Auswandern: Vor- und Nachteile

  • Meine 2 Cent ...


    (a) "Nicht eingetretene Prophezeiungen": Der fröhlichen Meinung "trotz aller prophezeiten Katastrophen seit 2007 gibt es Europa immer noch und deshalb ist alles nicht so schlimm" kann ich nicht zustimmen, da ich in vielen Bereichen eine Verschlechterung beobachte gegenüber dem, was ich früher als "Standard" in Deutschland oder Frankreich erlebte.


    (b) "Andere Länder, andere Sitten": stimme allen nuancierten Beiträgen zu. Man wartet nicht auf den Auswanderer oder Einwanderer. Die Faktoren, die eine Rolle spielen, wurden genannt und müssen alle bedacht werden. Sicher ist man willkommen, wenn man Geld bringt - man muss dann nur aufpassen, es auch zu behalten. Wandert man in eine Kultur ein, in der zunächst die eigene Familie bzw. der Clan bedient werden *muss* und "der andere" (egal ob Aus- oder Inländer) ein Konkurrent ist, den man auszunehmen die Pflicht hat, muss man sich darauf einstellen und die erlernte Höflichkeit oder das gewohnte Vertrauen kritisch befragen.

    Jede Situationsveränderung hat ihre Vorteile, aber auch ihre "trade-offs", wie die Amis sagen; ich muss vorher möglichst viele Faktoren bestimmen und dann bewerten.


    (c) "Das Deutsche in sich unterdrücken": na ja, man tut sich manchmal schwer damit. Als ich vor sehr vielen Jahren vor einer französischen Grundschule wartete, um ein Kind abzuholen, störte ich mich sehr über die französischen Eltern, die in ihren Autos saßen und auch warteten. Aber eben auf französische Weise, d.h. bei laufendem Motor (ich spreche von den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts). Angesprochen von mir, ob sie nicht den Motor abstellen wollten: Kopfschütteln, fragender Blick, ob ich nicht ganz bei Troste sei, denn "ich warte doch!". Heute würde ich mit den Schultern zucken.


    (d) "Alter": zu bedenken ist für den Senior IN JEDEM FALL das Gesundheitssystem, die Erreichbarkeit guter Kliniken und überhaupt die Perspektive auf das Alter und dessen Gebrechen. Gewiß verstehe ich die Idee, "möglichst weit weg von den Städten", aber sooo ganz weit weg ist auch schlecht, wenn der Weg in das nächste Krankenhaus 2 Stunden über Landstraßen dauert, oder wenn Kontakte rar sind und man dann erkrankt und Hilfe benötigt. Da reicht ein kleiner Sturz. Das ist dann schon in D oder F schwierig; stelle ich mir das in einem fremden Land vor - gute Nacht. Hat man dann noch besondere Konditionen , benötigt man Medikamente oder regelmäßige Kontrollen, dann kommt nur ein Land in Frage, in dem man das alles (aber zu welchem Preis) auch bekommt.

  • a) "Nicht eingetretene Prophezeiungen": Der fröhlichen Meinung "trotz aller prophezeiten Katastrophen seit 2007 gibt es Europa immer noch und deshalb ist alles nicht so schlimm" kann ich nicht zustimmen, da ich in vielen Bereichen eine Verschlechterung beobachte gegenüber dem, was ich früher als "Standard" in Deutschland oder Frankreich erlebte.

    Also ein zwei Sachen fallen mir auch ein, aber viele Bereiche?


    Wandert man in eine Kultur ein, in der zunächst die eigene Familie bzw. der Clan bedient werden *muss* und "der andere" (egal ob Aus- oder Inländer) ein Konkurrent ist, den man auszunehmen die Pflicht hat, muss man sich darauf einstellen und die erlernte Höflichkeit oder das gewohnte Vertrauen kritisch befragen.

    In welcher Kultur muss man denn alle außer der eigenen Familie ausnehmen?

  • ...mein Plan wäre ein anderer....


