Ich habs ja im Frühlingsputz-feedback thread schon angedeutet, daher schreibe ich hier ein paar Zeilen. Da es sonst nirgends reinpasst dachte ich, ich mach gleich ein neues Kapitel auf unter dem Aspekt potetielle Fluchtländer – Schweden.
Ok, kurz zum Hintergrund:
Ich wurde im Oktober 2013 kurzfristig arbeitstechnisch nach Schweden abkommandiert. Das ist u.a. auch einer der Gründe warum ich nicht mehr im Forum aktiv war. Geplantes Arbeitsende soll Ostern sein, aber Buschtrommeln lassen bereits eine Verlängerung erwarten.
Nun zum Thema:
Schweden ist allen voran erst mal extrem teuer!
Und das geht quer durch, Sprit, Kleidung, Essen (!) – einfach alles. Ganz schwer ist es mit Baumaterial.
Baumaterial
Dieses gibt es wenn überhaupt in ganz kleinen versteckten Lädchen oder in schon großen Städten. In großen Städten gibt es seit einigen Jahren auch „Bauhaus“, das kommt unserem verwöhnten deutschem Standard nach Werkzeug und Material schon sehr entgegen.
Essen
Essen gibt es eigentlich an jeder Ecke. Überall gibt es sogenannte „Ica“, das ist eine Supermarktkette, dort findet man das allernötigste und das jeden Tag (!), meist sogar bis 22 Uhr. Die Norddeutschen kennen das, aber wir Süddeutschen eben nicht. Ich finds angenehm, ich brauch am Sonntag was und kann mir das einfach kaufen. Hier sind qir aber auch schon beim Kernpunkt, man neigt sehr schnell dazu jeden Tag, vor allem nach einem langen Arbeitstag, schnell noch etwas einzukaufen und fürs Abendessen. Ich hab mich nach ein paar Wochen dabei erwischt und sagte zu mir selbst „Ey geht’s noch?!“ Seither versuche brav mehr auf Vorrat und weniger einzukaufen.
Woran ich aber (auch trotz der langen Arbeitszeiten, auch Samstags) nicht umher komme, ist das in größeren ICAs, den MAXI ICA auch eine Salatbar mit allerlei frischen Sachen anzutreffen ist und ich diese einfach zu gern nutze! Auch ist die Frischfischtheke mit Deutschland nicht zu vergleichen und hier ist Vorratshaltung auch schwierig.
Kleidung
Es gibt viele kleine Geschäfte, in größeren Städten natürlich mehr und dann auch mal einen H&M usw. Kann ich aber nicht wirklich was dazu sagen, da ich bisher keine Klamoten gekauft hab. Lass ich mir auf preisgründen von zu Hause schicken.
Strom
Strom ist ca. halb so teuer wie bei uns, je nach Tarif sogar nur die Hälfte!
Heizen
Geheizt wird hier, man mag sich das gar nicht vorstellen, überwiegend mit Strom!
Heizöl ist ganz selten und Gas hab ich noch nicht gesehen. Hintergrund ist, wie ich herausgefunden habe, eine frühere staatliche Subventionierung von Stromheizungen. Dies beruht auf der Ölkrise der 70er und man wollte sich unabhängiger machen. Im Sommer wird eh weniger geheizt und der Strom kommt überwiegend aus Wasserkraft. Im Winter wird die Grundlast zu 25% von Atomstrom übernommen. Aus Angst vor einem Stromausfall hab ich mir in den ersten Wochen Kerzen besorgt. Meinen Vorrat könnt ich euch sicher vorstellen
Telefon
Die Schweden an sich besitzen kein Festnetztelefon. Sie sind hier sehr fortschrittlich und quasi Vorreiter. Hintergrund ist eigentlich auch pragmatisch, die Wartung eines Funknetzes ist wesentlich einfacher als ein sehr weitläufiges Leitungsnetz. Zumal der strenge Winter und der viele Schnee dem Netz mit umstürzenden Bäumen auch nicht wohlgesonnen ist. Kurzum, der gemeine Schwede besitzt nur ein Mobiltelefon.
