann man mitnehmen, die sieht man aber nicht, außer, man trifft exakt das Auge dessen, der es sehen soll...


    Weitere Informationen für Interessierte:
    http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/vorschrift11.pdf
    http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/bgi5007.pdf


    Mit besten Grüßen vom Hiking Hessian
    - Geprüfter Sachkunder für Laseranlagen :) -

  • Rauchtöpfe können sinnvoll sein. Wie man mal lehrte FEUER zu rufen statt HILFE weil Menschen reagieren, wenn es brennt und sich dann selbst betroffen fühlen.
    Leuchtraketen eigentlich nur, wenn schon jemand sucht. Sonst wird es von Laien oft mit Feuerwerk verwechselt.
    In den Bergregionen werden rote Leuchtsignale oft noch an die Rettungskräfte/Bergwacht gemeldet.
    In anderen Gegenden wird es kaum Resonanz geben.

  • Ich denke schon dass Pyrotechnik heutzutage noch Sinn macht. Der Mensch an sich ist darauf programmiert, Muster zu erkennen, vor allem aber Abweichtungen vom Muster. Rauch ist also schonmal nicht das schlechteste, Feuer und Leuchtkugeln ebenso. Es kommt hierbei auch darauf an wo ich mich befinde. Am Samstagabend in einer Grossstadt nach einem Heimspiel wird wahrscheinlich niemand Hilfe rufen wenn ich ein Bengalo zünde. Dann kommt eher die Polizei und ich muss unangenehme Fragen beantworten.
    In finsterer Nacht irgendwo in der Pampa kann das selbe Teil mein Leben retten.
    Wenn ich Pyrotechnik in meine Kalkulationen mit einbeziehen würde wären das sicherlich eine bis zwei solide (!) Signalraketen und eine bengalische Fackel, die ist nicht nur hell sondern macht auch ordentlich Rauch, kann also auch tagsüber genutzt werden.

    Bitte bedenkt auch, dass es für bestimmte Pyrotechnik einen Schein mit entsprechendem Lehrgang braucht und informiert Euch ob die Objekte Eurer Begierde auch darunter fallen.

    Es könnte sonst unter Umständen mehr als nur unangenehme Fragen geben...


    LG, Bremsstrahlung

    Die Kunst ist einmal mehr aufzustehen als man umgeworfen wird. - Winston Churchill