    Ich würde in D nicht alles abbrechen....

    Ein Teil meiner Einkünfte stammt aus Vermietung, und tatsächlich würde ich mir immer noch eine Notwohnung in D gönnen...

    Ab und zu ist immer noch was zu regeln...


    Ich würde vielleicht mein Eigenheim hier verkaufen, und damit meine kompletten Restschulden tilgen und vom Rest in Spanien oder Portugal ein Haus nach meinen Wünschen kaufen....


    Wenn ich es dann noch nach meinen Vorstellungen mit erneuerbaren Energien versorge, dann kann ich einen einfachen, aber nicht ärmlichen Lebensstil mit 4-500€ pro Person incl. Grundkosten leben.....


    Ich mache mich nicht selbständig....ich gehe dort nicht regulär arbeiten....


    Evtl. vermiete ich meine Bude, oder ein Nebenhaus, wenn es eines dort gibt....


    Vermarktung über RbnB, eBay Kleinanzeigen und co ist kein Problem für mich...

    Egal ob von hier, oder von dort


    Muss aber nicht....


    Ich fahre meine alten Daimler weiter, die kaum kaputt gehen, und die ich selbst reparieren kann, oder Kauf mir nen ollen Polo, Seat oder was weiß ich.....


    Auch jetzt habe ich seit 8 Jahren keine Werkstatt gebraucht, und keinen Handwerker im Haus gehabt....


    Und ich hab etwas dort, was ich hier nicht habe: Zeit!.....und mehr Sonne!


    Und das ist mir mehr wert als ne neue Karre, Golfspielen, und ne Villa+ Großkotz....


    ...alles etwas vereinfacht dargestellt...


    Gruß EZS

  • Ich glaube, ob man ausgenommen wird oder nicht ist auch eine Sache der Wahrnehmung.

    Vorweg: Ich mag Deutschland und die Deutschen, und würde eine Auswanderung nach D hin ernsthaft erwägen, wenn ich auswandern wollte.

    Die deutsche Mentalität macht dieses Land ein schwieriges Herkunftsland für Auswanderer, weil man von Kind auf gewohnt ist, dass alles klappt, dass alles organisiert ist, dass für alles jemand zuständig ist, dass man Anrecht auf bestimmte Dienstleistungen hat, dass man sich gegen alles und jedes versichern kann und muss, dass die anderen pünktlich sind, sich an Verträge halten und so weiter.

    Nervig ist die Schnäppchenjägermentaliät mancher Leute. Wenn du dir eine teure Ferienwohnung oder auch nur Urlaubsreise leistest und die Fressalien von zu Hause mitbringst, weil sie dort billiger sind, machst dur dir damit nicht unbedingt Freude.

    Erschwerend wirkt auch die direkte Sprache. Mit "Ich sage was ich will oder brauche und er kann ja nein sagen," macht man sich anderswo nicht warm. Eine Bitte, der man nicht folgen möchte, wird fast immer als Zumutung empfunden. Das ist schon zwischen Schweizern und Deutschen ein grosses Problem.

    Ebenfalls oft etwas befremdlich ist die Hierarchie und direkte Sprache im täglichen Leben. "Wenn du begriffen hast, dass ein Obersekretär mehr ist als ein Sekretär, dann hast du Deutschland verstanden", oder die Vermutung der Unfähigkeit der anderen, wenn man etwas nicht auf Anhieb durchschaut, weil es anders funktioniert als von zu Hause gewohnt.

    Ja, die (Deutsch) schweizer sind verzweifelt oft auch so, deshalb ist uns ja auch unser Dialekt so wichtig, um sich von "denen aus dem grossen Kanton" abzugrenzen.