Die Kosten dafür sind unterirdisch günstig. Also man möchte meinen das schwedische Hobby schlechthin ist telefonieren und surfen. Absolut kein Vergleich zu Dtld. Ich versteh nicht warum wir uns so abzocken lassen.
Ich hab zB ein Prepaidhandy von Comviq. Einmalige Anrufgebühr 1 SEK das entspricht in etwa 11 cent. Dann zahl ich ins deutsche Festnetz 0,25 SEK (2,8 cent) und ins deutsche Handynetz 1,85 SEK (21 cent). Das ist stellenweise billiger als in Dtld untereinander. Der Knaller ist das diese Preise fast weltweit gleich sind, zB Argentinien, Brasilien kostet so viel wie nach Haus telefonieren.
Geld
Zahlungsmittel ist die Schwedische Krone SEK mit einem derzeitigen Umrechnungskurs von rund 1:8,8. Also ein Euro entsprechen ca 8,8 Kronen. Ganz wichtig ist hier, das kaum ein Schwede bar bezahlt. VISA ist das Zauberwort. Ausführungen und eine Bewertung spar ich mir, das sollte uns allen bekannt sein.
Mein einschneidenstes Erlebnis war ein Mädchen vor mir an der Tankstelle. Ich tippe bei ihrem Alter so auf 15 Jahre und sie hat tatsächlich nur einen Kaugummi gekauft und wie soll es anders sein, brav mit der VISA Karte bezahlt. Ich dacht ich sehn et recht.
Alkohol
Alkohol ist wie in allen skandinavischen Ländern ein sehr großen und auch heikles Thema. Daher ist der Alkoholverkauf staatlich geregelt über die sogenannten Systembolagets. Diese haben nur von 10 bis 18 geöffnet, Samstag bis 14 Uhr und Sonn und Feiertags gar nicht. Dafür bekommt man dort eine super Auswahl an Sachen die man bei uns entweder extra bestellen muss oder nur in Feinkostläden findet. Bier bis 3,5% gibt’s zwar auch im Supermarkt, aber ein gewöhnliches Bier hat ja ca 5% und wenn ich sehe das es zB kastrierte Biere mit weniger Alkoholgehalt (wie Guiness) im Supermarkt gibt. Naja schmeckt net. Ausserdem darf man erst ab 21 Jahren im Systembolaget einkaufen. Dafür gibt’s zum Mittagessen gern und oft ein „Lättöl“ (Leichtbier) mit um die 2%. Naja sag ich nix zu als Franke.
Lustig auch als ich mir schwedischen Glühweing „Glögg“ gekauft hab und für meine Kids alkoholfreien kaufen wollte. Wollte deshalb da selbst da dann doch ein Alkoholgehalt von 0,5% ausgewiesen wurde – aha!
Sprache
Die Sprache ist ähnlich wie zB Niederländisch dem Deutschen sehr ähnlich. Manche Worte sind komplett identisch, andere dafür schreiben sich gleich haben aber eine komplett andere Bedeutung, sog. Falsche Freunde. Schwedisch ist relativ leicht zu lernen, es gibt nur das „Du“ und nur einen Fall in der Grammatik, also konjugieren kann man sich sparen. Es gibt die gewohnten Vergangenheiten wie bei uns auch und die Zukunftsform. Artikel gibt es nur zwei, das erleichterts zusätzlich. Wenn man Sachen liest und Gedanklich laut liest versteht man schon sehr viel ohne jemals schwedisch gelernt zu haben. Feinheiten gibt’s dann eigentlich nur in der etwas anderen Aussprache. Ich würde sagen die Schweden haben so ein Singsang, eine melodische Aussprache mit extrem viel Betonungen ähnlich dem Französisch, nur nicht ganz so extrem. Schwedisch basiert grundsätzlich auf dem romanischen Stamm, hat sich aber im Wortschatz reichlich aus dem Englischen, Deutschen und auch Französischen bedient.
So das wars erst mal als kurzen Überriss, falls ich was vergessen habe oder ihr einen Punkt speziell wissen wollt, so fragt einfach.
Gruß