    Ansonst scheinen mir die Gemeinsamkeiten der sozialen Herkunft (städtisch geprägterer Mittelstand vs. einfache Leute vom Land) viel mehr Gemeinsamkeiten und Probleme zu erzeugen als das Land, aus dem man kommt. Deshalb wohl mögen die Ösis die Wiener, die Franzosen die Pariser, die Deutschen die Berliner, die Schweizer die Zürcher ganz besonders. Wenn du aufs platte Land ziehst und nicht meinst, mehr Ahnung zu haben oder etwas Besseres zu sein als die dort (bloss so tun als ob funktioniert nie), und wirklich dort sein willst, dann klappt das. Wochenend- oder Ferienaufenthalte alleine leisten das aber nicht.

  • Aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts stammt die Bemerkung des "Berliners in den Alpen": "Also Berje hammwa in Baalin nischt, aber wenn wa welche hätten, wärnse höher!" - Der Gegensatz "Mensch der großen Metropole vs. Provinzheini" ist so alt wie es Städte gibt.

  • Schuldenberg? Gibts in Berlin sicher auch mindestens einen

    Was in der nördlichen Hälfte Deutschlands alles Berg heissen tut, erzeugt bei Alpenlandbewohnern Verwunderung.

  • Was in der nördlichen Hälfte Deutschlands alles Berg heissen tut, erzeugt bei Alpenlandbewohnern Verwunderung.

    Bei einem meiner eher seltenen Besuche in Norddeutschland habe ich den Wilseder Berg (169 m ü NN) "besteigen" dürfen. Wenn da nicht extra Beschilderung dran gewesen wäre, hätt ich das gar nicht bemerkt, das das ein Berg sein soll. Immerhin kann man vom Gipfel, bei guter Sicht, bis nach Blankenese gucken (wenn man weiß wo das ist).

  • Aktuelle Durchschnittseinkommen in der EU. Für manche eventuell ein Faktor bei der Wahl des Fluchtlandes.


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  • Wundert mich, dass Portugal so weit hinten ist....

    und Belgien so weit vorne....Belgien ist doch nahe am Totalschaden, oder :-)?!

    Aber vielleicht reißt die Politik und die Diamanten den Schnitt hoch!


    Danke!


    Gruß EZS

  • ...zugegeben...ich bin da nur ein paar Mal durchgefahren....

    Aber rechts und links der Straße übelst schwarze Gammelfassaden, und noch nirgendwo anders als in Belgien hab ich durchgerostete Leitplanken gesehen....


    Dazu doch auch politisch angespannt...


    Ich hoffe ich tue dem Land unrecht...


    Gruß EZS

  • Aktuelle Durchschnittseinkommen in der EU. Für manche eventuell ein Faktor bei der Wahl des Fluchtlandes.

    Muss man allerdings in Relation zu den Lebenshaltungskosten vor Ort setzen.


    Bekannte sind in die Schweiz ausgewandert u.a. wegen den Verlockungen eines großen Gehalts. Am Ende hat sich die Freude sehr eingetrübt angesichts der Wohnkosten und anderen Lebenshaltungskosten.

    Diese Diskrepanz hat man ja schon innerhalb Deutschlands sehr ausgeprägt.


    Ideal wäre demnach : Mobil Arbeiten für eine Firma in Luxemburg und wohnen/leben in Bulgarien.

    Sowas ähnliches haben einige Kollegen gemacht: ca. 5 Jahre im Süden Deutschlands Geld gescheffelt und dann in Ostdeutschland einen schönen großen Familiensitz gebaut. Dank Pandemie arbeiten sie sogar jetzt weiter von dort aus, ansonsten hätten sie sich auch einen geringer bezahlten Job vor Ort gesucht - genug Vermögen haben sie ja angespart.

  • Aktuelle Durchschnittseinkommen in der EU. Für manche eventuell ein Faktor bei der Wahl des Fluchtlandes.

    Das ist leider maximal ein Indikator für entsprechende Lebenskosten. Man muss das Ganze Thema "Finanzielles" eher als Blackbox betrachten, und da schleicht sich bei den Meisten schon der/die ersten Fehler ein.


    Was meine ich damit: Man sollte ganz grob den Income vs Outcome betrachten, bzw. Welchen Aufwand muss ich für welches Leben/Lebensstandard erbringen. Das Geld dabei ist "nur" ein Zwischenschritt in diesem Kausalzusammenhang.

    Das Problem bei den Meisten ist, dass sie Geld als vermeidlichen Outcome betrachten und eben nicht das dahintergelegene Leben/Lebensstandard. Das hat sicherlich verschiedene Gründe, ich vermute ua. weil man da so schön Zahlen draus machen kann, die man dann in einen direkten Vergleich setzten kann. Die wenigsten werden einen Arbeitsvertrag unterschreiben, bei dem bei Gehalt: "geht so aber nciht schlecht" steht :)


    So wird mental die Income-Seite von der Outcome-Seite getrennt und damit gibt es dann genau diese Effekte, dass manche Leute meinen, Gehalt xyz in der Schweiz wäre gut, oder eben schlecht.

    Verglichen wird das dann mit den eigenen Erfahrungen oder falschen Annahmen bzgl. des nötigen Gelds für einen gewissen Outcome. Kompliziert wird es, wenn man mehr als zwei Variablen ändert.


    Also zb. 30h Woche für 3000€ in Dresden VS. 50h Woche für 7000€ in Zürich. Da ändert sich Gehalt, Zeit (Also Aufwand), Ort und Land. Abgesehen von anderen Faktoren.

    3000€ vs. 7000€ sehen erstmal nicht schlecht aus, die Frage ist aber, will man zusätzlich Arbeiten? Ist ja eine individuelle Sache. Ich würde sagen, wenn man rein Aufwand vs. Lebensstandard setzt, dann sieht die Schweiz deutlich weniger gut aus.

    ABER da sind ganz viele individuelle Faktoren drin, also macht der Job Spass, will man wenig/viel arbeiten, braucht man ein zusätzliches AUto, versteht man sich mit den Leuten besser,....

    Das ist ne komplizierte Sache.


    Ich kann hier in Brasilien aus der PRaxis berichten, wenn ich Besucher aus D hier habe. Alles gebildete Leute, die erstmal mit Zahlen umgehen können. Aber dann gehen wir tanken und man sieht: 1Liter Benzin für 80cent. In der Regel kommt dann sowas, wie schön das hier ist :) Ich muss dann erstmal meine Spritmonitor-App raussuchen und den Leuten zeigen, dass die Gesamtbetriebskosten für mein KFZ ziemlich genau wie in D sind, also rund 25-30cent/km. Große Augen. Warum? Versicherung absurd teuer (und da ist noch nicht mal der Bias drinnen, dass hier nicht 10Millionen € sondern eben nur 50.000€ versichert werden) und Steuern richten sich nach Fahrzeugwert.

    Da ist mein 8 Jahre alter Japs noch "günstig".

    So zieht sich das durch viele Bereich: Schule für die Kids (wenn nötig), Kosten Kfz, Essen gehen, "westliche" Produkte (Handies, Computer, Rennradteile, Photoapparate, .....). Die allerwenigsten haben so Dinge wie Sicherheit und dazugehörige Kosten auf dem Schwirm.

    Wenn man da den Income-Teil gegensetzt wird man (immer wieder) feststellen, dass in D das Verhältnis recht gut ist und man sich im Ausland sehr schwer tut, ähnliches zu erreichen.


    Die Ausnahme ist dann, wenn man ein Einkommen in einem Hochlohnland hat und in einem Niedriglohnland lebt. Aber selbst dann ist nicht alles immer "günstig", weil vor allem Konsumartikel deutlich teurer sind und diesen Vorteil schnell auffressen können.

  • Die Ausnahme ist dann, wenn man ein Einkommen in einem Hochlohnland hat und in einem Niedriglohnland lebt. Aber selbst dann ist nicht alles immer "günstig", weil vor allem Konsumartikel deutlich teurer sind und diesen Vorteil schnell auffressen können.

    Etwas das dann oft für Rentner interessant ist. Rente aus D,A,CH und in einen Niedriglohnland den Lebensabend verbringen.